Der Weg

PRÄAMBELCHARAKTERFÜHRUNGGEBETHEILIGE REINHEITHERZABTÖTUNGBUSSEGEWISSENSERFORSCHUNGVORSÄTZESKRUPELGEGENWART GOTTESÜBERNATÜRLICHES LEBENMEHR VOM INNEREN LEBENLAUHEITSTUDIUMFORMUNGDIE EBENE DEINER HEILIGKEITLIEBE ZU GOTTLIEBE ZUM NÄCHSTENDIE MITTELDIE MUTTER GOTTESDIE KIRCHEDIE HEILIGE MESSEGEMEINSCHAFT DER HEILIGENASPEKTE DER FRÖMMIGKEITGLAUBEDEMUTGEHORSAMARMUTDISKRETIONFREUDEANDERE TUGENDENDRANGSALINNERER KAMPFDIE LETZTEN DINGEDER WILLE GOTTESDIE VERHERRLICHUNG GOTTESMENSCHEN GEWINNENKLEINE DINGETAKTIKGEISTLICHE KINDSCHAFTLEBEN DER KINDSCHAFTDER RUFDER APOSTELDAS APOSTOLATBEHARRLICHKEIT

 «    PRÄAMBEL    » 

Lies diese Gedanken in Ruhe.
Laß dir diese Anregungen
durch den Kopf gehen.
Es sind Worte, die ich dir leise
und im Vertrauen sage
als Freund, als Bruder, als Vater.
In diesen vertraulichen Gesprächen
ist Gott zugegen.
Ich habe dir nichts Neues zu sagen.
Erinnerungen möchte ich wachrufen in dir
und Gedanken wecken,
die dich treffen,
damit dein Leben anders wird
und du Wege des Gebetes
und der Liebe aufnimmst
und am Ende ein Mensch bist,
der klar sieht.

 «    CHARAKTER    » 

1 Dein Leben darf kein fruchtloses Leben sein. – Sei nützlich. – Hinterlasse eine Spur. – Leuchte mit dem Licht deines Glaubens und deiner Liebe.
Tilge durch dein Leben als Apostel den zähen Unrat, den die verseuchten Prediger des Hasses verbreitet haben. – Entzünde alle Wege der Erde mit dem Feuer Christi, das du im Herzen trägst.

2 Wären doch dein Verhalten und deine Worte so, daß jeder, der dich sieht oder mit dir spricht, unwillkürlich dächte: Der da beschäftigt sich mit dem Leben Jesu.

3 Würdiges Auftreten. – Gewöhne dir deine Affektiertheit und dein kindisches Getue ab. – Deine Haltung muß den Frieden und die Ordnung deines Geistes widerspiegeln.

4 Sage bitte nicht: "Mein Temperament ist so…, das liegt an meinem Charakter. " Es liegt vielmehr an deinem Mangel an Charakter. Sei mannhaft: "esto vir".

5 Gewöhne dich daran, nein zu sagen.

6 Kehre dem Bösen den Rücken, wenn er dir ins Ohr flüstert: Weshalb sich das Leben kompliziert machen?

7 Denke nicht wie ein Spießer. – Mache dein Herz weit, weltweit, "katholisch".
Flattere nicht wie eine Henne, wenn du wie ein Adler aufsteigen kannst.

8 Gelassenheit. – Was willst du dich ärgern, wenn du damit Gott beleidigst, deine Mitmenschen belästigst, dir selber eine schlechte Stunde bereitest… und dich schließlich doch wieder beruhigen mußt?

9 Das Gleiche hättest du in einem anderen Ton sagen sollen, nicht so verärgert. Deine Argumentation gewinnt dann an Kraft. Und vor allem, du beleidigst Gott nicht.

10 Weise nicht zurecht, solange du noch die Empörung über einen begangenen Fehler empfindest. – Warte den nächsten Tag ab, vielleicht noch länger. – Aber sobald du dich beruhigt und deine Absicht geläutert hast, weise auf jeden Fall zurecht. – Mit einem einzigen liebevollen Wort erreichst du mehr als mit drei Stunden Streit. – Zügle dein Temperament.

11 Wille. – Energie. – Beispiel. – Tun, was zu tun ist… Kein Zaudern… Keine falsche Rücksicht…
Ohne das wäre Cisneros nicht Cisneros geworden, Theresia von Ahumada keine heilige Theresia von Avila und Iñigo von Loyola nicht der heilige Ignatius …
Gott und Kühnheit! "Regnare Christum volumus!"
[Cisneros (1436–1517): spanischer Kardinal, Thronregent und Beichtvater von Königin Elisabeth der Katholischen. Er nahm mit seiner Reform der spanischen Kirche die Erneuerung vorweg, die das Konzil von Trientjahre später für die ganze Christenheit einleiten sollte. Cisneros war bekannt wegen seines festen und energischen Charakters.]

12 Wachse an den Widerständen. Die Gnade des Herrn wird dir nicht fehlen: "Inter medium montium pertransibunt aquae!" Du wirst dir deinen Weg durch die Gebirge bahnen!
Was macht es aus, daß du deine Tätigkeit im Augenblick beschränken mußt, wenn du nachher wie eine gespannte Stahlfeder ungleich weiter schnellst, als du je geträumt hast?

13 Löse dich von diesen unnützen Gedanken, durch die du bestenfalls nur Zeit verlierst.

14 Deine Zeit und deine Kraft gehören Gott. Vergeude sie nicht damit, die Hunde, die dich auf dem Wege anbellen, mit Steinen zu bewerfen. Beachte sie nicht.

15 Verschiebe deine Arbeit nicht auf morgen.

16 Dutzendmensch werden? Du … zum großen Haufen gehören, der du zur Führung geboren bist?! Bei uns haben Laue keinen Platz. Sei demütig, und Christus wird aufs neue in dir die Glut seiner Liebe entfachen.

17 Verfalle nicht in jene geistige Krankheit, die sich durch Unbeständigkeit, durch Leichtsinn im Reden und Tun, durch gedankenlose Betriebsamkeit äußert. ..: kurz, durch Oberflächlichkeit.
Beachte wohl, daß diese Oberflächlichkeit, die all dein Tun so leer macht, so sehr "mit Leere ausfüllt", dein Leben zu einer leblosen, unnützen Strohpuppe werden läßt, wenn du dich nicht rechtzeitig aufraffst. Nicht erst morgen: heute!

18 Du klammerst dich an eitle Vergnügen, Leichtsinn und Kopflosigkeit, weil du feige bist. Was ist es denn anderes als Feigheit, wenn du dir einfach nicht ins Gesicht sehen willst?

19 Wille. Ein sehr wesentliches Kennzeichen. Verachte die kleinen Dinge nicht. Niemals sind sie belanglos und nichtig, denn durch ständige Oberwindung und Selbstverleugnung in den Kleinigkeiten bildest und stärkst du mit der Gnade Gottes deinen Willen. So wirst du zuerst einmal Herr deiner selbst und dann Wegweiser und Führender, der die anderen durch sein Beispiel und sein Wort, sein Wissen und seine Ausstrahlungskraft ermutigt, anspornt und mitreißt.

20 Du reibst dich am Charakter dieses und jenes Mitmenschen… Das läßt sich nicht vermeiden; schließlich bist du kein goldener Taler, der allen gefällt.
Außerdem, wie könntest du ohne diese Reibung beim Umgang mit dem Nächsten all die Ecken, Kanten und Unebenheiten – deine Unvollkommenheiten und Fehler – abschleifen und so jene klare, milde, feste und ausgereifte Form der Liebe und Vollkommenheit gewinnen?
Wäre dein und deiner Mitmenschen Charakter so luftig und verzuckert wie Schaumgebäck, so könntest du dich nie heiligen.

21 Ausreden. – Nie werden sie dir fehlen, wenn du deinen Pflichten ausweichen willst. Welche Fülle wohl begründeter Sinnlosigkeiten!
Verschwende deine Zeit nicht damit, sie lange abzuwägen. Wische sie beiseite und tu deine Pflicht.

22 Sei stark. – Sei aufrecht. – Sei männlich. – Und dann… sei ein Engel.

23 Was? Du kannst nicht mehr tun? – Ist es nicht so, daß du… nicht weniger tun kannst?

24 Du spürst den Drang zu wissen…, zu führen…, kühn zu sein.
Gut, sehr gut. Aber… für Christus. Aus Liebe.

25 Führt keine hitzigen Debatten… Für gewöhnlich erhellen sie nichts, weil die Leidenschaft alles verdunkelt.

26 Die Ehe ist ein heiliges Sakrament. – Bevor du es eines Tages empfängst, bereite dich gut darauf vor: frage deinen geistlichen Leiter oder deinen Beichtvater nach geeigneter Literatur. – Du wirst dann besser gerüstet sein, die Bürde der Familie zu tragen.

27 Du lachst, weil ich dir sage, daß du "Berufung zur Ehe" hast? – Du hast sie, jawohl, Berufung.
Empfiehl dich dem heiligen Raphael, daß er dich wie einst Tobias keusch bis an das Ende des Weges führe.

28 Die Ehe ist für den Großteil des Heeres Christi, nicht aber für seinen Führungsstab. – Nahrung ist für je den einzelnen Menschen notwendig. Fortpflanzung aber nur zur Erhaltung der Art; ihr dürfen sich einzelne Menschen entziehen.
Sehnsucht nach Kindern ? … Kinder, viele Kinder und eine unauslöschliche Lichtspur hinterlassen wir, wenn wir den Egoismus des Fleisches opfern.

29 Die beschränkte und arme Glückseligkeit des Egoisten, der sich in seinen Elfenbeinturm, in sein Schneckenhaus zurückzieht, ist in dieser Welt nicht schwer zu erreichen. – Aber das Glück des Egoisten dauert nicht lange.
Willst du für ein Zerrbild des Himmels das Glück der ewigen Herrlichkeit aufgeben, die kein Ende nimmt?

30 Du bist berechnend. – Sage mir nicht, du seiest jung. Die Jugend gibt alles, was sie hat: sie schenkt sich selbst ohne Vorbehalt.

31 Du Egoist. – Immer erpicht auf "das Deine". – Anscheinend fehlt dir jedes Gespür für die Brüderlichkeit Christi: du siehst in den anderen nicht Brüder – du siehst in ihnen Sprossen.
Ich fürchte, du wirst schweren Schiffbruch erleiden. – Und dann, wenn du gescheitert bist, verlangst du von den anderen jene Liebe, die du ihnen heute versagst.

32 Du wirst nie ein Führender sein, wenn du die Masse nur als Sprungbrett für deine Karriere betrachtest. – Führender Kopf bist du nur dann, wenn du den Ehrgeiz hast, alle Menschen zu retten.
Du darfst der Menge nicht die kalte Schulter zeigen: du mußt den tiefen Wunsch verspüren, sie glücklich zu machen.

33 Niemals willst du "der Wahrheit ins Gesicht sehen". – Manchmal aus Höflichkeit. Meistens, um dir die Stimmung nicht zu verderben. Gelegentlich, um sie anderen nicht zu verderben. Aber immer aus Feigheit.
Wenn du Angst hast, den Dingen auf den Grund zu gehen, wirst du nie ein klarer Kopf.

34 Fürchte die Wahrheit nicht, selbst wenn sie dich in den Tod führen sollte.

35 So viel Beschönigung gefällt mir nicht: die Feigheit nennt ihr Klugheit. – Diese vermeintliche "Klugheit" ermöglicht es den Feinden Gottes, sich als Weise aufzuspielen, auch wenn es ihnen an geistiger Substanz fehlt, und sich in Stellungen zu drängen, die ihnen nicht zustehen.

36 Dieser Mißstand ist nicht unabänderlich. – Es ist Mangel an Charakter, ihn weiter einreißen zu lassen, als ob er eine hoffnungslos verfahrene Sache wäre.
Weiche deiner Pflicht nicht aus. – Erfülle sie recht, auch wenn andere das nicht tun.

37 Du kannst, wie man so sagt, schöne Sprüche machen. – Aber mit all deinem Wortschwall wirst du mich nicht dahin bringen, etwas zu rechtfertigen, das nicht zu rechtfertigen ist. Selbst dann nicht, wenn du es Fügung nennst.

38 Ob es wahr ist – ich kann es einfach nicht glauben –, daß es auf der Erde keine Menschen, sondern nur Bäuche gibt?

39 "Beten Sie, daß ich mich nie mit dem Leichten begnüge." – Ich habe schon darum gebetet. Jetzt ist es an dir, mit diesem ausgezeichneten Vorsatz ernst zu machen.

40 Glaube, Freude, Optimismus. – Aber nicht so töricht sein, die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen.

41 Was für eine aufgeblasene Art, hohle Albernheiten zu leben! Was für eine Art, im Leben voranzukommen, höher, immer höher, dank des "geringen Eigengewichts" , der inneren Leere in Kopf und Herz!

42 Warum diese ständigen Sinnesänderungen? Wann richtest du endlich deinen Willen auf ein festes Ziel?
– Gib deine Vorliebe für Grundsteinlegungen auf und setze den Schlußstein hinter einen einzigen deiner Pläne.

43 Sei doch nicht so… empfindlich. – Wegen jeder Kleinigkeit bist du beleidigt. – Man muß auf seine Worte achtgeben, wenn man mit dir über die unbedeutendste Angelegenheit spricht.
Nimm es mir nicht übel, wenn ich dir sage, daß du… unausstehlich bist. – Solange du dich nicht besserst, wirst du niemals nützlich sein.

44 Entschuldige dich liebenswürdig, wie es christliche Nächstenliebe und gesellschaftlicher Umgang erfordern. – Aber dann vorwärts! Mit heiliger Unverschämtheit, ohne dich aufzuhalten, bis deine Pflicht ganz und gar erfüllt ist.

45 Warum schmerzen dich die unwahren Unterstellungen, die man über dich verbreitet? – Es stünde viel schlimmer um dich, wenn Gott dich von der Hand ließe. Harre aus im Guten und zucke die Achseln.

46 Glaubst du nicht, daß die Gleichheit, wie manche sie verstehen, nur ein anderes Wort für Ungerechtigkeit ist?

47 Pathos und Pose stehen dir schlecht. Man spürt das Unechte. – Versuche wenigstens, sie im Umgang mit Gott, mit deinem Leiter und mit deinen Brüdern zu vermeiden; dann gibt es eine Schranke weniger zwischen dir und ihnen.

48 Dein Charakter ist nicht fest genug: welche Sucht, überall dabei zu sein! – Du willst unbedingt das Salz in allen Speisen sein. ..Sei nicht böse, wenn ich dir offen sage, daß du als Salz nicht taugst. Du bist nicht fähig, dich aufzulösen wie das Salz und unbemerkt zu bleiben.
Es fehlt dir an Opferbereitschaft. Dafür platzt du vor Neugier und Angeberei.

49 Beherrsche deine Zunge. – Führe dich nicht kindisch auf, wie das Zerrbild eines Kindes: plappern, schwätzen, petzen. – Durch deinen Klatsch und Tratsch ist die Liebe erkaltet. Du hast allen den schlechtesten Dienst erwiesen. Wenn du mit deiner bösen Zunge die festen Mauern der Beharrlichkeit anderer erschüttert hast, ist deine eigene Beharrlichkeit keine Gnade Gottes mehr. Sie ist zum tückischen Werkzeug des Feindes geworden.

50 Du fragst herum und horchst aus, du bist ein Schnüffler und Schleicher. Schämst du dich nicht, bis in deine Fehler hinein so wenig Mann zu sein? – Sei männlich und vertausche deine Sucht, alles über die anderen zu erfahren, mit dem Wunsch und der Wirklichkeit wahrer Selbsterkenntnis.

51 Dein männliches, gerades und einfaches Wesen fühlt sich beengt in der Atmosphäre der Intrigen und des Getuschels, die du nicht ganz durchschaust und in die du nie verwickelt werden wolltest. – Ertrage diese Demütigung, in aller Mund zu sein, und sieh zu, durch Erfahrung gewitzigt, demnächst behutsamer vorzugehen.

52 Warum legst du die Bitterkeit der eigenen Mißerfolge in deine Kritik, wenn du andere Menschen beurteilst?

53 Zugegeben, diese Lust am Kritisieren ist keine böswillige Nörgelei. Aber du darfst sie nicht in den Umgang mit deinen Brüdern und in euer Apostolat hineintragen. – Verzeih, wenn ich dir sage, daß solche Kritiklust ein schweres Hindernis für euer übernatürliches Werk darstellt. Denn wenn du ohne Befugnis die Leistung der anderen überprüfst in lauterer Absicht, zugegeben –, dann lieferst du keinerlei positive Arbeit und hinderst mit dem Beispiel deiner Passivität noch die anderen auf ihrem Wege.
Beunruhigt fragst du: " Was dann mit diesem kritischen Geist, der so tief in meinem Wesen steckt…?"
Ich kann dich beruhigen. Nimm etwas zu schreiben und lege einfach und vertrauensvoll und kurz, bitte! – nieder, was dich bedrückt. Gib den Zettel deinem Vorgesetzten und denke nicht mehr daran. Er ist der zuständige Mann, er hat die Standesgnade. Er wird den Zettel aufheben … oder in den Papierkorb werfen. – Da dein kritischer Geist für dich ja keine böswillige Nörgelei ist und du die Kritik in lauterer Absicht übst, bleibt sich das gleich.

54 Zugeständnisse machen? – Der Ausdruck stammt aus dem Wortschatz der Bequemen, der Schlauen und der Feiglinge, jener Menschen also, die den Kampf scheuen. "Besser Zugeständnisse machen!" Sie geben sich nämlich von vornherein geschlagen.

55 Sei bitte ein bißchen weniger naiv (auch wenn du sehr kindlich bist und es gerade vor Gott bist) und setze deine Brüder nicht dem Gespött Fremder aus.

 «    FÜHRUNG    » 

56 Holz, aus dem man Heilige schnitzt. – Von manchen Leuten wird gesagt, sie seien aus einem Holz gemacht, aus dem man Heilige schnitzt. – Ganz abgesehen davon, daß die Heiligen nicht aus Holz waren, genügt es nicht, das Holz dazu zu haben.
Was not tut, ist viel Gehorsam gegenüber dem Leiter und viel Fügsamkeit gegenüber der Gnade. – Denn wenn man die Gnade Gottes und den Rat des Leiters nicht in sich wirken läßt, kann das Profil nicht hervortreten, das Bild Jesu Christi, das der heilige Mensch annimmt.
Das "Holz zum Heiligen", von dem wir sprachen, wird ohne die Bearbeitung ein unförmiges Scheit bleiben, für das Feuer bestimmt… Für ein kräftiges Feuer, wenn es gutes Holz war!

57 Suche häufig Umgang mit dem Heiligen Geist, dem Großen Unbekannten. Er ist es, der dich heiligen muß.
Vergiß nicht, daß du Tempel Gottes bist. – Der Tröster wohnt im Innersten deiner Seele: höre auf seine Eingebungen und beachte sie sorgsam.

58 Hindere nicht das Wirken des Heiligen Geistes: vereinige dich mit Christus, um dich zu läutern. Ertrage mit Ihm die Schmähungen, das Angespienwerden, die Ohrfeigen…, die Dornen, das lastende Kreuz…, die Nägel, die dein Fleisch zerreißen, die ganze Not eines Sterbens in Verlassenheit …
Versetze dich in die geöffnete Seite unseres Herrn Jesus, bis du sicheren Schutz in seinem verwundeten Herzen findest.

59 Du solltest dir die bewährte Erkenntnis vor Augen halten, daß der eigene Verstand ein schlechter Ratgeber und ein schlechter Lotse ist, wenn es darum geht, die Seele durch die Böen und Stürme und Klippen des inneren Lebens zu steuern.
Deshalb ist es der Wille Gottes, daß ein Kundiger die Führung des Schiffes übernimmt und uns mit seinem Licht und seinem Wissen in einen sicheren Hafen führt.

60 Ohne Architekt kannst du kein gutes Haus bauen, um auf der Erde zu wohnen. Wie willst du da ohne einen Leiter die Burg deiner Heiligung errichten, um auf ewig im Himmel zu wohnen?

61 Wenn ein Laie sich zum Sittenrichter aufspielt, irrt er nicht selten. Laien können da nur Schüler sein.

62 Ein Leiter. – Du brauchst ihn. – Um dich hinzugeben, um dich zu verschenken…, im Gehorsam.
Ein Leiter, der dein Apostolat kennt und weiß, was Gott will. So wird er dem Wirken des Heiligen Geistes in deiner Seele den Weg ebnen können, ohne dich von deinem Platz zu entfernen…, er wird dich mit Frieden erfüllen und dir zeigen, wie deine Arbeit fruchtbar werden kann.

63 Du hältst dich für eine gewichtige Persönlichkeit:.. deine Studien – deine Forschungsarbeiten, deine Veröffentlichungen – deine gesellschaftliche Stellung deine Titel –, deine politische Tätigkeit – die Posten, die du bekleidest –, dein Vermögen…, dein Alter, du bist schon kein Kind mehr! …
Gerade deshalb bedarfst du mehr als andere eines Leiters für deine Seele.

64 Verbirg deinem Leiter diese Einflüsterungen des Feindes nicht. – Deine Überwindung in der Aussprache gibt dir mehr Gnade. – Überdies stehen dir dann, damit du weiter siegreich bleibst, die Gabe des Rates und die Gebete deines geistlichen Vaters zur Seite.

65 Warum diese Scheu, dich selbst zu sehen und dich deinem Leiter so zu zeigen, wie du in Wirklichkeit bist?
Du gewinnst eine große Schlacht, wenn du die Angst überwindest, dich durchschauen zu lassen.

66 Der Priester, wer auch immer, ist stets ein zweiter Christus.

67 Auch wenn du es schon weißt, will ich dich stets aufs neue daran erinnern, daß der Priester ein "zweiter Christus" ist. – Und daß der Heilige Geist gesagt hat: "Nolite tangere Christos meos" – niemand soll "meine Gesalbten" anrühren.

68 Priester kommt von Presbyter. Das bedeutet Ältester. – Wenn schon dem Alter Verehrung gebührt, bedenke, wieviel mehr du den Priester verehren sollst.

69 Es zeugt von wenig Takt und Feingefühl sowie von Mangel an Respekt, wenn man den Priester, wer er auch sei und gleich unter welchem Vorwand, zur Zielscheibe des Scherzes und der Spöttelei macht.

70 Ich bleibe dabei: Witze und Witzeleien über den Priester sind, auch wenn dir die Umstände noch so mildernd erscheinen, zum mindesten eine Ungeschliffenheit und Geschmacklosigkeit.

71 Wie sehr müssen wir die priesterliche Reinheit bewundern! – Sie ist sein Schatz. – Keine Macht der Welt kann der Kirche jemals diese Krone entreißen.

72 Bringe den Priester nicht in eine Lage, in der er seine Würde verlieren könnte. Sie ist eine Tugend, die er frei von Steifheit besitzen soll.
Wie flehte jener junge Kleriker, unser Freund, darum: "Herr , gib mir … die Würde eines Achtzigjährigen!"
Bitte auch du darum für alle Priester, und du hast ein gutes Werk getan.

73 Es traf dich wie ein Stich ins Herz, als man von dir sagte, du habest schlecht über jene Priester geredet. – Dein Schmerz freut mich: jetzt bin ich deines guten Geistes sicher!

74 Gott lieben und den Priester nicht verehren…, das gibt es nicht.

75 Wie die guten Söhne des Noe sollst du mit dem Mantel der Liebe die Erbärmlichkeiten zudecken die du an deinem Vater, dem Priester, bemerkst.

76 Ohne Lebensplan keine Ordnung.

77 Du sagtest mir, sich einem Lebensplan, einem festgesetzten Tagesablauf zu unterwerfen, sei so eintönig!
Ich antwortete: Ja, eintönig, weil die Liebe fehlt.

78 Wenn du nicht zur festgesetzten Stunde aufstehst, wirst du deinen Lebensplan nie erfüllen.

79 Tugend ohne Ordnung? – Seltsame Tugend!

80 Wenn du Ordnung hältst, vervielfacht sich deine Zeit. Dadurch kannst du mehr in Seinem Dienst arbeiten und Ihn mehr verherrlichen.

 «    GEBET    » 

81 Das Tun ist ohne das Gebet nichts wert: das Gebet wird wertvoller durch das Opfer.

82 Zuerst Gebet, dann Buße, an dritter Stelle, weit an "dritter Stelle", das Tun.

83 Das Gebet ist das Fundament des geistlichen Gebäudes. – Das Gebet ist allmächtig.

84 "Domine, doce nos orare". Herr, lehre uns beten! Der Herr antwortete: Wenn ihr betet, so sagt: "Pater noster, qui es in coelis" … Vater unser im Himmel… Wie sollte man das mündliche Gebet nicht hochschätzen!

85 Langsam. – Bedenke, was du sagst, wer es sagt und zu wem. – Denn dieses eilige und unbedachte Sprechen ist Lärm, blecherner Lärm.
Ich sage dir mit der heiligen Theresia, daß ich das nicht beten heiße, auch wenn du die Lippen kräftig bewegst.

86 Dein Gebet soll liturgisch sein. – Möchtest du doch die Psalmen und die Meßtexte liebgewinnen, statt Privatgebete zu verwenden.

87 "Nicht vom Brot allein lebt der Mensch, sondern von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes kommt", sagt der Herr. – Brot und Wort: Hostie und Gebet.
Sonst lebst du nie ein übernatürliches Leben.

88 Du suchst die Gesellschaft von Freunden, deren Unterhaltung, Zuneigung und Umgang dir die Verbannung in dieser Welt erträglicher machen…, obgleich Freunde manchmal Verrat üben. – Das scheint mir nicht schlecht.
Aber… warum suchst du nicht jeden Tag um so nachhaltiger die Gesellschaft und Unterhaltung d e s Freundes, der nie Verrat übt?

89 "Maria hat den besten Teil erwählt", liest man im Heiligen Evangelium. – Da ist sie, trinkt die Worte des Meisters. Scheinbar untätig, betet sie und liebt. – Dann begleitet sie Jesus auf seinen Reisen durch Städte und Dörfer. Wie schwer ist es, Ihn zu begleiten, wenn man nicht betet.

90 Du weißt nicht, wie man beten soll? – Besinne dich auf die Gegenwart Gottes, und kaum daß du sagst: "Herr, ich kann nicht beten", kannst du gewiß sein, daß du schon mitten im Gebet bist.

91 Du hast mir geschrieben: "Beten ist Sprechen mit Gott. Aber wovon?" – Wovon? Von Ihm und von dir, von Freude und Kummer, von Erfolgen und Mißerfolgen, von hohen Zielen und alltäglichen Sorgen… Von deinen Schwächen! Danksagungen und Bitten. Lieben und Sühnen.
Kurz, Ihn erkennen und dich erkennen: Beisammen sein!

92 "Et in meditatione mea exardescit ignis." Wenn ich betrachte, beginnt ein Feuer zu lodern. – Das ist der Sinn deines Gebetes: ein Feuer zu werden, lebendiges Glühen, das Wärme und Licht verbreitet.
Wenn du nicht mehr weiterkommst, wenn du merkst, daß du erlischst, wenn du keine wohlriechenden Scheite mehr nachlegen kannst, dann wirf die Zweige und das Reisig der kleinen mündlichen Gebete und der Stoßgebete hinein, damit sie das Feuer weiter nähren. – Du wirst die Zeit gut genützt haben.

93 Du siehst dich so erbärmlich, du siehst dich zu unwürdig, als daß Gott dich anhören könnte… Und die Verdienste Mariens? Und die Wunden des Herrn? Bist du etwa kein Kind Gottes?
Außerdem, Er erhört dich, "quoniam bonus. .., quoniam in saeculum misericordia eius", denn Er ist gut, und ewig währet sein Erbarmen.

94 Er hat sich so klein gemacht – du siehst ja: ein Kind! – damit du ohne Scheu zu Ihm kommst.

95 "In te; Domine, speravi": auf Dich, Herr, habe ich gehofft. – Zu den natürlichen Mitteln habe ich mein Gebet und mein Kreuz hinzugefügt. – Meine Hoffnung wurde nicht zuschanden, wird es niemals sein: "non confundar in aeternum" !

96 Jesus spricht: "So sage auch ich euch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan werden."
Bete. Bei welcher menschlichen Unternehmung könnte man dir größere Erfolgschancen zusichern ?

97 Du weißt nicht, was du dem Herrn im Gebet sagen sollst. Du würdest Ihn gern in vielen Fragen um Rat bitten, und jetzt fällt dir nichts ein. – Mache dir während des Tages ein paar Notizen über Fragen, die du in der Gegenwart Gottes erwägen willst. Dann geh mit diesem Zettel zum Gebet.

98 Nach dem Gebet des Priesters und dem der gottgeweihten Jungfrauen ist Gott das Gebet der Kinder und der Kranken am wohlgefälligsten.

99 Wenn du das Gebet beginnst, sei dein fester Vorsatz: niemals länger, wenn Tröstung; niemals kürzer, wenn Trockenheit.

100 Verlange von Jesus nicht Trost im Gebet. – Gibt Er ihn dir, sei dankbar. – Bitte Ihn immer um Beharrlichkeit.

101 Harre aus im Gebet. – Harre aus, wenn auch dein Mühen fruchtlos scheint. – Das Gebet bringt immer Frucht.

102 Dein Verstand ist stumpf, träge. Du machst vergebliche Anstrengungen, deine Gedanken in der Gegenwart des Herrn zu sammeln: es will dir nicht gelingen. Zwinge dich nicht, sorge dich nicht. – Glaube mir: es ist die Stunde des Herzens.

103 Worte, die dich im Gebet getroffen haben, sollst du in dein Gedächtnis einprägen und während des Tages oft und langsam aussprechen.

104 "Pernoctans in oratione Dei", Er verbrachte die Nacht im Gebet. – So berichtet der heilige Lukas über den Herrn.
Und du? Wie oft hast du schon so ausgeharrt? – Also…

105 Wenn du selber nicht mit Christus im Gebet und im Brot verkehrst, wie willst du Ihn dann den anderen vermitteln?

106 Du schreibst mir, und ich verstehe es: "Jeden Tag halte ich eine kurze Zeit des Gebetes. Wenn das nicht wäre!"

107 Heilig, ohne Gebet? An solche Heiligkeit glaube ich nicht.

108 Ich sage dir mit den Worten eines ausländischen Schriftstellers, daß dein apostolisches Leben so viel wert ist, wie dein Gebet wert ist.

109 Bist du kein Mensch des Gebetes, so glaube ich nicht ganz an deine lauteren Absichten, wenn du sagst, daß du für Christus arbeitest.

110 Du hast mir einmal gesagt, du seiest wie eine gestörte Uhr, die zu falscher Stunde schlägt: zur Zeit des Gebetes seiest du leer, kalt und trocken; dagegen ertapptest du dich plötzlich und ganz unerwartet beim Beten auf der Straße, im alltäglichen Getriebe, im ärgsten Trubel der Stadt, in der arbeitsamen Stille deines Berufes.
Zu falscher Stunde? Mag sein, aber die Schläge deiner Uhr sollten nicht ungenützt bleiben. – Der Geist weht, wo Er will.

111 Ich muß über dein ungeduldiges Gebet lächeln. Du sagtest Ihm: "Ich möchte nicht alt werden, Jesus … Zu langes Warten, um Dich zu sehen! Vielleicht schlägt dann mein Herz nicht mehr so lebendig wie jetzt. Alt, das erscheint mir zu spät. Jetzt wäre unsere Begegnung lebendiger, denn jetzt liebe ich Dich mit junger und reiner Liebe. "

112 Dein Wille, für alles zu sühnen, gefällt mir. "Die ganze Welt", sagtest du mir. – Gut. Aber denke zunächst an deine übernatürliche Familie, an deine Verwandten, an die Menschen deiner Heimat.

113 Du sagtest Ihm: " Traue mir nicht… Aber ich vertraue Dir, Jesus … Ich gebe mich ganz in Deine Hand, Dir übergebe ich meinen ganzen Besitz: meine Erbärmlichkeiten!"
Ich halte das für ein gutes Gebet.

114 Das Gebet des Christen ist niemals ein Monolog.

115 "Schweigeminuten".– Die überläßt man besser den Menschen, deren Herz tot ist. Als katholische Christen und Kinder Gottes sprechen wir mit unserem Vater , der im Himmel ist.

116 Unterlasse deine geistliche Lesung nicht. – Die Lesung hat viele zu Heiligen gemacht.

117 In der Lesung, schreibst du, sammle ich meinen Holzstapel. – Er nimmt sich wie eine nutzlose Anhäufung aus, doch von dorther bezieht das Gedächtnis oft unerwartet den Stoff, der mein Gebet lebendig macht und meine Danksagung nach der Kommunion entzündet.

 «    HEILIGE REINHEIT    » 

118 Gott gibt die heilige Reinheit, wenn man in Demut darum bittet.

119 Wie schön ist die heilige Reinheit! Aber sie ist nicht heilig und nicht Gott wohlgefällig, wenn wir sie von der Liebe trennen.
Die Nächstenliebe ist der Keim, der mit dem Wasser der Reinheit wächst und herrliche Früchte bringt.
Ohne Liebe ist die Reinheit unfruchtbar. Ihre leblosen Wasser verwandeln die Seele in einen Tümpel, in einen faulen Teich, aus dem Dunstwellen des Hochmutes steigen.

120 "Reinheit?" fragen sie. Und lächeln. – Es sind dieselben Menschen, die mit verlebtem Körper und kraftloser Seele in die Ehe gehen.
Ich verspreche euch, mit Gottes Hilfe, ein Buch, das etwa heißen könnte: "Ehelosigkeit, Ehe und Reinheit".

