Im Feuer der Schmiede

PRÄAMBELENTDECKUNGKAMPFNIEDERLAGEPESSIMISMUSDU KANNST!UND WIEDER KÄMPFENAUFERSTEHENSIEGARBEITIM FEUER GELÄUTERTAUSWAHLFRUCHT BRINGENEWIGKEIT

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Eine Mutter sprach
in innigem Überschwang
– so wie Mütter es tun – mit ihrem kleinen Sohn.
Sie nannte ihn:
»mein Prinz, mein König, mein Schatz,
meine Sonne…«
Meine Gedanken aber gingen zu dir.
Und ich erkannte
im Gleichklang der Gefühle mit ihr
– denn welcher Vater
trägt nicht Mütterliches im Herzen? –,
daß sie gar nicht übertrieben hatte;
denn du bist mehr als ein Schatz
und mehr als die Sonne,
weil du das ganze Blut Christi wert bist.
Deshalb will ich deine Seele nehmen
– wie man gediegenes Gold nimmt –
und sie
im Feuer der Schmiede und mit dem Hammer
zu einem wunderbaren Juwel gestalten,
das wir Ihm darbringen können:
meinem Gott, deinem Gott.

 «    ENTDECKUNG    » 

1 Kinder Gottes sind wir. Träger der einzigen Flamme, die die Wege der Menschen auf Erden zu erhellen vermag; des einzigen Lichtes, vor dem Finsternis, Dämmerung, Schatten für immer entweichen.
Der Herr bedient sich unser als Fackeln, damit dieses Licht hell erstrahlt… An uns liegt es, daß viele Menschen nicht im Dunkeln stehenbleiben, sondern Wege gehen, die zum ewigen Leben führen.

2 Gott ist mein Vater! – Wenn du das betrachtest, wird dir in keinem Augenblick der innere Trost fehlen.
Jesus ist mein treuer Freund! – auch dies eine alte, immer wieder neue Entdeckung. Er liebt mich aus den Abgründen seines göttlichen Herzens.
Der Heilige Geist ist mein Tröster! Er geleitet mich auf all meinen Wegen.
Erwäge es tief. – Du gehörst Gott… , und Gott gehört dir.

3 Du, mein Vater – rede Ihn so an, voll Vertrauen! – , mein Vater im Himmel: Blicke in barmherziger Liebe auf mich herab, und gewähre mir, daß ich dieser Liebe entspreche.
Gib, daß mein steinernes Herz sich erweichen läßt! Entflamme es! Durchdringe und läutere mein unbußfertiges Fleisch! Erleuchte meinen Verstand mit dem Lichte des Himmels! Laß meinen Mund die Liebe und die Herrlichkeit Christi verkünden!

4 Christus am Kreuz. Seine Arme sind weit ausgebreitet in der Haltung des Ewigen Hohenpriesters. Mit uns will Er rechnen, mit uns, die wir nichts sind, um allen Menschen die Früchte seines Erlösungswerkes zu schenken.

5 Beglückt bergen wir uns, Herr, in Deiner durchbohrten Hand. Schließe sie fest um uns! Presse alles irdische Elend aus uns heraus, bis wir von ihm ganz frei sind. Läutere uns, entflamme uns, laß uns erfahren, daß wir von Deinem Blut durchtränkt sind!
Und dann, Herr, streue uns, die wir uns schon so sehr nach Ernte sehnen, weit aus, sehr weit, als Samenkörner für die Aussaat der Liebe zu Dir, die jeden Tag mehr Frucht bringen soll.

6 Hab keine Angst, erschrick nicht, laß dich nicht irremachen und nicht von einer falschen "Klugheit" leiten!
Der Ruf, den Willen Gottes zu erfüllen – und dann auch die Berufung – , sie kommen unvermittelt, wie bei den Aposteln: man findet Christus und folgt seinem Ruf…
Keiner von ihnen hat gezögert: Christus kennenlernen und Christus folgen, das war für sie eins.

7 Gekommen ist für uns ein Tag des Heiles, von Ewigkeit her bestimmt. Und einmal mehr vernehmen wir diesen zärtlichen Anruf des göttlichen Hirten: "Vocavi te nomine tuo" - ich habe dich bei deinem Namen gerufen.
Wie unsere Mutter redet er uns mit dem Namen an, ja, mit dem vertrauten Vornamen. Sein Ruf dringt bis in das Innerste der Seele und fordern die Antwort: "Ecce ego, quia vocasti me" – hier bin ich, denn Du hast mich gerufen. Und mein Entschluß steht fest: Diesmal darf die geschenkte Zeit nicht spurlos an mir vorübergleiten wie Wasser über Kiesel rinnt…

8 Lebe nahe bei Christus! Du sollst wie eine Gestalt des Evangeliums unter den anderen sein, jemand, der mit Petrus, mit Johannes und Andreas verkehrt… Denn Christus lebt auch heute: "Jesus Christus, heri et hodie, ipse et in saecula!" – Jesus Christus lebt! Heute wie gestern, und Er bleibt derselbe in Ewigkeit.

9 Herr, wären doch Deine Kinder wie heiße Glut! Nicht schon von weitem auffallend durch hohe Flammen, sondern eine Glut, die in den Herzen, denen sie begegnen, die ersten Funken entzündet!
Du wirst diese Funken zu einer Feuersbrunst entflammen. Deine Engel – ich weiß es, ich habe es erlebt – verstehen sich wunderbar darauf, das Glimmen in den Herzen zu entfachen – und ein Herz ohne eine Spur von Asche, das kann doch nur Dir gehören!

10 Erwäge voller Staunen und Dankbarkeit das Wort des Heiligen Geistes: "Elegit nos ante mundi constitutionem", Er hat uns auserwählt, noch vor Grundlegung der Welt, "ut essemus sancti in conspectu eius!", damit wir heilig seien vor seinem Angesicht.
Heilig sein ist nicht leicht, aber… es ist auch nicht so schwer. Heilig sein heißt ein guter Christ sein: die Gestalt Christi annehmen. Je ähnlicher du Christus wirst, desto mehr bist du Christ; und je mehr du Christus gehörst, desto heiliger bist du. Auf welchem Wege erreichen wir das? Auf dem gleichen wie die Urchristen, die Jesus noch selber sahen oder Ihn durch die Berichte der Apostel oder der Evangelisten kennenlernten.

11 Wieviel bist du Gott, deinem Vater schuldig! – Er hat dir das Dasein, die Vernunft, den Willen geschenkt… und die Gnade: den Heiligen Geist, Jesus in der Hostie, die Gotteskindschaft – und Unsere Liebe Frau, die Mutter Gottes und unsere Mutter. Er gibt dir die Möglichkeit, an der heiligen Messe teilzunehmen, Er gewährt dir Vergebung deiner Sünden – immer und immer wieder. Er hat dich mit unzähligen Gaben – auch mit manchen außergewöhnlichen – gesegnet… Mein Kind: Wie hast du all dem entsprochen? Wie entsprichst du all dem jetzt?

12 Ich weiß nicht, ob es dir auch so ergeht wie mir – aber es drängt mich, dir meine Erfahrung anzuvertrauen: Ich fühle mich im Innersten getroffen, wenn ich die Worte des Propheten Jesaja lese: "Ego vocavi te nomine tuo, meus es tu!" – Ich habe dich gerufen, ich habe dich zu meiner Kirche hingeführt, du bist mein! Gott sagt mir, daß ich sein bin! Müßte man nicht vor Liebe verrückt werden?

13 Führe es dir immer wieder vor Augen: Es gibt viele Männer und Frauen in unserer Welt – und unter ihnen gibt es keinen einzigen Mann und keine einzige Frau, die der Meister nicht ruft.
Er ruft sie zu einem christlichen Leben, zu einem Leben in Heiligkeit, zu einem Leben der Auserwählung, zum ewigen Leben.

14 Christus hat deinetwegen und für dich gelitten. Er hat gelitten, um dich von der Sklaverei der Sünde und der Unvollkommenheit zu befreien.

15 In diesen Zeiten voller Gewalt und brutaler, verwilderter Sexualität müssen wir Rebellen sein. Du und ich – ja, wir sind Rebellen: Wir weigern uns einfach, uns vom Strom mitreißen zu lassen und wie Tiere zu sein.
Wir wollen uns als Männer und Frauen erweisen, die wirklich Kinder Gottes sind: in stetem Umgang mit dem Vater, der im Himmel ist und der uns sehr nahe sein, in unserem Innern wohnen will.

16 Denke häufig darüber nach: Ich bin katholisch, ich bin ein Kind der Kirche Christi! Ohne mein Verdienst ließ Er mich in ein Zuhause hineingeboren werden, das seines ist.
Wieviel bin ich Dir schuldig, mein Gott!