121 Es bedarf eines Feldzuges für Männlichkeit und Reinheit, um die verheerende Arbeit derjenigen zu durchkreuzen und auszulöschen, die den Menschen für ein Tier halten. – Dieser Feldzug ist eure Sache.

122 Viele leben mitten in der Welt wie Engel. Du warum du nicht?

123 Wenn du fest entschlossen bist, ein sauberes Leben zu führen, ist die Keuschheit keine Last für dich, sondern Krone des Sieges .

124 Du Arzt, Apostel schreibst mir: " Wir wissen alle aus Erfahrung, daß wir keusch leben können, wenn wir wachsam bleiben, häufig die Sakramente empfangen und die ersten Funken der Leidenschaft löschen, ehe der Brand sich ausbreitet. Gerade unter den Keuschen findet man die echten Männer, in jeder Hinsicht. Unter den Unzüchtigen dagegen herrschen die Furchtsamen, die Egoisten, die Falschen und Grausamen vor, lauter Zeichen mangelnder Männlichkeit. "

125 Du sagtest mir, wie gerne du dich mit dem jugendlichen Johannes aussprechen möchtest, damit er dir seinen Rat gebe und dich ansporne, die Reinheit des Herzens zu gewinnen.
Wenn du das wirklich willst, sage es ihm. Du wirst Mut fassen und Rat empfangen.

126 Schlemmerei ist die Vorstufe zur Unreinheit.

127 Laß dich nicht auf eine Zwiesprache mit der Begehrlichkeit ein: verachte sie.

128 Scham und Anstand sind kleine Geschwister der Reinheit.

129 Ohne die heilige Reinheit kann man im Apostolat nicht beharren.

130 Jesus, nimm von mir die Schmutzkruste sinnlicher Verdorbenheit, die mein Herz umschließt, damit ich leichter die Anregungen des Heiligen Geistes in meiner Seele wahrnehme und befolge.

131 Sprich nie, auch nicht um sie zu beklagen, von unreinen Dingen oder Ereignissen. – Gib acht, das Zeug ist klebriger als Teer.– Wechsle das Thema, und wenn das nicht geht, führe es weiter, aber sprich dann von der Notwendigkeit und Schönheit der heiligen Reinheit, eine Tugend derer, die um den Wert ihrer Seele wissen.

132 Sei nicht so feige, "mutig" zu sein: fliehe!

133 Die Heiligen waren keine verbogenen Wesen, kein Gegenstand für die Untersuchungen eines modernistischen Mediziners.
Sie waren und sind normale Menschen: aus Fleisch wie du. Und sie siegten.

134 "Auch wenn das Fleisch sich in Seide kleidet…" Das sage ich dir, wenn ich sehe, wie du schwankend wirst in der Versuchung, die ihre Unreinheit unter dem Vorwand des Künstlerischen, des Wissenschaftlichen, ja, der Nächstenliebe verbirgt.
Ich sage dir mit den Worten eines alten spanischen Spruches: "Auch wenn das Fleisch sich in Seide kleidet, Fleisch bleibt Fleisch. "

135 Wärest du dir doch deines Wertes bewußt! … – Der heilige Paulus selber sagt es dir: Du bist "pretio magno", um einen hohen Preis, erkauft.
Und dann sagt er dir: "Glorificate et portate Deum in corpore vestro." Verherrliche Gott und trage Ihn in deinem Leibe.

136 Wenn du dich in eine sinnliche Befriedigung geflüchtet hast…, welche Einsamkeit danach!

137 Zu denken, daß du für einen Augenblick der Befriedigung, der in dir einen gallenbitteren Nachgeschmack hinterläßt, "den Weg" verloren hast !

138 "Infelix ego homo, quis me liberabit de corpore mortis huius?" Ich unglücklicher Mensch, wer wird mich erlösen von dem Leibe, der solchen Tod in sich birgt? – So ruft der heilige Paulus aus.
Fasse Mut. Auch er mußte kämpfen.

139 In der Stunde der Versuchung solltest du die Liebe vor Augen haben, die im Himmel auf dich wartet: pflege die Tugend der Hoffnung. Das bedeutet keineswegs Mangel an Selbstlosigkeit.

140 Sorge dich nicht, was auch geschieht, wenn du nur nicht einwilligst. – Denn nur der Wille kann die Pforte des Herzens öffnen und diese Abscheulichkeiten hereinlassen.

141 In deinem Innern meldet es sich vernehmlich: "Diese religiösen Vorurteile…!" Und dann sogleich die beredte Verteidigung der Erbärmlichkeiten unseres armen gefallenen Fleisches: "Es ist doch sein Recht!"
Wenn du das erlebst, dann entgegne dem Widersacher, daß es ein Naturgesetz gibt und ein Gottesgesetz, und Gott! – Und die Hölle.

142 "Domine!" – Herr! – "si vis, potes me mundare." Wenn Du willst, kannst Du mich rein machen. Ein schönes Gebet, um es oft mit dem Glauben des armen Aussätzigen zu sagen, wenn dir widerfährt, was Gott und du und ich wissen. – Bald wirst du die Antwort des Meisters hören: " Volo, mundare." Ich will, sei rein!

143 Um seine Reinheit zu verteidigen, wälzte sich der heilige Franziskus im Schnee. Der heilige Benedikt sprang in ein Dornengestrüpp. Der heilige Bernhard stürzte sich in einen eisigen Teich… – Und du? Was tust du?

144 Die makellose Reinheit seines ganzen Lebens ließ Johannes unter dem Kreuz stark bleiben. – Die anderen Apostel flohen vor GoIgotha: er bleibt, zusammen mit der Mutter Christi.
Vergiß nicht, daß die Reinheit den Charakter stark und männlich macht.

145 An der Front vor Madrid: eine Gruppe von Offizieren, in fröhlicher Runde versammelt. Ein Lied klingt auf und noch eins und noch viele andere.
Jener junge Leutnant mit seinem dunklen Schnurrbart hörte nur das erste:
"Geteilte Herzen sind nicht mein Sinn;
wenn ich meins gebe, geb ganz ich's hin."
"Wie sträube ich mich, mein Herz ganz zu geben!" – Das Gebet brach auf gleich einem ruhigen, breiten Strom.

 «    HERZ    » 

146 Du wirkst wie einer, der sein Herz in der Hand hat und es feilbietet wie eine Ware. Wer will es haben? – Wenn keiner sich findet, dann kommst du, um es Gott zu schenken.
Glaubst du, die Heiligen hätten so gehandelt?

147 Die Geschöpfe für dich ? – Die Geschöpfe sind für Gott da. Wenn schon für dich, dann auf Gott hin.

148 Was beugst du dich zum Trinken über die Pfützen weltlichen Trostes, wenn du deinen Durst an Wassern stillen kannst, die ins ewige Leben fließen?

149 Löse dich von den Geschöpfen, bis du ihrer ganz entblößt bist. Denn nach dem Wort des heiligen Papstes Gregor ist dem Teufel in dieser Welt nichts zu eigen, und so tritt er entblößt zum Kampf an. Wenn du dich ihm bekleidet zum Kampfe stellst, wirst du bald am Boden liegen, weil er etwas hat, woran er dich packen kann.

150 Es ist, als ob dir dein Engel sagte: Dein Herz ist so voll menschlicher Anhänglichkeiten! Und das soll dein Beschützer nun schützen?

151 Loslösung. – Wie schwer ist das! … Wäre ich doch nicht anders gebunden als durch drei Nägel! Spürte ich doch in meinem Fleisch nichts anderes als das Kreuz!

152 Ahnst du nicht, daß dich mehr Frieden und mehr Erfüllung erwarten, wenn du dieser außerordentlichen Gnade entsprichst, die von dir eine völlige Loslösung fordert?
Kämpfe für Ihn, kämpfe, um Ihm mehr Freude zu machen; stärke aber gleichzeitig deine Hoffnung.

153 Los! Sage Ihm großmütig und wie ein Kind: Was wirst Du mir wohl geben, wenn Du dies von mir forderst?

154 Du fürchtest, gegenüber allen kalt und abweisend zu werden. So sehr wünschst du, dich loszulösen!
Laß diese Sorge. Wenn du Christus gehörst Christus ganz gehörst! – dann wirst du auch für alle – von Christus Feuer, Licht und Wärme haben.

155 Jesus genügt es nicht, daß man mit Ihm "teilt" : Er will alles.

156 Du willst dich dem Willen Gottes nicht unterwerfen …, dafür fügst du dich dem Willen irgendeines unbedeutenden Geschöpfes.

157 Stelle bitte die Dinge nicht auf den Kopf: wenn Gott selbst sich dir gibt, was hängst du dich an die Geschöpfe?

158 Jetzt kommen die Tränen. Es tut weh, nicht wahr? Natürlich! Gerade deshalb hat man dich an dieser Stelle getroffen.

159 Dein Herz schwankt, und du suchst einen festen Halt auf der Erde. – Gut, aber gib acht, daß sich die Stütze, nach der du greifst, nicht in ein bleiernes Gewicht verwandelt, das dich nach unten zieht, in eine Kette, die dich zum Sklaven macht.

160 Sage mir ehrlich: Ist das eine Freundschaft oder eine Fessel?

161 Du verschwendest dich an Zärtlichkeiten. – Dazu sage ich dir: Liebe zu deinem Nächsten, ja, immer. Aber höre gut zu, Apostel: Christus, und nur Ihm, gehört dieses andere Fühlen, das der Herr selbst in dein Herz gelegt hat. – Außerdem hast du doch sicher schon oft verspürt, daß Zweifel deinen übernatürlichen Blick trübten, wenn du einen jener Riegel deines Herzens zurückgeschoben hattest, deren du sieben benötigst. Du fragst dich trotz deiner lauteren Absicht, beunruhigt, ob du nicht zu weit gegangen bist im Bekunden deiner Zuneigung.

162 Herz beiseite. Erst die Pflicht. – Aber lege die Wärme deines Herzens in die Pflichterfüllung.

163 "Wenn dich dein Auge zum Bösen reizt…, reiß es aus und wirf es von dir!" –Armes Herz, das dich zum Bösen reizt!
Packe es, presse es zwischen deinen Händen: gewähre ihm keinen Trost. Wenn es danach verlangt, sage ihm langsam und mitfühlend, wie in einem vertraulichen Zwiegespräch: "Herz, du Herz am Kreuz! Du Herz am Kreuz!"

164 Was ist mit dem Herzen? – Beunruhige dich nicht: die Heiligen, normal veranlagte Menschen wie du und ich, empfanden auch diese "natürlichen" Neigungen. Wenn sie sie nicht gespürt hätten, wäre ihre "übernatürliche" Reaktion, ihr Herz – Seele und Leib – für Gott zu bewahren, statt es einem Geschöpf auszuliefern, wenig verdienstvoll gewesen.
Deshalb glaube ich, daß die Schwäche des Herzens, wenn der Weg erst einmal erkannt ist, kein Hindernis für einen entschlossenen und "sehr verliebten" Menschen zu sein braucht.

165 Um einer kleinen irdischen Liebelei willen hast du eine Menge Erniedrigungen durchgemacht.
Glaubst du wirklich, Christus zu lieben, und erträgst um seinetwillen diese Demütigung nicht?

166 Du schreibst: " Vater, ich habe … Zahnschmerzen im Herzen." – Ich nehme das nicht als Scherz; denn ich habe den Eindruck, daß dir ein guter Zahnarzt fehlt, der dir ein paar Zähne zieht.
Wenn du das nur machen ließest! …

167 "Hätte ich nur gleich am Anfang Schluß gemacht", sagtest du mir. – Hoffentlich brauchst du diese verspätete Feststellung nicht noch einmal zu treffen.

168 "Beinahe belustigend, Sie von der `Abrechnung´ reden zu hören, die unser Herr von Ihnen verlangen werde. Nein, für Sie wird Er kein Richter im strengen Sinne des Wortes sein, sondern einfach Jesus." – Dieser Satz, von einem heiligmäßigen Bischof niedergeschrieben, der schon mehr als ein bedrücktes Herz aufgerichtet hat, kann auch dein Herz aufrichten.

169 Der Schmerz drückt dich zu Boden, weil du dich vor ihm duckst. – Nimm Ihn tapfer an, Im Geiste Christi. Du wirst ihn schätzen lernen wie ein wertvolles Geschenk.

170 Der Weg ist so klar! … Die Hindernisse liegen offen zutage! … Die Waffen, sie zu überwinden, sind bewährt! … Und dennoch, wieviel Abweichen und Stolpern. Nicht wahr?
Der dünne Faden – eine Kette, eine schwergeschmiedete Kette –, den du und ich kennen und den du nicht zerreißen willst, ist der Grund, warum du vom Wege abkommst und stolperst und sogar fällst.
Was zögerst du, den Faden zu durchschneiden, um voranzukommen?

171 Die Liebe … ist eine Liebe wert!

 «    ABTÖTUNG    » 

172 Wenn du dich nicht abtötest, wirst du nie ein Mensch des Gebetes.

173 Die treffende Bemerkung und der Witz, die du dir verkneifst; das freundliche Lächeln für einen, der dich stört; das Schweigen gegenüber ungerechten Vorwürfen; wohlwollendes Verhalten gegenüber zudringlichen Menschen und solchen, die ungelegen kommen; Nachsicht mit den lästigen Angewohnheiten derjenigen, mit denen du täglich zu tun hast und die dir auf die Nerven fallen…, das alles, mit Beharrlichkeit geübt, ist handfeste innere Abtötung.

174 Sage nicht: dieser Mensch fällt mir auf die Nerven. – Denke: er hilft mir, heilig zu werden.

175 Kein Ideal wird ohne Opfer Wirklichkeit. – Verleugne dich selbst. Es macht so glücklich, sich aufzuopfern.

176 Wie oft nimmst du dir vor, Gott in einer Kleinigkeit zu dienen…, und dann mußt du dich bei deiner Armseligkeit damit begnügen, Ihm das Eingeständnis deines Versagens darzubringen, das Gefühl, einen so leichten Vorsatz nicht ausgeführt zu haben!

177 Laß die Gelegenheit nicht vorübergehen, dich mit deinem Urteil zu unterwerfen. – Das ist schwer…, aber in den Augen Gottes sehr wohlgefällig!

178 Wenn du ein armes Holzkreuz siehst, einsam, erbärmlich, wertlos… und ohne Gekreuzigten, dann wisse, daß dieses Kreuz dein Kreuz ist: das Kreuz jeden Tages, verborgen, ohne Glanz und ohne Trost. .., das auf seinen Gekreuzigten wartet. Dieser Gekreuzigte mußt du sein.

179 Wähle Abtötungen, die nicht die anderen abtöten.

180 Wo keine Abtötung, da keine Tugend.

181 Innere Abtötung. – Ich glaube nicht an deine innere Abtötung, wenn ich sehe, daß du die Abtötung der Sinne verachtest und beiseite läßt.

182 Wir wollen in dem armen gegenwärtigen Leben den Leidenskelch bis zum letzten Tropfen leeren. – Was bedeuten zehn, zwanzig oder fünfzig Jahre Leid. .., wenn dann die Herrlichkeit kommt, für immer , für immer. .., für immer?
Und vor allem – besser noch als der erwähnte Grund "propter retributionem" –, was macht es aus zu leiden, wenn man leidet, um Gott, unseren Herrn, zu trösten, um Ihm zu gefallen, im Geist der Sühne, eins mit Ihm am Kreuz, mit einem Wort: wenn man aus Liebe leidet? …

183 Die Augen! Durch sie geht viel Böses in dein Inneres ein. – Wie viele haben die gleiche Erfahrung wie David machen müssen! … Wenn ihr den Blick bewahrt, ist euer Herz beschützt.

184 Was mußt du herumgucken, wenn du "deine Welt" in dir trägst?

185 Die Welt bewundert nur das aufsehenerregende Opfer. Der Wert des stillen und schweigenden Opfers bleibt ihr verborgen.

186 Man muß sich ganz geben, man muß sich ganz verleugnen: das Opfer muß ein Brandopfer werden.

187 Paradox: um zu leben, muß man sterben.

188 Gib acht, das Herz ist ein Verräter. – Sichere es mit sieben Riegeln.

189 Was dich nicht zu Gott führt, ist Hindernis. Reiß es aus und wirf es weit weg.

190 Einem Menschen, dessen unmittelbarer Vorgesetzter grob und jähzornig war, legte der Herr die Worte in den Mund: Vielen Dank, mein Gott, für diesen wahrhaft göttlichen Schatz; denn wann wird man jemanden finden, der gleich wegen jeder Freundlichkeit nach mir ausschlägt wie ein Pferd?

191 Überwinde dich jeden Tag vom ersten Augenblick an. Steh rechtzeitig zur festen Stunde auf, ohne eine Minute Zugeständnis an deine Trägheit zu machen.
Wenn du dich mit der Hilfe Gottes überwindest, hast du schon viel für den Tag vorweggenommen.
Es ist entmutigend, sich gleich beim ersten Handgemenge besiegt zu sehen!

192 Immer unterliegst du. – Setze dir jedesmal die Rettung eines bestimmten Menschen zum Ziel oder seine Heiligung, oder seine Berufung zum Apostolat. Dann bin ich deines Sieges gewiß.

193 Sei nicht wankelmütig und weich. – Es ist höchste Zeit, daß du aufhörst, dir selber leid zu tun.

194 Ich nenne dir die wahren Schätze des Menschen auf dieser Erde, damit du sie dir nicht entgehen läßt: Hunger, Durst, Hitze, Kälte, Schmerz, Schande, Armut, Einsamkeit, Verrat, Verleumdung, Gefängnis…

195 Jener Mann traf ins Schwarze, der sagte, daß Leib und Seele zwei Feinde sind, die sich nicht trennen, und zwei Freunde, die sich nicht ausstehen können.

196 Dem Körper muß man etwas weniger geben als notwendig. Sonst übt er Verrat.

197 Wenn sie Zeugen deiner Schwächen und Armseligkeiten waren, warum dann nicht auch deiner Buße?

198 Dies sind die köstlichen Früchte eines Menschen, der sich abtötet: Verständnis und Duldsamkeit gegenüber den Schwächen anderer, Unduldsamkeit gegenüber den eigenen.

199 Wenn das Weizenkorn nicht stirbt, bleibt es ohne Frucht. – Möchtest du nicht Weizenkorn sein, durch Abtötung sterben und volle Ähren hervorbringen? Jesus segne dein Feld.

200 Du überwindest dich nicht, du lebst die Abtötung nicht; denn du bist hochmütig. Wenn du sagst, daß du ein Leben der Buße führst, dann bedenke wohl, daß Hochmut und Buße nebeneinander leben können… Weiter: Ist dein Schmerz, wenn du gefallen bist oder wenn du gegen die Großzügigkeit gefehlt hast, echte Reue oder bloß Ärger, dich so kraftlos und klein zu sehen ? – Du bist sehr weit von Jesus weg, wenn du nicht demütig bist…, mögen auch deine Bußgeißeln täglich frische Blüten treiben!

201 Geschmack von Galle und Essig, Asche und Aloe! Es zieht dir den Gaumen zusammen, trocknet ihn aus und macht ihn rissig. – Solche körperlichen Empfindungen sind nichts im Vergleich mit den Bitternissen deiner Seele. Es wird nämlich "mehr von dir verlangt", und du gibst es nicht her. – Sei demütig: Würde dieser bittere Geschmack dir auch in Fleisch und Geist bleiben, wenn du alles hergäbest, was du hast?

202 Du willst dir eine freiwillige Strafe wegen deiner Schwäche und deines Mangels an Großmut auferlegen?
Gut, aber es sollte eine diskrete Buße sein, wie für einen Feind, der gleichzeitig unser Bruder ist.

203 Der Freude des armseligen Menschen haftet, auch wenn sie einen übernatürlichen Grund hat, immer ein Beigeschmack der Trauer an. – Was hattest du dir gedacht? – Hier unten ist der Schmerz das Salz unseres Lebens.

204 Viele Menschen würden sich vor den erstaunten Blicken tausender Zuschauer ans Kreuz nageln lassen. Aber die kleinen Nadelstiche des Alltags wissen sie nicht christlich zu ertragen! – Was ist wohl heroischer?

205 Gemeinsam lasen wir beide das heroisch gewöhnliche Leben jenes Gottesmannes. – Wir sahen ihn Monate und Jahre hindurch (welch exakte "Buchführung" in seinem Partikularexamen) kämpfen. Beim Frühstück: heute siegte er, morgen unterlag er… Er notierte: "Keine Butter genommen…, Butter genommen!"
Wenn wir, du und ich, doch auch unser… "Butterdrama" hätten.

206 Die heroische Minute. – Das ist der Augenblick des pünktlichen Aufstehens. Kein Schwanken: ein übernatürlicher Gedanke und… auf! – Die heroische Minute: da hast du eine Abtötung, die deinen Willen stärkt und deine Natur nicht schwächt.

207 Für diesen heiligen Abscheu, den du vor dir selbst empfindest, sei dankbar wie für eine besondere Gunst.

 «    BUSSE    » 

208 Gesegnet sei der Schmerz. – Geliebt sei der Schmerz. – Geheiligt sei der Schmerz… Verherrlicht sei der Schmerz!

209 Der Apostel gibt uns ein ganzes Programm an die Hand, um die Schule des Leidens erfolgreich zu durchlaufen: "spe gaudentes", fröhlich in der Hoffnung, "in tribulatione patientes", geduldig in der Drangsal, "orationi instantes", beharrlich im Gebet.

210 Sühne: das ist der Pfad, der zum Leben führt.

211 Vergrabe durch die Buße deine Nachlässigkeiten, Beleidigungen und Sünden in der tiefen Grube, die deine Demut öffnet. – Denn so vergräbt auch der Bauer die faulen Früchte, die trockenen Äste und das gefallene Laub am Fuße des Baumes, der sie hervorbrachte. – Was unfruchtbar, ja, was schädlich war, trägt nun wirksam zu neuer Fruchtbarkeit bei.
Lerne, Schwung aus dem Sturz zu holen: Leben aus dem Tode.

212 Der Christus, den du siehst, ist nicht Jesus. – Es ist höchstens das traurige Bild, das deine getrübten Augen dir zeigen… – Läutere dich. Reinige deinen .Blick mit Hilfe der Demut und der Buße. Dann… fehlt dir das klare Auge der Liebe nicht. Dein Blick wird schärfer. Dein Bild wird dann wirklich sein Bild: Er!

213 Jesus leidet, um den Willen des Vaters zu erfüllen… Auch du willst den heiligsten Willen des Vaters erfüllen und den Schritten des Meisters folgen. Kannst du dich da beklagen, wenn du das Leiden als Gefährten findest?

214 Sage deinem Leib: Lieber will ich mir einen Sklaven halten als selber dein Sklave sein.

215 Welche Angst haben die Leute vor der Sühne! Würden sie in der rechten Absicht, Gott zuliebe, all das tun, was sie auf sich nehmen, um vor der Welt eine gute Figur abzugeben, wie heilig wäre mancher Mann und manche Frau!

216 Du weinst? – Schäme dich deswegen nicht. Weine. Männer weinen, genau wie du, in der Einsamkeit, vor Gott. – Des Nachts, sagt der König David, netze ich mit den Tränen mein Lager.
Mit deinen brennenden und männlichen Tränen kannst du deine Vergangenheit läutern und dein gegenwärtiges Leben ins Übernatürliche erheben.

217 Ich will, daß du auf der Erde glücklich bist. – Das wirst du aber nie, wenn du nicht die Angst vor dem Schmerz verlierst. Denn solange wir "unterwegs" sind, liegt unser Glück gerade im Schmerz.

218 Wie schön ist es, das Leben um d e s Lebens willen zu verlieren!

219 Wenn dir klar ist, daß diese körperlichen und seelischen Schmerzen Läuterung und Verdienst bedeuten, dann segne sie.

220 "Gott gebe Ihnen Gesundheit", sagen manche Bettler, wenn sie um ein Almosen bitten oder sich bedanken. Hat dieser Wunsch rein körperlichen Wohlergehens nicht einen schlechten Beigeschmack?

221 Wenn wir in der freiwilligen Sühne großzügig sind, erfüllt Jesus uns mit der Gnade, die von Ihm gesandten Prüfungen zu lieben.

222 Durch die Sühne soll dein Wille von den Sinnen fordern, was die anderen Kräfte der Seele ihm im Gebet verweigern.

223 Ohne beständige Abtötung ist die Buße kaum etwas wert.

224 Angst vor der Buße? … Vor der Buße, die dir hilft, das ewige Leben zu gewinnen? – Um Jedoch das armselige gegenwärtige Leben zu erhalten, unterwerfen sich die Menschen den tausend Qualen eines blutigen chirurgischen Eingriffs. Siehst du das nicht?

225 Dein größter Feind bist du selbst.

226 Behandle deinen Körper sorglich; aber schone ihn nicht mehr, als es einem verräterischen Feind zusteht.

227 Wenn du begriffen hast, daß der Leib dein Feind und Feind der Verherrlichung Gottes ist, weil er deine Heiligung bedroht, warum faßt du ihn dann so weich an?

228 "Verbringen Sie einen schönen Nachmittag", sagte man uns höflich. Ein Gott sehr verbundener Mensch bemerkte dazu: "Wie banal!"

229 Mit Dir, Jesus, ist der Schmerz voller Freude und das Dunkel voller Licht!

230 Du leidest! – Hör zu: "Sein" Herz ist nicht kleiner als das unsere. Du leidest? Es tut dir not.

231 Strenges Fasten ist eine Gott sehr wohlgefällige Buße. – Aber aus dem einen oder anderen Grund haben wir Erleichterungen zugelassen. Es ist nichts dagegen einzuwenden – im Gegenteil –, wenn du es mit Erlaubnis deines Leiters häufig übst.

232 Gründe zur Buße? Sühne, Wiedergutmachung, Bitten, Danksagung: lauter Mittel, um voranzukommen. ..: für dich, für mich, für deine Familie, dein Land, die Kirche… Und tausend Gründe mehr.

233 Übe nicht mehr Buße, als dein Leiter dir gestattet.

234 Wir adeln den Schmerz, wenn wir ihn an seinen richtigen Platz im Heilsplan des Geistes stellen: als Sühne.

 «    GEWISSENSERFORSCHUNG    » 

235 Gewissenserforschung. – Eine tägliche Arbeit. Wer ein Geschäft betreibt, vernachlässigt die Buchführung nicht. …
Gibt es ein wichtigeres "Geschäft" als das Geschäft des ewigen Lebens?

236 Nimm dich zur Stunde der Gewissenserforschung vor dem stummen Teufel in acht.

237 Prüfe dich, ruhig und mit Mut. – Ist es nicht so, daß deine schlechte Laune und deine Traurigkeit, die grundlos, scheinbar grundlos sind, aus deiner mangelnden Entschlossenheit herrühren, die feinen, aber ganz "konkreten" Schlingen zu zerreißen, die deine Begehrlichkeit dir – mit raffinierten Entschuldigungen – gelegt hat?

238 Die allgemeine Gewissenserforschung gleicht der Abwehr. – Das Partikularexamen dem Angriff. – Das erste ist Panzerung, das zweite ein scharfes Schwert.

239 Ein Blick auf das Vergangene. Jammern? Nein, das ist nutzlos. – Daraus lernen: das bringt Frucht.

240 Bitte um Licht. – Geh in die Tiefe, bis die Wurzel freigelegt ist. Und dann setze die Angriffswaffe des Partikularexamens an.

241 Dein Partikularexamen soll darauf zielen, eine bestimmte Tugend zu erwerben oder einen dich beherrschenden Fehler auszumerzen.

242 "Was ich Gott als Christ schuldig bin und was ich angesichts dieser Schuldigkeit versäume, läßt mich weinen vor Schmerz, Schmerz aus Liebe. `Mea culpa!´"
Gut, daß du allmählich deine Schulden erkennst. Bedenke aber, wie man sie bezahlt: mit Tränen… und mit Werken.

243 "Qui fidelis est in minimo et in maiori fidelis est." Wer im Geringen treu ist, ist es auch im Großen. – Diese Worte des heiligen Lukas zeigen dir, wenn du dich gründlich prüfst, die Wurzeln deiner Irrwege.

244 Reagiere sofort. – Höre die Stimme des Heiligen Geistes: "Si inimicus meus maledixisset mihi, sustinuissem utique" – wenn mein Feind mich beleidigt, so wundert mich das nicht, und es ist leicht zu ertragen. Aber du … "tu vero homo unanimis, dux meus, et notus meus, qui simul mecum dulces capiebas cibos" – du, mein Freund, mein Apostel, der du dich mit mir an den Tisch setzt und herrliche Gerichte kostest!

245 An Einkehrtagen muß deine Gewissenserforschung tiefer und ausgedehnter sein als sonst normalerweise am Abend. – Wenn nicht, versäumst du eine große Gelegenheit zur Umkehr.

246 Schließe deine Gewissenserforschung immer mit einem Gedanken der Liebe ab, Reue aus Liebe: für dich, für alle Sünden der Menschen… – Und betrachte das väterliche Sorgen Gottes, der dir die Hindernisse wegräumte, damit du nicht stolpertest.

 «    VORSÄTZE    » 

247 Präzise und konkret. – Deine Vorsätze sollen nicht wie Wunderkerzen sein, die einen Augenblick sprühen und dann als bittere Realität einen nutzlosen schwarzen Draht zurücklassen, den man achtlos wegwirft.

248 Du bist jung! – Du erscheinst mir wie ein Schiff, das seine Fahrt aufnimmt. – Eine kleine Abweichung jetzt, und wenn du sie nicht korrigierst, kommst du nie ans Ziel.

249 Wenige Vorsätze. – Konkrete Vorsätze. – Und die mit der Hilfe Gottes erfüllen.

250 Du hast mir gesagt: "Ja, ich will heilig werden." Ich habe dich schweigend angehört. Obwohl ich eine derart verschwommene und allgemeine Versicherung gewöhnlich für eine Dummheit halte.

251 Morgen, morgen! Manchmal ist es Klugheit, meistens das Wort derer, die sich geschlagen geben.

252 Fester und bestimmter Vorsatz: wenn man dich lobt und ehrt, daran zu denken, was dich beschämt und blamiert.
Denn das ist dein Anteil. Lob und Ehre gehören Gott.

253 Verhalte dich "jetzt" richtig, und denke nicht an "gestern", das schon vorüber ist, noch sorge dich um "morgen", von dem du nicht weißt, ob es für dich noch kommt.

254 Jetzt! Kehre jetzt zu deinem guten Streben zurück. – Täusche dich nicht: "Jetzt" ist es nicht zu früh… noch zu spät.

255 Soll ich dir genau sagen, wie ich mir "deinen Weg" denke? – Also gut: wenn du dem Ruf entsprichst, wirst du für Christus arbeiten wie kaum ein anderer. Dem Ruf wirst du entsprechen, wenn du ein Mensch des Gebetes bist. Opferbereit wirst du die härtesten Arbeiten suchen… Du wirst hier glücklich sein, und noch glücklicher dann, im ewigen Leben.

256 Diese Wunde schmerzt. – Aber sie heilt schon: bleibe nur fest in deinen Vorsätzen. Bald wird der Schmerz Freude und Friede sein.

257 Du bist wie ein Sandsack, – Nichts tust du von dir aus. So ist es kein Wunder, daß du Anzeichen der Lauheit zu spüren beginnst. – Reiß dich zusammen!

 «    SKRUPEL    » 

258 Weise die Skrupel zurück, die dir den Frieden rauben. – Was der Seele den Frieden raubt, ist nicht von Gott.
Wenn Gott zu dir kommt, spürst du die Wahrheit der Grußworte: Frieden gebe ich euch… Frieden hinterlasse ich euch… Der Friede sei mit euch… Und das mitten in der Bedrängnis.

259 Wieder diese Skrupel! – Sprich einfach und klar mit deinem Leiter .
Gehorche… und mache das von Liebe überströmende Herz des Herrn nicht kleiner .

260 Traurigkeit, Niedergeschlagenheit. Das wundert mich nicht: es ist die Staubwolke, die dein Sturz aufgewirbelt hat. Genug damit! Hat nicht der Wind der Gnade diese Wolke längst fortgeweht?
Auch könnte die Traurigkeit, wenn du sie nicht abwehrst, die Hülle deines Hochmutes sein. – Hieltest du dich etwa für vollkommen und sündlos ?

261 Ich verbiete dir, weiter daran zu denken. – Stattdessen preise Gott, weil Er deiner Seele das Leben wiedergab.

262 Denke nicht mehr an deinen Sturz. – Dieser Gedanke überschattet und belastet dich wie eine Steinplatte und kann dir leicht Anlaß zu neuen Versuchungen werden. – Christus hat dir vergeben, vergiß den alten Menschen.

263 Werde nicht mutlos. – Ich sah dich kämpfen. ..: deine heutige Niederlage ist eine gute Übung für den endgültigen Sieg.

264 Du hast dich gut geschlagen…, obgleich du so tief gefallen bist. – Du hast dich gut geschlagen, weil du dich gedemütigt hast, weil du dich wieder aufgerappelt hast, weil du dich mit Hoffnung erfüllt hast, und die Hoffnung zog dich wieder zur Liebe hin. – Sieh mich nicht so erstaunt an: du hast dich gut geschlagen! – Du bist vom Boden aufgestanden: "Surge" erklang die machtvolle Stimme, "et ambula": jetzt an die Arbeit!

 «    GEGENWART GOTTES    » 

265 Die Kinder… Sie wollen sich gut betragen, wenn ihre Eltern da sind.
Die Kinder eines Königs. Wie sehr mühen sie sich, vor ihrem Vater, dem König, die königliche Würde zu wahren! Und du… Weißt du nicht, daß du immer vor dem großen König stehst, deinem Vater Gott?