17 Erinnert alle daran, ganz besonders aber viele Väter und Mütter, die sich christlich nennen: Die "Berufung", der Ruf Gottes, ist eine Gnade des Herrn, eine Auserwählung, die auf der göttlichen Güte beruht, ein Anlaß zu heiligem Stolz, ein Auftrag, allen Menschen zu dienen, gern und aus Liebe zu Jesus Christus.

18 Sag es weiter: Es ist für die Eltern kein "Opfer", wenn Gott sie um ihre Kinder bittet; und es ist für die von Gott Berufenen kein Opfer, wenn sie Ihm folgen.
Vielmehr ist der Ruf eine unermeßliche Ehre, ein Grund zum heiligen, erhabenen Stolz, ein Erweis der Auserwählung und ein Zeichen der großen Liebe, die Gott zwar in einem ganz bestimmten Augenblick wahrnehmbar werden ließ, die aber von Ewigkeit her in Ihm beschlossen war.

19 Danke deinen Eltern dafür, daß sie dir das Leben geschenkt haben, damit du Kind Gottes werden konntest. Danke ihnen noch mehr, wenn sie es gewesen sind, die in deine Seele den Keim des Glaubens, der Frömmigkeit, der Nachfolge Christi oder deiner Berufung gelegt haben.

20 Es sind viele Menschen um dich. Du hast kein Recht, ihrem geistlichen Wohl und ihrer ewigen Seligkeit im Weg zu stehen.
Du hast die Pflicht, heilig zu werden: um weder Gott zu enttäuschen, der dich auserwählt hat, noch die Menschen deiner Umgebung, die sich so viel von deinem Leben als Christ erhoffen.

21 Die Liebe zu den Eltern ist ein naturrechtliches und ein göttlich-positives Gebot – ich habe immer vom "liebenswertesten" aller Gebote gesprochen.
Vernachlässige die Pflicht nicht, deine Eltern jeden Tag mehr zu lieben, Gebet und Opfer für sie Gott darzubringen und ihnen für all das Gute, das du ihnen schuldest, dankbar zu sein.

22 So will es unser Herr: Mitten in dieser Welt, in der wir leben, und inmitten des menschlichen Treibens sollst du Salz und Licht sein. – Licht, das Kopf und Herz der anderen erleuchtet, Salz, das dem Leben Würze gibt und es vor dem Verderben bewahrt.
Fehlt es dir aber an apostolischem Eifer, dann wirst du "schal" und unbrauchbar werden und deine Mitmenschen enttäuschen: Dein Leben verfehlt sein Ziel.

23 Eine Flut von Schmutz und stinkendem Unrat – blutrot und faulig-grün – ist dabei, die Erde zu überschwemmen und das Kreuz unseres Erlösers auf infame Art zu besudeln.
Der Herr will, daß aus unseren Herzen eine andere Flut hervorbricht, strahlend und machtvoll wie seine Rechte – ein Strom der Reinheit, der die Fäulnis und jede Art von Materialismus fortschwemmt und die Verderbtheit heilt, die sich weltweit ausgebreitet hat. Dies – und mehr noch! – ist die Sendung der Söhne und Töchter Gottes.

24 Viele fragen sich, und es klingt wie eine Selbstrechtfertigung: Und warum soll gerade ich mich in das Leben anderer Menschen einmischen?
Weil dein Christsein dich dazu verpflichtet, damit du ihnen dienen kannst!
Weil Christus sich auch in dein und mein Leben eingemischt hat!

25 Wenn du wirklich ein "anderer Christus" bist und als Kind Gottes lebst, dann wird sich überall da, wohin du gelangst, das Feuer der Liebe entzünden; denn Christus läßt die Herzen nicht gleichgültig – Er entflammt sie.

26 Es tut weh zu sehen, wie wenige Menschen es sind – nach zweitausend Jahren! – , die den christlichen Namen tragen; und wie wenige von denen, die sich Christen nennen, wahrhaft nach der Lehre Jesu Christi leben.
Es lohnt sich, das ganze Leben einzusetzen, aus Liebe zu arbeiten und zu leiden, um am Erlösungswerk mitzuwirken und dazu beizutragen, daß Gottes Heilsratschlüsse sich erfüllen.

27 Ich sehe Dein Kreuz, mein Jesus, und bin froh in Deiner Gnade. Denn als Frucht Deiner Passion hast Du uns den Heiligen Geist geschenkt… Und jeden Tag schenkst Du Dich mir neu in der unbegreiflichen Torheit der Liebe, in der heiligen Hostie… Und Du hast mich zu einem Kind Gottes gemacht! Und auch Deine Mutter hast Du mir gegeben.
Danken allein aber ist mir zu wenig. Mir kommt in den Sinn: Herr, o Herr, wie viele Seelen sind noch fern von Dir!
Entfache in deinem Leben diesen Drang nach Apostolat, damit immer mehr Menschen Ihn kennenlernen, Ihn lieben… und erfahren, daß sie geliebt werden!

28 Gelegentlich – so habe ich dir oft gesagt – spricht man von der Liebe, so als wäre sie ein Drang nach Befriedigung eigener Wünsche oder einfach ein Mittel zu egoistischer Selbstverwirklichung.
Und jedesmal habe ich dir auch gesagt, daß dies nicht stimmt: Wahre Liebe bedeutet, aus dem eigenen Ich heraustreten, sich hingeben. Echte Liebe bringt Freude mit sich – und die Wurzeln dieser Freude haben die Gestalt des Kreuzes.

29 Mein Gott: Wie ist es möglich, daß ich ein Kruzifix sehe und nicht weine – aus Schmerz und aus Liebe?

30 Betrachte mit innerer Erschütterung die Großmut Gottes: Er ist Mensch geworden, um uns zu erlösen, Mensch geworden, damit du und ich uns Ihm voller Vertrauen nähern können. Gestehe wenigstens ein, daß wir solcher Liebe nicht wert sind.

31 Jesus! Stärke unsere Seele, ebne uns den Weg, vor allem aber: durchtränke uns mit Deiner Liebe! Verwandle uns in lebendige Fackeln, die die Erde mit dem göttlichen Feuer entzünden, das Du uns gebracht hast.

32 Gott ein wenig näherkommen heißt: Bereit sein zu einer erneuten Bekehrung, zu einer abermaligen Begradigung des Weges, zu einem noch wacheren Hinhören auf die Anregungen, die Er als heiliges Streben in unsere Seele hineinlegt. Und den Willen haben, diesen Anregungen zu folgen.

33 Woher diese Selbstgefälligkeit? Alles, was dich antreibt, kommt doch nur von Ihm. Mach dir das klar und handle danach.

34 Welch tiefe Hochachtung und Ehrfurcht, wieviel Anteilnahme müssen wir für jede einzelne Seele empfinden, wenn wir bedenken, daß Gott sie als sein Eigentum liebt!

35 Einen einzigen glühenden Wunsch haben: Die Tage, die der Herr uns schenkt, nur darauf zu verwenden, Ihm zu gefallen.

36 Ich wünsche dir, daß du dich in deinem Alltag so verhältst wie Petrus und Johannes: Nimm die Lebensumstände deiner Freunde und Kollegen mit in dein Gebet, in dein Gespräch mit Jesus, hinein… Und dann sag ihnen durch dein Beispiel: "Respice in nos!" – Schaut auf mich!

37 Wenn man einen Menschen sehr liebt, möchte man alles über ihn wissen.
Denke darüber nach. Hast du Verlangen danach, Christus durch und durch zu kennen? Denn das zeigt das Maß deiner Liebe.

38 Wer behauptet, wir Priester seien allein, sagt nicht die Wahrheit oder irrt sich. Niemand ist weniger allein als wir, denn der Herr leistet uns ständig Gesellschaft, und wir sollen ja ständig mit Ihm Umgang pflegen. Wir sind Liebende, die die Liebe selbst – den Urheber aller Liebe – lieben.

39 So sehe ich mich: ein schwacher, kleiner Vogel, der nichts anderes als den Flug von Baum zu Baum kennt, der sich vielleicht auch einmal bis zum Balkon des dritten Stockwerks hinaufwagt, aber bestimmt nicht höher… Eines schönen Tages riskierte er es, auf das Dach eines recht bescheidenen Gebäudes – keineswegs eines Hochhauses – zu fliegen…
Da kam ein Adler und ergriff den Vogel, den er vielleicht für sein eigenes Junges hielt. Von den mächtigen Krallen gehalten, steigt der kleine Vogel immer höher: hoch über alle Berge und die verschneiten Gipfel der Erde und noch höher über die vielfarbig leuchtenden Wolken und weiter hinauf, immer der Sonne entgegen… Und dann läßt der Adler den armen Vogel los: Komm, jetzt flieg du… !
Laß mich, Herr, nie wieder in den Niederungen des rein Irdischen herumfliegen! Gewähre mir, daß die göttliche Sonne – der eucharistische Christus – immerfort mein Leben in Licht tauche! Daß mein Flug nicht eher ende, bis ich in deinem Herzen Ruhe finde!

40 Unser gemeinsamer Freund schloß so sein Gebet: "Ich liebe den Willen meines Gottes. Also will ich in vollständiger Ergebenheit von Ihm mich führen lassen: Wie Er will und wohin Er will."

41 Bitte den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist und deine Mutter, sie mögen dir Selbsterkenntnis schenken. Und damit zugleich Schmerz über all den Schmutz, der dich berührt und – leider! – auch reichlich seine Spuren hinterlassen hat. – Und sage weiter, ohne die Augen vor deinem Elend zu verschließen: Gib mir, Jesus, eine Liebe, die wie ein reinigendes Feuer mein armes Fleisch, mein armes Herz, meine Seele und meinen Leib verzehrt und sie von allem irdischen Elend läutert. Ist dann mein Ich ganz "leer" und frei geworden, so fülle Du es ganz aus, damit ich mich an nichts Irdisches mehr hänge, sondern von Deiner Liebe allein getragen werde.

42 Wünsche dir nichts, weder Gutes noch Schlechtes: wünsche dir nur das, was Gott will.
Es ist ganz gleich, was da aus seiner Hand – aus Gottes Hand – kommen mag. Mit der Hilfe des Herrn wirst du auch das, was in den Augen der Menschen als Übel erscheint, als gut – als sehr gut! – begreifen. Mit immer festerer Gewißheit wirst du beten: "Et in tribulatione mea dilatasti me… , et calix tuus inebrians, quam praeclarus est." – Gejubelt habe ich mitten in der Trübsal… Wie herrlich ist Dein Kelch, aus dem mein ganzes Sein sich nährt!

43 Man muß dem Herrn das Opfer Abels darbringen: zartes, auserlesenes Fleisch, das beste von den Jungtieren der Herde. Auf uns übertragen heißt das: einen reinen, von Gott geheiligten Leib; ein Herz, das keine andere Liebe als Dich kennt, mein Gott; einen Verstand, der heil und tief ist und sich Deiner Weisheit unterwirft; eine kindliche Seele, die nichts anderes will, als Dir zu gefallen.
Nimm von nun an, Herr, dieses Opfer als Dir wohlgefällig entgegen.

44 Man muß fähig werden, sich hinzugeben, sich vor Gottes Angesicht brennend zu verzehren, gleich der Kerze, die man auf den Leuchter stellt, damit die Menschen nicht im Dunkeln bleiben; gleich der Öllampe, die vor dem Altar brennt und sich verzehrt, bis sie erlischt.

45 Der Herr – Meister der Liebe – ist ein eifersüchtiger Liebender, der uns um alles bittet, um alles, was uns schon zuteil ward, und alles, was wir erstreben. Er erwartet, daß wir Ihm all das Unsere darbringen, indem wir dem Weg folgen, den Er einem jeden von
uns vorgezeichnet hat.

46 Mein Gott: Jetzt begreife ich, daß ich Dich nicht als meinen Erlöser bekennen kann, wenn ich Dich nicht zugleich als mein Vorbild anerkenne.
Du hast arm sein wollen – schenke mir Liebe zur heiligen Armut. Mit Deiner Hilfe fasse ich den Vorsatz, arm zu leben und arm zu sterben – auch dann, wenn mir einmal viele Reichtümer zur Verfügung stehen sollten.

47 Du wurdest sehr ernst, als ich dir anvertraute: Alles erscheint mir zu gering, wenn es für den Herrn ist.

48 Könnte man doch von dir sagen, daß dies das prägende Kennzeichen deines Lebens ist: den Willen Gottes zu lieben.

49 Jedwede Arbeit – selbst die verborgenste und unbedeutendste – , die aus Liebe zu Gott getan wird, strahlt die Kraft des göttlichen Lebens aus!

50 Sei dir der Verantwortung für deine Sendung bewußt: Der ganze Himmel schaut zu!

51 Gott wartet auf dich! Deshalb sollst du alles daransetzen, Ihn hier an deinem Platz nachzuahmen und dich mit Ihm zu vereinigen: In Freude, in Liebe und in echtem Verlangen zu dienen, auch wenn dir das gelegentlich – oder auch ständig – gegen den Strich geht. – Gott wartet auf dich…, und Er braucht deine Treue!

52 Du hast geschrieben: "Ich höre Dich rufen, mein König, mit lauter Stimme, die mir bis ins Innerste dringt: ,Ignem veni mittere in terram, et quid volo nisi ut accendatur?‘ – Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!"
Und du fügst hinzu: "Herr, das ist meine Antwort, die ich aus ganzer Seele, mit all meinen Sinnen und Kräften Dir gebe: ,Ecce ego quia vocasti me!‘ – Da bin ich, weil Du mich gerufen hast!"
Möge diese deine Antwort alltägliche Wirklichkeit werden!

53 Du, der du noch jung bist, solltest die Besonnenheit, die Stärke und den Sinn für Verantwortung besitzen, die viele Menschen erst nach Jahren, im hohen Alter erlangen. Das wird dir gelingen, wenn du deinen Sinn für das Übernatürliche als Kind Gottes nicht verlierst. Der Herr wird dir dann all diese für eine apostolische Arbeit wünschenswerten Voraussetzungen schenken, und zwar in noch reicherem Maße als den Alten.

54 Dich beglücken eine innere Freude und ein Frieden, die du gegen nichts in der Welt eintauschen möchtest. Gott ist bei dir: Es gibt nichts Besseres, als Ihm unsere Sorgen anzuvertrauen, damit sie aufhören, Sorgen zu sein.

55 Du fragtest mich: Wie ist es möglich, daß die Welt in diesem Zustand ist, wenn Christus schon zweitausend Jahre hindurch in ihr wirkt? Und du fügtest hinzu: Wieso gibt es noch Menschen, die den Herrn nicht kennen?
Ich antwortete sehr bestimmt: Schuld daran sind wir! Denn wir sind dazu berufen worden, Miterlöser zu sein, und manchmal – vielleicht auch sehr oft – entsprechen wir diesem göttlichen Plan nicht.

56 Demut Jesu: Wie sehr beschämt mich, der ich nur Staub und Unrat bin, die Gegenüberstellung mit Ihm! Wie oft gebe ich meinen Hochmut für "Würde" oder "Gerechtigkeit" aus!
Wieviele Gelegenheiten, dem Meister zu folgen, habe ich mir entgehen lassen, wieviele ungenutzt verstreichen lassen, weil ich sie nicht im Lichte Gottes gesehen habe.

57 Du Mutter voller Milde! Schenke uns jene göttliche "Torheit", die es fertigbringt, daß wir andere Menschen zu "Toren" um Christi willen werden lassen.
Maria, du liebenswerte Herrin, möge unsere Lebe nicht ein trügerisches, phosphoreszierendes Leuchten sein, das vielleicht nur Verwesung anzeigt, sondern eine echte Feuersbrunst, die alles, was sie berührt, in Brand setzt.

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58 Die göttliche Auserwählung bedeutet – und fordert – persönliche Heiligkeit.

59 Wenn du auf den Ruf antwortest, den der Herr an dich hat ergehen lassen, wird dein Leben – dein kleines unbedeutendes Leben – in der Geschichte der Menschheit eine tiefe und breite, leuchtende und fruchtbare Spur des Ewigen und Göttlichen hinterlassen.

60 Sei dir jeden Tag deiner Verpflichtung bewußt, heilig zu werden. – Heilig! Das bedeutet nicht, verstiegen zu sein, sondern zu kämpfen im geistlichen Leben und in der heroischen, vollkommenen Erfüllung deiner Aufgaben.

61 Die Heiligkeit besteht nicht in großartigen Unternehmungen. – Sie bedeutet Kampf, damit dein übernatürliches, inneres Leben nicht versandet. Sie besteht in dem Willen, sich bis zum letzten im Dienste Gottes zu verzehren: an der alleruntersten Stelle – oder an der obersten – da, wohin der Herr dich ruft.

62 Der Herr hat sich nicht darauf beschränkt, uns bloß zu sagen, daß er uns liebt. Er hat es uns mit seinen Werken, mit seinem ganzen Leben bewiesen. – Und du?

63 Wenn du den Herrn liebst, wirst du notgedrungen die Verantwortung für die Seelen der anderen spüren und den Wunsch haben, sie zu Gott zu führen.

64 Für den, der aus Liebe – aus DER LIEBE – leben will, ist Mittelmäßigkeit viel zu wenig. Ist sie doch nichts als Knauserei und jämmerliche Berechnung.

65 Hier hast du das "Rezept" für deinen Weg als Christ: Gebet, Buße und nimmermüdes Arbeiten in liebevoller Pflichterfüllung.

66 Mein Gott, lehre mich lieben! – Mein Gott, lehre mich beten!

67 So müssen wir von Gott Glauben, Hoffnung und Liebe erbitten: in Demut, in beharrlichem Gebet und dadurch, daß unser Verhalten klar, anständig und integer ist.