266 Fasse keinen Entschluß, ohne die Angelegenheit vor Gott erwogen zu haben.

267 Man muß sich klar machen, daß Gott dauernd bei uns ist. – Wir leben, als ob der Herr fern wäre, dort, wo die Sterne leuchten, und wir bedenken nicht, daß Er auch immer an unserer Seite ist.
Er ist da wie ein liebender Vater. Jeden einzelnen von uns liebt Er mehr, als alle Mütter der Welt ihre Kinder lieben können. Er ist da, helfend, leitend, segnend… und verzeihend.
Wie oft hat sich die Stirn unserer Eltern geglättet, wenn wir ihnen nach einer Ungezogenheit sagten: Ich will es nie wieder tun! – Vielleicht haben wir am seIben Tag aufs neue gefehlt… – Unser Vater hat uns dann, mit vorgetäuschter Strenge in der Stimme und ernstem Gesicht, getadelt – aber gleichzeitig wurde ihm das Herz weich, denn er kannte unsere Unbeständigkeit und dachte wohl: armes Kind, wie es sich anstrengt, sich gut zu betragen!
Wir müssen uns ganz davon durchtränken und erfüllen lassen, daß der Herr unser Vater ist, Vater durch und durch, der an unserer Seite ist und im Himmel.

268 Gewöhne dich daran, dein Herz viele Male während des Tages in Dankbarkeit zu Gott zu erheben. – Weil Er dir dies und jenes gibt. – Weil man dich verachtet hat. – Weil du das Notwendige hast, oder weil du es nicht hast.
Weil Er seine Mutter, die auch deine Mutter ist, so schön gemacht hat. – Weil Er die Sonne geschaffen und den Mond und dieses Tier und jene Pflanze. – Weil Er jenen Menschen so beredt geschaffen hat und dich so schwerfällig im Wort … Sage Ihm Dank für alles, denn alles ist gut.

269 Sei nicht so blind und gedankenlos, dich nicht in jeden Tabernakel zu versetzen, wenn du die Türme oder Mauern eines Gotteshauses entdeckst. – Er wartet auf dich.
Sei nicht so blind und gedankenlos, daß du nicht ein Stoßgebet zur Unbefleckten Mutter Maria betest, wenn du an Orten vorbeigehst, von denen du weißt, daß man dort Christus beleidigt.

270 Freust du dich nicht, wenn du auf deinem gewohnten Weg durch die Straßen der Stadt einen neuen Tabernakel entdeckst!?

271 Ein Mensch des Gebetes sagte: Jesus soll das Ziel unserer Bestrebungen, die Liebe unseres Herzens, das Thema unserer Gespräche, das Vorbild unseres Handelns sein.

272 Verwende jene bewährten "Kunstgriffe", die ich dir anriet, damit du die Gegenwart Gottes nicht verlierst: Stoßgebete, Gedanken der Liebe und der Sühne, geistige Kommunionen, Blicke zum Bilde Unserer Lieben Frau…

273 Allein! – Du bist nicht allein. Von fern begleiten wir dich dauernd. – Außerdem wohnt der Heilige Geist – Gott mit dir – im Innersten deiner Seele und stimmt all deine Gedanken, Wünsche und Werke übernatürlich.

274 "Vater", sagte mir jener Bursche, ein guter Student der Central ["La Central" nannte man zu der Zeit, als "Der Weg" entstand, die Universität von Madrid.] (was mag aus ihm geworden sein?), "ich mußte an Ihre Worte denken…, daß ich ein Sohn Gottes bin! Und ich überraschte mich auf der Straße, erhobenen Hauptes, innerlich voller Stolz… Sohn Gottes!"
Ich riet ihm ruhigen Gewissens, diesen "Stolz" zu pflegen.

275 Ich zweifle nicht an deiner Ehrlichkeit. – Ich weiß, daß du in der Gegenwart Gottes handelst.
Dennoch gibt es ein "Aber": deine Handlungen werden von Menschen gesehen oder könnten von ihnen gesehen werden, und diese könnten menschlich darüber urteilen. Ihnen muß man ein gutes Beispiel geben.

276 Gewöhne dich daran, wenigstens einmal in der Woche Maria aufzusuchen, um mit ihr zu Jesus zu gehen. Und du wirst mehr in der Gegenwart Gottes leben.

277 Du fragst mich: Warum dieses Holzkreuz? – Ich schreibe aus einem Brief ab: "Wenn ich die Augen vom Mikroskop erhebe, stößt der Blick auf das leere schwarze Holzkreuz. Dieses Kreuz ohne Gekreuzigten ist ein Symbol. Es birgt einen Sinn, den die anderen wohl nicht sehen. Aber der Ermüdete, der schon daran war, seine Arbeit aufzugeben, führt seine Augen wieder ans Okular und arbeitet weiter, denn das leere Kreuz fordert Schultern, die es tragen."

278 Lebe in der Gegenwart Gottes, und du lebst übernatürliches Leben.

 «    ÜBERNATÜRLICHES LEBEN    » 

279 Die meisten Leute haben nur Augen für das Flache, für die Fläche der Erde, zweidimensional.
Wenn du ein übernatürliches Leben führst, wirst du von Gott die dritte Dimension bekommen: die Tiefe, und damit das Relief, das Gewicht und die Fülle.

280 Wenn du den übernatürlichen Sinn deines Lebens aus dem Blick verlierst, ist deine Liebe bloß Menschenfreundlichkeit; deine Reinheit bloß Anstand; deine Abtötung bloß Dummheit; deine Selbstzucht bloß Geißel; und all deine Werke sind nutzlos.

281 Das Schweigen ist wie die Wache am Tor des inneren Lebens.

282 Paradox: es ist eher erreichbar, heilig zu sein als gelehrt; aber es ist leichter, gelehrt zu sein als heilig.

283 Dich zerstreuen. – Du brauchst Zerstreuung! … Entweder reißt du die Augen weit auf, damit die Bilder der Welt alle hineingehen, oder du kneifst sie zusammen, weil deine Kurzsichtigkeit es so will.
Schließe sie ganz!: führe ein inneres Leben, und du wirst die Herrlichkeit einer schöneren Welt, einer neuen Welt, in unvermuteten Farben und Formen sehen. Du wirst mit Gott umgehen…, dein Elend erkennen…, dich vergöttlichen – eine Vergöttlichung, die dich, je näher du deinem Vater kommst, um so mehr zum Bruder deiner Menschenbrüder macht.

284 Zielsetzung: daß ich gut bin und alle anderen besser als ich.

285 Die Bekehrung ist Sache eines Augenblicks. – Die Heiligung ist ein Werk für das ganze Leben.

286 Es gibt nichts Besseres auf der Welt, als in der Gnade Gottes zu leben.

287 Lauterkeit der Absicht. – Du wirst sie stets haben, wenn du immer und in allem Gott zu gefallen suchst.

288 Versetze dich in die Wunden des gekreuzigten Herrn. Dort wirst du lernen, deine Sinne zu bewachen, dort wirst du inneres Leben führen, dort wirst du dem Vater unaufhörlich die Schmerzen des Herrn und Mariens darbringen, um deine Schuld und die Schuld aller Menschen abzutragen.

289 Deine heilige Ungeduld, Ihm zu dienen, kann Gott nicht mißfallen. – Aber sie wird unfruchtbar bleiben, wenn sie nicht von einer deutlichen Besserung deines täglichen Lebens begleitet ist.

290 Begradigen. – Jeden Tag ein wenig. – Das ist deine dauernde Arbeit, wenn du wirklich heilig werden willst.

291 Du bist verpflichtet, dich zu heiligen. – Auch du. – Wer soll glauben, das sei ausschließlich Sache der Priester und Ordensleute?
Der Herr nahm keinen aus, als Er sagte: "Seid vollkommen wie euer Vater im Himmel vollkommen ist."

292 Genau das soll dein inneres Leben sein: beginnen … und wieder beginnen.

293 Hast du im inneren Leben einmal in Ruhe die Schönheit des "Dienens" in immer erneuter Freiheit betrachtet?

294 Unter der Schneedecke sah man die Pflanzen nicht. Der Bauer, dem das Feld gehörte, sagte vergnügt: "Jetzt wachsen sie nach innen."
Ich mußte an dich denken, an deine notgedrungene Untätigkeit… Ob du wohl auch nach innen wächst?

295 Du magst noch so mächtig sein. Deine Herrschaft scheint mir traurig und lächerlich, wenn du nicht Herr deiner selbst bist.

296 Es ist hart, in den Heiligen Evangelien die Frage des Pilatus zu vernehmen: "Wen soll ich euch freigeben, Barabbas oder Jesus, der sich Christus nennt?" Noch bedrückender ist es, die Antwort zu hören: "Barabbas!"
Und noch entsetzlicher zu erkennen, daß auch ich, viele Male, als ich vom Weg abkam, gerufen habe: "Barabbas!" Ich fügte noch hinzu: "Und Christus? … "Crucifige eum!" Kreuzige Ihn!"

297 Alles, was dich im Augenblick bekümmert, ist mehr oder weniger wichtig. – Einzig wichtig ist, daß du glücklich, daß du gerettet wirst.

298 Neues Licht! – Du bist voller Freude, weil der Herr dich alte Wahrheiten neu entdecken ließ!
Nutze solche Augenblicke. Nun ist die Zeit, in Danklieder auszubrechen; nun ist auch die Zeit, in manchen Winkeln deiner Seele aufzuräumen, die eine oder andere Gewohnheit abzulegen, dem übernatürlichen mehr Gewicht zu geben, ein mögliches Ärgernis für den Nächsten abzustellen…
Mit einem Wort, deine Dankbarkeit soll sich in einem konkreten Vorsatz äußern.

299 Christus ist für dich gestorben. – Du…, was mußt du für Christus tun?

300 Deine persönliche Erfahrung – Verdrossenheit, Unbehagen, Verbitterung – läßt dich die Wahrheit der Worte Christi erleben: Niemand kann zwei Herren dienen !

 «    MEHR VOM INNEREN LEBEN    » 

301 Ein Geheimnis. – Ein offenes Geheimnis: es gibt Weltkrisen, weil es an Heiligen fehlt.
Gott wünscht eine Handvoll "seiner" Leute in jeder menschlichen Tätigkeit. – Dann… "pax Christi in regno Christi" – der Friede Christi im Reich Christi.

302 Dein Kruzifix. – Als Christ solltest du immer dein Kruzifix bei dir tragen. Du solltest es auf deinen Arbeitstisch legen. Du solltest es küssen beim Schlafengehen und beim Aufstehen. Und wenn dein armer Körper sich gegen die Seele auflehnt, küsse es auch.

303 Verliere die Scheu, den Herrn bei seinem Namen – Jesus – zu rufen und Ihm zu sagen, daß du Ihn liebst.

304 Versuche jeden Tag ein paar Minuten für jene gesegnete Einsamkeit auszusparen, die so dringend notwendig ist, um das innere Leben in Gang zu halten.

305 Du hast mir geschrieben: "Die Schlichtheit ist das Salz der Vollkommenheit. Gerade das fehlt mir. Ich möchte die Schlichtheit finden, mit Seiner Hilfe und mit der Ihren."
Weder die Seine noch die meine wird dir fehlen. – Setze die Mittel ein.

306 Daß das Leben der Menschen auf der Erde ein Kriegsdienst sei, das sagte schon Job vor vielen Jahrhunderten.
Noch immer gibt es Bequeme, denen das anscheinend nicht aufgegangen ist.

307 Diese Art des übernatürlichen Vorgehens ist echte Strategie. – Du führst den Krieg, die täglichen Gefechte deines inneren Lebens, in Stellungen, die weit vor den schweren Mauern deiner Festung liegen.
Hier muß der Feind antreten, bei deiner kleinen Abtötung, deinem gewohnten Gebet, deiner normalen Arbeit, deinem Lebensplan. Dann fällt es ihm schwer, an die leicht erstürmbare Zitadelle deiner Festung heranzukommen, – Und wenn, dann erschöpft.

308 Du schreibst mir, und ich schreibe es ab: "Meine Freude und mein Friede. Niemals werde Ich wirklich Freude haben, wenn ich keinen Frieden habe, Und was ist der Friede? Der Friede hängt eng mit dem Krieg zusammen. Der Friede ist die Folge des Sieges. Der Friede fordert von mir beständigen Kampf. Ohne Kampf kann ich keinen Frieden finden."

309 Betrachte, wie Gottes Gerechtigkeit von Erbarmen überfließt! – Bei menschlichen Gerichten bestraft man den geständigen Täter, beim göttlichen Gericht wird ihm verziehen.
Gepriesen sei das Sakrament der Buße.

310 "Induimini Dominum lesum Christum" – Ziehet an unseren Herrn Jesus Christus, sagte der heilige Paulus zu den Römern. Im Sakrament der Buße ziehen du und ich Jesus Christus und seine Verdienste an.

311 Der Krieg! – Der Krieg hat ein übernatürliches Ziel, sagst du, das der Welt verborgen ist: der Krieg ist für uns…
Der Krieg ist das größte Hindernis für einen bequemen Weg. – Aber schließlich werden wir ihn lieben müssen wie ein Mönch seine Bußgeißeln.

312 Die Macht Deines Namens, Herr! – Ich begann meinen Brief wie üblich: "Jesus beschütze dich."
Darauf schrieb man mir: "Das `Jesus beschütze dich´ an Ihrem Briefanfang hat mich schon vor einem großen Unheil beschützt. Möge Er auch Sie alle beschützen."

313 "Da der Herr mir in seiner gewohnten Großzügigkeit hilft, will ich versuchen, umgänglicher zu sein, um Ihm so entgegenzukommen", sagtest du mir. – Da hatte ich nichts hinzuzufügen.

314 In einem Brief sagte ich dir: "Ich stütze mich auf Dich. Was nun?" – Was sonst, als uns auf Ihn zu stützen!

315 Missionar. Du träumst davon, Missionar zu werden. Du glühst wie Franz Xaver. Du willst ein Reich für Christus erobern. Japan, China, Indien, Rußland…, die Länder des kalten Nordens, Amerika, Afrika, Australien.
Entfache dieses Glühen in deinem Herzen noch mehr, diesen Hunger nach Seelen. Aber denke daran, daß du ein besserer Missionar wirst, wenn du gehorchst. Räumlich weit getrennt von diesen Missionsgebieten, arbeitest du "hier" und "dort". Spürst du nicht, wie Franz Xaver, daß dir dein Arm erlahmt, weil du den ganzen Tag taufst?

316 Du sagst mir: Ja, du willst es. Gut, aber willst du es so, wie ein Geizhals sein Geld will, wie eine Mutter ihr Kind liebt, wie ein Streber nach Ehren verlangt, wie ein unglücklicher Lüstling nach seiner Befriedigung sucht? Nein? Dann willst du auch nicht.

317 Welche Energien verwenden die Menschen auf ihre irdischen Angelegenheiten; Hoffnungen, geehrt zu werden; der Wille, reich zu werden; die Sucht, sinnlich zu genießen. Männer und Frauen, Reiche und Arme, Alte und Erwachsene und Jugendliche und selbst Kinder: alle gleich. Wenn du und ich die gleiche Energie in die Angelegenheiten unserer Seele stecken, werden wir einen Glauben haben, der lebt und wirkt. Dann wird es bei unserem apostolischen Unternehmen kein Hindernis geben, das wir nicht überwinden können.

318 Was für einen guten Rat gibt der Apostel dir, dem Sportler: "Nescitis quod ii qui in stadio currunt omnes quidem currunt, sed unus accipit bravium? Sic currite ut comprehendatis." Wißt ihr nicht, daß die Teilnehmer am Wettkampf zwar alle laufen, aber nur einer den Preis erlangt ? Laufet denn so, daß ihr ihn erhaltet.

319 Sammle dich. – Suche Gott in dir und horche auf Ihn.

320 Fördere diesen wertvollen Gedanken, diese aufkeimenden heiligen Wünsche… – Ein Funke kann ein Feuer entfachen.

321 Apostel, der vertraute Umgang mit Jesus, jahrelang in seiner Nähe! Bedeutet dir das gar nichts?

322 Es stimmt, daß ich unsern Tabernakel immer Bethanien nenne… – Mach die Freunde des Meisters zu deinen Freunden: Lazarus, Martha, Maria… Dann wirst du mich nicht mehr fragen, warum ich unsern Tabernakel Bethanien nenne.

323 Du weißt, es gibt die "evangelischen Räte". Sie zu befolgen, ist ein besonderer Ausdruck der Liebe.
– Man sagt, das sei ein Weg für wenige. – Manchmal glaube ich, es könnte ein Weg für viele sein.

324 "Quia hic homo coepit aedificare et non potuit consummare." Er begann zu bauen und konnte es nicht zu Ende bringen !
Ein trauriger Kommentar; es liegt an dir zu verhindern, daß man so über dich redet. Denn du hast alle Mittel, um das Gebäude deiner Heiligung zu vollenden: die Gnade Gottes und deinen Willen.

 «    LAUHEIT    » 

325 Kämpfe gegen diese Schlaffheit an, die dich in deinem inneren Leben faul und nachlässig macht.
Denke daran, daß dies der Anfang der Lauheit sein kann…, und nach dem Schriftwort wird Gott die Lauen ausspeien.

326 Es schmerzt mich, dich von der Lauheit gefährdet zu sehen, wenn ich dich in deinem Stande nicht ernsthaft um die Vollkommenheit bemüht finde.
Sage mit mir: Ich will die Lauheit nicht! "Confige timore tuo carnes meas!" Gib mir, mein Gott, eine kindliche Furcht, die mich aufrüttelt!

327 Ich weiß wohl, daß du die Todsünde meidest. Du willst dich retten. – Aber es macht dir nichts aus, ständig und freiwillig läßliche Sünden zu begehen, obgleich du jedesmal den Anruf Gottes spürst, dich zu Überwinden.
Deine Lauheit ist schuld an deinem schlechten Willen.

328 Du hast wenig Liebe zu Gott, wenn du kampflos nachgibst, nur weil es keine schwere Sünde ist.

329 Die läßlichen Sünden richten in der Seele großen Schaden an. – Deshalb sagt der Herr im Hohenlied: "Capite nobis vulpes parvulas, quae demoliuntur vineas." Fangt die kleinen Füchse, die den Weinberg verwüsten.

330 Du tust mir leid, wenn du keinen Schmerz über deine läßlichen Sünden verspürst. – Erst dann beginnst du wirklich, inneres Leben zu haben.

331 Du bist lau, wenn du die Dinge Gottes träge und widerwillig tust; wenn du berechnend und raffiniert auf ein Umgehen deiner Pflichten aus bist; wenn du nur auf dich und deine Bequemlichkeit bedacht bist; wenn deine Unterhaltung oberflächlich und leer ist; wenn du die läßliche Sünde nicht verabscheust; wenn du aus menschlichen Motiven handelst.

 «    STUDIUM    » 

332 Dem, der gelehrt sein kann, verzeihen wir nicht, wenn er es nicht ist.

333 Studium. – Gehorsam: "non multa, sed multum".

334 Du betest, tötest dich ab, arbeitest in tausend Dingen des Apostolats …, aber du studierst nicht. – Wenn du dich nicht änderst, taugst du nicht.
Das Studieren, die jeweilige Berufsausbildung, ist unter uns eine schwere Pflicht.

335 Eine Stunde Studieren ist für einen modernen Apostel eine Stunde Gebet.

336 Wenn es dir zukommt, Gott mit deinem Verstand zu dienen, ist Studieren für dich eine ernste Verpflichtung.

337 Du gehst oft zu den Sakramenten, betest, lebst keusch… und studierst nicht… – Dann erzähle mir nicht, du seiest gut. Du bist nur gutmütig.

338 Früher waren die menschlichen Kenntnisse, die Wissenschaft, sehr begrenzt. Damals konnte es möglich erscheinen, daß ein einzelner Gelehrter unseren heiligen Glauben darstellen und verteidigen konnte.
Bei der heutigen Ausdehnung und Spezialisierung der modernen Wissenschaft besteht die Notwendigkeit, daß die Apologeten sich die Arbeit teilen und die Kirche auf allen Gebieten wissenschaftlich verteidigen.
Du…, du darfst dich dieser Pflicht nicht entziehen.

339 Du solltest Bücher nicht ohne den Rat kluger und erfahrener Christen anschaffen. Man kauft so leicht etwas Nutzloses oder Schädliches ein.
Oft glauben Menschen, sie trügen unter dem Arm ein Buch… und tragen eine Ladung Schmutz!

340 Studiere. – Studiere mit Fleiß. – Wenn du Salz und Licht sein sollst, brauchst du Wissen und Eignung.
Oder glaubst du, Anspruch auf eingegossenes Wissen zu haben, weil du faul und bequem bist?

341 Es ist gut, mit solchem Eifer zu studieren, wenn du nur den gleichen Eifer aufwendest, um inneres Leben zu gewinnen.

342 Vergiß nicht, vor dem Lehren kommt das Tun. "Coepit facere et docere", sagt die Heilige Schrift von Christus. Er begann zu tun und zu lehren.
Zuerst das Tun. Daß du und ich daraus lernen.

343 Arbeite. – Wenn eine berufliche Arbeit dich ganz einnimmt, wird dein inneres Leben stärker: du wirst männlicher, weil du dann diesen "Geist des Herummäkelns" aufgibst, der dich verzehrt.

344 Erzieher: du verwendest zweifellos viel Fleiß darauf, die beste Methode aufzufinden und anzuwenden, um deinen Schülern irdisches Wissen zu vermitteln. Verwende den gleichen Fleiß darauf, die christliche Askese aufzufinden und anzuwenden; das ist nämlich die einzige Methode für sie und dich, besser zu werden.

345 Bildung, Bildung! – Gut, soll uns keiner darin übertreffen, sie anzustreben und zu besitzen.
Aber Bildung ist Mittel und nicht letzter Wert.

346 Studierender: du solltest dich in einer festgegründeten und tätigen Frömmigkeit bilden, im Studium dich auszeichnen und einen tiefen Wunsch nach beruflichem Apostolat in dir verspüren. – Dann verspreche ich dir bei der inneren Kraft deiner religiösen und wissenschaftlichen Bildung eine baldige und weite Ausstrahlung.

347 Du bemühst dich nur, deine Bildung zu erweitern. – Deine Seele sollst du erweitern. – Dann erst arbeitest du richtig, für Christus. Wenn Er in der Welt herrschen soll, braucht Er Menschen, die sich, mit dem Blick nach oben, vorbildlich allen menschlichen Tätigkeiten widmen und dort still und wirksam ein Apostolat des Berufes ausüben.

348 Deine Nachlässigkeit, Schlamperei und Faulenzerei sind Feigheit und Bequemlichkeit; dein Gewissen sagt dir das wohl. Aber "sie sind nicht der Weg".

349 Bleibe ruhig, wenn du eine rechtgläubige Meinung vorgetragen hast, auch wenn die Böswilligkeit deines Gesprächspartners daran Anstoß nimmt. – Denn sein Anstoßnehmen ist pharisäisch.

350 Es genügt nicht, wenn du gelehrt und überdies ein guter Christ bist. – Wenn du nicht die schroffen Formen deines Charakters abschleifst, wenn du deinen Eifer und dein Wissen nicht mit guter Erziehung in Einklang bringst, sehe ich nicht, wie du heilig werden kannst. – Und magst du noch so gelehrt sein, man müßte dich an deiner Krippe angebunden halten wie ein Maultier.

351 Mit deiner Überheblichkeit wirkst du lästig und unsympathisch, machst du dich lächerlich und, was schlimmer ist, nimmst du dir selbst die Wirksamkeit in deiner apostolischen Arbeit.
Bedenke, daß selbst ein Durchschnittsmensch allzuviel Gescheitheit an den Tag legen kann.

352 Deine Unerfahrenheit ist es, die dich zu dieser Eingenommenheit von dir selbst, zu dieser Eitelkeit und Wichtigtuerei verleitet.
Ändere dich, bitte. Trotz deiner Hohlköpfigkeit könntest du einen leitenden Posten bekommen (so etwas hat man ja mehr als einmal erlebt), und wenn du dann nicht um deine mangelnde Begabung weißt, wirst du nicht auf jene Menschen hören, die dir raten könnten. – Es macht einem Angst, an den Schaden zu denken, den deine Mißwirtschaft anrichten könnte.

353 Konfessionslosigkeit. Neutralität. – Alte Mythen, die sich immer neu aufputzen wollen.
Hast du schon einmal darüber nachgedacht, wie absurd es ist, daß man aufhört, katholisch zu sein, wenn man in der Universität, in der Berufsorganisation, bei einer wissenschaftlichen Tagung, im Parlament auftritt wie jemand, der seinen Hut an der Garderobe abgibt?

354 Nutze mir die Zeit aus. – Vergiß nicht den Feigenbaum, der verflucht wurde. Er tat schon etwas: Blätter treiben. Wie du. ..
Komm mir nicht mit Entschuldigungen. – Es half dem Feigenbaum nichts, erzählt der Evangelist, daß nicht die Zeit der Feigen war, als der Herr sie pflücken wollte. Er blieb unfruchtbar für immer .

355 Die Geschäftsleute sagen: Zeit ist Geld. – Das ist sehr wenig. Treiben wir die Geschäfte Gottes, so wissen wir: Zeit ist Herrlichkeit!

356 Ich begreife nicht, wie du dich Christ nennst und das Leben eines nutzlosen Herumtreibers führst.
– Vergißt du Christi Leben der Arbeit?

357 Es scheint, hast du mir gesagt, daß alle Sünden auf den ersten müßigen Augenblick warten. Der Müßiggang selbst müsse schon eine Sünde sein.
Wer sich der Arbeit für Christus verschrieben hat, darf keinen freien Augenblick haben, denn Erholung heißt nicht etwa Nichtstun: sie ist vielmehr ein Sich–Entspannen bei weniger anstrengenden Tätigkeiten.

358 Müßiggang ist etwas Unbegreifliches bei einem apostolischen Menschen.

359 Lege ein übernatürliches Motiv in deine alltägliche Berufsarbeit, und du hast deine Arbeit geheiligt.

 «    FORMUNG    » 

360 Du hast herzlich gelacht, als ich dir riet, deine jungen Jahre unter den Schutz des heiligen Raphael zu stellen: damit er dich wie den jungen Tobias zu einer heiligen Ehe führe – mit einer guten und hübschen und reichen Frau, sagte ich im Scherz.
Aber dann, wie nachdenklich wurdest du, als ich den Rat hinzufügte, dich auch unter den Schutz jenes jugendlichen Apostels Johannes zu stellen: für den Fall, daß der Herr mehr von dir verlangt.

361 Du beklagst dich innerlich, weil du hart angefaßt wirst. Du spürst den Gegensatz zum Verhalten deiner Verwandten. Für dich schreibe ich aus dem Brief eines Militärarztes ab: "Gegenüber dem Kranken ist eine klare, nüchterne, sachlich richtige und für den Patienten nützliche Haltung des Arztes nötig; nicht aber das weinerliche Klagen der Familie. Was würde aus einem Verbandsplatz während der Schlacht, wenn sich der Strom der Verwundeten staut, weil der Abtransport nicht schnell genug vor sich geht und an jeder Tragbahre eine Familie steht? Es wäre zum Davonlaufen."

362 Ich brauche keine Wunder: die aus der Heiligen Schrift genügen mir vollkommen. – Was ich brauche, ist, daß du deine Pflicht erfüllst, daß du der Gnade entsprichst.

363 Enttäuscht. – Du kommst mit hängendem Kopf. Die Menschen haben dir soeben eine Lektion erteilt! – Sie glaubten, du brauchtest sie nicht, und quollen über vor Bereitwilligkeit. Als ihnen dämmerte, daß sie dir etwas Geld geben sollten, ein paar lumpige Mark, verwandelte sich die Freundschaft in Gleichgültigkeit.
Vertraue auf Gott und auf jene, die um Seinetwillen mit dir vereint sind.

364 Wenn du dir doch vornehmen wolltest, Gott "allen Ernstes" zu dienen; mit dem gleichen Fleiß, den du für deinen Ehrgeiz, deine Eitelkeit, deine Sinnlichkeit aufwendest! …

365 Wenn du die Regung verspürst, andere zu leiten, dann muß dein Bestreben sein: bei deinen Brüdern der letzte, sonst der erste.

366 Also: welches Unrecht geschieht dir, weil dieser oder jener mehr Vertrauen zu bestimmten Personen hat, die er länger kennt oder zu denen er sich aus Gründen der Sympathie, des Berufes, des Charakters mehr hingezogen fühlt? – Trotzdem solltest du bei den Deinen den auch nur leisesten Anschein einer besonderen Freundschaft vermeiden.

367 Wenn eine Sau (jawohl!) ein delikates und erlesenes Gericht auffrißt, so wird daraus bestenfalls Schweinefleisch !
Seien wir Engel, um die Ideen, die wir uns aneignen, zu veredeln. – Seien wir wenigstens Menschen, um die Speisen zumindest in ansehnliche und schöne Muskeln oder vielleicht in mächtiges Hirn zu verwandeln…, das fähig ist, Gott zu erkennen und anzubeten.
Aber… seien wir keine Tiere, wie so viele!

368 Du langweilst dich? – Weil deine Sinne wach sind und deine Seele schläft.

369 Die Liebe Christi wird dich zu manchem Zugeständnis bringen…, das man hoch einschätzen muß.
Und die Liebe Christi wird dich zu mancher Unnachgiebigkeit bringen…, die man auch hoch einschätzen muß.

370 Wenn du nicht schlecht bist, aber so tust, dann bist du dumm. – Diese Dummheit, Stein des Anstoßes, ist schlimmer als die Schlechtigkeit.

371 Wenn Leute, die beruflich kein besonders großes Ansehen besitzen, sich bei religiösen Kundgebungen gar so sehr zur Spitze drängeln, ist es klar, daß ihr Lust verspürt, ihnen zuzuflüstern: "Würde es Ihnen etwas ausmachen, ein bißchen weniger katholisch zu sein?"

372 Wenn du ein öffentliches Amt bekleidest, hast du Rechte und Pflichten, die sich aus der Tätigkeit in dieser Stellung ergeben.
Du entfernst dich von deinem Weg als Apostel, wenn du aus Anlaß oder unter dem Vorwand einer apostolischen Arbeit deine Amtspflichten unerfüllt läßt. Denn so verlierst du mir dein berufliches Ansehen, und gerade das ist dein "Angelhaken als Menschenfischer" .

373 Mir gefällt dein apostolisches Motto: "Arbeiten ohne Unterlaß".

374 Warum diese Überstürzung? – Sage mir nicht, das sei Aktivität: das ist gedankenlose Betriebsamkeit.

375 Zerstreuungen. – Du läßt zu, daß deine Sinne und Kräfte aus jeder Pfütze trinken. – Ergebnis: du kannst dich nicht konzentrieren, du bist zerstreut, dein Wille schläft, deine Begehrlichkeit ist hellwach.
Unterwirf dich ernsthaft aufs neue einem Plan, der dir hilft, als Christ zu leben. Sonst bringst du nie etwas zuwege.

376 "Das Milieu ist so stark!" sagtest du mir. Ich mußte zugeben: ohne Zweifel. Deshalb muß eure Formung stark sein, damit ihr eure eigene Atmosphäre mit Natürlichkeit in eure Umgebung hineintragt und ihr "euren Ton" vermittelt.
Eigne dir diesen Geist gründlich an. Dann bin ich überzeugt, daß du mir mit der Verblüffung der Jünger, als sie die ersten von ihnen im Namen Christi vollbrachten Wunder sahen, sagen wirst: "Wie stark wir auf das Milieu einwirken!"

377 Wie soll ich aber "unsere Formung" erwerben, wie "unseren Geist" bewahren? – Erfülle die konkreten Normen, die dein Leiter dir gab und erklärte und ans Herz legte. Erfülle sie, und du bist Apostel.

378 Sei kein Pessimist. – Begreifst du nicht, daß alles, was geschieht und geschehen mag, zum Guten führt?
Dein Optimismus muß notwendig aus deinem Glauben folgen.

379 Natürlichkeit. – Euer Leben als christliche Männer, als christliche Frauen soll ursprünglich sein wie Licht und Salz, frei von Absonderlichem und Frömmelndem: ganz im Geiste eurer Schlichtheit.

380 "Wenn mein Leben mit diesem verheidnischten oder heidnischen Milieu zusammenstößt, wird meine Natürlichkeit da nicht künstlich wirken?" fragst du mich.
Ich antworte dir: Ohne Zweifel wird dein Leben mit dem Leben anderer zusammenstoßen; der Kontrast, der dadurch entsteht, daß du deinen Glauben in deinen Werken bestätigst, ist genau die Natürlichkeit, die ich von dir erwarte.

381 Mach dir nichts daraus, wenn man dir Korpsgeist nachsagt. Was wollen sie? Ein brüchiges Werkzeug, das in Stücke geht, wenn man es anfaßt?

382 Als ich dir jenes "Leben Jesu" schenkte, schrieb ich als Widmung hinein: "Christus suchen. Christus finden. Christus lieben."
Drei deutliche Schritte. Hast du versucht, wenigstens den ersten zu verwirklichen?

383 Wenn sie dich schwanken sehen… und du Leiter bist, ist es nicht verwunderlich, daß der Gehorsam zerbröckelt.

384 Verwirrung. – Ich hörte, daß dein Urteil unsicher wurde. Um alle Unklarheit zu beseitigen, schrieb ich dir: Der Teufel ist von Ansehen sehr häßlich, und da er sehr erfahren ist, vermeidet er es, seine Hörner zu zeigen. Er kommt nicht von vorn.
Deshalb kommt er viele Male im Gewand des Edlen und sogar des Geistigen.

385 Wort des Herrn: "Ein neues Gebot gebe ich euch; daß ihr einander liebt. Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid."
Der heilige Paulus: "Einer trage des anderen Last: so erfüllt ihr das Gesetz Christi."
Ich sage dir nichts weiter .

386 Vergiß nicht, Sohn, daß es für dich auf der Erde nur ein Übel gibt, das du fürchten und mit der Gnade Gottes vermeiden mußt: die Sünde.

 «    DIE EBENE DEINER HEILIGKEIT    » 

387 Die Ebene jener Heiligkeit, die der Herr von uns erwartet, ist durch diese drei Punkte zu bestimmen: heilige Unnachgiebigkeit, heiliger Zwang und heilige Unverschämtheit.

388 Die heilige Unverschämtheit ist etwas anderes als die Frechheit der Welt.

389 Die heilige Unverschämtheit ist ein Merkmal des "Lebens der Kindschaft". Ein kleines Kind ist unbefangen. – Es sucht seine Armseligkeiten, seine natürlichen Armseligkeiten, nicht zu verbergen, auch wenn alle Welt zuschaut…
Diese Unverschämtheit, auf das übernatürliche Leben übertragen, führt zu der Überlegung: Lob – Geringschätzung; Bewunderung – Spott; Ehre – Schande; Gesundheit Krankheit; Reichtum – Armut; Schönheit – Häßlichkeit. Na und? …

390 Du machst dich lächerlich? Lache darüber. Kümmere dich nicht darum, was sie sagen werden. Sieh und spüre Gott in dir und allem, was dich umgibt. – So erreichst du schließlich die heilige Unverschämtheit, die du paradoxerweise brauchst, um dein Christenleben taktvoll zu leben.

391 Wenn du die heilige Unverschämtheit hast, was kümmert dich dann das "sie haben gesagt" oder "sie werden sagen" ?

392 Mache dir klar, daß das Lächerliche für einen, der sein Bestes gibt, nicht existiert.

393 Ein Mann, ein… Ehrenmann, der nachgiebig ist, würde Jesus aufs neue zum Tode verurteilen.

394 Die Nachgiebigkeit ist ein sicheres Zeichen, daß man nicht in der Wahrheit ist. – Wenn ein Mensch in Dingen der Ideale, der Ehre oder des Glaubens nachgibt, dann ist dieser Mensch… ein Mensch ohne Ideale, ohne Ehre und ohne Glauben.

395 Jener kampfgewohnte Gottesmann argumentierte so: Ich sei unnachgiebig? Natürlich: denn ich bin von der Wahrheit meines Ideals überzeugt. Sie dagegen sind sehr nachgiebig. ..: Glauben Sie, daß zwei und zwei dreieinhalb ist? – Nein? … Nicht einmal aus Freundschaft geben Sie in dieser Sache nach?
Das kommt, weil Sie diesmal überzeugt sind, recht zu haben. Damit sind Sie auf meine Seite übergegangen!

396 Die heilige Unnachgiebigkeit hat nichts mit Fanatismus zu tun.

397 Sei unnachgiebig in der Lehre und in deiner Lebensführung. – Aber sei konziliant in der Form. – Eine mächtige stählerne Keule in einem gepolsterten Futteral.
Sei unnachgiebig, aber nicht halsstarrig.

398 Die Unnachgiebigkeit ist nicht einfach Unnachgiebigkeit. Sie ist "heilige Unnachgiebigkeit".
Vergessen wir nicht, daß es auch einen "heiligen Zwang" gibt.

399 Wir finden allgemeinen Beifall, wenn wir jemand gewaltsam daran hindern, sein irdisches Leben durch Selbstmord zu beenden. Sollen wir nicht in gleicher Weise ungestüm drängen – mit heiligem Zwang –, um das übernatürliche Leben derjenigen zu retten, die unbedingt unsinnigen Selbstmord an ihrer Seele begehen wollen?

400 Wie viele Verbrechen werden im Namen der Gerechtigkeit begangen! – Wenn du Schußwaffen verkauftest und jemand gäbe dir das Geld für eine solche und wollte damit deine Mutter töten, würdest du sie ihm verkaufen? … Aber hat er dir nicht etwa den vollen Preis bezahlt? …
Professor, Journalist, Politiker, Diplomat: denkt nach.

401 Gott und Kühnheit! – Kühnheit ist nicht Unvernunft. – Kühnheit ist nicht Tollkühnheit.

402 Bitte Jesus nicht allein für deine Schuld um Verzeihung; liebe Ihn nicht nur mit deinem Herzen… Biete Ihm Genugtuung an für alle Beleidigungen, die man Ihm angetan hat, Ihm antut, Ihm antun wird… Liebe Ihn mit der Kraft der Herzen aller Menschen, die Ihn am meisten geliebt haben.
Sei kühn: sage Ihm, daß du verrückter nach Ihm bist als Maria Magdalena, als die große und die kleine Theresia …, noch närrischer als Augustinus, Dominikus und Franziskus, mehr noch als Ignatius und Franz Xaver.

403 Sei noch kühner. Wenn du etwas brauchst, laß dich immer von einem "fiat" leiten und bitte nicht. Sage: "Jesus, ich will dieses oder jenes", denn so bitten die Kinder .

404 Du bist gescheitert! – Wir scheitern nie.
Du setztest dein Vertrauen ganz auf Gott. – Du hast kein menschliches Mittel unversucht gelassen.
Mach dir diese Wahrheit klar: dein Scheitern, jetzt und in dieser Angelegenheit, war ein Erfolg. – Sage dem Herrn Dank und fange von neuem an !

405 Du hättest einen Mißerfolg erlitten? Du weißt ganz genau, daß du keinen Mißerfolg erleiden kannst. Das war kein Mißerfolg: du hast Erfahrungen gesammelt.
Vorwärts!

406 Dies war doch ein Scheitern, eine schwere Schlappe, weil du unseren Geist verloren hast. – Du weißt ganz gut, übernatürlich betrachtet trägt das Ende – Erfolg oder Mißerfolg, ganz gleich! – nur einen Namen: Sieg.

407 Verwechseln wir nicht die Rechte unseres Amtes mit denen unserer Person. – Auf die ersteren dürfen wir nicht verzichten.

408 Der Scheinheilige verhält sich zum Heiligen wie der Frömmler zum Frommen: seine Karikatur.

409 Denken wir ja nicht, daß unsere scheinbar heiligmäßige Tugend etwas wert sei, wenn sie nicht mit den elementaren Tugenden der Christen verknüpft ist.
Das hieße, Juwelen auf der Leibwäsche tragen.

410 Deine Tugend soll keine tönende Tugend sein.

411 Viele falsche Apostel tun, sich selbst zum Trotz, Gutes für die Menge, für das Volk, durch die Kraft, die der Lehre Christi innewohnt. Auch dann, wenn sie nicht leben, was sie predigen.
Durch dieses Gute wird aber der enorme und deutlich sichtbare Schaden nicht aufgewogen, den sie anrichten, indem sie die Berufungen zu Aposteln und Führungskräften zerstören; denn diese Menschen wenden sich angeekelt ab von jenen, die selber nicht tun, was sie die übrigen lehren.
Deshalb dürfen sie sich unter keinen Umständen als Leiter bestimmter Gruppen in die erste Reihe drängen, wenn sie nicht bereit sind, ein einwandfreies Leben zu führen. Das gilt für Männer wie für Frauen.

412 Das Feuer deiner Liebe soll kein Irrlicht sein. Vorgegaukeltes, erlogenes Feuer, das nicht entzündet, was es berührt, und auch nicht wärmt.

413 Das "non serviam" Satans war zu ansteckend. Verspürst du nicht den großmütigen Impuls, jeden Tag mit dem Willen zu Gebet und Werken ein "serviam" zu sagen – ich will Dir dienen, ich will Dir treu sein –, das jenen Schrei des Aufruhrs an Ansteckungskraft noch übertrifft?

414 Welcher Jammer, ein verdorbener "Mann Gottes"! Aber ein noch größerer Jammer, ein lauer und verweltlichter "Mann Gottes"!

415 Mach nicht viel Aufhebens um das, was die Welt Sieg und Niederlage nennt. – Wie oft geht der Sieger geschlagen aus dem Kampf hervor!

416 "Sine me nihil potestis facere." Neues Licht, besser: neue Strahlen für meine Augen aus dem ewigen Leuchten der Heiligen Schrift.
Können "meine" Torheiten mich wundern?
Ich muß Jesus in all mein Tun hineinlegen, dann gibt es in meinem Verhalten keine Torheiten mehr; wenn ich es ganz exakt ausdrücken soll, werde ich nicht mehr von "meinem" Tun sprechen, sondern von "unserem" Tun.

 «    LIEBE ZU GOTT    » 

417 Es gibt keine andere Liebe als d i e Liebe!

418 Das Geheimnis, dem Niedrigsten und noch dem Demütigenden einen Wert zu verleihen, ist Lieben.

419 Kind. – Kranker. – Seid ihr nicht versucht, diese Worte ganz in großen Buchstaben zu schreiben? Für einen in Ihn verliebten Menschen sind die Kinder und die Kranken wirklich Er .

420 Wie wenig ist ein Leben, um es Gott anzubieten! …

421 Ein Freund ist ein Schatz. – Und erst… d e r Freund! Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.

422 Jesus ist dein Freund. – Der Freund. – Er hat ein Herz aus Fleisch wie du. – Er hat Augen voller Liebe, die um Lazarus weinten…
Und so wie den Lazarus, liebt Er dich.

423 Mein Gott, ich liebe Dich, aber – lehre mich lieben!

424 Aus Liebe bestrafen. Das ist das Geheimnis, um die verdiente Strafe derer, die sie verdienen, auf eine übernatürliche Ebene zu heben.
Aus Liebe zu Gott, den man beleidigt, soll die Strafe als Sühne dienen. Aus Liebe zum Nächsten um Gottes willen soll die Strafe niemals als Rache dienen, sondern als heilsame Medizin.

425 Zu wissen, daß Du mich so sehr liebst, mein Gott, und – ich habe noch nicht den Verstand verloren?

426 In Christus besitzen wir alle Ideale: Er ist König, ist Liebe, ist Gott.

427 Herr, laß mich in allem maßvoll sein – außer in der Liebe.

428 Wenn die Liebe, schon die menschliche Liebe, hier so viel Trost spendet, was wird erst die Liebe im Himmel sein?

429 Alles, was man aus Liebe tut, erhält Schönheit und Größe.

430 Jesus, laß mich in allem der Letzte sein – nur in der Liebe der Erste.

431 Fürchte dich nicht vor der Gerechtigkeit Gottes. – In Gott ist die Gerechtigkeit ebenso bewundernswert und liebenswert wie das Erbarmen: beide sind Beweise seiner Liebe.

432 Betrachte das Schönste und Größte auf der Erde –, was die Vernunft und die geistigen Kräfte erfreut –, was dem Körper und den Sinnen wohltut –
Die Welt und die anderen Welten, die in der Nacht herüberleuchten: das ganze Universum. Denke dir alle Wünsche deines Herzens erfüllt… Das alles ist nichts, nichts und weniger als nichts im Verhältnis zu diesem meinem Gott deinem Gott! Diesem unendlichen Schatz, dieser kostbarsten Perle, gedemütigt, Sklave geworden, zum Nichts geworden in der Gestalt eines Knechtes in dem Stall, wo Er geboren werden wollte. In der Werkstatt Josephs, im Leiden, im schmachvollen Tod… Und in der Torheit seiner Liebe in der Heiligen Eucharistie.

433 Lebe aus Liebe, und du siegst immer, auch wenn du geschlagen wirst in den Navas und Lepantos deines inneren Kampfes.
["Las Navas de Tolosa" heißt eine berühmte Schlacht, die 1212 in Südspanien stattfand und in der die Heere der christlichen Königreiche auf der iberischen Halbinsel über die Mohammedaner Andalusiens und Nordafrikas siegten.]
[Lepanto: Ort am Golf von Korinth, nach dem die Seeschlacht benannt wurde, aus der im Jahre 1571 die christliche Kriegsflotte siegreich über die türkische Flotte hervorging.]

434 Laß dein Herz von Dankbarkeit und Liebe überfließen, wenn du siehst, wie die Gnade Gottes dich jeden Tag aus den Schlingen befreit, die der Feind dir legt.

435 "Timor Domini sanctus". Heilig ist die Furcht Gottes. – Eine Furcht, die Verehrung des Sohnes für seinen Vater bedeutet; aber keine sklavische Furcht, denn dein Vater Gott ist kein Tyrann.

436 Schmerz aus Liebe. – Weil Er gut ist. Weil Er dein Freund ist, der für dich sein Leben gab. – Weil alles Gute, das du hast, sein ist. Weil du Ihn so oft beleidigt hast… Weil Er dir vergeben hat… Er! … dir!!
Weine, mein Sohn, aus liebendem Schmerz.

437 Wenn ein Mensch gestorben wäre, um mich vor dem Tode zu bewahren! …
Es starb Gott. Und ich bleibe gleichgültig.

438 Du Verrückter! Ich sah dich – du glaubtest, in der bischöflichen Kapelle allein zu sein – die neugeweihten Kelche und Patenen küssen, damit Er diesen Kuß vorfinde, wenn Er zum erstenmal in die eucharistischen Gefäße "herabsteigt".

439 Vergiß nicht, daß der Schmerz Prüfstein der Liebe ist.

 «    LIEBE ZUM NÄCHSTEN    » 

440 Wenn du deine Arbeit beendet hast, dann tu die deines Bruders, hilf ihm um Christi willen mit soviel Takt und Natürlichkeit, daß der, dem du hilfst, gar nicht bemerkt, daß du mehr tust, als du von Rechts wegen tun müßtest.
Das ist wirklich das feine Verhalten eines Kindes Gottes!

441 Die Lieblosigkeiten deines Nächsten dir gegenüber tun dir weh. Wie mögen Gott deine Lieblosigkeiten Ihm gegenüber schmerzen ?

442 Gestatte dir nicht, über jemanden schlecht zu denken, auch wenn die Worte oder Taten des Betreffenden Anlaß geben, vernünftigerweise so zu urteilen.

443 Übe keine negative Kritik. Wenn du nicht loben kannst, dann schweige.

444 Sprich niemals schlecht über deinen Bruder, auch wenn du Gründe genug dazu hast. – Geh zuerst zum Tabernakel, dann zum Priester, deinem Vater, und schütte ihm dein Herz aus.
Und sonst niemandem.

445 Der Klatsch ist wie Rost, der das Apostolat zerfrißt und behindert. – Er verstößt gegen die Nächstenliebe, verbraucht Kräfte, raubt den Frieden und zerstört das innere Verhältnis zu Gott.

446 Wo du doch selber so erbärmlich bist, was wunderst du dich, daß die anderen auch ihre Fehler haben?

447 Nachdem ich gesehen habe, worin sich viele Leben ganz und gar erschöpfen (Geschwätz, Geschwätz, Geschwätz, mit all seinen Folgen), scheint mir das Schweigen noch notwendiger und liebenswerter. – Ich verstehe sehr gut, Herr, daß Du Rechenschaft für jedes unnütze Wort forderst.

448 Reden ist leichter als Tun. – Du, der du diese scharfe und verletzende Zunge – diese Axt – besitzt, hast du schon einmal, vielleicht zufällig, versucht, das "gut" zu machen, was nach deiner "maßgeblichen" Meinung die anderen weniger gut machen?

449 Das nennt man Gerede, Klatsch, Ränke, Intrige, böswillige Unterstellung, üble Nachrede, Hinterlist …, Verleumdung? Gemeinheit?
Es ist schwierig, die "Aufgabe des Beurteilens" nicht in "Altweibergeschwätz" ausarten zu lassen, wenn ein Unberufener sie sich anmaßt.

450 Die Ungerechtigkeit der "Gerechten" – wie sehr schmerzt sie Gott, und wie sehr schadet sie vielen Menschen! Wie sehr kann sie aber auch andere heiligen!

451 Wir wollen nicht verurteilen. – Jeder sieht die Dinge aus seiner Sicht… und mit seinem Fassungsvermögen, das nahezu immer recht begrenzt ist. Oft sind unsere Augen verdunkelt und getrübt durch die Finsternisse der Leidenschaft.
Darüber hinaus ist die Sicht mancher Menschen, ähnlich wie die mancher moderner Maler, derart subjektiv und krankhaft, daß sie einige willkürliche Züge hinwerfen und uns versichern, das sei unser Bild oder unser Verhalten …
Wie wenig taugen die menschlichen Urteile! – Urteilt nicht, ohne euer Urteil vorher im Gebet zu läutern.

452 Strenge dich notfalls an, denjenigen immer und vom ersten Augenblick an zu vergeben, die dich beleidigen; denn auch wenn der Schaden oder die Beleidigung noch so groß ist, hat Gott dir mehr vergeben.

453 Du klatschst? – Dann verlierst du den guten Geist. Wenn du nicht schweigen lernst, so ist jedes Wort ein Schritt, der dich der Ausgangstür der apostolischen Unternehmung, in der du arbeitest, näherbringt.

454 Urteilt nicht, ohne beide Seiten gehört zu haben. – Auch Leute, die sich für fromm halten, vergessen diese elementare Regel der Klugheit leicht.

455 Kennst du den Schaden, den du hervorrufen kannst, wenn du einen Stein mit verbundenen Augen wegwirfst?
Ebensowenig kennst du den manchmal schweren Schaden, den du hervorrufen kannst, wenn du herabsetzende Bemerkungen, die dir harmlos erscheinen, ausstreust; denn deine Augen sind durch Rücksichtslosigkeit oder Leidenschaft verblendet.

456 Kritik üben, zerstören, ist nicht schwer: der letzte Maurergehilfe kann seine Spitzhacke in den schönbehauenen Stein eines Domes hineinschlagen.
Aufbauen: das ist eine Arbeit, die Meister erfordert.

457 Wer bist du, daß du über die Entscheidungen deines Vorgesetzten urteilst? – Siehst du nicht, daß ihm mehr Gesichtspunkte für sein Urteil zur Verfügung stehen als dir, mehr Erfahrung, bessere, einsichtigere und vorurteilslosere Ratgeber, vor allem aber mehr Gnade, spezielle Gnade, Standesgnade, welche Licht und mächtigen Beistand Gottes bedeutet?

458 Deine Zusammenstöße mit dem Egoismus der Welt werden dich lehren, die brüderliche Liebe der Deinen höher einzuschätzen.

459 Deine Nächstenliebe ist… hochmütig. – Von weitem bist du anziehend: du leuchtest. Aus der Nähe bist du abstoßend: es fehlt dir an Wärme. – Schade!

460 "Frater qui adiuvatur a fratre quasi civitas firma". Der Bruder, dem sein Bruder hilft, ist so stark wie eine ummauerte Stadt. – Denke einen Augenblick nach und entscheide dich, stets jene Brüderlichkeit zu leben, die ich dir dauernd ans Herz lege.

461 Wenn ich dich nicht jene gesegnete Brüderlichkeit ausüben sehe, die ich dir unaufhörlich predige, muß ich dir die eindringlichen Worte des heiligen Johannes ins Gedächtnis rufen: "Filioli mei, non diligamus verbo neque lingua, sed opere et veritate." Meine Kinder, laßt uns nicht dem Worte nach und mit der Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit.

462 Die Macht der Nächstenliebe! – Eure beiderseitige Schwäche ist auch eine Stütze, die aufrecht hält in der Erfüllung eurer Pflicht, wenn ihr die gesegnete Brüderlichkeit lebt; so wie sich Spielkarten, gegeneinander gelehnt, aufrecht halten.

463 Die Liebe besteht mehr im "Verstehen" als im "Geben". – Deshalb suche immer nach einer Entschuldigung für deinen Nächsten, wenn du die Pflicht hast zu urteilen. Es gibt immer eine Entschuldigung.

464 Du weißt, daß dieser Mensch für seine Seele Gefahr läuft? – Von fern kannst du ihm wirksam helfen mit deinem inneren Leben. – Tu etwas. Aber beunruhige dich nicht.

465 Deine Sorge um deine Brüder erscheint mir gut: sie ist Zeichen eurer gegenseitigen Liebe. – Achte aber darauf, daß diese Sorge nicht in Beunruhigung ausartet.

466 Im allgemeinen sind die Leute mit Geld wenig großzügig, schreibst du mir. Viele Worte, überschwengliche Begeisterung, Versprechungen, Pläne. – Zur Stunde des Opfers aber sind es wenige, die "ihre Schultern hinhalten". Und wenn sie etwas geben, muß eine Veranstaltung damit verbunden sein: Tanz, Tombola, Kino, Darbietung, wenn nicht sogar eine Spenderliste oder ein Bericht in der Zeitung.
Ein trauriges Bild, aber es gibt Ausnahmen: sei auch du einer von jenen, deren Linke, wenn sie ein Almosen geben, nicht weiß, was die Rechte tut.

467 Bücher. – Ich streckte die Hand aus wie ein Armer Christi und bat um Bücher. Bücher! Sie sind Nahrung für den römisch, katholisch und apostolisch denkenden Verstand vieler junger Studenten.
Ich streckte die Hand aus wie ein Armer Christi… und erlebte manchen Hereinfall!
Warum begreifen sie nicht, Jesus, die tiefe christliche Nächstenliebe dieses Almosens, das wirksamer ist als gutes Brot?

468 Du bist sehr naiv. – Es gäbe so wenige Menschen mit echter Nächstenliebe! – Einen alten Mantel oder ein paar Kupferpfennige zu geben, sei noch keine Nächstenliebe…
Du erzählst mir deine Geschichte und deine Enttäuschung. Ich kann dir nur sagen: Du und ich, wir wollen geben und uns hingeben ohne Feilschen. Auf diese Weise werden wir unseren Mitmenschen eine ähnliche Enttäuschung ersparen.

469 "Grüßt alle Heiligen. Alle Heiligen grüßen euch. An alle Heiligen, die in Ephesus leben. An alle Heiligen Jesu Christi in Philippi." – Ist dieses Wort "Heilige", mit dem die ersten Christen sich bezeichneten, nicht ergreifend?
So du mit deinen Brüdern.

 «    DIE MITTEL    » 

470 Welche Mittel? – Keine anderen als die des Petrus und Paulus, Dominikus und Franziskus, Ignatius und Franz Xaver: das Kreuz und das Evangelium. ..
Scheint dir das zu wenig?

471 Bei apostolischen Unternehmungen empfiehlt es sich, ist es sogar Pflicht, deine irdischen Hilfsmittel nüchtern einzuschätzen: 2 + 2 = 4.
Aber vergiß nicht, niemals, daß du glücklicherweise noch mit einem weiteren Posten rechnen mußt: Gott + 2 + 2 …

472 Diene deinem Gott aufrichtig, sei Ihm treu… und sorge dich um nichts. Denn es ist eine große Wahrheit daß, "wenn du zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit suchst, Er dir alles übrige – das Materielle, die Mittel dazugeben wird."

473 Wirf diese Hoffnungslosigkeit, die aus der Erkenntnis deiner Erbärmlichkeit stammt, weit von dir. – Es ist wahr: nach deinem wirtschaftlichen Ansehen bist du eine Null…, nach deinem gesellschaftlichen Ansehen wieder eine Null…, nach deinen Qualitäten noch eine Null und noch eine nach deiner Begabung…
Aber links von all diesen Nullen steht Christus… Was für eine unermeßliche Zahl ergibt das !

474 Du seiest…ein Nichts. – Andere hätten geschafft und schaffen noch immer Wunder an Organisation, an Presse, an Propaganda. Sie hätten alle Hilfsmittel, während du keines hast? … Gut, denke an Ignatius:
Unter den Doktoren von Alcalá ein Unwissender. – Unter den Studenten von Paris ein armer Hungerleider. – Verfolgt, verleumdet…
Das ist der Weg: liebe und glaube und… leide: deine Liebe und dein Glaube und dein Kreuz sind unfehlbare Mittel, um die apostolische Sehnsucht, die du im Herzen trägst, zu verwirklichen und zu verewigen.

475 Du erkennst, daß du erbärmlich bist. Und du bist es. – Trotzdem, mehr noch: gerade deshalb, suchte dich Gott.
Er verwendet immer unzulängliche Werkzeuge, damit man sieht, daß das "Werk" seines ist.
Von dir verlangt Er nur, daß du dich fügst.

476 Wenn du dich Gott wirklich "hingibst", wird es nichts mehr geben, was deinen Optimismus erschüttern könnte.

477 Warum hast du noch Reservate im Herzen? Wenn du dich nicht ganz hingibst, ist es sinnlos, dem Herrn einen anderen bringen zu wollen.
Ein klägliches Werkzeug bist du.

478 Du bist schon so lange dabei! Da wirst du am Ende doch nicht die Anerkennung und Zuneigung der Mächtigen als Trost brauchen, um weiter zu tun, was Gott will?
Die Mächtigen sind gewöhnlich launenhaft, du dagegen sollst beständig sein. Sei dankbar, wenn sie dir helfen, und mache unbeirrbar weiter, wenn sie dich verachten.

479 Laß dich nicht irre machen. – Die Klugen dieser Welt haben die Werke Gottes schon immer für verrückt erklärt.
Vorwärts, Kühnheit!

480 Sieh es dir an: viele einzelne Drähte, gut miteinander verflochten, ergeben dieses starke Drahtseil, das enorme Belastungen aushält.
Du und deine Brüder. Wenn ihr zusammensteht, um den Willen Gottes zu erfüllen, werdet ihr fähig sein, alle Hindernisse zu überwinden.

481 Wenn man nur Gott sucht, dann kann man in der Ausführung der apostolischen Werke mit Recht den Grundsatz anwenden, den ein guter Freund von uns niederlegte: "Man gibt aus, was man schuldet, auch wenn man schuldig bleibt, was man ausgibt."

482 Was macht es aus, wenn du die ganze Welt mit all ihrer Macht gegen dich hast? Du… geh vorwärts!
Sprich die Worte des Psalms: "Der Herr ist mein Licht und mein Heil, wen soll ich fürchten? `Si consistant adversum me castra, non timebit cor meum.´ Auch wenn die Feinde mich umringen, mein Herz wankt nicht."

483 Mut! Du… kannst. – Sieh, was die Gnade Gottes aus dem verschlafenen, verleugnenden und feigen Petrus gemacht hat… Und aus dem Verfolger, Hasser und Fanatiker Paulus.

484 Sei Werkzeug: aus Gold oder Stahl, aus Platin oder Eisen…, groß oder klein, fein oder grob…
Alle sind von Nutzen: Jedes hat seine eigene Verwendung. Auch Im materielIen Bereich wird niemand behaupten, die Säge des Tischlers sei weniger nützlich als die Pinzette des Chirurgen.
Deine Pflicht ist, Instrument zu sein.

485 Was soll das? – Ich verstehe einfach nicht, wie du dich von dieser Arbeit für die Seelen zurückziehen kannst, nur weil das Feuer Gottes, das dich anzog, außer dem Licht und der Wärme, die dich begeistern, gelegentlich die schwachen Werkzeuge zum Rauchen bringt. Dein Verhalten ist nicht zu verstehen, es sei denn aus verborgenem Hochmut: du hieltest dich für vollkommen.

486 Arbeit… genug vorhanden. – Die Geräte dürfen nicht verrosten. – Normen, um Schimmel und Rost zu verhüten, gibt es auch. – Man muß sie nur anwenden.

487 Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die deinem apostolischen Unternehmen drohen, dürfen dich nicht aufreiben. – Verdopple dein Vertrauen auf Gott; unternimm menschlich alles, was in deinen Kräften steht. Du wirst sehen, wie bald das Geld aufhört, eine Schwierigkeit zu sein!

488 Tu die Dinge, auch wenn dir die Mittel dazu fehlen: man fängt an, so gut es geht. – Später schafft die Funktion das Organ. Einige, die untauglich waren, erweisen sich als brauchbar. Bei den anderen macht man einen operativen Eingriff, auch wenn es weh tut (die Heiligen waren ausgezeichnete Chirurgen). Dann geht es weiter .

489 Lebendiger und durchdringender Glaube. Wie der Glaube des Petrus. – Hast du ihn, so hat Er dir gesagt, dann versetzt du Berge, menschlich unüberwindliche Hindernisse, die sich deinem Unternehmen als Apostel entgegenstellen.

490 Lauterkeit des Herzens und guter Wille: mit diesen beiden Elementen und dem Blick auf die Erfüllung des göttlichen Willens wirst du deine Träume von der Liebe erfüllt und deinen Hunger nach Seelen gestillt sehen.

491 "Nonne hic est fabri filius? Nonne hic est faber, filius Mariae?" Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns? Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn Mariens? Was sie von Jesus sagten, könnten sie leicht auch von dir sagen, mit einem Anflug von Erstaunen oder Spott, wenn du "endgültig" daran gehst, den Willen Gottes zu erfüllen, Werkzeug zu sein: Aber ist das nicht der. ..
Schweige. Und bekräftige deine Sendung mit deinem Tun.

 «    DIE MUTTER GOTTES    » 

492 Die Liebe zu unserer Mutter soll wie frischer Wind sein, der die Glut der Tugenden, die unter der Asche deiner Lauheit verborgen lagen, in helles Feuer verwandelt.

493 Liebe die Herrin. Und sie wird dir reichliche Gnaden verschaffen, um im täglichen Kampf zu bestehen. – Und Satan wird durch all die Schlechtigkeit und Gemeinheit nichts erreichen, die in dir rumort und aufsteigt und die mit ihrer wohlriechenden Fäulnis sogar deine großen Ideale ersticken will, jene erhabenen Gebote, die Christus selbst dir ins Herz gelegt hat. – "Serviam!"

494 Gehöre Maria, und du gehörst zu uns.

495 Man geht zu Jesus und man kehrt zu Ihm zurück immer durch Maria.

496 Wie fühlen sich die Menschen geschmeichelt, wenn man sich ihrer Verwandtschaft mit Persönlichkeiten der Dichtung, der Politik, des Heeres, der Kirche erinnert. …
Singe vor der unbefleckten Jungfrau: Gegrüßet seist du Maria, Tochter Gottes des Vaters; gegrüßet seist du Maria, Mutter Gottes des Sohnes; gegrüßet seist du Maria, Braut Gottes des Heiligen Geistes. Größer als du ist nur Gott!

497 Sprich: Meine Mutter deine, weil du ihr aus vielen Gründen angehörst –, deine Liebe binde mich an das Kreuz deines Sohnes; laß es mir nicht an Glauben, an Mut, an Kühnheit fehlen, um den Willen unseres Herrn Jesus zu erfüllen.

498 Es scheint, als ob alle Sünden deines Lebens wieder aufstehen. – Verliere nicht den Mut. – Im Gegenteil: rufe zu deiner Mutter, der heiligen Maria, mit dem Glauben und Vertrauen eines Kindes. Sie wird Ruhe in deine Seele bringen.

499 Die heilige Maria, die Mutter Gottes, lebte in ihrem Dorf unauffällig wie jede andere Frau.
Lerne von ihr, schlicht und "natürlich" zu leben.

500 Trage auf deiner Brust das heilige Skapulier vom Berge Karmel. Wenige Zeichen der Verehrung und es gibt viele gute Zeichen der Verehrung Mariens – sind bei den Gläubigen so verwurzelt und wurden so oft von den Päpsten gesegnet. – Darüber hinaus, wie mütterlich ist das damit verbundene Privileg!

501 Als man dich fragte, welches Madonnenbild dich am meisten zur Andacht stimmt, antwortetest du sehr erfahren: alle gleich stark. Da wußte ich, daß du ein guter Sohn bist. Deshalb erscheinen dir alle Bilder deiner Mutter gleich gut. Zum Verlieben, sagtest du.

502 Maria, Meisterin des Gebetes. – Sieh, wie sie ihren Sohn in Kana bittet. Wie sie ohne Entmutigung beharrlich auf ihrer Bitte besteht. – Welchen Erfolg sie hat. Lerne daraus.

503 Einsamkeit Mariens. Einsam! – Sie weint in Verlassenheit.
Du und ich müssen unsere Herrin begleiten und weinen wie sie: denn unsere Erbärmlichkeit hat Ihn mit Nägeln ans Kreuz geschlagen.

504 Die heilige Jungfrau Maria, die Mutter der schönen Liebe, wird dein Herz ruhig machen, wenn du spürst, daß es aus Fleisch ist. Geh mit Vertrauen zu ihr .

505 Die Liebe zu unserer Herrin ist ein Zeichen guten Geistes bei Gemeinschaften und bei einzelnen Menschen.
Traue keinem Unternehmen, dem dieses Zeichen fehlt.

506 Die schmerzensreiche Jungfrau; wenn du sie betrachtest, sieh auf ihr Herz. Sie ist die Mutter zweier Menschen, die sich gegenüberstehen: Er… und du.

507 Welche Demut meiner heiligen Mutter Maria! Ihr werdet sie nicht beim Einzug in Jerusalem finden, noch – mit Ausnahme von Kana zur Stunde der großen Wunder.
Aber sie flieht nicht vor der Verachtung auf GoIgotha, sie steht da, "iuxta crucem Iesu", unter dem Kreuze Jesu, seine Mutter .

508 Bewundere den Starkmut der Jungfrau Maria: am Fuß des Kreuzes, in tiefem Schmerz – es gibt keinen Schmerz wie den ihren –, voller Festigkeit.
Bitte sie um diesen Starkmut, damit du lernst, unter dem Kreuz auszuhalten.