68 Du wüßtest nicht, so sagtest du mir, wie du mir für den heiligen Eifer, der dich erfüllt, danken könntest.
Ich antwortete dir sofort: Nicht ich gebe dir diesen inneren Schwung, der Heilige Geist gibt ihn dir.
Liebe Ihn, pflege Umgang mit Ihm!
So wirst du Ihn immer mehr und immer inniger lieben, als Dank dafür, daß Er in deiner Seele wohnt und dir inneres Leben schenkt.

69 Bemühe dich mit allen Kräften darum, daß das heilige Meßopfer Mitte und Wurzel deines inneren Lebens ist. Der ganze Tag wird so – zuerst als Verlängerung der vergangenen heiligen Messe, dann als Vorbereitung auf die kommende – zu einem Gottesdienst, der sich immer neu entfaltet: in Stoßgebeten, im Aufsuchen des Altarsakramentes, in der Darbringung deiner beruflichen Arbeit und deines Familienlebens.

70 Wenn du Jesus in der Eucharistie Dank sagst, dann unterlasse es nie, Unsere Liebe Frau zu preisen; denn sie – die reine, makellose Jungfrau – brachte den Herrn zur Welt.
Und mit der Kühnheit eines Kindes darfst du dem Herrn zurufen: Geliebter Jesus, gepriesen sei die Mutter, die Dich geboren hat.
Gewiß wird Er darüber Freude empfinden und deine Seele mit noch mehr Liebe erfüllen

71 Der Evangelist Lukas berichtet, daß Jesus im Gebet verweilte…: Wie wird
wohl das Gebet Jesu gewesen sein…
Betrachte in Ruhe diese Szene: Die Jünger im Gespräch mit Jesus Christus. In diesen Unterhaltungen lehrt Er sie – auch mit Werken – , wie sie beten sollen und wie wunderbar die göttliche Barmherzigkeit ist, Er lehrt sie, daß wir Kinder Gottes sind und daß wir uns an Ihn wenden dürfen, so wie eben das Kind sich an den Vater wendet.

72 Jeden Tag beginnt deine Arbeit an der Seite Christi neu; jeden Tag auch die Sorge um die vielen Seelen, die Ihn noch nicht kennen. Sei überzeugt, daß du beidem nur gerecht werden kannst, wenn du immer und immer wieder zu Jesus Zuflucht nimmst – das ist der einzige Weg!
Nur im Gebet und mit der Hilfe des Gebetes lernen wir es, den Mitmenschen zu dienen!

73 Beten besteht nicht in schönen Worten, nicht in frommen Absichtserklärungen, nicht in Trostsprüchen…
Gebet: das ist ein Blick auf ein Bild des Herrn oder seiner heiligsten Mutter, eine Bitte in schlichten Worten oder das Aufopfern einer guten Tat, die Darbringung der Früchte unserer Treue…
Wie der Soldat, der Wache hält, so müssen wir vor den Toren Gottes stehen. Oder wie ein Hund zu Füßen seines Herrn liegt, so bergen wir uns bei Gott. Das ist Gebet!
Es soll dir nichts ausmachen, dem Herrn zu sagen: Herr, da bin ich, wie ein treuer Hund; oder – noch besser – wie ein Eselchen, das ja nie nach einem, der es liebt, ausschlagen wird.

74 Wir alle müssen "ipse Christus", Christus selbst sein. So gebietet es uns der heilige Paulus im Namen Gottes: "induimini Dominum Iesum Christum" – legt den Herrn Jesus Christus an.
Jeder von uns – auch du – muß zusehen, wie er dieses Gewand, von dem der Apostel spricht, anzieht. Jeder muß in einem ganz persönlichen, nie versiegenden Dialog mit dem Herrn stehen.

75 Dein Gebet darf sich nicht in bloßen Worten erschöpfen. Es muß in die Wirklichkeit eingreifen und praktische Folgen zeitigen.

76 Beten ist der Weg, um alles Übel, das uns leiden macht, zu überwinden.

77 Ich gebe dir einen Rat, den ich niemals müde werde zu wiederholen: sei maßlos in der Liebe zur Mutter Gottes, die unsere Mutter ist.

78 Die heroische Hingabe, die Heiligkeit, der Wagemut erfordern eine ständige geistliche Einübung. Du kannst deinen Mitmenschen immer nur von dem geben, was du selber hast; und wenn du Gott etwas geben willst, mußt du mit Ihm Umgang pflegen, mußt du "sein Leben leben", Ihm dienen…

79 Ich höre nicht auf, es dir immerfort zu wiederholen, damit es sich tief in deine Seele einprägt: sei fromm, sei wirklich fromm! Denn wenn du dich gegen die Liebe verfehlst, so geschieht dies nicht, weil du einen schlechten Charakter hättest, sondern weil dein inneres Leben kümmerlich ist.

80 Wenn du ein gutes Kind Gottes bist, wird es dir ähnlich wie dem Kleinen ergehen, das beim Aufstehen und beim Zubettgehen die Eltern um sich haben will: dein erster und dein letzter Gedanke des Tages werden Ihm gelten.

81 Sei in den Frömmigkeitsübungen, die du dir vorgenommen hast, beständig – fordere sie dir ab, gerade wenn du müde bist oder sie dir öde vorkommen. Dann harre aus. Solche Zeiten des Gebetes sind wie die rotgestrichenen, langen Pflöcke im Hochgebirge. Wenn der Schnee alles bedeckt, bleiben sie immer noch gut sichtbar als Orientierungspunkte, die – immer! – den sicheren Weg markieren.

82 Gib dir aufrichtig Mühe, in jedem Augenblick zu tun, was Gott von dir erbittet. Hab den Willen, Ihn mit Werken zu lieben: mit kleinen Werken, die du aber niemals unterläßt.

83 Das innere Leben erstarkt dank der Mühe um die täglichen Frömmigkeitsübungen. Verrichte sie – nein, mehr: Erfülle sie mit Leben und Liebe, denn unser Weg als Kinder Gottes ist ein Weg der Liebe.

84 Suche Gott im Innersten deines unverdorbenen, reinen Herzens; in der Tiefe deiner Seele, wenn du Ihm treu bist! Und verliere niemals diese Vertrautheit mit Ihm!
Wenn du einmal nicht weißt, wie du zum Herrn sprechen sollst; wenn dir nichts einfällt oder du es nicht wagst, Jesus in dir zu suchen, dann flüchte zu Maria – sie ist die "tota pulchra", die ganz reine, wunderbare Jungfrau – , und vertraue dich ihr an: Du, unsere Herrin und Mutter, dich hat der Herr dazu auserkoren, mit deinen Händen Gott zu umhegen. Lehre mich – lehre uns alle! – den richtigen Umgang mit deinem Sohn!

85 Senkt in die Seelen als eine heroische Selbstverständlichkeit ein, daß die "kleinen Dinge" des Alltags wirklich vollendet und gewissenhaft verrichtet werden müssen – so als ob von jeder einzelnen dieser Kleinigkeiten das Heil der ganzen Welt abhinge!

86 Fromm zu leben heißt, die Tugenden üben zu lernen, die für die Existenz eines Kindes Gottes, eines Christen, grundlegend sind.
Neben diesen Grundtugenden wirst du dir auch eine Vielzahl von menschlichen Werten aneignen, die man für weniger wichtig halten könnte, die jedoch sehr wichtig sind: kleine, funkelnde Edelsteine, die wir auf unserem Weg sammeln, um sie – im Dienst an unseren Mitmenschen – vor Gottes Thron zu bringen: Einfachheit, Freude, Loyalität, Frieden, kleine Verzichte, unauffällige Dienste, treue Pflichterfüllung, Freundlichkeit…

87 Du solltest keine anderen Verpflichtungen kennen als… die Ehre Gottes, die Liebe zu Ihm, das Apostolat.

88 Der Herr hat dich deinen Weg als Christ mitten in der Welt klar erkennen lassen. Jedoch versicherst du mir, du hättest dir oft voller Neid – eigentlich sei es Bequemlichkeit, meintest du – das Glück ausgemalt, ein Unbekannter zu sein, der von allen übersehen im letzten Winkel dieser Erde arbeitet… Gott und du!
Neben der Vorstellung, als Missionar nach Japan zu gehen, lockt dich jetzt der Gedanke an jenes verborgene, entbehrungsreiche Leben… Würdest du aber versuchen – nachdem du dich von manchen gottgewollten natürlichen Verpflichtungen befreit hast – , dich in irgendeiner religiösen Einrichtung zu "verbergen", ohne daß dies deine Berufung wäre, dann würdest du nicht glücklich. Dir ginge der Friede ab, denn du hättest zwar deinen Willen, nicht aber den Willen Gottes getan.
Eine solche "Berufung" müßte man dann anders nennen; nämlich Flucht, und zwar nicht aufgrund göttlicher Eingebung, sondern aus bloßer menschlicher Angst vor kommenden Kämpfen. Das kannst du nicht wollen!