509 Maria, Meisterin des verborgenen und schweigenden Opfers!
Seht, wie sie, fast immer verborgen, mit ihrem Sohn zusammenarbeitet: wissend und schweigend.

510 Seht ihr, mit welcher Schlichtheit? – "Ecce ancilla!" Und das Wort ist Fleisch geworden.
So wirkten die Heiligen: ohne Aufsehen. Wenn doch, dann ohne ihr Zutun.

511 "Ne timeas, Maria!" Fürchte dich nicht, Maria! … Die Herrin war bestürzt vor dem Erzengel.
Und ich will die kleinen Regeln des Anstandes, welche der Schutz der Reinheit sind, über Bord werfen!

512 O Mutter, Mutter! Mit diesem deinem Worte "fiat" hast du uns zu Brüdern Gottes und zu Erben seiner Herrlichkeit gemacht. – Sei gepriesen!

513 Vorher, allein, konntest du es nicht… – Jetzt bist du zur Herrin gegangen, und, mit ihr zusammen, wie leicht ist es !

514 Vertraue. – Kehre zurück. – Rufe die Herrin an, und du wirst treu sein.

515 Daß dir in manchen Augenblicken die Kräfte fehlen? – Warum sagst du es nicht deiner Mutter: "Consolatrix afflictorum, auxilium christianorum …, Spes nostra, Regina apostolorum"?

516 Mutter! – Rufe es laut, laut. – Sie hört dich, sieht dich vielleicht bedroht, und sie – deine heilige Mutter bietet dir mit der Gnade ihres Sohnes ihre mütterliche Hilfe, ihre liebende Zärtlichkeit an: dann bist du gestärkt zu neuern Kampfe.

 «    DIE KIRCHE    » 

517 "Et unam, sanctam, catholicam et apostolicam ecclesiam". Ich verstehe gut, daß du diese Worte langsam und bewußt aussprichst: Ich glaube an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche…

518 Welche Freude, aus tiefster Seele sagen zu können: Ich liebe meine Mutter, die heilige Kirche!

519 Der Ruf "serviam!" bezeugt den Willen, der Kirche Gottes ganz treu zu "dienen", auch auf Kosten des Besitzes, der Ehre und des Lebens.

520 Katholisch, apostolisch, römisch! – Es gefällt mir, daß du sehr römisch bist. Und daß du den Wunsch hast, eine Romfahrt zu machen, "videre Petrum", um Petrus zu sehen.

521 Wie gut war Christus, als Er seiner Kirche die Sakramente hinterließ! – Sie sind Heilmittel für alle Not.
Verehre sie, und sei dem Herrn und seiner Kirche sehr dankbar.

522 Achte und verehre die heilige Liturgie der Kirche und jede einzelne ihrer Zeremonien. – Vollziehe sie getreu. – Begreifst du nicht, daß wir arme Menschen darauf angewiesen sind, selbst das Größte und Höchste durch die Sinne aufzunehmen?

523 Man sagt, die Kirche singt, weil das Wort allein nicht für ihr Beten ausreiche. – Du, Christ auserwählter Christ – mußt lernen, liturgisch zu singen.

524 Man muß einfach singen! sagte ein Liebender, als er sah, welch wunderbare Dinge der Herr durch sein Amt wirkte.
Ich wiederhole dir den Rat: singe! Daß deine dankbare Begeisterung in Wohlklang überströme.

525 "Katholisch" sein heißt seine Heimat lieben, niemandem in dieser Liebe nachstehen. Und gleichzeitig, die aufrichtigen Bemühungen aller anderen Länder auch als die meinen betrachten. Wieviel vom Ruhm Frankreichs ist auch mein Ruhm! Und ebenso ist der berechtigte Stolz der Deutschen, der Italiener, der Engländer, der Amerikaner, der Asiaten, der Afrikaner auch mein Stolz.
Katholisch: großes Herz, weiter Geist!

526 Wenn du keine tiefe Verehrung für den Stand der Priester und Ordensleute empfindest, liebst du ganz bestimmt die Kirche Gottes nicht.

527 Jene Frau, die im Hause Simons des Aussätzigen in Bethanien das Haupt des Meisters mit Nardenöl salbte, erinnert uns an die Pflicht, im Dienste des Herrn freigebig zu sein.
All die Pracht und Herrlichkeit und Schönheit scheinen mir gering.
Und gegen jene, die am Reichtum der heiligen Gefäße, Paramente und Altäre Anstoß nehmen, hört man das Lob Jesu: "Opus enim bonum operata est in me", sie hat ein gutes Werk an mir getan.

 «    DIE HEILIGE MESSE    » 

528 Es ist Kennzeichen eines apostolischen Mannes, die Messe zu lieben.

529 Die Messe ist lang, sagst du, und ich füge hinzu: weil deine Liebe kurz ist.

530 Ist es nicht seltsam, daß viele Christen, die sonst in ihrem gesellschaftlichen Leben gemessen und beinahe feierlich auftreten (ohne jede Eile), die bei ihrer wenig anstrengenden Berufsausübung und bei Tisch und am Feierabend ebensowenig Eile zeigen, sich plötzlich gedrängt fühlen und in ihrem Eifer sogar auf den Priester einwirken, die Zeit, die dem heiligen Opfer am Altar gewidmet ist, abzukürzen und zusammenzudrängen?

531 "Behandelt Ihn mir gut, behandelt Ihn mir gut!" sagte ein greiser Bischof unter Tränen zu den Neupriestern, die er gerade geweiht hatte.
Herr! Wer wird mir Stimme und Gewicht verleihen, auf diese Weise vielen Christen ins Herz zu reden. Vielen Christen!

532 Jener junge Priester, der das Martyrium erleiden durfte, weinte sehr an den Stufen des Altares über einen Menschen, der im Stande der Todsünde herzugetreten war, um Christus zu empfangen.
Würdest du Ihm auch so Genugtuung leisten?

533 Demut Jesu: in Bethlehem, in Nazareth, auf Kalvaria. Aber mehr Demütigung und Erniedrigung in der heiligen Hostie; mehr als im Stall, als in Nazareth und als am Kreuz.
Wie sehr muß ich deshalb die Messe lieben! ("Unsere" Messe, Jesus …)

534 So viele Jahre täglich kommuniziert! – Ein anderer wäre heilig, hast du mir gesagt, und ich bin noch immer derselbe!
Sohn, habe ich dir geantwortet, fahre fort mit der täglichen Kommunion und denke: was wäre aus mir geworden, wenn ich nicht täglich kommuniziert hätte?

535 Kommunion, Vereinigung, Sich–Mitteilen, Sich–Anvertrauen: Wort, Brot, Liebe.

536 Kommuniziere. – Das ist kein Mangel an Ehrfurcht. – Kommuniziere gerade heute, da du soeben dieser Schlinge entronnen bist.
Vergißt du Jesu Worte: Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken?

537 Wenn du dich dem Tabernakel näherst, denke, daß Er… dich dort seit zweitausend Jahren erwartet.

538 Hier ist Er: König der Könige, Herr der Herren. – Verborgen im Brot.
Er hat sich bis zum Äußersten erniedrigt aus Liebe zu dir .

539 Für dich ist Er da. – Es ist keine Ehrfurcht, nicht zu kommunizieren, wenn du gut vorbereitet bist.
– Ehrfurchtslosigkeit ist es nur, Ihn unwürdig zu empfangen.

540 Die geistige Kommunion ist eine Quelle der Gnade. – Vollziehe sie oft, und du wirst mehr Gegenwart Gottes und mehr Verbindung mit Ihm in deinem Tun haben.

541 Es gibt eine Etikette der Frömmigkeit. – Erlerne sie. – Diese "frommen" Leute tun einem leid, die es nicht verstehen, der Messe richtig beizuwohnen, auch wenn sie sie jeden Tag besuchen. Und auch jene, die sich nicht bekreuzigen können und statt dessen ein paar seltsame, hastige Handbewegungen machen. Und jene, die das Knie nicht vor dem Allerheiligsten beugen können – ihre lächerlichen Kniebeugen wirken wie Spott. Und jene, die das Haupt nicht vor einem Madonnenbild verneigen.

542 Verwendet mir zum Dienst vor Gott keine Serienbilder. Ich mag lieber einen Christus aus grobem Eisen als diese Gipskruzifixe, die angemalt sind, als wären sie aus Zuckerguß.

543 Du sahst mich die heilige Messe an einem strengen Altar feiern. Tisch und Altarstein ohne Aufsatz.
Großes Kreuz. Kräftige Leuchter, schwere Wachskerzen, zum Kreuz hin aufsteigend. Altarfront in der Farbe des Tages. Weites Meßgewand. Kostbar und streng in den Linien der Kelch, die Kelchschale weit. Kein elektrisches Licht. Wir vermißten es nicht.
Es fiel dir schwer, den heiligen Raum zu verlassen. Dort war es gut sein. Siehst du, wie die Strenge in der Liturgie zu Gott hinführen kann?

 «    GEMEINSCHAFT DER HEILIGEN    » 

544 Gemeinschaft der Heiligen. – Wie soll ich dir das erklären? – Kennst du die Bedeutung einer Bluttransfusion für den Körper? Ungefähr das ist die Gemeinschaft der Heiligen für die Seele.

545 Lebt eine besondere Gemeinschaft der Heiligen: dann wird ein jeder im inneren Kampf ebenso wie in der beruflichen Arbeit die Freude und die Kraft verspüren, nicht allein zu sein.

546 Sohn, du hast die Gemeinschaft der Heiligen gut erfaßt, als du mir schriebst: "Gestern `spürte´ ich, daß Sie für mich beteten"!

547 Ein anderer, der um die Gemeinschaft der übernatürlichen Güter weiß, sagt mir: "Der Brief hat mir sehr gut getan. Man merkt, daß er mit den Gebeten aller durchtränkt ist! … und ich habe es bitter nötig, daß man für mich betet."

548 Wenn du die Gemeinschaft der Heiligen spürst, wenn du sie lebst, wirst du spontan Buße tun.
Du wirst begreifen, daß die Buße "gaudium etsi laboriosum" ist, eine Freude, wenn auch mühevoll. Du wirst dich mit allen büßenden Menschen "im Bunde" wissen, denen von gestern, von heute und morgen.

549 Du wirst deine Pflicht leichter erfüllen, wenn du an die Hilfe denkst, die deine Brüder dir leisten. Und an die Hilfe, die du ihnen versagst, wenn du nicht treu bist.

550 "Ideo .omnia sustineo propter electos", alles erdulde Ich um der Auserwählten willen – "ut et ipsi salutem consequantur", damit sie das Heil erlangen – "quae est in Christo Iesu", das da ist in Christus Jesus. So lebt man die Gemeinschaft der Heiligen!
Bitte den Herrn, daß Er dir diesen Geist des heiligen Paulus gebe.

 «    ASPEKTE DER FRÖMMIGKEIT    » 

551 Wir müssen die "Routine" meiden wie den Teufel selbst. – Das große Mittel, um nicht in diesen Abgrund, das Grab der wirklichen Frömmigkeit, zu stürzen, ist die ständige Gegenwart Gottes.

552 Wenige besondere Frömmigkeitsübungen. Aber die konstant.

553 Vergiß nicht deine Kindergebete. Vielleicht hat deine Mutter sie dich gelehrt. – Bete sie jeden Tag in aller Schlichtheit, wie damals.

554 Unterlaß nicht den Besuch beim Allerheiligsten. – Nach deinem gewohnten mündlichen Gebet trage Jesus, der im Tabernakel wirklich zugegen ist, die Sorgen des Tages vor. – Du wirst Licht und Mut für dein Leben als Christ finden.

555 Die heilige Menschheit unseres Gottes ist wahrhaft liebenswert! – Du versetztest dich in die heilige Wunde der rechten Hand deines Herrn und fragtest mich: "Wenn schon eine Wunde Christi so sehr reinigt, heilt, beruhigt, stärkt, entzündet und liebend macht, wieviel mehr dann die fünf, offen am Holz des Kreuzes?"

556 Der Kreuzweg. – Das ist eine kraftvolle und starke Gebetsübung! Wolltest du dir doch angewöhnen, jeden Freitag die vierzehn Stationen des Leidens und Sterbens unseres Herrn durchzugehen. – Ich sage dir, du wirst Kraft für die ganze Woche gewinnen.

557 Frömmigkeit zur Weihnacht. – Ich lächle nicht, wenn ich dich die Baumrindengebirge aufbauen und die kindlichen Figuren an ihren Platz rücken sehe. – Du bist mir nie männlicher vorgekommen als jetzt, da du ein Kind bist.

558 Der heilige Rosenkranz ist eine machtvolle Waffe. Setze sie mit Vertrauen ein, und du wirst dich über das Ergebnis wundern.

559 Der heilige Joseph, der Vater Christi, ist auch dein Vater und Herr. – Wende dich an ihn.

560 Unser Vater und Herr, der heilige Joseph, ist Meister des inneren Lebens. – Stelle dich unter seinen Schutz, und du wirst die Wirkung seiner Macht spüren.

561 Vom heiligen Joseph sagt die heilige Theresia in ihrer Lebensbeschreibung: "Wer keinen Lehrer für das Beten findet, der nehme sich diesen großen Heiligen als Lehrer, und er wird den Weg nicht verfehlen." – Der Rat stammt von einem erfahrenen Menschen. Du kannst ihn ruhig annehmen.

562 Du sollst mit deinem Schutzengel auf gutem Fuß stehen. Behandle ihn wie einen guten Freund, denn das ist er. Er wird dir manchen Dienst erweisen bei den alltäglichen Angelegenheiten.

563 Verbünde dich mit dem Schutzengel dessen, den du für dein Apostolat gewinnen willst. – Er ist immer ein guter "Komplize".

564 Wenn du dir der Gegenwart deines Engels und der Beschützer deiner Nächsten bewußt wärest, würdest du manche Dummheit vermeiden, die dir in der Unterhaltung unterläuft.

565 Du staunst, weil dein Schutzengel dir offensichtlich geholfen hat. – Du solltest nicht erstaunt sein: dazu hat ihn der Herr an deine Seite gestellt.

566 Es gäbe in diesem Milieu viele Versuchungen? Gut. Gibt es nicht auch die Schutzengel?

567 Wende dich in der Stunde der Prüfung an deinen Schutzengel. Er wird dich gegen den Teufel beschützen und dir übernatürliche Gedanken eingeben.

568 Mit großer Freude würden die heiligen Schutzengel bei jenem Menschen ihren Dienst tun, der ihnen sagte: "Heilige Schutzengel, ich rufe euch an wie die Braut im Hohenliede, `ut nuntietis ei quia amore langueo´, damit ihr Ihm sagt, daß ich vor Liebe vergehe."

569 Ich weiß, daß ich dir eine Freude mache, wenn ich dir das Gebet abschreibe zu den heiligen Schutzengeln unserer Tabernakel: Ihr heiligen Engel, die ihr unsere Tabernakel bewacht, wo der anbetungswürdige Schatz der Heiligen Eucharistie ruht, verteidigt sie gegen jede Entweihung und bewahrt sie für unsere Liebe.

570 Trinke aus der klaren Quelle der Apostelgeschichte. Im zwölften Kapitel begibt sich Petrus, durch die Hilfe der Engel aus dem Kerker befreit, zum Hause der Mutter des Markus. Sie wollen der Dienstmagd nicht glauben, als sie versichert, daß Petrus an der Tür sei. "Angelus eius est." Es ist sicher sein Engel, sagten sie.
Beachte, wie selbstverständlich für die ersten Christen der Umgang mit den Schutzengeln war.
Und für dich?

571 Die Seelen im Fegefeuer. – Denke oft aus Nächstenliebe, aus Gerechtigkeit, aus entschuldbarem Egoismus – denn sie vermögen so viel vor Gott! – bei deinen Opfern und deinem Gebet an sie.
Könntest du doch, wenn du von ihnen sprichst, sagen: "Meine guten Freunde, die Seelen im Fegefeuer…"

572 Du fragst mich, warum ich dir immer mit solchem Nachdruck den Gebrauch des Weihwassers empfehle. – Ich könnte dir viele Gründe nennen. Sicherlich wird dir genügen, was Theresia von Avila sagt: "Die bösen Geister reißen vor nichts so schnell aus, ohne wiederzukommen, wie vor Weihwasser."

573 Dank, mein Gott, für die Liebe zum Papst, die Du mir ins Herz gelegt hast.

574 Wie kommst du darauf, es sei nicht männlich, eine Novene zu halten? – Diese Frömmigkeitsübung wird männlich in dem Augenblick, da ein Mann sie übt – im Geiste des Gebetes und der Buße.

 «    GLAUBE    » 

575 Manche gehen durch das Leben wie durch einen dunklen Gang und entdecken niemals den Glanz und die Sicherheit und die Wärme der Sonne des Glaubens.

576 Mit welch infamem Scharfsinn argumentiert Satan gegen unseren katholischen Glauben!
Aber sagen wir stets, ohne uns auf Diskussionen einzulassen : Ich bin ein Sohn der Kirche.

577 Du spürst einen gewaltigen Glauben… – Der dir diesen Glauben gibt, wird dir auch die Mittel geben.

578 Dir, apostolischer Mensch, sagt der heilige Paulus: "Iustus ex fide vivit." Der Gerechte lebt aus dem Glauben.
Wie kannst du es zulassen, daß dieses Feuer erlischt?

579 Glaube. – Traurig zu sehen, wie viele Christen den Mund davon voll nehmen und wie wenig sie ihr Tun damit erfüllen!
Sieht es nicht so aus, als sei das nur eine Tugend zum Predigen und nicht zum Ausüben?

580 Bitte den Herrn demütig, daß Er deinen Glauben vermehre. – Dann wirst du mit dem neuen Licht deutlich die Unterschiede zwischen den Pfaden der Welt und deinem apostolischen Weg erkennen.

581 Mit großer Demut und Schlichtheit berichten die Evangelien über Ereignisse, die den schwachen und schwankenden Glauben der Apostel zeigen.
Damit du und ich nicht die Hoffnung verlieren, den starken und unerschütterlichen Glauben zu erreichen, den jene Ersten schließlich besaßen.

582 Wie herrlich ist unser katholischer Glaube! – Er stillt all unsere Sehnsüchte, macht das Denken ruhig und füllt das Herz mit Hoffnung.

583 Ich bin nicht "wundersüchtig". – Ich sagte dir, daß mir die Wunder der Heiligen Schrift vollauf genügen, um meinen Glauben stark zu machen. – Aber mir tun diese Christen leid, einschließlich der frommen, "apostolischen", die lächeln, wenn sie von außerordentlichen Wegen hören, von übernatürlichen Ereignissen. – Ich hätte gute Lust, ihnen zu sagen: Ja, auch heute gibt es Wunder. Wir würden sie vollbringen, wenn wir Glauben hätten!

584 Entzünde deinen Glauben. – Christus ist keine vorübergegangene Erscheinung. Keine Erinnerung, die sich in der Geschichte verliert.
Er lebt! "Iesus Christus heri et hodie, ipse et in saecula", sagt der heilige Paulus. Jesus Christus gestern und heute und immer!

585 "Si habueritis fidem sicut granum sinapis!" Hättet ihr einen Glauben so groß wie ein SenfkörnIein. …
Welches Versprechen schließt dieser Ausruf des Meisters ein!

586 Gott ist immer derselbe. – Was nottut, sind glaubende Menschen: dann werden sich diese Wunder wieder ereignen, von denen wir in der Heiligen Schrift lesen. "Ecce non est abbreviata manus Domini". Der Arm Gottes, seine Macht, ist nicht kleiner geworden!

587 Sie haben keinen Glauben. – Aber sie sind abergläubig. Peinlich belustigt waren wir über jenen einflußreichen Mann, der unruhig wurde, als er ein bestimmtes Wort vernahm, das an sich gleichgültig und harmlos war, aber für ihn eine schlechte Vorbedeutung hatte. Oder als er sah, daß ein Stuhl auf einem Bein gedreht wurde.

588 "Omnia possibilia sunt credenti". Alles ist möglich dem, der glaubt. – Das ist ein Wort Christi.
Was zögerst du, Ihm mit den Aposteln zu sagen: "Adauge nobis fidem." Vermehre meinen Glauben!?

 «    DEMUT    » 

589 Wenn du den Beifall für deine Leistung vernimmst, soll in deinen Ohren auch das Gelächter ertönen, das deine Mißerfolge auslösten.

590 Wünsche nicht, die vergoldete Wetterfahne auf dem großen Gebäude zu sein: so sehr sie glänzt und so hoch sie steht, sie bedeutet nichts für die Festigkeit des Baues.
Wärest du doch wie ein alter Quaderstein, verborgen im Fundament, unter der Erde, wo niemand dich sieht: deinetwegen stürzt das Haus nicht ein.

591 Je mehr sie mich erheben, mein Jesus, um so mehr demütige Du mich im Herzen und laß mich einsehen, was ich war und was ich wäre, wenn Du mich allein ließest.

592 Vergiß nicht, was du bist…, ein Kehrichteimer. – Wenn dich der göttliche Gärtner nimmt und schrubbt und reinigt und mit herrlichen Blumen füllt …, dann dürfen dich weder der Duft noch die Farbe, die deine Häßlichkeit schön machen, zum Stolz verleiten.
Demütige dich: weißt du nicht, daß du ein Eimer für Abfälle bist?

593 Wenn du dich siehst, wie du bist, muß es dir natürlich erscheinen, daß sie dich verachten.

594 Du bist nicht demütig, wenn du dich selbst demütigst, sondern wenn andere dich demütigen und du es um Christi willen trägst.

595 Wenn du dich kennen würdest, wärest du über die Verachtung erfreut, und dein Herz würde weinen über Hochachtung und Lob.

596 Es soll dich nicht schmerzen, daß sie deine Fehler sehen. Die Beleidigung Gottes und der Anstoß, den du erregst, die sollen dich schmerzen.
Im übrigen sollen sie ruhig sehen, wie du bist, und dich verachten. – Es soll dich nicht betrüben, nichts zu sein, denn so muß Jesus alles in dir aufbauen.

597 Wenn du dem Antrieb deines Herzens und den Aussagen deiner Vernunft entsprechend handeltest, dann müßtest du dauernd mit dem Gesicht am Boden liegen, gekrümmt wie ein schmutziger, häßlicher, abscheulicher Wurm… vor diesem Gott, der dich immer noch erträgt und erträgt.

598 Der Wert der Demut ist unermeßlich. "Quia respexit humilitatem" … Nicht den Glauben und die Liebe und die unbefleckte Reinheit besingt das Jubellied unserer Mutter im Hause des Zacharias:
"Denn Er hat gesehen die Demut seiner Magd, siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter."

599 Du bist schmutziger, herabgefallener Staub. Auch wenn der Hauch des Heiligen Geistes dich über alle Dinge der Erde erhebt und dich aufleuchten läßt wie Gold, indem deine Erbärmlichkeit in den Höhen die Strahlen der Sonne der Gerechtigkeit widerspiegelt, so vergiß doch die Armut deines eigenen Zustandes nicht.
Ein Augenblick des Hochmuts würde dich wieder zu Boden werfen, und statt Licht wärest du wieder Schmutz.

600 Du … stolz? – Worauf?

601 Stolz? – Weshalb? … Binnen kurzem – Jahre, Tage? – wirst du ein Haufen stinkendes Aas sein: Würmer, übelriechende Flüssigkeiten, schmutzige Lumpen des Leichentuches…, und niemand auf der Erde wird sich an dich erinnern.

602 Du, Gelehrter, Berühmter, Beredter, Mächtiger: wenn du nicht demütig bist, taugst du nichts.
Beschneide dein alles überwucherndes "Ich", reiß es aus, Gott wird dir helfen. Dann kannst du beginnen, für Christus zu arbeiten an der letzten Stelle seines Apostelheeres.

603 Diese falsche Demut ist Bequemlichkeit: wenn du dich so klein machst, gibst du Rechte auf…, die Pflichten sind.

604 Erkenne demütig deine Schwachheit, damit du mit dem Apostel sagen kannst: "Cum enim infirmor, tunc potens sum." Denn wenn ich schwach bin, bin ich stark.

605 Vater, wie können Sie all diesen Unrat ertragen? sagtest du mir nach einer zerknirschten Beichte.
Ich schwieg und dachte: Wenn deine Demut dich dahin bringt, dich als Unrat, als einen Haufen Unrat, zu erkennen, können wir aus all deiner Erbärmlichkeit noch etwas Großes machen.

606 Betrachte die Demut unseres Herrn Jesus. Ein Esel war sein Thron in Jerusalem! …

607 Die Demut ist auch ein guter Weg zum inneren Frieden. – Er selbst hat es gesagt: "Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen… und ihr werdet Frieden finden für eure Seelen."

608 Es ist kein Mangel an Demut, wenn du den Fortschritt deines inneren Lebens kennst. – So kannst du Gott dafür danken.
Aber verliere nicht aus den Augen, daß du ein Armer bist, der ein gutes Gewand trägt. Ein geliehenes Gewand.

609 Die Selbsterkenntnis führt uns an der Hand zur Demut.

610 Dein Starkmut, den Geist und die Normen des Apostolats, in dem du arbeitest, zu verteidigen, darf nicht aus falscher Demut wanken. – Dieser Starkmut ist kein Hochmut: er ist die Kardinaltugend der Tapferkeit.

611 Aus Stolz. – Du glaubtest schon beinahe alles zu können, du allein. – Einen Augenblick ließ Er dich los, und du lagst auf der Nase. – Sei demütig, und Seine starke Hilfe wird dir nicht fehlen.

612 Diese stolzen Gedanken kannst du gleich aufgeben: du bist, was der Pinsel in der Hand des Künstlers ist. – Sonst nichts.
Was soll ein Pinsel, wenn er den Künstler nicht gewähren läßt?

613 Damit du demütig wirst, du, der du leer bist und so eingenommen von dir selbst, genügt es, daß du die Worte des Isaias betrachtest: Du bist "ein Tropfen Wasser oder Tau, der zur Erde fällt, und niemand bemerkt ihn".

 «    GEHORSAM    » 

614 Bei der Arbeit im Apostolat gibt es keinen Ungehorsam, der geringfügig wäre.

615 Stähle deinen Willen, vermännliche deinen Willen: er soll mit der Gnade Gottes ein stählerner Sporn sein.
Nur wenn du über einen starken Willen verfügst, wirst du ihn aufgeben können, um zu gehorchen.

616 Dieses Zögern, diese Passivität, dieser Widerstand zu gehorchen: wie schadet das deinem Apostolat, und wie freut sich der Widersacher darüber!

617 Gehorcht, wie ein Werkzeug in der Hand des Künstlers gehorcht, das nicht danach fragt, warum es dies oder jenes tut. Seid überzeugt, daß man euch nie etwas auftragen wird, das nicht gut ist und nicht zur Ehre Gottes gereicht.

618 Der Widersacher: Du willst gehorchen – selbst in dieser "lächerlichen" Kleinigkeit? … Du, mit der Gnade Gottes: Ich werde gehorchen…, selbst in dieser "heroischen" Kleinigkeit.

619 Initiativen. – Du sollst sie in deinem Apostolat innerhalb der Grenzen des dir Aufgetragenen entwickeln.
Wenn sie über diese Grenzen hinausgehen oder du im Zweifel bist, dann frage deinen Vorgesetzten, ohne deine Gedanken einem anderen mitzuteilen.
Behalte stets im Auge, daß du nur Ausführender bist.

620 Wenn der Gehorsam dir keinen Frieden gibt, dann bist du hochmütig.

621 Es ist schade, wenn ein Vorgesetzter dir kein gutes Beispiel gibt… – Aber gehorchst du Ihm vielleicht wegen seiner persönlichen Fähigkeiten? … Oder übersetzt du das "oboedite praepositis vestris" – gehorcht euren Vorgesetzten – des heiligen Paulus zu deiner Bequemlichkeit mit ungefähr folgendem Zusatz. ..: jedoch nur, wenn der Vorgesetzte Tugenden nach meinem Geschmack besitzt?

622 Wie gut hast du den Gehorsam verstanden, als du mir schriebst: "Immer gehorchen heißt Märtyrer sein, ohne zu sterben"!

623 Sie geben dir einen Auftrag, den du für fruchtlos und schwierig hältst. – Führe ihn aus. – Du wirst sehen, er ist leicht und fruchtbringend.

624 Hierarchie. – Jeder Teil an seinem Platz. – Was würde aus einem Bilde von Velázquez, wenn jede Farbe ihren Platz verließe, wenn sich jeder Faden aus der Leinwand löste, wenn jedes Holzstück des Rahmens sich vom anderen trennte?

625 Dein Gehorsam verdient diesen Namen nicht, falls du nicht entschlossen bist, deine blühende persönliche Arbeit aufzugeben, wenn ein Berufener es so für richtig befindet.

626 Nicht wahr, Herr, Du freutest Dich sehr über die "Pfiffigkeit" jenes großen kindlichen Mannes, der zu spüren bekam, wie schwer das Gehorchen in einer lästigen und abstoßenden Angelegenheit fällt, und Dir mit leiser Stimme sagte: Jesus, laß mich ein freundliches Gesicht dabei machen!?

627 Dein Gehorsam muß schweigsam sein. Diese Zunge!

628 Jetzt, da dir das Gehorchen schwer wird, erinnere dich an deinen Herrn: "Factus oboediens usque ad mortem, mortem autem crucis." Gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz!

629 Macht des Gehorsams! – Der See Genesareth verweigerte den Netzen des Petrus seine Fische. Eine ganze Nacht vergebens.
Dann gehorchte er und warf sein Netz nochmals ins Wasser. Und sie fingen "piscium multitudinem copiosam" – eine große Menge Fische.
Glaube mir: das Wunder wiederholt sich jeden Tag.

 «    ARMUT    » 

630 Denke daran: der hat mehr, der weniger braucht. – Schaffe dir keine Bedürfnisse.

631 Löse dich von den Gütern der Welt. – Übe dich in der Armut des Geistes und liebe sie: sei zufrieden mit dem, was hinreicht, ein nüchternes und maßvolles Leben zu führen.
Sonst wirst du nie ein Apostel.

632 Die wahre Armut besteht nicht im Nichthaben, sondern im Losgelöstsein: im freiwilligen Verzicht auf die Herrschaft über die Dinge.
Deshalb gibt es Arme, die in Wirklichkeit reich sind. Und umgekehrt.

633 Wenn du ein Mensch Gottes bist, so setze an die Verachtung der Reichtümer den gleichen Eifer, den die anderen daransetzen, sie zu besitzen.

634 Soviel Anhänglichkeit an die Dinge der Erde! Bald entgleiten sie dir, denn die Reichtümer folgen dem Reichen nicht ins Grab.

635 Du hast den Geist der Armut nicht, wenn du die Möglichkeit hast, unauffällig zu wählen, und dir nicht das Schlechtere nimmst.

636 "Divitiae, si affluant, nolite cor apponere." Wenn Reichtum dir zufließt, hänge dein Herz nicht daran. – Zaudere nicht und verwende ihn großzügig. Notfalls sogar heroisch.
Sei arm im Geiste.

637 Du liebst die Armut nicht, wenn du nicht liebst, was die Armut mit sich bringt.

638 Wie reich an Hilfsquellen ist die Armut! – Erinnerst du dich noch? Als jenes apostolische Werk in wirtschaftliche Bedrängnis geriet, gabst du ihm bis zum letzten Pfennig, was du hattest.
Und er, der Priester Gottes, sagte dir: "Ich gebe dir auch alles, was ich habe." Kniend hörtest du die Worte: "Der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, komme auf dich herab und bleibe immerdar."
Noch immer bist du überzeugt, daß du kein schlechtes Geschäft machtest.

 «    DISKRETION    » 

639 Geschwiegen zu haben wirst du nie bereuen: gesprochen zu haben oft.

640 Wie wagst du es, andere anzuhalten, das Geheimnis ja für sich zu behalten…, wo doch diese Bitte schon verrät, daß du es selber nicht gewahrt hast?

641 Diskretion ist weder Geheimhaltung noch Geheimnistuerei. – Sie ist einfach: sich natürlich verhalten.

642 Diskretion bedeutet…Taktgefühl. – Spürst du nicht Unruhe und inneres Unbehagen, wenn teure oder gewöhnliche Angelegenheiten deiner Familie aus der Wärme des Heimes vor die Gleichgültigkeit oder Neugier der Öffentlichkeit gezerrt werden?

643 Offenbare nicht ohne Grund das Vertrauliche deines Apostolates: siehst du nicht, daß die Welt voll egoistischer Verständnislosigkeit ist ?

644 Schweig: vergiß nicht, daß dein Ideal ein eben angezündetes Lichtlein ist. – Ein Windhauch könnte genügen, es in deinem Herzen auszublasen.

645 Wie fruchtbar ist das Schweigen! – Alle Energien, die du mir aus Mangel an Diskretion verbrauchst, sind Energien, die du der Wirksamkeit deiner Arbeit vorenthältst.
Sei diskret.

646 Wärest du diskreter, dann brauchtest du dich nicht über den schlechten Nachgeschmack zu beklagen, den du nach mancher Unterhaltung verspürst.

647 Verlange nicht, daß sie dich "verstehen". Dieses Unverständnis ist eine Fügung: damit dein Opfer verborgen bleibe.

648 Wenn du schweigsam bist, hast du mehr Wirksamkeit in deinem Apostolat. Wie vielen entweicht "die Kraft" durch den Mund! Zugleich entgehst du vielen Gefahren eitler Ehrsucht.

649 Immer Theater! – Du verlangst von mir Fotos, Tabellen, Statistiken.
Ich schicke dir dieses Material nicht, obwohl ich auch eine andere Einstellung hierzu durchaus berechtigt finde. Aber ich müßte sonst glauben, ich täte meine Arbeit, um auf Erden an ein Ziel zu kommen…, und ich habe nur den Himmel als Ziel.