89 Sauberes Leben und heilige Reinheit sind stets einer ernsten Gefährdung ausgesetzt, die jeden von uns – auch die Verheirateten – betreffen kann: wir sind immer bedroht von einem Absacken im geistlichen wie auch im beruflichen Leben, das uns zu egozentrischen Eigenbrötlern macht, zu Menschen ohne Liebe…
Geh mit allen Kräften gegen diese Gefahr an, ohne dich auf irgendwelche Kompromisse einzulassen.

90 Immer werden wir dieses Eselchen, unseren Leib, mit uns herumschleppen. Wenn du aber dein Haften am sinnlichen Genuß überwinden willst, dann mußt du jeden Tag großherzig die kleinen Abtötungen – und gelegentlich auch die großen – üben. Sei dir dabei immer der Gegenwart Gottes bewußt, denn der Blick des Herrn ruht allezeit auf dir.

91 Deine Keuschheit darf sich nicht darauf beschränken, nur die Unkeuschheit oder die Gelegenheit dazu zu meiden. – Sie darf kein bloßes Nein sein, kein Ausdruck der Kälte und Gefühllosigkeit.
Ist dir klar, daß die Keuschheit eine Tugend ist und als solche wachsen und sich vervollkommnen muß?
Eine bloß deinem Stand gemäß disziplinierte Geschlechtlichkeit darf also nicht genügen. Es geht um die echte Tugend der Keuschheit, die oft heroisches Bemühen fordert.

92 "Bonus odor Christi" – die Ausstrahlung der vollkommenen Reinheit, die von Christus ausging.
Eine solche Atmosphäre muß auch um uns sein, und wir schaffen sie durch ein sauberes Leben, durch Keuschheit – die jeder gemäß seinem Lebensstand zu bewähren hat – , durch die heilige Reinheit, die freudige Bejahung bedeutet. Reinheit ist zart und fest zugleich, und ihrer taktvollen Zurückhaltung sind auch ordinäre Ausdrücke, die Gott mißfallen, tief zuwider.

93 Gewöhne dich daran, den heiligen Schutzengeln im voraus zu danken… Auf diese Weise verpflichtest du sie dir noch mehr.

94 "Gottesträger"… Jeden Christen sollte man mit diesem frühchristlichen Beinamen bezeichnen können. – Verhalte dich so, daß man dich zu Recht so nennen kann.

95 Denke einmal darüber nach, wie es wäre, wenn wir Christen nicht hielten, was unser Name verspricht… und korrigiere dann deine Lebensweise!

96 Sieh den Herrn hinter jedem Ereignis, hinter jeder Situation. So wird alles, was geschieht, in dir die Liebe vermehren und deinen Wunsch nach Treue vertiefen. Denn der Herr wartet auf uns überall und immer, und Er bietet uns die Möglichkeit, unseren einmal gefaßten Vorsatz "Serviam!" – Ich will Dir dienen! – stets von neuem zu erfüllen.

97 Laß jeden Tag von neuem den Wunsch nach Entsagung und Selbstverleugnung in dir wirksam werden; vergiß dein ich und lebe "in novitate sensus", das heißt in einem erneuerten Geist, der das Elend des eigenen Lebens eintauscht gegen die verborgene, aber unendliche Größe Gottes.

98 Gewähre mir, Herr, so sehr Dein eigen zu sein, daß auch die edelsten Gefühle nur durch Dein verwundetes Herz in mein Inneres gelangen.

99 Bemühe dich darum, taktvoll zu sein, mit guten Umgangsformen. Sei nicht grob!
Immer feinfühlig – aber nie geziert.

100 Die Liebe erreicht alles. Ohne Liebe bringen wir nichts zustande.
Liebe! Denn sie ist das eigentliche und tiefste Geheimnis deiner Existenz. Liebe! Ertrage die Leiden freudig. Stärke deine Seele, festige deinen Willen. Bekräftige deine Hingabe an den Willen Gottes. Dann wird dein Leben Frucht bringen.

101 Sei so einfach und fromm wie ein Kind – und dabei tapfer und stark wie ein Held.

102 Die Welt kann den Frieden, der Freude mit sich bringt, nicht geben.
Die Menschen sind ständig dabei, Frieden zu schließen, und ständig dabei, Kriege zu entfesseln. Woran das liegt? Sie haben die Lehre vergessen, daß man im eigenen Innern kämpfen und sich auf die Hilfe Gottes stützen muß, damit Er der Sieger sei und sein Friede herrsche – im eigenen Herzen, im eigenen Zuhause, in der Gesellschaft und in der Welt.
Werfen wir uns in die Arme Gottes! Dann werden du und ich von jener Freude erfüllt werden, die denen, die siegen, zuteil wird. Und wir werden Siegen, wenn Gott – der keine Schlacht verliert – uns mit seiner Gnade beisteht, und beistehen wird Er uns, wenn wir demütig sind.

103 Dein Leben und deine Arbeit dürfen nicht negativ ausgerichtet, nicht von einer "Anti-Haltung" geprägt sein. Sie sollen vielmehr Ausdruck von Bejahung und Optimismus sein, von Jugend, Freude und Frieden!

104 Im Leben der Völker gibt es zwei Bereiche, die von entscheidender Bedeutung sind: die Gesetze über Ehe und Familie und die über die Erziehung. Hier müssen die Kinder Gottes – aus Liebe zu allen Menschen – feste Grundsätze vertreten und sich selbstlos einsetzen.

105 Die Freude ist ein christliches Gut. Wir besitzen dieses Gut, solange wir kämpfen, denn es ist Frucht des Friedens, und der Friede ist die Frucht des Sieges im Kampf, und das Leben des Menschen auf Erden – so sagt uns die Heilige Schrift – ist Kampf.

106 Der Kampf, den wir in der Liebe Gottes führen, ist eine herrliche Aussaat des Friedens.

107 Wer aufhört zu kämpfen, der schadet der Kirche, dem von Gott gewollten Werk, dem er sich verschrieben hat, seinen Brüdern und allen Menschen.
Prüfe dich.. Könntest du nicht mehr inneren Schwung in dein geistliches Ringen hineinlegen? – Ich bete für dich… und für alle. Tu du es auch.

108 Jesus: Wenn es in mir etwas gibt, das Dir mißfällt, so sage es mir. Wir wollen es gemeinsam ausmerzen.

109 Es gibt einen Feind des inneren Lebens, der klein ist und dumm – und doch leider höchst wirksam: die Oberflächlichkeit bei der Prüfung des Gewissens.

110 Christliche Frömmigkeit verlangt nach Gewissenserforschung. Sie entspricht den Forderungen der Liebe und des Feingefühls dem Herrn gegenüber.

111 Wenn irgend etwas nicht im Einklang steht mit der Haltung, die Gott von dir erwartet, dann laß sofort davon ab!
Denke an die Apostel: Sie waren schwach und mit vielen Fehlern behaftet, aber im Namen des Herrn haben sie Wunder gewirkt. Nur Judas – der ja vielleicht anfangs auch Wunder gewirkt hat – verirrte sich, weil er sich aus freiem Willen von Christus abwandte und nicht bereit war, entschieden und mutig mit dem, was Gott zuwider war, zu brechen.

112 Mein Gott: Wann endlich werde ich mich bekehren?

113 Warte nicht auf das Alter, um heilig zu werden. Das wäre ein großer Irrtum!
Beginne schon jetzt damit, ernsthaft, begeistert und voll Freude, dich durch deine Pflichterfüllung, durch deine Arbeit, durch deinen Alltag zu heiligen.
Und noch einmal sage ich dir: warte nicht auf das Alter, um heilig zu werden! Nicht nur, weil es ein schwerer Irrtum wäre – du weißt ja auch gar nicht, ob du das "Alter" überhaupt erreichen wirst…

114 Bitte den Herrn darum, Er möge dir die nötige innere Sensibilität schenken, damit du die Häßlichkeit der läßlichen Sünden erkennst und sie als wirklichen, radikalen Feind deiner Seele begreifen lernst. Und damit du sie mit Gottes Gnade meidest.

115 Denke nach über dein Leben, in Ruhe und ohne Ängstlichkeit. Bitte dann um Vergebung und fasse den festen, konkreten und genau definierten Vorsatz, dich in diesem oder jenem zu bessern: in einem Punkt, der dir schwerfällt, oder in einem anderen, von dem du weißt, daß du ihn nicht so beachtest, wie es sein müßte…

116 Es ist ein heiliges Drängen, das Gott wohlgefällt, wenn du viele hochherzige Wünsche hegst. Bleibe aber nicht beim Wünschen stehen, sei ein Mann, eine Frau der Tat! Willst du, daß das Wünschen zu Handeln wird, so fasse klare und bestimmte Vorsätze.
Und dann, mein Kind, kämpfe mit Gottes Hilfe um ihre Verwirklichung!