650 Es gibt viele Leute, auch heilige, die deinen Weg nicht begreifen. – Mühe dich nicht damit ab, ihn ihnen begreiflich zu machen. Du verlierst nur Zeit und gibst Raum für Indiskretionen.

651 "Man kann nicht Wurzel und Krone zugleich sein, wenn man nicht Saft, Geist, etwas innen Wirkendes ist."
Dein Freund, der diese Worte schrieb, wußte um dein gutes Streben. – Und er zeigte dir den Weg: Diskretion, Opfer, Wirken im Inneren!

652 Diskretion, Tugend weniger Menschen. – Wer verleumdete die Frau und sagte, Diskretion sei keine Tugend der Frauen?
Mancher ausgewachsene Mann sollte von ihnen lernen!

653 Was für ein gutes Beispiel gibt uns die Mutter Gottes! Nicht einmal dem heiligen Joseph verrät sie ihr Geheimnis.
Bitte die Herrin um die Diskretion, die dir fehlt.

654 Die Verbitterung hat deine Zunge spitz gemacht. Schweige!

655 Ich kann dir die Bedeutung der Diskretion nicht genug ans Herz legen.
Vielleicht ist sie nicht die Spitze deiner Waffe, aber zumindest der Griff.

656 Schweige immer, wenn du in dir Entrüstung aufkommen spürst. – Auch wenn du völlig zu Recht empört bist.
Denn in solchen Augenblicken sagst du trotz aller Diskretion mehr als beabsichtigt.

 «    FREUDE    » 

657 Echte Tugend ist nicht traurig und unsympathisch. Sie ist froh und liebenswürdig.

658 Wenn etwas gut gelingt, freuen wir uns und lobpreisen Gott, von dem alles Gelingen kommt.
Geht etwas schlecht aus? – Freuen wir uns und lobpreisen wir Gott, der uns an seinem sanften Kreuz teilhaben läßt.

659 Die Freude, die du haben sollst, ist nicht die eines gesunden Tieres, die wir eine physiologische Freude nennen könnten. Sie ist vielmehr eine übernatürliche, die aufkommt, wenn man alles hingibt und sich ganz den liebenden Armen Gottes, unseres Vaters, überläßt.

660 Als Apostel sollst du nie den Mut sinken lassen. Es gibt keinen Rückschlag, den du nicht Überwinden kannst.
Warum bist du traurig?

661 Langes Gesicht…, schroffes Auftreten…, lächerliches Äußeres…, unsympathisches Wesen:
hoffst du auf diese Weise, andere zur Nachfolge Christi zu bewegen?

662 Keine Freude? – Denke sofort: da ist ein Hindernis zwischen mir und Gott. – Fast immer ist es so.

663 Du bittest mich um einen Rat, was du gegen deine Traurigkeit tun sollst. – Ich gebe dir jetzt ein Rezept, das aus einer erfahrenen Hand stammt: vom Apostel Jakobus.
"Tristatur aliquis vestrum?" Du bist traurig, mein Sohn? "Oret!" Bete! – Versuche es einmal.

664 Sei nicht traurig. – Du sollst einen Blick für die Dinge haben, der mehr "unserer" Art, der christlichen, entspricht.

665 Ich will, daß du immer zufrieden bist, denn die Freude ist notwendiger Bestandteil deines Weges. Bitte für alle um diese übernatürliche Freude.

666 "Laetetur cor quaerentium Dominum." Das Herz derer, die den Herrn suchen, soll sich freuen.
Licht, um die Gründe deiner Traurigkeit zu erforschen.

 «    ANDERE TUGENDEN    » 

667 Die Akte des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe sind Ventile, aus denen die Energie der Seele hervorbricht, die aus Gott lebt.

668 Tu all das uneigennützig, aus reiner Liebe, als ob es weder Lohn noch Strafe gäbe. – Aber pflege in deinem Herzen die glorreiche Hoffnung auf den Himmel.

669 Es ist gut, daß du wie ein Kind Gott dienst, Ohne Entgelt, großmütig… – Aber sorge dich nicht, wenn du manchmal an den Lohn denken mußt.

670 Jesus sagt: "Jeder, der Haus und Brüder und Schwestern und Vater und Mutter und Frau und Kinder und Besitz um meines Namens willen verläßt, wird das Hundertfache erhalten und das ewige Leben erlangen." Such dir auf der Erde jemanden, der mit solcher Großzügigkeit zahlt!

671 Jesus … schweigt. "Iesus autem tacebat". Warum redest du? Um dich zu trösten, um dich zu rechtfertigen ?
Schweige. – Suche die Freude in der Verachtung: man erweist dir stets weniger, als du verdienst.
Kannst du vielleicht fragen: "Quid enim mali feci?" Was habe ich Böses getan?

672 Mit Sicherheit bist du ein Mensch Gottes, wenn du Ungerechtigkeit froh und schweigend erträgst.

673 Eine herrliche Antwort, die der ehrwürdige Alte dem jungen Mann gab, als dieser sich über erlittenes Unrecht beklagte: "Das stört dich?" sagte er ihm. "Dann darfst du nicht gut sein wollen!"

674 Äußere nie deine Meinung, wenn man dich nicht darum bittet, selbst wenn du glaubst, daß diese Meinung die treffendste ist.

675 Es stimmt, er war ein Sünder. – Aber bilde dir über ihn kein unumstößliches Urteil. – Sei barmherzig und bedenke, daß er noch ein Augustinus werden kann, während du in deiner Mittelmäßigkeit stecken bleibst.

676 Alle Dinge dieser Welt sind nur Erde. – Wirf das alles auf einen Haufen unter deinen Füßen, dann bist du dem Himmel näher.

677 Gold, Silber, Juwelen…, Erde, Dunghaufen. Genüsse, sinnliche Vergnügungen, Befriedigung der Triebe…, wie ein Tier, wie ein Maultier, wie ein Schwein, wie ein Hahn, wie ein Stier.
Ehren, Auszeichnungen, Titel…, Luft, Aufgeblasenheit, Lügen, nichts.

678 Hänge deine Liebe nicht an diese Welt. – Es ist eine selbstsüchtige Liebe… Die du liebst, wenden sich in Furcht und Ekel von dir ab, wenige Stunden schon, nachdem Gott dich in seine Gegenwart gerufen hat. Bleibende Liebe ist anderer Art.

679 Völlerei ist ein häßliches Laster. – Belustigt es dich nicht etwas, und ekelt es dich nicht auch ein bißchen an, diese gesetzten Herren zu betrachten, wie sie rund um den Tisch sitzen, wie bei einem Kult; wie sie sich fettes Zeug in den Verdauungstrakt stopfen, als ob das ein "Selbstzweck" wäre?

680 Bei Tisch sollst du nicht vom Essen sprechen. Das ist gewöhnlich und paßt nicht zu dir. Sprich von etwas Höherem, von der Seele oder der Vernunft, und du veredelst diese Notwendigkeit.

681 An dem Tag, da du vom Tisch aufstehst und keine kleine Abtötung gemacht hast, hast du wie ein Heide gegessen.

682 Gewöhnlich ißt du mehr als nötig. – Und die Sattheit, die dir oftmals Schwere und Unwohlsein verursacht, macht dich unfähig, die übernatürlichen Güter zu kosten, und behindert dein Denken.
Was für eine gute Tugend ist die Mäßigkeit, auch für dein natürliches Leben !

683 Du sagst, du seiest ein Christ. Ich sehe dich, wie du ein Heiligenbild küßt, wie du ein mündliches Gebet murmelst, wie du dich aufregst über die Feinde der Kirche … und wie du sogar häufig zu den Sakramenten gehst. Aber ich sehe dich kein Opfer bringen. Ich sehe dich an bestimmten weltlichen Unterhaltungen festhalten (ich könnte ihnen mit Recht eine andere Bezeichnung geben). Ich sehe dich keinem Bedürftigen helfen… Und auch nicht der Kirche Christi! Ich sehe dich keine Schwäche deines Bruders ertragen, noch deinen Stolz für das allgemeine Wohl zurückstellen, noch… so manches andere!
Ich sehe dich… und sehe dich nicht… – Und du… willst behaupten, ein Christ zu sein? – Was für eine erbärmliche Vorstellung hast du von Christus !

684 Dein Geist, deine Beliebtheit, deine Fähigkeiten … gehen verloren! Man läßt sie nicht zur Entfaltung kommen. Betrachte die folgenden Worte eines geistlichen Autors: " Weihrauch, den man Gott spendet, geht nicht verloren. Der Herr wird mehr im Opfer als im eitlen Gebrauch deines Geistes geehrt."

 «    DRANGSAL    » 

685 Der Sturm der Verfolgung ist gut. – Was geht verloren? … Es geht nichts verloren, was nicht schon verloren ist. – Wenn der Baum der Kirche nicht mit der Wurzel ausgerissen wird – es gibt aber keinen Sturm und keinen Orkan, der ihn ausreißen könnte –, dann fallen nur die trockenen Aste… Und das ist gut so.

686 Es stimmt, dieser Mensch hat dir übel mitgespielt. – Aber: bist du Gott gegenüber nicht noch schlechter gewesen?

687 Jesus, wohin Du auch kommst, kein Herz bleibt gleichgültig. – Man liebt Dich oder man haßt Dich.
Wenn ein echter Apostel Dir nachfolgt und seine Pflicht erfüllt, soll es mich da wundern – da er doch ein anderer Christus ist! – wenn er ähnliche Reaktionen der Ablehnung oder Zuneigung auslöst?

688 Schon wieder. ..: Man habe geredet, man habe geschrieben. ..: dafür, dagegen. ..: in guter und weniger guter Absicht. ..: Halbwahrheiten, Verleumdungen, Lobreden, Überschwenglichkeiten. ..: Unsinniges, Zutreffendes…
Du Dummkopf! Du Schwachkopf! Wenn du geradewegs auf dein Ziel losgehst, Kopf und Herz berauscht von Gott, was kümmert dich dann das Rauschen des Windes, das Zirpen der Grillen, das Muhen, das Grunzen und das Wiehern ringsum? … überdies…, das ist unvermeidlich: bringe nicht auf freiem Felde Türen an.

689 Man hat ein großes Gerede gemacht, und du wurdest gekränkt. Das verletzte dich um so mehr, als du es nicht erwartet hattest.
Deine übernatürliche Reaktion muß sein: vergeben. Und sogar um Vergebung bitten. Und die Erfahrung ausnutzen, um innerlich mehr von den Geschöpfen frei zu werden.

690 Wenn das Leid und die Verachtung kommen …, das Kreuz, dann mußt du denken: Was ist das im Vergleich zu dem, was ich verdiene ?

691 Du erleidest große Drangsal? – Du hast große Schwierigkeiten? Sprich ganz langsam dieses starke und männliche Gebet, indem du Wort für Wort auskostest: "Es geschehe, es erfülle sich, gelobt und in Ewigkeit verherrlicht sei der über alles gerechte und über alles liebenswerte Wille des Herrn. – Amen. – Amen."
Ich versichere dir, du wirst Frieden erlangen.

692 Du leidest hier in diesem Leben…, das nur ein Traum ist, ein kurzer Traum. – Freue dich! Denn dein Vater Gott liebt dich sehr. Wenn du Ihm keine Hindernisse in den Weg legst, wird Er dir nach diesem schweren Traum ein gutes Erwachen schenken.

693 Es trifft dich, daß man dir für diesen Gefallen keinen Dank weiß. – Antworte mir auf diese zwei Fragen: Bist du Christus Jesus dankbarer? … Hast du diesen Gefallen tatsächlich erwiesen, weil du Dank auf der Erde erwartest?

694 Ich weiß nicht, warum du erschrickst. – Die Feinde Christi waren immer wenig objektiv.
Lazarus stand vom Tode auf. Da hätten sie sich ergeben müssen und die Gottheit Christi bekennen. – Aber nein: Wir wollen den töten, der Leben gibt, sagten sie.
Heute wie gestern.

695 In Zeiten des Kampfes und der Schwierigkeiten, wenn vielleicht "die Guten" dir Steine in den Weg legen, erhebe dein apostolisches Herz. Horch auf Jesus, wie Er vom Senfkorn spricht und vom Sauerteig. – Sage Ihm: "edissere nobis parabolam", erkläre mir dieses Gleichnis.
Und du wirst die Freude spüren, deinen künftigen Sieg zu sehen: Vögel des Himmels werden in deinem Apostolat, das jetzt noch klein ist, geborgen sein; und der ganze Teig wird durchsäuert.

696 Wenn du das Leid mit ängstlichem Herzen aufnimmst, verlierst du die Freude und den Frieden und ziehst am Ende keinen geistlichen Nutzen aus dieser Lage.

697 Die öffentlichen Ereignisse haben dich zu einem freiwilligen Abgeschiedensein geführt, das unter Umständen schlimmer ist als das Abgeschiedensein im Gefängnis. – Deine Persönlichkeit ist in den Schatten gestellt. Du findest kein Wirkungsfeld: Egoismus, Neugier, Unverständnis, Geklatsch. – Und? Bist du dir nicht deines gänzlich freien Willens und deiner Macht als Kind Gottes bewußt? Das Fehlen von Blättern und Blüten (der äußeren Tätigkeit) schließt nicht die Vermehrung und Tätigkeit der Wurzeln ( des Innenlebens) aus.
Arbeite: die Lage der Dinge wird sich ändern. Du wirst zahlreiche und reifere Früchte als vorher bringen.

698 Man tadelt dich? – Werde nicht ärgerlich, wie dein Hochmut dir rät. – Denke: welche Liebe erweist man mir! Was wird man mir alles verschwiegen haben!

699 Kreuz, Arbeit, Drangsal: du wirst sie haben, solange du lebst. – Diesen Weg ging Christus. Der Schüler steht nicht über dem Meister.

700 Es stimmt: es gibt viele Anfechtungen von außen, das entschuldigt dich teilweise. – Aber es gibt auch innere Mittäterschaft – prüfe dich in Ruhe –, und da sehe ich keine Entschuldigung.

701 Hast du nicht aus dem Munde des Meisters das Gleichnis vom Weinstock und den Reben vernommen ? – Sei getrost: Er fordert viel von dir, weil du eine Rebe bist und Frucht bringst… Er beschneidet dich, "ut fructum plus afferas", damit du mehr Frucht bringst.
Natürlich schmerzt dieses Beschneiden und Herausreißen! Aber wie köstlich sind hernach die Früchte und wie ausgereift die Werke!

702 Du bist beunruhigt. – Was immer auch in deinem inneren Leben oder in der Umwelt vor sich geht, behalte stets im Blick, daß die Bedeutung von Ereignissen und Personen sehr relativ ist. – Bleibe ruhig. Laß Zeit darüber vergehen; später dann, wenn du die Dinge und die Menschen mit Abstand und Unbefangenheit betrachtest, wirst du alles an seinem Platz und in seiner wirklichen Größenordnung sehen.
Wenn du so verfährst, bist du gerechter und ersparst dir manche Sorge.

703 Eine schlechte Nacht in einem schlechten Wirtshaus. – So soll die heilige Theresia von Avila unser irdisches Leben genannt haben. – Ist das nicht ein treffender Vergleich?

704 Besichtigung eines berühmten Klosters. – Einer ausländischen Dame wollte sich das Herz im Leibe umdrehen, als sie die arme Einrichtung des Gebäudes betrachtete: "Sie müssen doch ein sehr hartes Leben führen?" Zufrieden beschränkte sich der Mönch auf die Antwort: "Du wolltest es, Mönchlein, da hast du es, wie du gewollt."
Diese Antwort, die ich den heiligen Mann voller Freude geben hörte, muß ich dir voller Schmerz nennen, wenn du mir sagst, daß du unglücklich bist.

705 Dich beunruhigen? – Nie. Das hieße den Frieden verlieren.

706 Körperliche Erschöpfung. – Du bist… zusammengebrochen. – Ruhe dich aus. Stelle die äußere Tätigkeit ein. – Hole dir ärztlichen Rat. Gehorche ihm und mache dir weiter keine Sorgen.
Bald wirst du zu deinem Leben zurückkehren und dein Apostolat noch besser machen, wenn du treu bist.

 «    INNERER KAMPF    » 

707 Werde nicht unruhig, wenn du bei der Betrachtung der Herrlichkeiten des übernatürlichen Lebens jene andere Stimme vernimmst – tiefinnen, einschmeichelnd –, die des alten Menschen.
Das ist der "todbringende Leib", der nach seinen verlorenen Rechten ruft… Die Gnade genügt dir. Sei treu und du siegst.

708 Welt, Teufel und Fleisch sind drei Landstreicher. Sie nützen die Schwäche des Wilden aus, den du in deinem Innern mit dir herumträgst. Sie sind darauf aus, dir für das armselige, wertlose Geglitzer eines Vergnügens das blanke Gold und die Perlen und Brillanten und Rubinen abzunehmen, die vom lebendigen und erlösenden Blut deines Gottes durchglüht sind und die das Lösegeld und den Schatz darstellen für deine Ewigkeit.

709 Hörst du? – In einem anderen Stande, an einem anderen Ort, in einer anderen Stellung und in einem anderen Beruf könntest du viel mehr Gutes leisten. Für deine gegenwärtige Tätigkeit braucht man doch kein Talent!…
Ich dagegen sage dir: Dort, wohin du gestellt bist, gefällst du Gott… Was du da dachtest, ist eindeutig eine teuflische Eingebung.

710 Du bist betrübt und verzagt, weil deine Kommunion trocken und kalt ist. – Sage mir: Suchst du dich oder suchst du Jesus, wenn du kommunizierst? – Wenn du dich suchst, hast du allen Grund, traurig zu sein… Wenn du aber, wie du es solltest, Christus suchst, brauchst du dann noch ein sichereres Zeichen als das Kreuz, um zu wissen, daß du Ihn gefunden hast?

711 Schon wieder ein Sturz… Und was für ein Sturz! … Verzweifeln? Nein: dich demütigen und durch Maria, deine Mutter, die barmherzige Liebe Jesu anrufen. – Ein "miserere" und Kopf hoch. – Und neu beginnen.

712 Dein Sturz ist sehr tief! – Fange von hier unten wieder mit dem Aufbau an. – Sei demütig. "Cor contritum et humiliatum, Deus, non despicies." Gott wird ein zerknirschtes und gedemütigtes Herz nicht verschmähen.

713 Du willst Gott nichts antun. – Deine Sünden sind bloß Schwäche. – Zugegeben. Aber diese Schwächen kommen reichlich oft vor! Du weißt sie nicht zu vermeiden. Wenn ich dich nicht für schlecht halten soll, dann muß ich dich für schlecht und dumm halten.

714 Ein willenloses Wollen ist das, wenn du nicht entschieden die Gelegenheit meidest. – Betrüge dich doch nicht selbst und erzähle mir, du seiest schwach. Du bist… feige. Das ist es.

715 Diese Verwirrung in dir, die Versuchung, die dich einhüllt, ist wie eine Binde vor deinen Augen.
Du tappst im Dunkeln. – Gib den hartnäckigen Versuch auf, allein gehen zu wollen. Denn allein fällst du. – Geh zu deinem geistlichen Leiter, deinem Vorgesetzten. Mit seiner Hilfe wirst du jene Worte des Erzengels Raphael an Tobias hören: "Forti animo esto, in proximo est ut a Deo cureris." Sei guten Mutes, bald wird Gott dich heilen. – Sei gehorsam, und die Schuppen und die Binden werden dir von den Augen fallen. Gott wird dich mit Gnade und Frieden erfüllen.

716 Ich kann mich nicht überwinden, schreibst du mir entmutigt. – Ich antworte dir: Hast du überhaupt schon versucht, die Mittel anzuwenden?

717 Glückliches Unglück der Erde! – Armut, Tränen, Haß, Unrecht, Schande… Alles vermagst du in dem, der dich stärkt.

718 Du leidest… und möchtest dich nicht beklagen. – Es macht nichts, wenn du dich beklagst, das ist die natürliche Reaktion unseres armen Fleisches. Es kommt nur darauf an, daß dein Wille in dir jetzt und immer den Willen Gottes will.

719 Gib nie die Hoffnung auf. Tot und schon in Verwesung war Lazarus: "Iam foetet, quatriduanus est enim" – er riecht schon, denn er ist schon vier Tage im Grabe, sagt Martha zu Jesus.
Wenn du die Eingebung Gottes hörst und sie befolgst "Lazare, veni foras!" Lazarus, komm heraus! – dann kehrst du zum Leben zurück.

720 Es ist schwer! – Ich weiß. Dennoch, vorwärts! Niemand erhält den Preis – welch hohen Preis! – ohne sich gut geschlagen zu haben.

721 Wenn dein geistliches Gebäude ins Wanken gerät, wenn alles in der Luft zu hängen scheint…, dann stütze dich mit kindlichem Vertrauen auf Jesus und auf Maria als den festen und sicheren Stein, auf den du von Anfang an hättest bauen sollen.

722 Die Prüfung dauert diesmal lang. – Vielleicht nein, sicher hast du sie bis jetzt nicht gut getragen, weil du noch menschlichen Trost suchtest. – Dein Vater Gott hat ihn ganz fortgenommen, damit du keinen anderen Halt hast als Ihn allein.

723 Daß dir alles gleichgültig ist? – Täusche dich nicht. Wenn ich dich in diesem Augenblick nach Menschen oder Unternehmungen fragen würde, in die du für Gott deine ganze Seele gelegt hast, würdest du feurig Auskunft geben, mit der Anteilnahme eines Menschen, der von seinen eigenen Dingen spricht.
Dir ist längst nicht alles gleichgültig. Nur sind auch deine Kräfte nicht unbegrenzt… Du brauchst Zeit für dich. Diese Zeit kommt auch deinen Werken zugute, weil du letzten Endes das Werkzeug bist.

724 Du sagst, daß in deiner Brust Feuer und Wasser, Kälte und Wärme, ungeordnete Neigungen und Gott nebeneinander wohnen: eine Kerze brennt für den heiligen Michael und eine andere für den Teufel.
Sei ganz ruhig: solange du den Kampf nicht aufgibst, brennen nicht zwei Kerzen in deiner Brust, sondern nur eine, die des Erzengels.

725 Der Feind geht bei Menschen, die ihm Widerstand leisten, fast immer so vor: heuchlerisch und sanft nennt er Gründe…, geistliche Gründe! Nur keine Aufmerksamkeit wecken… – Dann aber, wenn es scheinbar keinen Ausweg mehr gibt (es gibt doch einen), wird er unverschämt, um eine Verzweiflung wachzurufen wie die des Judas, ohne Reue.

726 Als dir jener menschliche Trost verlorenging, bliebst du mit einem Gefühl der Einsamkeit zurück, als ob du an einem dünnen Faden über einem tiefen, dunklen Abgrund hingest. – Niemand schien dein Rufen, deine Hilfeschreie zu hören.
Du hast es nicht anders verdient. Sei demütig. Suche nicht dich, nicht deine Bequemlichkeit; liebe das Kreuz; es zu ertragen, ist wenig. Der Herr wird dein Beten hören. – Deine Sinne werden sich beruhigen. – Dein Herz wird sich wieder schließen. – Du wirst Frieden finden.

727 Überall wund. – So ergeht es dir. Alles macht dich leiden, deine Seelenkräfte und deine Sinne. Alles wird dir zur Versuchung…
Sei demütig. Ich sage es dir nochmals: Bald wirst du aus dieser Lage befreit. Der Schmerz wird sich in Freude verwandeln, die Versuchung in sichere Festigkeit.
Aber inzwischen fache deinen Glauben an. Erfülle dich mit Hoffnung. Verrichte unablässig Akte der Liebe, auch wenn du denkst, es seien leere Worte.

728 All unsere Stärke ist geliehen.

729 Herr, jeden Tag vertraue ich weniger auf mich und mehr auf Dich!

730 Wenn du Ihn nicht läßt, wird Er dich nicht lassen.

731 Erhoffe alles von Jesus: du hast nichts, bist nichts, kannst nichts. – Er wirkt, wenn du dich Ihm ganz überläßt.

732 Jesus! – In Dir ruhe ich.

733 Vertraue immer auf deinen Gott. – Er verliert nie eine Schlacht.

 «    DIE LETZTEN DINGE    » 

734 "Dies ist eure Stunde und die Macht der Finsternis." – Dann hat also auch der sündige Mensch seine Stunde? – Ja… Und Gott seine Ewigkeit!

735 Wenn du Apostel bist, dann ist der Tod ein guter Freund, der dir den Weg erleichtert.

736 Hast du an einem trüben Nachmittag im Herbst die Blätter fallen sehen? So fallen jeden Tag die Seelen in die Ewigkeit. Eines Tages bist du das fallende Blatt.

737 Hörst du, wie die Menschen der Welt traurig klagen, "daß jeder vergehende Tag ein wenig sterben heiße"?
Aber ich sage dir: Freue dich, apostolischer Mensch, denn jeder vergehende Tag bringt dich näher zum Leben.

738 Die "anderen" lähmt der Tod, und sie sind entsetzt. – Uns weckt der Tod (das Leben) auf und treibt uns voran.
Für sie ist er Ende, für uns Anfang.

739 Hab keine Angst vor dem Tod. – Nimm ihn schon jetzt großmütig an…, wann Gott will…, wie Gott will…, wo Gott will. – Sei ganz sicher: er kommt zu einer Zeit, an einem Ort und in einer Weise, wie es für dich am besten ist…, gesandt von deinem Vater Gott. – Willkommen sei unser Bruder Tod!

740 Welcher Teil der Welt geht unter, wenn ich nicht mehr da bin, wenn ich sterbe?

741 Siehst du, wie sich die Leiche des teuren Menschen in stinkende Fäulnis auflöst? – Das also ist der schöne Leib! – Betrachte das und ziehe deine Schlüsse daraus.

742 Die Bilder des Valdés Leal [Spanischer Maler der Barockzeit, berühmt durch seine Bilder über den Tod], mit so viel vornehmem Moder, Bischöfen, Edelleuten, in lebender Fäulnis, die müssen dich doch anrühren.
Mehr noch das Seufzen des Herzogs von Gandia [Der spätere hl. Franz von Borgia]: Nie mehr einem Herrn dienen, der mir sterben kann.

743 Du sprichst mir vom "heroischen" Sterben. Glaubst du nicht, daß es "heroischer" ist, unbemerkt in einem guten Bett zu sterben wie ein braver Bürger…, aber krank vor Liebe ?

744 Für dich, als Apostel, gibt es keinen Tod. – Nur einen Wohnungswechsel, sonst nichts.

745 "Er wird wiederkommen zu richten die Lebenden und die Toten", beten wir im Credo. – Verliere mir dieses Gericht und diese Gerechtigkeit und diesen Richter nicht aus den Augen.

746 Brennt in deiner Seele nicht der Wunsch, deinem Vater Gott Freude zu machen, wenn Er dich richten soll?

747 Die Kinder der Welt neigen sehr dazu, die Barmherzigkeit Gottes zu betonen. – Das ermutigt sie dann auf ihren Abwegen weiterzugehen.
Es ist wahr, daß Gott, unser Herr, unendlich barmherzig ist. Aber Er ist auch unendlich gerecht: es gibt ein Gericht, und Er ist der Richter .

748 Schöpfe Mut. – Erinnere dich, was der heilige Paulus zu den Korinthern sagt, daß nämlich "jeder den ihm zustehenden Lohn empfangen wird, entsprechend seiner Arbeit".

749 Es gibt eine Hölle. – Eine Feststellung, die dir eine Binsenwahrheit scheinen mag. – Ich wiederhole sie dir: Es gibt die Hölle!
Gib das im richtigen Augenblick an jenen Freund weiter … und an jenen anderen.

750 Hör zu, du, der du bis über die Ohren in deiner Wissenschaft steckst: Deine Wissenschaft kann mir die Existenz teuflischer Kräfte nicht wegleugnen. Meine Mutter, die heilige Kirche, hat ihre Priester viele Jahre lang täglich an den Stufen des Altares zum heiligen Michael beten lassen "contra nequitiam et insidias diaboli" – wider die Bosheit und Nachstellungen des Teufels. Dieses Gebet bleibt noch immer eine wertvolle Frömmigkeitsübung.

751 Der Himmel: "Kein Auge hat gesehen, kein Ohr gehört, in keines Menschen Herz ist es gedrungen, was Gott denen bereitet hat, die Ihn lieben."
Treiben dich diese Verheißungen des Apostels nicht an zu kämpfen?

752 Immer. – Für immer! – Abgegriffene Worte durch das menschliche Trachten, das Angenehme zu verlängern und zu verewigen.
Verlogene Worte für eine Welt, in der alles aufhört.

753 Alles hier ist beständiges Zu–Ende–Gehen: kaum hat ein Vergnügen begonnen, ist es schon zu Ende.

 «    DER WILLE GOTTES    » 

754 Dies ist der Schlüssel, um die Tür zu öffnen und in das Himmelreich einzugehen: "Qui facit voluntatem Patris mei qui in coelis est, ipse intrabit in regnum coelorum." Wer den Willen meines Vaters tut…, der wird eintreten!

755 Davon, daß du und ich so handeln, wie Gott will, hängen viele große Dinge ab. Vergiß das nicht.

756 Wir sind Steine, Quader, die sich bewegen, die fühlen und die einen ganz und gar freien Willen haben.
Gott ist der Steinmetz, der uns die harten Kanten abschleift, der uns nach seinem Wunsche formt, mit Hammer und Meißel.
Wir wollen Ihm nicht ausweichen, uns seinem Willen nicht entziehen, denn verhindern können wir die Schläge auf keinen Fall. – Wir würden nur noch mehr und sinnlos leiden und an Stelle eines behauenen und für den Bau geeigneten Steines einen Haufen Schotter abgeben, über den die Leute verächtlich hinweggehen.

757 Ertragen? … Sich fügen? … Den Willen Gottes lieben!

758 Sich dem Willen Gottes ohne Vorbehalte anheimgeben, bringt zwangsläufig Frieden und Freude, das Glück des Kreuzes. – Dann stellt man fest, daß das Joch Christi sanft und seine Bürde leicht ist.

759 Friede, Friede! sagst du mir. – Der Friede ist… für die Menschen "guten" Willens.

760 Eine Überlegung, die Frieden bringt und die der Heilige Geist denen an die Hand gibt, die den willen Gottes lieben: "Dominus regit me, et nihil mihi deerit." Der Herr ist mein Hirt, nichts kann mir fehlen.
Was kann einen Menschen beunruhigen, der diese Worte aus tiefem Herzen spricht?

761 Freier Mensch, unterwirf dich zu freiwilligem Dienst, damit Jesus von dir nicht sagen muß, was Er der heiligen Theresia von anderen gesagt haben soll: "Theresia, ich wollte…, aber die Menschen haben nicht gewollt."

762 Akt des Einswerdens mit dem Willen Gottes: Du willst es, Herr? … Dann will ich es auch!

763 Zögere nicht, laß aus dem Herzen ein "fiat" – es geschehe! zu den Lippen aufsteigen als Krönung deines Opfers.

764 Je näher ein Apostel Gott ist, um so offener für alles wird er: sein Herz weitet sich, damit alle und alles in den Wunsch einbezogen werden, Jesus das All zu Füßen zu legen.

765 Lieber wollte ich Deinen Willen erfüllen, mein Gott, als die Herrlichkeit selbst zu erlangen, ohne ihn zu erfüllen, wenn solch ein Widersinn möglich wäre.

766 Sich dem Willen Gottes hingeben, ist das Geheimnis, auf der Erde glücklich zu werden. – Sprich also: "Meus cibus est, ut faciam voluntatem eius", meine Speise ist es, den Willen Gottes zu tun.

767 Diese Hingabe ist genau die Bedingung, die du brauchst, um in Zukunft den Frieden nicht zu verlieren.

768 Das "gaudium cum pace", die Freude und der Friede, sind die sicheren und die köstlichen Früchte deiner Hingabe.

769 Loslösung bedeutet nicht Teilnahmslosigkeit. Jesus nahm Anteil.

770 Du bist nicht weniger glücklich, ob es nun fehlt oder ob es im Überfluß da ist.

771 Gott erhebt diejenigen, die seinen Willen erfüllen, in der gleichen Sache, durch die Er sie demütigte.

772 Frage dich viele Male am Tage: Tu ich in diesem Augenblick, was ich tun muß?

773 Jesus, was Du auch "willst" …, ich liebe es.

774 Stufen: sich in den Willen Gottes fügen, dem Willen Gottes zustimmen, den Willen Gottes wollen, den Willen Gottes lieben.

775 Herr, wenn es Dein Wille ist, dann mache aus meinem armen Fleisch einen Gekreuzigten.

776 Verfalle nicht in den Trugschluß zu denken: wenn dieses oder Jenes so oder so in Ordnung kommt, werde ich meinem Gott gegenüber sehr großzügig sein.
Vielleicht rechnet Jesus auf deine vorbehaltlose Großzügigkeit, um die Dinge besser zu fügen, als du dir vorstellen kannst?
Fester Vorsatz, selbstverständlicher Schluß: Jeden Augenblick jeden Tages will ich versuchen, den Willen Gottes großzügig zu erfüllen.

777 Dein eigener Wille, dein eigenes Urteil: die sind es, die dich beunruhigen.

778 Eine Sache von Sekunden… Denke, ehe du irgendeine Sache anpackst: Was will Gott in dieser Angelegenheit von mir ?
Und dann tu es mit der Gnade Gottes!

 «    DIE VERHERRLICHUNG GOTTES    » 

779 Es ist gut, Gott zu verherrlichen, ohne sich von dieser Herrlichkeit etwas vorwegzunehmen (Frau, Kinder, Ehren…), die wir in der Fülle mit Ihm im ewigen Leben genießen werden…
Überdies, Er ist großzügig… Er gibt hundert für eins, das stimmt sogar im Hinblick auf Kinder. – Viele verzichten auf sie um seiner Herrlichkeit willen und haben tausende Kinder im Geiste. – Kinder, wie wir Kinder unseres Vaters sind, der im Himmel wohnt.

780 "Deo omnis gloria". Gott alle Ehre. – Das ist das volle Eingeständnis unseres Nichts–Seins. Er, Jesus, ist alles. Wir, ohne Ihn, sind nichts wert, nichts.
Unser Eigenruhm wäre dies: eitler Ruhm, eine Beraubung Gottes. Das "Ich" darf nirgends erscheinen.

781 "Ohne mich könnt ihr nichts tun", sagt der Herr. –Er sagt es, damit du und ich uns keine Erfolge zuschreiben, die Ihm gehören. – "Sine me, nihil!"…

782 Wie wagst du es, diesen Funken göttlichen Verstandes, deine Vernunft, für etwas anderes als die Verherrlichung Gottes zu gebrauchen?

783 Wenn das Leben nicht zur Verherrlichung Gottes da wäre, dann müßte man es verachten, mehr noch, es verabscheuen.

784 Gib Gott die "ganze" Ehre. – "Presse" mit deinem Willen und dem Beistand der Gnade eine jede deiner Handlungen bis auf den letzten Tropfen aus, damit nichts darin verbleibt, das nach menschlichem Hochmut und nach Selbstgefälligkeit aussieht.

785 "Deus meus es tu, et confitebor tibi: Deus meus es tu, et exaltabo te. " Du bist mein Gott, Dich bekenne ich. Du bist mein Gott, Dich verherrliche ich.
Ein schönes Programm… für einen Apostel deines Zuschnitts.

786 Daß kein anderes Band dich an die Erde binde als der wahrhaft göttliche Wunsch, Christus zu verherrlichen, und durch Ihn und mit Ihm und in Ihm den Vater und den Heiligen Geist.

787 Läutere deine Absicht, läutere sie. – Was für ein Trauerspiel, wenn deine Überwindung fruchtlos bliebe, weil du aus menschlichen Beweggründen gehandelt hast!

788 Lautere Absicht. – Die Verlockungen des Hochmuts und die Begierde des Fleisches erkennst du sogleich. ..und kämpfst und siegst mit der Hilfe der Gnade. Dennoch scheinen dir die Motive, die dich selbst in den bestgemeinten Handlungen bewegen, nicht klar zu sein… Du vernimmst eine Stimme im Inneren, die dir menschliche Beweggründe nennt, mit solcher Raffinesse, daß in deiner Seele der beunruhigende Gedanke aufkommt, du handeltest nicht so, wie du solltest – aus reiner Liebe, um Gott und nur Gott zu verherrlichen.
Reagiere jedesmal sofort und sprich: "Herr, für mich will ich nichts. – Alles zu Deiner Verherrlichung und aus Liebe."

789 Zweifellos hast du deine Absicht gut geläutert, als du sagtest: Von jetzt ab verzichte ich auf jede menschliche Dankbarkeit und Anerkennung.

 «    MENSCHEN GEWINNEN    » 

790 Habt ihr nicht manchmal gute Lust, den jungen Menschen um euch herum zuzurufen: Dummköpfe, jetzt laßt doch einmal diesen weltlichen Kram beiseite! Er macht euch das Herz eng… Oft erniedrigt er es… Laßt das und folgt mit uns den Spuren der Liebe?

791 Du "vibrierst" nicht. – Das ist der Grund, warum du nur so wenige mitreißt. – Es sieht so aus, als ob du wenig überzeugt wärest von dem, was du gewinnst, wenn du um Christi willen auf diese Dinge der Erde verzichtest.
Vergleiche doch: hundert für eins und das ewige Leben! Scheint dir das ein schlechtes "Geschäft" ?

792 "Duc in altum". Ins offene Meer! – Wirf deinen Pessimismus über Bord, der dich feige macht. "Et laxate retia vestra in capturam." Wirf deine Netze zum Fang aus.
Du kannst doch genau wie Petrus sagen: "In nomine tuo, laxabo rete." Jesus, in Deinem Namen will ich Menschen fischen.

793 Menschen gewinnen. – Das ist das sichere Zeichen echten Eifers.

794 Säen. Ein Sämann ging aus… Säe breitwürfig, apostolischer Mensch. – Der Wind der Gnade wird dein Saatgut mitnehmen, wenn der Boden, auf den es fällt, seiner nicht wert ist… Säe aus und sei sicher, daß der Keim Wurzeln schlagen und Frucht tragen wird.

795 Mit gutem Beispiel sät man guten Samen; die Nächstenliebe aber verpflichtet alle zur Saat.

796 Klein ist deine Liebe, wenn du nicht alle Menschen retten willst. – Und arm ist deine Liebe, wenn du nicht aus tiefster Seele wünschst, andere Apostel mit deiner Verrücktheit anzustecken.

797 Du weißt, daß dein Weg nicht klar ist. – Und daß er es nicht ist, weil du im Dunkeln tappst, wenn du Jesus nicht dichtauf folgst. – Auf was wartest du noch, um dich zu entscheiden?

798 Gründe? … Welche Gründe mag der arme Ignatius dem überlegenen Franz Xaver genannt haben?

799 Was dich wundert, scheint mir ganz natürlich. Daß Gott dich beim Ausüben deines Berufes aufgesucht hat?
So suchte Er die Ersten auf: Petrus, Andreas, Johannes, Jakobus bei ihren Netzen. Matthäus an der Zollstelle. .. Und, staune! Paulus mitten in seinen Bemühungen, die Saat der Christen auszurotten.

800 Die Ernte ist groß, und der Arbeiter sind wenige. – "Rogate ergo!" Bittet also den Herrn der Ernte, daß Er Arbeiter in seinen Weinberg sende.
Das Gebet ist das wirksamste Mittel, Menschen zu gewinnen.

801 Die Welt hallt noch wider von dem göttlichen Ruf: "Feuer auf die Erde zu werfen, bin ich gekommen, und wie wünschte ich, daß es schon brenne." – Und du siehst doch: fast überall ist es erloschen…
Willst du dich nicht aufmachen, den Brand überall auszubreiten?

802 Du möchtest diesen gelehrten Menschen für dein Apostolat gewinnen, und jenen mächtigen und jenen erfahrenen und tugendhaften.
Bete, opfere, und wirke auf sie ein durch dein Beispiel und dein Wort. – Sie kommen nicht! – Verliere deshalb nicht den Frieden: es ist, weil sie nicht nötig sind.
Glaubst du, es habe nicht auch Zeitgenossen des Petrus gegeben, die gelehrt und mächtig und erfahren und tugendhaft waren, außerhalb des Apostolates der ersten Zwölf?

803 Es wurde mir gesagt, du hättest die Gabe, das Geschick, Menschen auf deinen Weg zu ziehen.
Danke Gott für dieses Geschenk: Werkzeug zu sein, um Werkzeuge zu suchen!

804 Hilf mir rufen: Jesus, Menschen! … Apostolische Menschen! Für Dich, für Deine Verherrlichung. Du wirst sehen, daß Er uns schließlich erhört.

805 Sage mir: gibt es dort nicht einen… oder zwei, die uns gut begreifen können?

806 Sage dem da, ich brauche fünfzig Menschen, die Jesus Christus über alles lieben.

807 Du erzählst mir von deinem Freund, daß er häufig die Sakramente empfange, ein sauberes Leben führe und ein tüchtiger Student sei. – Aber er geht nicht darauf ein. So oft du ihm vom Opfer und vom Apostolat sprichst, wird er traurig und läuft weg.
Sorge dich nicht. – Das ist kein Mißerfolg deiner Bemühungen. Das ist Wort für Wort die Begebenheit, die der Evangelist beschreibt: " Wenn du vollkommen sein willst, so geh hin und verkaufe deine Habe und gib sie den Armen" (Opfer) …, "dann komm und folge mir nach" (Apostolat). Der junge Mann "abiit tristis", ging auch traurig davon: er wollte nicht der Gnade entsprechen.

808 "Eine gute Nachricht: ein neuer Verrückter … für unsere Irrenanstalt." – Der Brief des "Fischers" ist ein einziger Jubel.
Möge Gott deine Netze mit Wirksamkeit füllen!

809 Menschen gewinnen. – Wen hungert es nicht, sein Apostolat zu verewigen?

810 Dieser Eifer, Menschen zu gewinnen, der dich ganz verzehrt, ist sicheres Zeichen deiner Hingabe.

811 Erinnerst du dich? – Du und ich, wir hielten unsere Betrachtung gemeinsam, während der Tag sich neigte. – In der Nähe rauschte ein Fluß. Und in der Stille der kastilischen Stadt vernahmen wir verschiedene Stimmen in vielen Sprachen, die voller Not klagten, daß sie noch nichts von Christus wissen.
Ohne Scheu küßtest du den Gekreuzigten und batest Ihn, Apostel von Aposteln zu sein.

812 Ich kann verstehen, daß du deine Heimat und die Deinen sehr liebst und trotz deiner Bindungen voller Ungeduld auf den Augenblick wartest, da du Länder und Meere durchqueren kannst – weit hinauszugehen! – weil der Eifer um die Ernte dich wachhält.

 «    KLEINE DINGE    » 

813 Tut das alles aus Liebe. – Dann gibt es keine kleinen Dinge mehr: alles wird groß. – Beharrlichkeit in den kleinen Dingen, aus Liebe, ist Heroismus.

814 Eine Kleinigkeit, aus Liebe getan, wie wertvoll ist das!

815 Du willst wirklich heilig werden ? – Erfülle die kleine Pflicht jeden Augenblicks! Tu das, was du sollst, und sei ganz in dem, was du tust.

816 Du hast den Weg verfehlt, wenn du die Kleinigkeiten geringschätzt.

817 Die "große" Heiligkeit besteht im Erfüllen der "kleinen Pflichten" jeden Augenblicks.

818 Die großen Seelen achten sehr auf die kleinen Dinge.

819 Weil du "in pauca fidelis", treu im Geringen warst, gehe ein in die Freude deines Herrn. – Das sind Worte Christi. – "In pauca fidelis!…" – Willst du die kleinen Dinge geringschätzen, wenn denen, die sie beachten, die Herrlichkeit versprochen ist?

820 Urteile nicht nach der Unscheinbarkeit des Anfangs: man machte mich einmal darauf aufmerksam, daß die Samen der Gräser, die nur ein Jahr leben, sich in der Größe nicht von denen unterscheiden, die hundertjährige Bäume hervorbringen.

821 Beachte gut, daß alles Große auf der Erde klein angefangen hat. – Was groß geboren wird, ist monströs und geht zugrunde.

822 Du sagst mir: Wenn sich die Gelegenheit bietet, etwas Großes zu tun… dann! – Dann? Willst du dir und mir allen Ernstes weismachen, du könntest in der übernatürlichen Olympiade ohne tägliche Vorbereitung und ohne Training siegen?

823 Hast du gesehen, wie sie jenen mächtigen Bau errichteten? – Ein Stein, und noch einer. Tausende.
Aber einer nach dem anderen. – Und Säcke Zement, einer nach dem anderen. Und Steinquader, die im Verhältnis zur gesamten Masse wenig ausmachen. – Und Eisenteile. – Und Arbeiter, die Tag für Tag die gleichen Stunden arbeiten.
Hast du gesehen, wie sie den mächtigen Bau schufen? … – Mit lauter kleinen Dingen!

824 Hast du nicht bemerkt, wie die menschliche Liebe in lauter "Kleinigkeiten" besteht? – Auch die göttliche Liebe besteht in "Kleinigkeiten".

825 Halte an der exakten Erfüllung der gegenwärtigen Pflichten fest. – Diese demütige, eintönige, geringfügige Arbeit ist Gebet, das sich in Werken niederschlägt. Dieses Gebet bereitet dich auf die andere, große, weite und tiefe Arbeit vor, von der du träumst.

826 All unser armseliges menschliches Tun, selbst die Heiligkeit, ist ein Gewebe aus Geringfügigkeiten, die je nach der Lauterkeit der Absicht einen herrlichen Teppich aus Heldentum oder aus Niedrigkeit, aus Tugend oder aus Sünden bilden.
Die Heldensagen fügen den Berichten über die gewaltigen Abenteuer stets Kleinigkeiten aus dem Alltagsleben des Helden bei. – Wolltest du doch unbeirrt die kleinen Dinge hochhalten!

827 Hast du einmal in Ruhe bedacht, welch riesige Summe sich aus vielen Kleinigkeiten ergeben kann?

828 Die Erfahrung ist hart gewesen, vergiß diese Lektion nicht. – Deine jetzigen großen Feigheiten sind eindeutig auf deine vielen alltäglichen kleinen Feigheiten zurückzuführen.
"Du konntest nicht" im Großen siegen, "weil du nicht willens warst", in den kleinen Dingen Sieger zu bleiben.

829 Hast du nicht Jesu Augen aufleuchten sehen, als die arme Witwe im Tempel ihr Scherflein gab?
Gib du Ihm, was du kannst: das Verdienst liegt nicht im Mehr oder Weniger , sondern in der Gesinnung, mit der du gibst.

830 Rege dich nicht auf; natürlich bist du bestenfalls eine kleine Schraube in diesem großen Unternehmen Christi.
Aber weißt du nicht, was passieren kann, wenn die Schraube nicht fest angezogen ist und herausspringt? Größere Teile können sich lockern und Zahnräder abgeschliffen herausfallen.
Der Gang ist gestört. Vielleicht wird die ganze Maschine unbrauchbar .
Was für eine große Sache ist es, eine kleine Schraube zu sein!

 «    TAKTIK    » 

831 Du bist für deine Umgebung, Apostel, ein Stein, der in den See fällt. – Löse du mit deinem Beispiel und Wort einen Kreis aus. Dieser erzeugt einen neuen, dieser wieder einen und wieder einen… Jeder wird größer als der vorhergehende.
Begreifst du jetzt die Größe deiner Sendung?

832 Welche Sucht in der Welt, von seinem Platz wegzukommen! – Was würde geschehen, wenn jeder Knochen und Muskel des menschlichen Körpers einen anderen Platz einnehmen wollte als den, der ihm zukommt?
Das ist der eigentliche Grund für das Unbehagen der Welt. Harre aus an deiner Stelle, mein Kind: wieviel kannst du von dort aus für die Verwirklichung des Königtums unseres Herrn tun!

833 Führender Mann sein! … Vermännliche deinen Willen, damit Gott dich zu einem Führenden macht. Siehst du nicht, wie die gottfeindlichen Geheimbünde vorgehen? Nie haben sie die Massen erobert. – In ihren Zentren bilden sie einen Kader teuflischer Menschen heran, welche die Menge aufrühren und aufwiegeln und ihr den Kopf verdrehen, um sie hinter sich zu bringen und in den Abgrund der Unordnung zu führen…, in die Hölle. – Sie bringen eine Saat des Fluches.
Wenn du nur willst…, dann bringst du das Wort Gottes, das tausend und abertausendmal gesegnet ist und nie fehlgehen kann. Wenn du nur großzügig bist…, wenn du nur deiner eigenen Heiligung treu bist, wirst du die der anderen bewirken: das Königtum Christi: "Omnes cum Petro ad lesum per Mariam."

834 Gibt es eine größere Torheit, als den goldenen Weizen mit weitem Wurf auszustreuen auf die Erde, damit er dort verfaule? – Ohne diese Torheit gäbe es keine Ernte.
Kind: wie steht es mit deiner Großmut?

835 Leuchten wie ein Stern …, Sehnsucht nach den Höhen und dem strahlenden Glanz des Himmels ?
Besser: brennen wie eine Fackel, im Verborgenen, alles in Brand stecken, was du berührst. – Das ist dein Apostolat: dazu bist du auf der Erde.

836 Dem Feind als Sprachrohr dienen ist eine ausgemachte Idiotie; wenn der Feind ein Feind Gottes ist, eine große Sünde dazu. – Deshalb werde ich auf beruflichem Gebiet niemals die Wissenschaft derer loben, die sie als Plattform benutzen, um die Kirche Gottes anzugreifen.

837 Hetzen, hetzen! … Schaffen, schaffen! … Fieberhafte Tätigkeit… Wunderbauten der Technik …
Übernatürlich gesehen: Attrappen, Pappmache, bunte Kulissen… Hetzen! Schaffen! – Die Leute rennen: kommen und gehen.
Weil sie bei ihrer Arbeit nur auf den gegenwärtigen Augenblick sehen: sie leben nur dem Jetzt. – Du aber solltest die Dinge unter dem Gesichtswinkel der Ewigkeit sehen, das Ziel und die Vergangenheit gegenwärtig haben…
Ruhe. – Friede. – Intensives Leben in deinem Innern. Ohne Hetzen, ohne die Sucht, den Platz zu wechseln. – Wie vielen könntest du von deinem dir zukommenden Platz aus, als ein mächtiger Generator geistiger Elektrizität, Licht und Energie spenden! …, ohne selber Kraft und Licht einzubüßen.

838 Du solltest keine Feinde haben. – Du solltest nur Freunde haben. Freunde… zur Rechten, wenn sie dir Gutes getan haben oder tun wollten, und… zur Linken, wenn sie dir geschadet haben oder dir schaden wollten.

839 Erzähle nicht von "deinem" Apostolat, es sei denn zum Nutzen des Nächsten.

840 Eure Lebensweise soll verborgen bleiben wie die Lebensweise Jesu in den dreißig Jahren.

841 Joseph von Arimathäa und Nikodemus suchen Jesus in den normalen Zeiten und in den Zeiten des Triumphes heimlich auf.
Zur Zeit der Feigheit aber zeigen sie Mut und bezeugen gegenüber der Obrigkeit ihre Liebe zu Christus, "audacter" – voller Kühnheit. – Lerne daraus.

842 Macht euch nichts daraus, wenn sie euch an euren Werken "erkennen". – Das ist der Wohlgeruch Christi. – Darüber hinaus, wenn ihr immer ausschließlich für Ihn arbeitet, sollt ihr euch darüber freuen, daß die Worte der Schrift in Erfüllung gehen: "Damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen."

843 "Non manifeste, sed quasi in occulto", nicht öffentlich, sondern insgeheim: so geht Jesus zum Laubhüttenfest.
So wird Er den Weg nach Emmaus mit Kleophas und seinem Begleiter gehen. – So sieht Ihn Maria Magdalena als Auferstandenen.
Und so erschien Er zum wunderbaren Fischfang, von dem uns Johannes berichtet: "Non tamen cognoverunt discipuli quia Iesus est", die Jünger erkannten nicht, daß Er es war. Noch verborgener, aus Liebe zu den Menschen, ist Er in der Hostie.

844 Großartige Gebäude errichten? … Prächtige Paläste bauen? … Sollen sie errichten…, sollen sie bauen…
Seelen! – Seelen lebendig machen… Für diese Gebäude … und für diese Paläste!
Was für herrliche Häuser errichten sie uns!

845 Ich mußte sehr lachen und wurde zugleich nachdenklich, als du mir diese Binsenwahrheit sagtest: Ich zäume das Pferd nicht beim Schwanze auf.

846 Einverstanden, du leistest bessere Arbeit im vertraulichen Gespräch und in der Aussprache unter vier Augen, als wenn du öffentliche Reden – die große Schau! – vor tausenden Zuhörern hältst.
Trotzdem, wenn geredet sein muß, rede.

847 Die Anstrengungen eines jeden einzelnen von euch bleiben, für sich allein, unwirksam. – Wenn euch aber die Liebe Christi miteinander verbindet, wird euch die Wirksamkeit in Erstaunen setzen.

848 Du willst Märtyrer werden. – Ich will dir ein Martyrium in deiner Reichweite zeigen: Apostel sein und dich nicht Apostel nennen; Missionar mit Sendung sein und nicht Missionar heißen; Mensch Gottes sein und als Mensch der Welt erscheinen: verborgen bleiben!

849 Mensch! Mache ihn lächerlich. – Sag ihm, daß seine Einstellung veraltet ist: es ist kaum zu glauben, daß es noch Leute gibt, die sich in die Meinung verbohrt haben, die Postkutsche sei das beste Verkehrsmittel.
Das gilt für jene, die das Zeitalter Voltaires mit den gepuderten Perücken erneuern wollen oder den überholten Liberalismus des 19. Jahrhunderts.

850 Was für Unterhaltungen ! Wie gemein und… wie ekelhaft! Und du mußt mit ihnen im Büro, in der Universität, im Operationssaal in der Welt – zusammenleben.
Bittest du sie, sie möchten den Mund halten, machen sie sich über dich lustig. – Machst du ein ärgerliches Gesicht, bleiben sie erst recht dabei. – Gehst du, machen sie weiter .
Zu tun ist folgendes: erstens, sie Gott empfehlen und Sühne leisten. Dann, ihnen männlich die Stirn bieten und das "Apostolat der scharfen Zunge" ausüben. – Wenn wir uns treffen, werde ich dir eine ganze Sammlung passender Ausdrücke ins Ohr flüstern.

851 Leiten wir die "providentiellen Torheiten" der Jugend in die richtigen Bahnen.

 «    GEISTLICHE KINDSCHAFT    » 

852 Bemühe dich, den "Weg der geistlichen Kindschaft" kennenzulernen; aber "zwinge" dich nicht, diesem Weg zu folgen. – Laß den Heiligen Geist wirken.

853 Weg der Kindschaft. – Sich überlassen. – Geistliches Kindsein. – Dies alles ist nicht läppisch, sondern starkes und festes christliches Leben.

854 Im geistlichen Leben der Kindschaft sind die Worte und Taten der "Kinder" niemals Kindereien oder Albernheiten.

855 Die geistliche Kindschaft ist nicht frommes Getue noch "Rührseligkeit": sie ist ein kluger und kraftvoller Weg, den die Seele wegen seiner schwierigen Leichtigkeit nur beginnen und weitergehen kann, wenn Gott sie an der Hand führt.

856 Die geistliche Kindschaft fordert die Unterwerfung des Verstandes. Das ist schwerer als die Unterwerfung des Willens. – Um den Verstand zu unterwerfen, bedarf es neben der Gnade Gottes einer beständigen Schulung des Willens, der nein sagt, so wie er dem Fleische nein sagt einmal und noch einmal und dauernd. Man kommt zu dem paradoxen Schluß, daß, wer dem "kleinen Weg der Kindschaft" folgt, seinen Willen stärken und vermännlichen muß, um Kind zu werden.

857 Klein sein: die großen Kühnheiten werden immer von Kindern vollbracht. – Wer bittet um … den Mond? ––Wer nimmt alle Gefahren auf sich, um seine Wünsche erfüllt zu sehen ?
Denkt euch so ein Kind mit viel Gnade Gottes mit dem Wunsch, Seinen Willen zu erfüllen, voller Liebe zu Jesus, mit allem menschlichen Wissen, das es in sich aufzunehmen vermag. .., dann habt ihr das Bild des Apostels von heute wie Gott ihn zweifellos will.

858 Sei Kind. – Noch mehr Kind. – Aber komme mir nicht in die "Pubertätsjahre": kannst du dir etwas Lächerlicheres vorstellen als einen Jüngling, der den Mann spielen will, oder einen Mann mit kindischem Gehabe? Vor Gott ein Kind. Und deshalb durch und durch Mann in allem übrigen. – Noch etwas: gib diese Angewohnheiten eines Schoßhündchens auf.

859 Manchmal sind wir aufgelegt, kleine Kindereien zu begehen. – Das sind kleine Wunderwerke in den Augen Gottes. Sie sind fruchtbar, solange sich keine Routine einschleicht; denn die Liebe ist immer fruchtbar.

860 Vor Gott, dem Ewigen, bist du ein noch kleineres Kind als ein zweijähriges vor dir.
Du bist nicht nur Kind, du bist Sohn Gottes. – Vergiß das nicht.

861 Kind, schüre in dir den Wunsch, für die Ungeheuerlichkeiten deines Erwachsenseins Sühne zu leisten.

862 Du dummes Kind: an dem Tag, da du deinem geistlichen Leiter etwas über deine Seele verbirgst, hörst du auf, ein Kind zu sein, denn du hast dein einfaches Wesen verloren.

863 Wenn du wirklich ein Kind bist, bist du allmächtig.

864 Als Kinder habt ihr keinen Kummer. Kinder vergessen im Nu die unangenehmen Dinge und wenden sich wieder ihren gewohnten Spielen zu. – Deshalb braucht ihr euch um nichts zu sorgen, wenn ihr euch Ihm überlassen habt; denn ihr ruht im Vater.

865 Kind, opfere Ihm jeden Tag… sogar deine Schwächen.

866 Gutes Kind, opfere Ihm die Mühen jener Arbeiter , die Ihn nicht kennen; opfere Ihm die natürliche Fröhlichkeit jener armen Kleinen, denen unser Glaube in der Schule vorenthalten wird.

867 Kinder nennen nichts ihr eigen, alles gehört ihren Eltern… Dein himmlischer Vater weiß sehr wohl, wie Er dein Erbteil zu verwalten hat.

868 Sei klein, sehr. klein. – Sei nicht älter als zwei, höchstens drei Jahre. – Größere Kinder sind schon Spitzbuben, die ihre Eltern mit den unwahrscheinlichsten Lügen täuschen wollen.
Sie haben schon die Bosheit, den Keim der Sünde aber es fehlt ihnen die Erfahrung des Bösen. Diese Erfahrung wird sie die Kunst der Sünde lehren, unter dem Anschein der Wahrheit das Falsche ihrer Betrügereien zu verbergen.
Sie haben die Einfachheit verloren, und Einfachheit ist unerläßlich, um Kind zu sein vor Gott.

869 Aber Kind! Warum willst du unbedingt auf Stelzen gehen?

870 Suche nicht, ein Erwachsener zu sein. – Kind, immer Kind, auch wenn du vor Alter umfällst.
Wenn ein Kind stolpert und hinfällt, so wundert das niemanden. ..: sein Vater wird sich beeilen, es wieder aufzuheben. Fällt aber ein Erwachsener, so ist die erste Regung das Lachen. – Manchmal, wenn dieser erste Impuls vorüber ist, macht das Lachen dem Mitleid Platz. – Aber Erwachsene müssen selber aufstehen.
Deine traurige Erfahrung jeden Tages ist voller Straucheln und Stürzen. Was sollte aus dir werden, wenn du nicht jedesmal mehr Kind wärest?
Suche nicht, ein Erwachsener zu sein. – Sei Kind, damit dich die Hand deines Vaters Gott aufhebt, wenn du strauchelst.

871 Kind, sich überlassen erfordert Fügsamkeit.

872 Denke immer daran, daß der Herr eine Vorliebe für Kinder hat und für solche, die werden wie Kinder.

873 Paradoxe einer kindlichen Seele. – Wenn Jesus dir Ereignisse schickt und die Welt nennt sie gut, dann weine in deinem Herzen und betrachte seine Güte und deine eigene Schlechtigkeit. Wenn Jesus dir Ereignisse schickt und die Leute halten sie für schlecht, dann freue dich in deinem Herzen, weil Er dir immer das Richtige gibt und jetzt die Stunde gekommen ist, das Kreuz zu lieben.

874 Kühnes Kind, rufe: Welche Liebe der Theresia von Avila! – Welcher Eifer des Franz Xaver! – Was für ein bewundernswerter Mann, der heilige Paulus! – Ach, Jesus, ich… liebe Dich mehr als Paulus, Xaver und Theresia!

 «    LEBEN DER KINDSCHAFT    » 

875 Denke daran, dummes Kind, daß die Liebe dich allmächtig gemacht hat.

876 Kind, gib deine liebevolle Angewohnheit, Tabernakel zu "bestürmen", nicht auf.

877 Wenn ich dich "gutes Kind" nenne, so glaube nicht, du erschienest mir schüchtern und verzagt.
– Wenn du nicht mannhaft und… normal bist, dann bist du statt eines Apostels eine Karikatur, über die man lacht.

878 Gutes Kind, sage viele Male am Tag zu Jesus: Ich liebe Dich, Ich liebe Dich, ich liebe Dich…

879 Wenn deine Erbärmlichkeiten dir zusetzen, werde ja nicht traurig. – Rühme dich deiner Schwachheiten wie der heilige Paulus; denn den Kindern steht es zu die Großen nachzuahmen, ohne daß sie sich dabei lächerlich machen.

880 Daß doch deine Fehler und Unvollkommenheiten selbst deine schweren Stürze, dich nicht von Gott trennen. – Ein schwaches Kind hält sich, wenn es klug ist, dicht an seinen Vater.

881 Sorge dich nicht, wenn du bei der Erledigung der kleinen Dinge, die Er von dir verlangt, ärgerlich wirst. – Mit der Zeit wirst du lernen zu lächeln…
Siehst du nicht, wie ungern ein einfaches Kind seinem Vater, der es auf die Probe stellt, die Süßigkeit gibt, die es in der Hand hält? – Aber es gibt sie ab: die Liebe hat gesiegt.

882 Wenn du die Dinge gut, besonders gut machen willst, machst du sie nur noch schlechter. – Sei Jesus gegenüber demütig und sage Ihm: Siehst Du, wie schlecht ich alles mache? – Und wenn Du mir nicht sehr hilfst, werde ich es noch schlechter machen!
Habe Mitleid mit Deinem Kind. Ich möchte so gern jeden Tag eine herrliche Seite im Tagebuch meines Lebens schreiben… Aber ich bin so täppisch, daß an Stelle sauberer Buchstaben nur Gekritzel und Gekleckse herauskommt, das man niemandem zeigen kann, wenn mir der Meister nicht die Hand führt.
Von jetzt ab, Jesus, werden wir immer zusammen schreiben.

883 Ich sehe meine große Ungeschicklichkeit, Geliebter. Sie ist so groß, daß ich sogar weh tue, wenn ich streicheln will. – Mache meine Seele mild; gib mir, bitte, gib mir, daß ich mich mitten im harten männlichen Leben der Kindschaft fein und zärtlich und herzlich verhalte, wie ein Kind seinen Eltern gegenüber .

884 Du bist voller Erbärmlichkeiten. – Jeden Tag siehst du sie deutlicher. – Aber sie sollen dich nicht erschrecken. – Er weiß gut, daß du nicht mehr Frucht bringen kannst.
Dein unfreiwilliges Hinfallen – das Hinfallen eines Kindes – bewirkt, daß dein Vater Gott nur noch mehr auf dich acht gibt und daß deine Mutter Maria dich nicht von der liebenden Hand läßt. Nütze das aus, und wenn der Herr dich Tag für Tag vom Boden aufhebt, dann umarme Ihn mit aller Kraft und lehn deinen armseligen Kopf an seine geöffnete Brust, damit die Schläge seines liebenden Herzens dich am Ende verrückt machen.

885 Ein Stich. – Noch einer. – Halte durch, Mann! Begreifst du nicht, daß du so sehr Kind bist, daß du in deinem Leben – auf deinem kleinen Weg nur solch kleine Kreuze aufopfern kannst?
Und bedenke: ein Kreuz aufs andere, ein Stich… und noch einer…, was für ein Berg!
Kind, am Ende hast du eine große Leistung vollbracht: zu lieben.

886 Wenn die Seele eines Kindes dem Herrn ihre Wünsche nach Vergebung vorträgt, soll sie sicher sein, daß diese Wünsche bald in Erfüllung gehen werden: Jesus wird aus der Seele den unreinen Niederschlag entfernen, den sie durch ihre vergangenen Erbärmlichkeiten mit sich herumschleppt. Er wird die toten Gewichte, die von all den Unreinheiten geblieben sind und die Seele am Boden festhalten, wegnehmen. Er wird das Kind von dem irdischen Ballast in seinem Herzen befreien, damit es aufsteigen kann bis zur Majestät Gottes, um in dem lebendigen Brand der Liebe aufzugehen, der Er ist.

887 In der Niedergeschlagenheit, die dein egoistisches Verhalten, deine Sünden, deine – vielleicht nur scheinbaren – Rückschritte in dir hervorrufen, hast du den Eindruck, du hättest etwas sehr Wertvolles (deine Heiligung) zerstört.
Sei unbesorgt; wende auf das übernatürliche Leben den sicheren Instinkt einfacher Kinder an, wenn sie einen solchen Konflikt lösen wollen.
Sie haben – fast immer aus Unachtsamkeit – einen Gegenstand zerbrochen, den der Vater sehr schätzte. Es tut ihnen leid, vielleicht weinen sie, aber, um ihr Herz auszuschütten, gehen sie zum Besitzer des Gegenstandes, der durch ihre Ungeschicklichkeit unbrauchbar geworden ist. Der Vater denkt nicht mehr an den Wert der zerstörten Sache – auch wenn er groß war – und vergibt nicht nur voller Zärtlichkeit, sondern tröstet und ermutigt das Kleine sogar. – Lerne daraus .

888 Daß euer Gebet männlich sei. – Kind sein heißt nicht weibisch sein.

889 Für den, der Jesus liebt, ist das Gebet, auch das Gebet in Trockenheit, der Balsam, der den Leiden immer ein Ende setzt. Die Seele verlangt nach dem Gebet wie das kleine Kind nach Zucker, wenn es eine bittere Arznei geschluckt hat.