117 Du hast Feuer gefangen und fragst mich: Was kann ich tun, damit meine Liebe zum Herrn dauerhaft wird und weiter wächst? Nun, mein Kind… Schritt für Schritt den alten Menschen in dir ablegen, und zwar auch in manchen Dingen, die an sich gut sein mögen, aber doch die Loslösung von deinem eigenen Ich verhindern… Mit anderen Worten: du mußt ständig und in all deinem Tun dem Herrn sagen: "Da bin ich… Mache mit mir, was Du willst…"

118 Heilig werden! Wer sich Kind Gottes weiß, sollte ruhig in den Tugenden übertreiben, falls darin Übertreibung möglich wäre… Er muß sein Ziel sehr hoch stecken, damit die Menschen, die sich in ihm wie in einem Spiegel anschauen, zumindest eine durchschnittliche Höhe erreichen.

119 Schäme dich nicht, wenn du in deinem Herzen den "fomes peccati", den Hang zum Bösen entdeckst. Du wirst ihn verspüren, solange du lebst; niemand ist frei von dieser Last.
Schäme dich nicht, denn der allmächtige und barmherzige Herr hat uns alle erforderlichen Mittel gegeben, damit wir diese Neigung zum Bösen in uns überwinden können: die Sakramente, das Gebetsleben, die Gott dargebrachte Arbeit.
Nutze diese Mittel beharrlich, mit der Bereitschaft, immer wieder zu beginnen, ohne den Mut zu verlieren.

120 Herr, befreie mich von mir selbst!

121 Ein Apostel, dem das regelmäßige Gebet nicht zur Selbstverständlichkeit wird, verfällt unausweichlich der Lauheit. Er hört auf, Apostel zu sein.

122 Herr: Ich möchte von jetzt an ein anderer werden: nicht mehr "ich", sondern "der", den Du Dir wünschst.
Ich möchte mich keiner Deiner Bitten versagen. Ich möchte beten lernen… und leiden lernen… und für nichts anderes Sorge tragen als für Deine Ehre.. und immerfort Deine Gegenwart erfahren.
Ich möchte den Vater lieben… und Dich, mein Jesus, in nie endender Kommunion ersehnen… und brennen im Feuer des Heiligen Geistes.

123 "Meus es tu" – du bist mein, hat der Herr dir gesagt.
Gott, der die Herrlichkeit und die Weisheit, die Größe und die Güte selber ist, spricht so zu dir. Sein bist du!… Und du bleibst stumm und antwortest nicht darauf!

124 Es soll dich nicht beunruhigen, wenn du in deinem Leben jene Last verspürst, von der Paulus sagt: "Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das mit dem Gesetz meiner Vernunft im Streit liegt." Vergegenwärtige dir dann, daß du zu Christus gehörst, und eile zur Mutter Gottes, die deine Mutter ist. Sie werden dich nicht verlassen!

125 Nimm die Ratschläge, die du in der geistlichen Leitung empfängst, so an, als kämen sie von Jesus Christus selbst.

126 Du hast um einen Rat gebeten, wie du in deinen täglichen Kämpfen bestehen kannst. Ich antwortete dir: Wenn du dein Herz öffnest, bring zuerst das zur Sprache, wovon du nicht möchtest, daß es bekannt wird. Auf diese Weise wird der Teufel jedesmal besiegt.
Öffne die Tore deiner Seele sperrangelweit, sei ganz klar und einfach, damit die Sonne der Liebe Gottes sie bis in den letzten Winkel hinein erleuchten kann.

127 An einer Stelle im Evangelium ist von einem "stummen Teufel" die Rede. Dringt er in die Seele ein, dann verdirbt er alles. Treiben wir ihn aber aus, so wird alles gut: wir gehen froh unseres Weges und kommen voran.
Fester Vorsatz für deine geistliche Aussprache: schonungslose Aufrichtigkeit, mit Takt und prompt.

128 Wisse die Hilfe deines geistlichen Leiters zu schätzen, suche sie! In der vertraulichen Aussprache mit ihm enthülle dein Herz ganz – auch dann, wenn es voller Fäulnis ist! Aufrichtig und mit dem Wunsch, geheilt zu werden. Sonst wird die Fäulnis niemals verschwinden.
Wenn du dich an jemanden wendest, der deine Wunden nur oberflächlich versorgen kann, dann bist du feige: Im Grunde willst du die Wahrheit geheimhalten und schadest dir damit selbst.

129 Hab niemals Angst, die Wahrheit zu sagen. Zwar mußt du beachten, daß es manchmal besser ist, aus Nächstenliebe zu schweigen, niemals aber darfst du aus Nachlässigkeit, Bequemlichkeit oder Feigheit schweigen.

130 Die Welt lebt von der Lüge. Und doch kam die Wahrheit schon vor zwanzig Jahrhunderten zu den Menschen.
Man muß die Wahrheit sagen! Dafür müssen wir als Kinder Gottes eintreten. Wenn die Menschen sich daran gewöhnen, die Wahrheit zu verkünden und sie zu hören, wird es auf unserer Erde mehr Verständnis untereinander geben.

131 Nachgiebigkeit in Fragen der Glaubenswahrheiten wäre falsch verstandene Nächstenliebe, eine Schlinge des Teufels und im Grunde Lüge. Der Apostel Petrus mahnt, "fortes in fide" zu sein, stark und fest im Glauben.
Das hat nichts mit Fanatismus zu tun, sondern heißt ganz schlicht, den Glauben zu leben. Darin liegt keine Lieblosigkeit gegenüber anderen Menschen. In allem Unwesentlichen geben wir nach, aber ein achselzuckender Kompromiß hinsichtlich des Glaubens selbst ist unmöglich. Wir dürfen das Öl unserer Lampen nicht weggeben, denn sonst findet der Bräutigam, wenn er kommt, die Lampen erloschen.

132 Demut und Gehorsam sind unerläßliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Lehre Christi.

133 Das Wort des Papstes sollst du mit frommer, demütiger und zur Tat bereiter innerer Zustimmung aufnehmen. Und es dann auch weitergeben!

134 Liebe und verehre den Heiligen Vater, bete und bringe Opfer für ihn! Deine Liebe zu ihm soll mit jedem Tag wachsen! Er ist das Felsenfundament der Kirche. In ihm dauert der Dienst der Heiligung und der Leitung der Kirche, den Jesus dem Apostel Petrus anvertraute, durch die Jahrhunderte bis zum Ende der Zeiten fort.

135 Größte Wertschätzung und Liebe, tiefe Verehrung, ergebenen Gehorsam und herzliche Anteilnahme sollst du dem Papst, dem Stellvertreter Christi auf Erden, entgegenbringen.
Wir Katholiken müssen bedenken: Nach Gott und nach der heiligen Maria, unserer Mutter, folgt in der Rangordnung der Liebe und Autorität der Heilige Vater.

136 Betrachte täglich im Gebet die schwere Last, die der Papst und die Bischöfe auf ihren Schultern tragen. Das wird dir ein Ansporn sein, sie zu ehren, in echter Anteilnahme zu lieben und mit deinem Gebet zu unterstützen.

137 Laß deine Liebe zur heiligsten Jungfrau lebendiger, übernatürlicher werden!
Suche sie nicht nur auf, um zu bitten, sondern auch um ihr etwas zu schenken, nämlich deine Warmherzigkeit, deine Liebe zu ihrem göttlichen Sohn und den Vorsatz, diese deine Liebe im Dienst an deinen Mitmenschen – die ja auch ihre Kinder sind – zu bewähren.

138 Jesus ist unser Vorbild: Ahmen wir Ihn nach! – Ahmen wir Ihn nach, indem wir der heiligen Kirche und allen Menschen dienen.

139 Wenn du über das Geschehen der Menschwerdung nachdenkst, dann festige in deiner Seele die Bereitschaft zur konkreten, gelebten Demut. Sieh doch, wie Er sich erniedrigte, wie Er unsere armselige Natur annahm.
Auch du solltest jeden Tag mit Hilfe der Gnade bereit sein, sofort die Demütigungen anzunehmen – zu bejahen – , die Gott dir schickt.

140 Lebe dein christliches Leben natürlich und unbefangen. Ich kann es nicht eindringlich genug wiederholen: Deine Lebensweise soll Christus wie in einem guten Spiegel sichtbar werden lassen: unverzerrt, nicht als Karikatur. Bist du selbst ein solch normaler, guter Spiegel, dann können die anderen in ihm das Leben Christi klar erkennen.

141 Wenn du innerlich leer bist, wenn du nur auf deine eigene Bequemlichkeit bedacht bist, wenn du meinst, alle anderen Menschen und überhaupt die ganze Welt müßten um dich kreisen – dann hast du kein Recht, dich Christ zu nennen und dich für einen Jünger Christi zu halten; denn Er hat uns eindeutig den Maßstab seiner Forderungen angegeben: nämlich für jeden einzelnen Menschen "et animam suam", das ganze Leben hinzugeben.