890 Du bist beim Beten zerstreut. – Suche die Zerstreuungen zu vermeiden, aber beunruhige dich nicht, wenn du weiterhin zerstreut bist.
Siehst du nicht, wie im natürlichen Leben selbst die vernünftigen Kinder sich durch ihre Umgebung ablenken und unterhalten lassen, ohne darauf zu achten, was der Vater ihnen sagt? – Das bedeutet nicht unbedingt einen Mangel an Liebe oder Respekt, sondern das ist die den Kindern eigene Armseligkeit und Unbedachtsamkeit.
Sieh doch, vor Gott bist du ein Kind.

891 Wenn du die Betrachtung hältst, dann winke die unpassenden Gedanken vorbei, als wärest du Verkehrspolizist. Dafür hast du ja das energische Wollen, das deinem Leben als Kind entspricht. – Halte diese Gedanken aber auch manchmal an, um diejenigen im Gebet zu empfehlen, die dir so ungelegen eingefallen sind.
Los! Vorwärts …, weiter So, bis die Zeit um ist. – Auch wenn dir dem Gebet in dieser Form unnütz erscheint freue dich und sei gewiß, daß Jesus mit dir zufrieden ist.

892 Was für eine gute Sache, Kind zu sein! – Wenn ein Erwachsener um einen Gefallen bittet, muß er in dem Ersuchen auch seine Verdienste erwähnen.
Wenn aber ein Kind bittet – Kinder haben keine Verdienste vorzuweisen –, genügt es, wenn es sagt: Ich bin der Sohn des Herrn Soundso.
Sage aus tiefster Seele: O Herr, ich bin … ein Sohn Gottes !

893 Ausharren. – Ein Kind, das an eine Tür klopft, klopft einmal, klopft zweimal, klopft viele Male, … und laut und lange und unverschämt! Und wenn jemand wütend öffnet, so steht er entwaffnet. vor der Schlichtheit des ungelegenen Kindes. – So du bei Gott.

894 Hast du auf die Dankbarkeit von Kindern geachtet? – Ahme sie nach und sage wie sie zu Jesus für Angenehmes und Unangenehmes: "Wie gut Du bist. Wie gut!…".
Dieser Satz ist, tief empfunden, Weg der Kindschaft, der einen Frieden in sich birgt, meßbar und wägbar in Lachen und Weinen, unmeßbar und unwägbar in der Liebe.

895 Die Arbeit erschöpft dich; du kannst nicht beten. Du bist aber immer in der Gegenwart deines Vaters. – Wenn du nicht zu Ihm sprichst, wirf Ihm von Zeit zu Zeit einen Blick zu, wie ein kleines Kind… Und Er wird dir zulächeln.

896 Drängt sich bei der Danksagung nach der Kommunion unwillkürlich als erstes das Bitten auf deine Lippen. ..: Jesus, gib mir dies: Jesus, dieser Mensch: Jesus, diese Unternehmung? …
Sorge dich nicht und tu du keine Gewalt an; siehst du nicht, wie bei einem guten Vater und einem kleinen, einfachen und kühnen Kind das Kleine, auf der Suche nach Bonbons, seine Händchen in die Tasche des Vaters steckt, bevor es Ihm den Begrüßungskuß gibt? – Also …

897 Unser Wille ist, mit der Gnade, vor Gott allmächtig. – Wenn wir, angesichts so vieler Beleidigungen Gottes, Ihm mit entschiedenem Willen, zum Beispiel in der Straßenbahn, sagen: "Mein Gott, ich möchte so viele Akte der Liebe und Sühne verrichten wie die Räder dieses Wagens Umdrehungen machen", dann haben wir vor Jesus im seIben Augenblick wirklich geliebt und gesühnt, entsprechend unserem Willen.
Solche "Torheit" gehört auch zur geistlichen Kindschaft; es ist der ewige Dialog zwischen dem unschuldigen Kind und dem in sein Kind vernarrten Vater: Sag, wie viele Male liebst du mich?
Und das Kleine sagt Silbe für Silbe: " Vie–le Mil–li–o–nen Mal!"

898 Wenn du "Leben der Kindschaft" lebst, mußt du, weil du ein Kind bist, geistlich naschhaft sein. – Erinnere dich, wie deine Altersgefährten, an die Süßigkeiten, die deine Mutter aufbewahrt.
Und das viele Male am Tag. – Es ist Sache von Sekunden: Maria…, Jesus…, der Tabernakel…, die Kommunion…, die Liebe…, das Leiden…, die armen Seelen im Fegefeuer…, die streitende Kirche: der Papst, die Priester…, die Gläubigen…, deine Seele…, die Seelen der Deinen…, die Schutzengel…, die Sünder…

899 Wie hart kommt dich diese kleine Abtötung an! Du kämpfst. – Sie scheinen dir zu sagen: Warum mußt du dem Lebensplan, der Uhr, so treu sein? – Hast du gesehen, wie leicht man die Kinder über etwas hinwegtäuschen kann ? – Sie wollen die bittere Medizin nicht nehmen, aber man sagt ihnen: Komm! Dieses Löffelchen für den Papa, dieses für die Oma… und so weiter, bis sie die ganze Dosis geschluckt haben.
Genau so du: noch eine Viertelstunde Bußgürtel für die Seelen im Fegefeuer, noch fünf Minuten für deine Eltern, weitere fünf für deine Brüder im Apostolat… Bis die Zeit erfüllt ist, die dein Stundenplan dir angibt.
Wenn du deine Abtötung auf diese Weise machst, wie wertvoll ist sie dann!

900 Du bist nicht allein. – Trage die Drangsal mit Freude. – Armes Kind, du spürst in deiner Hand nicht die Hand deiner Mutter, das ist wahr. – Aber… hast du eine Mutter beobachtet, wie sie mit ausgebreiteten Armen ihrem Kleinen folgt, wenn es unsicher die ersten Schritte ohne fremde Hilfe wagt? – Du bist nicht allein: Maria ist dicht bei dir.

901 Jesus, niemals werde ich Dir, selbst wenn ich vor Liebe stürbe, die Gnade bezahlen können, die Du verschwendest, um mich klein zu machen.

 «    DER RUF    » 

902 Warum gibst du dich Gott nicht hin? Ein für allemal…, wirklich…, jetzt!

903 Wenn du deinen Weg klar siehst, dann folge ihm. – Warum Wirfst du nicht die Feigheit von dir die dich festhält?

904 "Geht, predigt das Evangelium… Ich bin bei euch…" – Das hat Jesus gesagt… und Er hat es dir gesagt.

905 Die – lobenswerte – Vaterlandsliebe bringt viele Leute dahin, aus Ihrem Leben einen Dienst, einen "Kriegsdienst" zu machen. – Vergiß mir nicht, daß auch Christus seinen "Kriegsdienst" hat und Leute, die zu seinem Dienst auserwählt sind.

906 "Et regni eius non erit finis". Seines Reiches wird kein Ende sein!
Freut es dich nicht, für ein solches Königreich zu arbeiten?

907 "Nesciebatis quia in his quae Patris mei sunt oportet me esse ?" Wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß, was meines Vaters ist?
Antwort des zwölfjährigen Jesus. Antwort an eine Mutter, wie seine Mutter es war, die Ihn seit drei Tagen sucht und Ihn verloren glaubt. – Antwort, die durch jene Worte Christi ergänzt wird, die der heilige Matthäus überliefert: "Wer seinen Vater und seine Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert."

908 Es ist allzu simpel, wenn du den Wert der apostolischen Unternehmungen danach bemißt, was man von ihnen sehen kann. – Bei diesem Maßstab müßtest du einen Doppelzentner Kohlen einer Handvoll Diamanten vorziehen.

909 Jetzt, da du dich hingegeben hast, bitte Ihn um ein neues Leben, um sein "Siegel": um die Echtheit deiner Sendung als Mann Gottes zu bekräftigen.

910 Dies, dein Ideal, deine Berufung, ist… ein Wahnsinn. – Und die andern, deine Freunde, deine Brüder, lauter Wahnsinnige…
Hast du diesen Schrei nicht manchmal tief in deinem Inneren vernommen? – Antworte entschieden, daß du Gott für die Ehre dankst, diesem "Irrenhaus" anzugehören.

911 Du schreibst mir: "Der große Wunsch, den wir alle haben, daß dies vorangehe und sich ausbreite, scheint sich in Ungeduld verwandeln zu wollen. Wann kommt der große Durchbruch, wann wird die Welt gewonnen sein?"
Und du fügst hinzu: "Der Wunsch wird nicht unnütz bleiben, wenn wir ein Ventil dafür suchen, indem wir den Herrn "zwingen" und bedrängen. Dann haben wir unsere Zeit im voraus gut genutzt."

912 Ich kann dein Leid gut verstehen, wenn du bei deiner notgedrungenen Untätigkeit die Größe der Aufgabe betrachtest, die noch bewältigt werden muß. – Die ganze Welt ist zu klein für dein Herz, aber es muß sich bescheiden… in einer alltäglichen Kleinarbeit.
Wozu denn sonst unser "fiat" ? …

913 Zweifle nicht: deine Berufung ist die größte Gnade, die der Herr dir erweisen konnte. – Danke dafür.

914 Die Menge tut einem leid. Die Hohen, die Niedrigen, die Mittleren – alle ohne Ideal! – Sie machen den Eindruck, als ob sie nicht wüßten, daß sie eine Seele haben. Sie sind wie… Rinderherden, Schafherden…, Schweineherden.
Jesus, mit der Hilfe Deiner erbarmenden Liebe wollen wir die Rinderherde in eine Legion verwandeln, die Schafherde in ein Heer…, und aus der Schweineherde wollen wir die herausholen, die nicht mehr unrein sein wollen.

915 Die Werke Gottes sind weder Hebel für Beziehungen noch Sprungbrett.

916 Herr, mache uns verrückt, mit jener ansteckenden Verrücktheit, die viele an Dein Apostolat heranführt.

917 "Nonne cor nostrum ardens erat in nobis, dum loqueretur in via?" Brannte nicht unser Herz in uns, als Er auf dem Wege zu uns redete?
Diese Worte der Emmausjünger müßten unwillkürlich, wenn du Apostel bist, von den Lippen deiner Berufskollegen kommen, nachdem sie dich auf dem Weg ihres Lebens getroffen haben.

918 Geh zum Apostolat, um alles zu geben und nichts Irdisches zu suchen.

919 Der Herr wollte dich als Apostel, und so erinnerte Er dich daran, damit du es nie vergißt, daß du "Sohn Gottes" bist.

920 Jeder einzelne von euch muß dafür sorgen, Apostel von Aposteln zu sein.

921 Apostolischer Mensch, du bist Salz. – "Bonum est sal", das Salz ist gut, liest man im Heiligen Evangelium; "si autem sal evanuerit", aber wenn das Salz schal wird…, ist es nichts mehr wert, weder für den Acker noch für den Dünger; man wirft es weg wie etwas Unnützes. Du bist Salz, apostolischer Mensch. – Aber wenn du schal wirst…

922 Mein Sohn, wenn du dein Apostolat liebst, dann kannst du sicher sein, daß du Gott liebst.

923 An dem Tag, da du dein Apostolat wirklich "fühlst", wird dieses Apostolat für dich zu einem Panzer werden, an dem die Waffen deiner irdischen und höllischen Feinde sich stumpf schlagen.

924 Bitte immer um deine Beharrlichkeit und um die deiner Gefährten im Apostolat; denn unser Widersacher, der Teufel, weiß genau, daß ihr seine großen Feinde seid… Wenn einer in euren Reihen fällt, wie freut er sich darüber!

925 So, wie es die Ordensleute der strengen Observanz zu wissen drängt, auf welche Weise die ersten ihres Ordens oder ihrer Kongregation lebten, um sich nach dieser Lebensführung zu richten, so sollst du als ganzer Christ das Leben der Jünger kennen und nachahmen, jener, die mit Petrus und Paulus und Johannes zusammen waren und fast noch Zeugen des Todes und der Auferstehung des Meisters wurden.

926 Du fragst mich…, und ich antworte dir: Die Vollkommenheit liegt für dich darin, an dem Platz, in dem Beruf und in der Stellung vollkommen zu leben, wohin Gott dich durch die Obrigkeit gestellt hat.

927 Betet füreinander. – Daß jener schwankt? Und jener andere auch? … Betet weiter, ohne den Frieden zu verlieren.
Daß sie gehen? Daß sie verschwinden? … Der Herr kennt eure Zahl seit aller Ewigkeit!

928 Du hast recht. – Vom Gipfel aus, so schreibst du mir, sieht man, so weit das Auge reicht, im Umkreis von vielen Kilometern, nichts von einer Ebene: hinter jedem Berg erscheint ein neuer. Und wo die Landschaft zu verschwimmen scheint, kommt eine neue Bergkette zum Vorschein, sobald sich der Nebel hebt.
So ist er und so soll er sein, der Horizont deines Apostolates: die Welt muß durchquert werden. Aber es gibt für euch keine gebahnten Wege … Ihr werdet sie wohl quer durchs Gebirge mit euren eigenen Füßen bahnen müssen.

 «    DER APOSTEL    » 

929 Das Kreuz auf deiner Brust? … Gut. Aber … das Kreuz auf deinen Schultern, das Kreuz in deinem Fleisch, das Kreuz in deinem Verstand. – Nur so lebst du für Christus, mit Christus und in Christus. Nur so bist du Apostel.

930 Apostel: zuerst du. – Der Herr sagt beim heiligen Matthäus: "Viele werden an jenem Gerichtstag zu mir sagen: Herr, Herr! Haben wir nicht in deinem Namen geweissagt und in deinem Namen Teufel ausgetrieben und viele Wunder gewirkt? Dann werde ich ihnen zur Antwort geben: Ich habe euch nie gekannt; hinweg von mir, ihr Übeltäter."
Damit ich nicht, sagt der heilige Paulus, nachdem ich anderen das Evangelium gepredigt habe, selber verworfen werde.

931 Der militärische Blick des heiligen Ignatius zeigt uns den Satan, wie er ungezählte Teufel mobilisiert und sie über die Staaten, Provinzen, Städte und Orte verteilt, nachdem er ihnen eine "Predigt" gehalten hat, in der er sie ermahnt, Eisen und Ketten zu verwenden und niemanden ungefesselt zu lassen…
Du hast mir gesagt, du wolltest Führender sein. Aber was soll eine in Ketten geschlagene Führung?

932 Sieh, die Apostel waren, bei all ihren offenkundigen und unleugbaren Erbärmlichkeiten, aufrichtig, schlicht…, durchsichtig. Auch du hast offenkundige und unleugbare Erbärmlichkeiten. – Daß dir doch nicht die Einfachheit fehle.

933 Man erzählt, daß jemand, der im Gebet zum Herrn sagte: "Jesus, ich liebe Dich", vom Himmel die Antwort hörte: "In Werken lebt die Liebe und nicht in schönen Worten."
Überlege, ob dieser liebevolle Vorwurf nicht vielleicht auch auf dich zutrifft.

934 Der Eifer ist eine göttliche Vernarrtheit des Apostels, die ich dir wünsche und die folgende Merkmale aufweist: Hunger nach Umgang mit dem Meister; dauernde Sorge um die Seelen; Beharrlichkeit, die durch nichts zu erschüttern ist.

935 Ruhe dich nicht auf Lorbeeren aus. – Schon menschlich gesprochen ist diese Ruhelage unbequem und wenig rühmlich. Wenn nun aber, wie es der Fall ist, diese Lorbeeren gar nicht dir zukommen, sondern Gott?

936 Zum Apostolat gehst du, um dich zu unterwerfen, nicht um deine persönliche Meinung durchzusetzen.

937 Ihr sollt niemals Männer und Frauen von langem Tun und kurzem Beten sein.

938 Suche so zu leben, daß du freiwillig auf jene Bequemlichkeit und jenen Wohlstand verzichtest, die du an den Gewohnheiten eines anderen Mannes Gottes nicht gut findest.
Bedenke, daß du das Weizenkorn bist, von dem das Evangelium spricht. – Wenn du nicht in die Erde fällst und stirbst, dann gibt es keine Frucht.

939 Seid Männer und Frauen der Welt, aber keine verweltlichten Männer und Frauen.

940 Beachte gut, daß die Einheit Zeichen des Lebens ist: uneins sein bedeutet Verwesung, ein untrügliches Kennzeichen, daß man Leichnam ist.

941 Gehorchen…, sicherer Weg. Den Vorgesetzten mit rückhaltlosem Vertrauen gehorchen…, Weg der Heiligkeit. Gehorchen in deinem Apostolat…, der einzige Weg; denn in einem Werk Gottes muß dies der Geist sein: daß man gehorcht oder geht.

942 Halte dir gegenwärtig, mein Sohn, daß du nicht nur ein Mensch bist, der sich mit anderen Menschen zusammentut, um eine gute Sache zu vollbringen.
Das ist viel – aber es ist noch zu wenig. – Du bist Apostel, der einen gebieterischen Befehl Christi ausführt.

943 Daß man im Umgang mit dir doch nicht auf den Gedanken kommt, auszurufen, was ein bestimmter Mensch einmal mit gutem Grund ausrief: "Diese ehrbaren Leute stehen mir bis hier…"
Und er zeigte dabei auf den Hals.

944 Die Liebe Gottes und den Eifer für die Seelen mußt du an andere weitergeben, damit diese ihrerseits wieder viele anstecken, die in einem weiteren Bereich leben und jeder dieser letzteren wiederum seine Berufskollegen. Wie viele geistliche Energien brauchst du! – Und was für eine große Verantwortung, wenn du kalt wirst! Ich mag nicht daran denken, was für ein Verbrechen es wäre, wenn du schlechtes Beispiel gäbest!

945 Es ist ungehörig, das Wort Gottes kritiksüchtig anzuhören.

946 Wenn ihr euch Gott in der Welt hingeben wollt, muß noch vor eurer Gelehrsamkeit die Frömmigkeit kommen (die Frauen brauchen nicht gelehrt zu sein; es genügt, daß sie klug sind); ihr müßt eng verbunden sein mit dem Herrn im Gebet; ihr müßt einen unsichtbaren Mantel tragen, der alle eure Sinne und jede eurer Kräfte umhüllt: beten, beten und beten; sühnen, sühnen und sühnen.

947 Du warst verblüfft darüber, daß ich die mangelnde "Gleichförmigkeit" in diesem Apostolat, in dem du arbeitest, guthieß.
Und ich sagte dir: Einheit und Vielfalt. – Ihr müßt so verschieden sein, wie die Heiligen im Himmel verschieden sind, denn jeder von ihnen hat seine besondere persönliche Note. – Darüber hinaus aber müßt ihr euch gleichen wie die Heiligen, die keine Heiligen wären, wäre nicht jeder von ihnen eins mit Christus geworden.

948 Du, auserwählter Sohn Gottes, sollst die Brüderlichkeit fühlen und leben, aber frei von Vertraulichkeiten.

949 Sich Ämter in apostolischen Unternehmungen zu wünschen, ist unnütz in diesem Leben und eine Gefahr für das andere Leben.
Wenn Gott es will, werden sie dich schon rufen. – Dann aber sollst du annehmen. –Aber bedenke, daß du dich an jeder Stelle heiligen kannst und heiligen sollst, denn dazu bist du da.

950 Wenn du denkst, daß in der Arbeit für Christus die Würden etwas anderes als Bürden seien, wie viele Enttäuschungen erwarten dich dann!

951 Ein apostolisches Werk leiten bedeutet, mit unendlicher Liebe bereit sein, alles von allen zu erleiden.

952 In der apostolischen Arbeit darf man Ungehorsam und Falschheit nicht durchgehen lassen. – Beachte gut, daß Schlichtheit weder Unklugheit noch Indiskretion ist.

953 Du bist verpflichtet, für die Person und die Anliegen des Leiters in deinem Apostolat zu beten und Opfer zu bringen. – Wenn du in der Erfüllung dieser Pflicht nachlässig bist, möchte ich fast annehmen, es fehle dir an Überzeugung für deinen Weg.

954 Sei besonders respektvoll gegenüber deinem Vorgesetzten, wenn er dich um Rat fragt und du seinen Ansichten widersprechen mußt. – Und widersprich ihm nie in Gegenwart seiner Untergebenen, auch wenn er im Unrecht ist.

955 In deinem apostolischen Unternehmen brauchst du die äußeren Feinde nicht zu fürchten, wäre ihre Macht auch noch so groß. – Der wirkliche Feind ist dieser: dein Mangel an "Kindschaft" und dein Mangel an "Brüderlichkeit".

956 Ich verstehe gut, daß dich die Nackenschläge (auch wenn sie von mächtigen Feinden kommen) belustigen, solange du dich mit Gott und deinen Brüdern im Apostolat vereint weißt. – Was kümmert es dich?

957 Oft vergleiche ich die apostolische Arbeit mit einer Maschine: Zahnräder, Kolben, Ventile, Schrauben…
Die Liebe, deine Liebe, ist das Öl.

958 Gib diese "Überheblichkeit" auf, die dich von den Menschen deiner Umgebung isoliert. – Höre zu. Sprich in aller Einfachheit. Nur so wird deine Arbeit an Umfang und Fruchtbarkeit zunehmen.

959 Verachtet und verfolgt sein sind sichere Zeichen göttlicher Auserwählung. Doch gibt es kein schöneres und deutlicheres Zeichen der Auserwählung als dieses : unbemerkt bleiben.

 «    DAS APOSTOLAT    » 

960 Wie das Rauschen des Meeres sich aus dem Geräusch seiner einzelnen Wellen ergibt, so ergibt sich die Heiligkeit eures Apostolates aus den persönlichen Tugenden eines jeden einzelnen von euch.

961 Du mußt unbedingt ein "Mensch Gottes" sein, ein Mensch des inneren Lebens, ein Mensch des Gebetes und des Opfers. – Dein Apostolat muß ein Überfließen deines Lebens "aus der Tiefe" sein.

962 Einheit. – Einheit und Einordnung. Was sollen mir die einzelnen Teile einer Uhr, auch wenn sie vorzüglich sind, mir aber die Zeit nicht anzeigen?

963 Bildet mir keine Cliquen in eurer Arbeit. – Das hieße das Apostolat verkleinern; denn wenn die Clique zu guter Letzt an die Führung eines universellen Unternehmens gelangt…, wie bald artet dann das universelle Unternehmen in eine Clique aus!

964 Du sagtest mir entmutigt, es gebe viele Wege. – Es muß sie geben, damit alle Menschen den ihren in dieser bewundernswerten Vielfalt finden können.
Ratlosigkeit? – Wähle ein für allemal: und die Ratlosigkeit wird sich in Sicherheit verwandeln.

965 Freue dich zu sehen, daß andere in guten apostolischen Werken arbeiten. – Bitte für sie um Gottes reiche Gnade und darum, daß sie dieser Gnade entsprechen. Aber du, weiter auf deinem Weg: sei gewiß, es gibt keinen anderen für dich.

966 Es zeugt von schlechtem Geist, wenn es dich betrübt, daß andere für Christus arbeiten und nicht auf deine Arbeit achten. – Erinnere dich an die Stelle beim heiligen Markus: "Meister, wir haben einen gesehen, der in deinem Namen böse Geister austrieb und der nicht zu uns gehört. Wir verboten es ihm. – Ihr sollt es ihm nicht verbieten, antwortete Jesus, weil keiner, der in meinem Namen Wunder wirkt, hernach schlecht von mir reden könnte. Wer nicht gegen euch ist, der gehört zu euch."

967 Es ist sinnlos, dich in so vielen äußeren Werken abzumühen, wenn dir die Liebe fehlt. – Es wäre, wie mit einer Nadel ohne Faden zu nähen.
Wie traurig, wenn du am Ende "dein" Apostolat gemacht hättest und nicht "Sein" Apostolat!

968 Mit Freude segne ich dich, Sohn, für den Glauben an deine apostolische Sendung, der dich schreiben ließ: "Kein Zweifel: die Zukunft ist sicher, vielleicht trotz uns. Aber wir müssen zusammen mit dem Haupt eine Einheit bilden `ut omnes unum sint!´ – durch Gebet und Opfer."

969 Es gibt Menschen, die den anderen das tätige Leben überlassen. Sie selber beten und leiden. Ihr Licht fällt hier nicht auf, aber wie sehr wird ihre Krone im Himmelreich leuchten! – Gesegnet sei das "Apostolat des Leidens"!

970 Es stimmt, daß ich dein diskretes Apostolat eine "im Stillen wirkende Sendung" genannt habe. – Davon nehme ich nichts zurück.

971 Deine Verehrung für die Urchristen erscheint mir so gut, daß ich alles nur Mögliche tun werde, um sie zu fördern, damit du wie sie jeden Tag mit mehr Begeisterung dieses wirksame Apostolat der Diskretion und des vertraulichen Gesprächs ausübst.

972 Wenn du dein "Apostolat der Diskretion und des vertraulichen Gesprächs" in die Tat umsetzen willst, dann sage mir nicht, du wüßtest dich nicht auszudrücken. – Denn ich sage dir mit dem Psalm: "Dominus dabit verbum evangelizantibus virtute multa", der Herr legt seinen Aposteln Worte voller Wirksamkeit in den Mund.

973 Diese Worte, zur rechten Zeit ins Ohr des unsicher gewordenen Freundes gesagt; das orientierende Gespräch, das du bei gegebener Gelegenheit herbeizuführen wußtest; der berufliche Hinweis, der seine Arbeit an der Hochschule verbessert; und die diskrete Indiskretion, die seinem Suchen ungeahnte Horizonte erschließt… All das ist "Apostolat des vertraulichen Gesprächs".

974 "Apostolat des Mahles"; die alte Gastfreundschaft der Patriarchen mit der brüderlichen Herzlichkeit von Bethanien. – Wenn man es ausübt, sieht man Jesus gleichsam am Kopfende des Tisches, wie im Hause des Lazarus.

975 Volksfeste und Volksbräuche müssen wieder verchristlicht werden. – Auf jeden Fall sollte bei öffentlichen Veranstaltungen die Alternative vermieden werden, sie kindisch oder heidnisch aufzuziehen.
Bitte den Herrn, daß sich Menschen für die dringende Arbeit finden, die man das "Apostolat der Unterhaltung" nennen könnte.

976 Über das "Briefapostolat" weißt du mir viel Erfreuliches zu berichten. – Du schreibst: "Ich weiß nicht, .wie ich das Papier füllen und von Dingen schreiben soll, die dem Empfänger des Briefes von Nutzen sein können. Wenn ich anfange, sage ich meinem Schutzengel, daß ich es mit der Absicht tue, etwas zu schreiben, das zu irgend etwas nütze ist. Und selbst wenn ich nur dummes Zeug sage, so kann doch niemand mir – oder ihm – die Zeit wegnehmen, die ich damit zubrachte, zu erbitten, was der Seele dessen, an den mein Brief gerichtet ist, am meisten fehlt."

977 "Der Brief erreichte mich in ein paar trüben Tagen, als ich ohne Grund traurig war, und sein Lesen ermutigte mich sehr, da ich spürte, wie die anderen arbeiteten."
– Und ein anderer: "Ihre Briefe und die Nachrichten meiner Brüder helfen mir; das ist wie ein glücklicher Traum gegenüber der Wirklichkeit, die wir alle spüren…" – Ein anderer: "Was für eine Freude, diese Briefe zu bekommen und mich als Freund solcher Freunde zu wissen." – Und ein anderer und Tausende: "Ich bekam einen Brief von X und schämte mich meines Mangels an rechtem Geist im Vergleich zu ihnen."
Ist das "Briefapostolat" nicht sehr wirkungsvoll?

978 "Venite post me, et faciam vos fieri piscatores hominum." Folget mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen. – Nicht ohne tieferen Sinn gebraucht der Herr diese Worte: die Menschen muß man – wie die Fische – beim Kopf packen.
Welch evangelische Tiefe hat das "Apostolat des Geistes"!

979 Es ist Art der Menschen, gering zu achten, was wenig kostet. – Das ist der Grund, weshalb ich dir das "Apostolat des Nichtgebens" anrate.
Unterlasse es nie, den angemessenen und vernünftigen Lohn für die Ausübung deines Berufes zu fordern, wenn dein Beruf Instrument deines Apostolates ist.

980 "Haben wir etwa nicht das Recht, eine Schwester als Frau mitzuführen wie auch die übrigen Apostel und die Brüder des Herrn und Kephas?"
Das sagte der Apostel Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther. – Es ist unmöglich, die Mitarbeit der Frau im Apostolat gering zu achten.

981 "Anschließend", so liest man bei Lukas im achten Kapitel, "nahm Er den Weg durch Städte und Dörfer, predigte und verkündete das Evangelium vom Reiche Gottes, und die Zwölf waren bei Ihm sowie einige Frauen, die geheilt worden waren von bösen Geistern und Krankheiten: Maria, genannt Magdalena, von der sieben Dämonen ausgefahren waren, und Johanna, die Frau des Chuza, eines Verwalters des Herodes, und Susanna und viele andere, die Ihm dienten mit ihrem Vermögen."
Ich schreibe ab. Dabei bitte ich Gott, daß jede Frau, die das liest, von heiligem Neid erfüllt werde und sich zum Handeln gedrängt fühlt.

982 Stärker ist die Frau als der Mann und treuer in der Stunde des Leidens. – Maria Magdalena und Maria Kleophae und Salome! Eine Gruppe solch mutiger Frauen, eng geschart um die Schmerzensreiche Mutter – welch tiefgreifende Arbeit könnte man mit ihnen in der Welt leisten!

 «    BEHARRLICHKEIT    » 

983 Anfangen tun alle; ausharren – die Heiligen.
Daß deine Beharrlichkeit nicht die blinde Folge deines ersten Entschlusses sei, ein Werk der Trägheit; daß es eine bewußte Beharrlichkeit sei.

984 Sage Ihm: "Ecce ego quia vocasti me." Hier hast Du mich, weil Du mich berufen hast.

985 Du hattest dich vom Wege entfernt und kehrtest nicht um, weil du dich schämtest. –Es ist konsequenter, sich zu schämen, wenn man nicht umkehrt.

986 "Man braucht tatsächlich kein Held zu sein", bekennst du mir, "um sich ohne Absonderlichkeit und Frömmelei zurückzuziehen, wie die Umstände es erfordern …, und auszuharren." – Du fügst hinzu: "Solange ich die Normen erfülle, die Sie mir gaben, machen mir die Intrigen und Schliche der Umgebung wenig aus; eher würde ich mich fürchten, vor solchen Bagatellen Angst zu haben." Großartig.

987 Hege und pflege dieses Ideal, das eben in dir aufkeimt. – Bedenke, daß sich im Frühling viele Blüten öffnen und nur wenige Frucht hervorbringen.

988 Die Mutlosigkeit ist der Feind deiner Beharrlichkeit. – Wenn du nicht gegen die Mutlosigkeit angehst, wirst du zuerst dem Pessimismus verfallen und schließlich der Lauheit. – Sei Optimist.

989 Sieh mal an. Nach so vielen "Kreuz, Herr, Kreuz!" zeigt sich nun, daß du ein Kreuz nach deinem Geschmack wolltest.

990 Eine durch nichts zu erschütternde Ausdauer. Die brauchst du. Erbitte sie vom Herrn und tu dein Bestes, um sie zu erhalten; denn sie ist eine große Hilfe, damit du nicht von dem fruchtbaren Weg abkommst, den du eingeschlagen hast.

991 Du kannst nicht "aufsteigen". – Das ist nicht verwunderlich: nach diesem Sturz! …
Harre aus und du "steigst auf". – Erinnere dich, was ein geistlicher Autor sagt: Deine arme Seele ist ein Vogel, an dessen Flügeln noch Lehm klebt.
Es bedarf der Sonne des Himmels und persönlicher kleiner und dauernder Anstrengungen, um diese Neigungen, diese Niedergeschlagenheit, diese Vorstellungen auszureißen: den Lehm, der an deinen Flügeln klebt.
Du wirst frei sein. – Wenn du ausharrst, "steigst du auf".

992 Sage Gott Dank, der dir half, und freue dich deines Sieges. – Welch tiefe Freude in deiner Seele, wenn du der Gnade entsprochen hast!

993 Du argumentierst… gut und kühl: wie viele Gründe, die Arbeit aufzugeben! – Manches Argument scheint Hand und Fuß zu haben.
Ich sehe deutlich, du hast gute Gründe. – Aber dennoch hast du nicht recht.

994 "Meine Begeisterung ist verflogen", hast du mir geschrieben. – Du sollst nicht aus Begeisterung arbeiten, sondern aus Liebe: mit Pflichtbewußtsein, und das bedeutet Selbstverleugnung.

995 Nicht zu erschüttern: so mußt du sein. – Wenn fremde oder eigene Erbärmlichkeit deine Beharrlichkeit ins Wanken bringt, bekomme ich ein trauriges Bild von deinem Ideal.
Entscheide dich ein für allemal.

996 Du hast eine arme Vorstellung von deinem Weg, wenn du dich kalt fühlst und schon glaubst, du habest ihn verloren. Es ist die Stunde der Prüfung; deswegen hat dich der fühlbare Trost verlassen.

997 Alleinsein, Getrenntsein: Prüfungen deiner Beharrlichkeit. – Heilige Messe, Gebet, Sakramente, Opfer, Gemeinschaft der Heiligen: Waffen, um in der Prüfung zu siegen.

998 Wunderbare Beharrlichkeit des Esels am Schöpfrad des Brunnens! – Immer im gleichen Schritt.
Immer die gleichen Runden. – Ein Tag und noch einer, alle gleich.
Ohne das würden die Früchte nicht reif, der Garten nicht üppig, und seine Beete blieben ohne Duft.
Nimm diesen Gedanken für dein inneres Leben.

999 Was das Geheimnis der Beharrlichkeit sei? Die Liebe. – Verliebe dich, und du wirst Ihn nicht lassen.