142 Die "Demut des Verstandes" sollte für dich ein ganz selbstverständlicher Grundsatz sein.
Denke einmal in Ruhe darüber nach… Ist es nicht unbegreiflich, wie so mancher dem "intellektuellen Hochmut" verfallen ist? Ein heiliger Kirchenlehrer sagte treffend dazu: "Es ist eine abstoßende Verirrung, wenn der Mensch, der Gott selbst Kind werden sieht, sich auf dieser Erde groß aufspielen will."

143 Wer auch immer in deine Nähe kommt – laß die Chance nicht vorübergehen, ihn unbefangen mit deiner Freude anzustecken…, mit der Lebensfreude der Kinder Gottes!

144 Groß und schön ist die Sendung, die der göttliche Meister uns anvertraut hat: zu dienen! Die Bereitschaft zu dienen verleiht dem Menschen eine innere Würde und entspricht genau der Liebe zur Freiheit, die die Arbeit eines Christen prägen muß!

145 Keinem Menschen darfst du deine Barmherzigkeit vorenthalten. Scheint es dir einmal so, daß einer sie nicht verdiene, dann bedenke, daß auch du nichts "verdienst". Ganz ohne dein "Verdienst" bist du erschaffen worden, bist du Christ, Kind Gottes, Angehöriger deiner Familie…

146 Vernachlässige nicht die Übung der brüderlichen Zurechtweisung. Sie bezeugt wirksam die übernatürliche Tugend der Liebe. Sie kann schwerfallen; ihr aus dem Wege zu gehen, mag bequem sein – sehr bequem sogar – , aber es verrät Mangel an übernatürlicher Zuwendung.
Für solche Unterlassungen wirst du Gott Rechenschaft ablegen müssen.

147 Mußt du jemandem eine brüderliche Zurechtweisung erteilen, dann mit Fingerspitzengefühl, was Form wie Inhalt angeht; denn in diesem Augenblick bist du ein Werkzeug Gottes.

148 Wenn ihr es wirklich versteht, einander zu lieben und in einer warmherzigen Verbundenheit zu leben – die letztlich in der zartfühlenden Liebe Christi wurzelt – ,
dann werdet ihr euch gegenseitig stützen. Und einer, der vielleicht gestolpert wäre, wird sich von der spürbaren festen Brüderlichkeit getragen und angespornt fühlen, Gott treu zu bleiben.

149 Stärke in dir den Willen zur Opferbereitschaft in den kleinen Dingen der Nächstenliebe, um allen Menschen deiner Umgebung den Weg der Heiligkeit mitten in der Welt liebenswert zu machen. Manchmal kann ein Lächeln der deutlichste Ausdruck für den Geist der Buße sein.

150 Sei jeden Tag gerne und von Herzen bereit, dir im Dienst an den anderen Menschen das Leben ein wenig "sauer" zu machen. Tu es freudig und unauffällig, damit sie es etwas leichter haben in ihrem Alltag.
Das war die Art, wie Christus die Menschen geliebt hat.

151 Sei immer bestrebt, daß da, wo du bist, die gute Laune, die echte Freude herrschen, die Frucht des inneren Lebens sind.

152 Achte stets darauf – und das kann bisweilen eine hervorragende Übung der Selbstzucht sein! – , daß deine Unterhaltungen nicht um dich kreisen.

153 Hier hast du einen Rat für deine Gewissenserforschung:
Habe ich heute im Geist der Sühne die Widrigkeiten angenommen, die Gott für mich bestimmt hatte? Auch die, die ihren Grund in der Eigenart meiner Mitmenschen hatten? Und auch die, die von meiner eigenen Armseligkeit verursacht wurden?
Habe ich dem Herrn den Schmerz über die Beleidigungen, die ich Ihm – so oft! – zufügte, als Sühne aufgeopfert? Habe ich Ihm auch meine innere Beschämung aufgeopfert, die ich, demütig und meines schmählichen Vergehens bewußt, darüber empfinde, daß ich auf dem Weg des wirklichen Christseins nur so unendlich langsam vorankomme?

154 Wiederkehrende, regelmäßige Abtötung – ja! Aber sei nicht 'manisch' auf sie fixiert.
Sie brauchen nicht immer gleich zu sein: das eigentlich Regelmäßige und immer Wiederkehrende, das Gewohnte – jedoch ohne Gewöhnung – soll der Wille zur Abtötung sein.

155 Es drängt dich, in die Fußstapfen Jesu zu treten, Ihn "als Gewand anzulegen", Ihm gleichförmig zu werden… Laß also deinen Glauben tätig und bereit zum Opfer und zum Dienst sein. Und schiebe alles beiseite, was dich daran hindert.

156 Heiligkeit hat die lockere Art entspannter Muskeln. Wer heilig werden will, versteht es, unverkrampft zu sein: während er etwas, das ihm unangenehm ist, tut, unterläßt er in Freude und Dankbarkeit etwas anderes, das ihm auch schwerfällt – vorausgesetzt, es handelt sich dabei nicht um eine Beleidigung Gottes. Würden wir Christen uns anders verhalten, liefen wir Gefahr, starr und leblos wie Puppen zu werden.
Heiligkeit hat nicht die Starrheit von Pappmaché – sie vermag zu lächeln, ist biegsam und kann warten. Sie ist Leben: übernatürliches Leben.

157 Verlaß mich nicht, Mutter! Gib, daß ich deinen Sohn suche, daß ich deinen Sohn finde, daß ich deinen Sohn Liebe – aus ganzer Seele!
Gedenke meiner, Mutter Maria, gedenke meiner!

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158 Wenn unser Blick getrübt ist und unsere Sehkraft schwindet, müssen wir dichter an die Lichtquelle herantreten. Christus hat uns gesagt, daß Er das Licht der Welt ist und gekommen, um die Kranken zu heilen.
Deshalb sollen deine Krankheiten und – falls Gott sie zuläßt – deine Stürze dich nicht von Christus entfernen, sondern vielmehr dich Ihm nähern!

159 In meinem Elend, klagte ich einem Freund, sei es mir so, als ob Jesus an mir vorüberginge und mich allein ließe. Doch sogleich berichtigte ich mich, reuig und voll Vertrauen: Es stimmt nicht, Herr, meine Liebe! Ich bin es, der an Dir vorübergeht… Nie wieder, Herr!.

160 Erbitte vom Herrn die Gnade, dich läutern zu können durch Liebe und in beständigem Geist der Buße.

161 Wende dich an die Gottesmutter und bitte sie – als Erweis ihrer Liebe zu dir – um das Geschenk der Reue und der Zerknirschung über deine Sünden und über die Sünden aller Männer und Frauen aller Zeiten.
In solcher Haltung wage ihr dann zu sagen: Du, meine Mutter, mein Leben, meine Hoffnung: halte mich fest an deiner Hand… Wenn es zur Stunde in mir irgend etwas gibt, das Gott, meinem Vater, mißfällt, so laß es mich erkennen. Zusammen wollen wir es dann mit den Wurzeln herausreißen.
Setze dein Gebet in kindlichem Vertrauen fort: O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria: bitte für mich, damit ich den so überaus liebenswerten Willen deines Sohnes zu erfüllen vermag und so würdig werde, die Verheißungen unseres Herrn Jesus Christus eines Tages glückselig an mir erfüllt zu sehen.

162 Meine himmlische Mutter: Gewähre mir, daß ich zurückfinde zum innigen Gebet, zur Hingabe, zur Selbstverleugnung – mit einem Wort: daß ich die Liebe neu entdecke!

163 Sei nicht so träge! Warte nicht auf das neue Jahr, um Entscheidungen zu treffen! Für einen guten Entschluß ist jeder Tag geeignet. "Hodie, nunc!" – Heute, jetzt.
Es sind in der Regel phlegmatische Spießer, die immer erst "morgen" oder "übermorgen" anfangen wollen – und letzten Endes fangen sie doch nie an…

164 Ich gebe zu, du hast aus Schwäche schlecht gehandelt. Doch bleibt mir unverständlich, weshalb sich nicht sofort dein Gewissen in aller Klarheit meldet; denn du darfst nicht das Böse tun und dann sagen oder meinen, es sei in Ordnung gewesen oder ohne Bedeutung.

165 Halte dir stets vor Augen: die geistigen Kräfte nähren sieh von dem, was ihnen die Sinne darbieten. Wache also über deine Sinne!

166 Du verlierst den Frieden – und du weißt das sehr genau – , wenn du dich auf eine Bahn locken läßt, die von deinem Wege wegführt.
Reiß dich zusammen! Sei konsequent und verantwortungsbewußt!

167 Die unauslöschliche Erinnerung an die Wohltaten, die Gott dir gespendet hat soll dir immer ein mächtiger Ansporn sein – besonders aber in den Zeiten der Bedrängnis.

168 Es gibt eine einzige tödliche Krankheit, einen einzigen Fehler, der verhängnisvoll ist: mit dem Sturz einverstanden zu sein und nicht mehr im Geiste der Gotteskindschaft kämpfen zu wollen. Wo diese persönliche Anstrengung unterbleibt, wird die Seele wie von einer Lähmung befallen, einsam liegt sie darnieder und verdorrt.
Wie einst der Gelähmte am Bethesda-Teich Jesus klagte: "Hominem non habeo", so muß nun umgekehrt der Herr zu dem Resignierenden sagen: Ich finde in dir keinen Menschen, der mir hilft.
Wie beschämend, wenn Jesus in dir nicht den Mann, die Frau findet, die Er erwartet hat…

169 Der asketische Kampf ist keine Verneinung der Lebensfreude, keine verdrießliche Angelegenheit: Er ist frohe Lebensbejahung. Er ist wie Sport.
Der echte Sportler strebt nicht danach, nur ein einziges Mal zu siegen und das beim ersten Anlauf. Er plant weit voraus und trainiert lange, ohne Nervosität, mit fester Zuversicht. Immer wieder versucht er es. Auch wenn er das erste Mal keinen Erfolg hat, gibt er nicht auf, bis er das Ziel erreicht hat.

170 Alles erwarte ich von Dir, mein Jesus: bekehre mich!

171 Jener Priester, unser gemeinsamer Freund, der seiner Unterschrift den Beinamen "Sünder" hinzufügte, war von der Wahrheit dieser Aussage überzeugt.
Mein Gott: läutere auch mich!

172 Wenn du einen Fehler begangen hast, sei er groß oder klein, wirf dich sofort in die Arme Gottes! Richte dich auf an den Worten des Psalms: "Cor contritum et humiliatum, Deus, non despicies" – ein zerknirschtes, gedemütigtes Herz wird der Herr niemals verschmähen, niemals von sich weisen.

173 Gib dir in Verstand und Herz einmal Rechenschaft darüber, wie oft du, nachdem du gefallen warst, wieder aufgerichtet wurdest, wie oft du, nachdem dir vergeben war, vom Herrn wieder an sein Herz gedrückt worden bist!
Rufe dir das in Erinnerung – und trenne dich nie mehr von Ihm.

174 Du kommst dir vor wie ein Diener, dem sein Herr die Livree abgenommen und den er vor die Tür gesetzt hat. Als bloßer Sünder begreifst du, weshalb unsere Stammeltern das "Nacktsein" so schmerzlich empfanden…
Eigentlich müßtest du ununterbrochen weinen, und tatsächlich hast du oft geweint und viel gelitten. Und doch bist du sehr glücklich und möchtest mit keinem tauschen. Denn seit vielen Jahren erfüllt dich das "gaudium cum pace", jene gelassene Freude, die nie vergeht. Du dankst Gott dafür und möchtest allen Menschen das Geheimnis dieses Seelenfriedens vermitteln.
Zwar ist dir das Gerede der Leute gleichgültig…, aber man versteht gut, daß du den Ruf hast, ein Mensch zu sein, der Frieden ausstrahlt.

175 Manche Menschen tun nur das, was – vermeintlich – ausschließlich in ihren Händen liegt, in den Händen gebrechlicher Geschöpfe… So vergeuden sie ihre Zeit, um am Ende wie Petrus sagen zu müssen: "Praeceptor, per totam noctem laborantes nihil cepimus!" – Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen.
Sie arbeiten "auf eigene Kappe", getrennt von der Einheit mit der Kirche. Aber welchen Sinn kann ein Apostolat, losgelöst von der Kirche, haben?
Sie müssen einsehen, daß sie, auf sich selbst gestellt, nichts ausrichten können. Hilf du ihnen, damit sie verstehen, was jener Abschnitt des Evangeliums sie und uns alle lehrt: "In verbo autem tuo laxabo rete" – im Vertrauen auf Dein Wort will ich das Netz auswerfen. Erst dann wird der Fischfang erfolgreich und lohnend sein.
Wie wohlgefällig ist es in den Augen Gottes, die eigenen Absichten zu läutern, wenn man – aus welchen Gründen auch immer – eine apostolische Arbeit "auf eigene Kappe" betrieben hat.

176 Ich schreibe ab, was du geschrieben hast: "'Domine, tu scis quia amo te!' – Herr, Du weißt, daß ich Dich liebe! Wie oft, Jesus, wiederhole ich wie einen schmerzlich-seligen Refrain diese Worte, die der von Dir erwählte Petrus sprach! Ja, ich weiß, daß ich Dich liebe… Aber ich bin meiner selbst unsicher… Deshalb wage ich es nicht, meine Liebe unumwunden zu bekennen. Ich finde so viele Verleugnungen in meinem sündigen Leben! 'Tu scis, Domine!' – Du weißt, daß ich Dich liebe! Ich wünschte, Jesus, mein Tun und Lassen möchten diese Stimme meines Herzens niemals Lügen strafen!"
Sei beharrlich in diesem Gebet! Er wird es gewiß erhören.

177 Bete vertrauensvoll: Herr, wären meine Tränen doch aus wirklicher Liebesreue geflossen!
Bitte Ihn demütig darum, daß Er dir diesen Schmerz aus Liebe schenkt, den du ersehnst.

178 Wieviel Gemeinheit in meinem Verhalten. Wieviel Untreue angesichts der Gnade Gottes!
Du, meine Mutter, Zuflucht der Sünder, bitte für mich, damit ich nie wieder das Wirken Gottes in meiner Seele erschwere.

179 So viele Jahre schon Christus nahe und was für ein Sünder bin ich immer noch!
Und wie liebevoll hat Jesus dich angenommen! Berührt es dich nicht schmerzlich, wenn du daran denkst?!

180 Keineswegs fehlt mir die wahre Freude, im Gegenteil! Und doch möchte ich, wenn ich auf meine Erbärmlichkeit sehe, wie Paulus ausrufen: Ich unglücklicher Mensch!
Es wächst der Wunsch, von Grund auf die Hindernisse zu beseitigen, die das eigene Ich errichtet hat.

181 Erschrick nicht! Laß den Mut nicht sinken, wenn du deine Fehler entdeckst… Und was für Fehler!
Streng dich an, sie zu überwinden. Und sei in deinem Ringen gewiß, daß es für dich gut ist, all diese Schwächen zu spüren; sonst würdest du hochmütig werden, und Hochmut trennt von Gott.

182 Betrachte die Güte Gottes und staune! Du gehst gebeugt unter der quälenden Last deines leiblichen und geistlichen Elends, das die Mitgift deiner staubgeborenen Existenz ist – und trotzdem, mehr noch: gerade deshalb will Christus in dir leben!
Ja, gerade angesichts dieser deiner Lage sollst du den Ruf Gottes nur um so deutlicher in dir vernehmen: Christus Gott und Mensch versteht mich und hilft mir, denn Er ist mein Bruder und mein Freund.

183 Du bist sehr glücklich, obwohl du manchmal wie eine kalte Hand eine Traurigkeit nach dir greifen fühlst, die sich gleichsam als eine Schicht von Trübsal über deine Seele breitet.
Und wirklich können beide, Freude und Trauer, zusammenwohnen, jede in dem ihr eigenen Teil: die Freude in dem neuen, die Trauer in dem alten Menschen…

184 Die Demut erwächst als Frucht der Gotteserkenntnis und der Selbsterkenntnis.

185 Ich bitte Dich, Herr, um die Gabe der Liebe: eine Liebe, die mich rein macht… – Und noch um eine weitere Gabe bitte ich Dich: um Selbsterkenntnis, damit ich demütig werde.

186 "Heilig" sind die zu nennen, die bis zum letzten Atemzug kämpfen; die es fertigbringen, nach jedem Fehltritt, nach jedem Sturz von neuem sich zu erheben und ihren Weg weiterzugehen: in Demut, in Liebe, in Hoffnung.

187 Wenn deine Verirrungen dich demütig machen, wenn sie dich dahin bringen, entschlossener nach der starken Hand Gottes zu greifen, dann sind sie ein Weg zur Heiligkeit: "felix culpa" – selige Schuld! – singt die Kirche.

188 Das Gebet – auch mein Gebet – ist allmächtig.

189 Die wahrhaft demütige Seele läßt beim Anblick der eigenen Fehler den Mut nicht sinken.
Echte Demut drängt nur zu einem: um Vergebung zu bitten!

190 Wenn ich ein Aussätziger wäre, so würde meine Mutter mich dennoch umarmen und küssen, ohne Angst, ohne Sorge…
Und die Muttergottes? – Gewahren wir unseren Aussatz, sehen wir uns von Geschwüren bedeckt, dann rufen wir zu ihr: Mutter! Und ihre schützende Fürsorge ist wie ein Kuß, der uns Heilung bringt.

191 Im Bußsakrament schenkt uns Jesus Christus seine Vergebung.
Dort werden uns die Verdienste Christi zugewandt, der aus Liebe zu uns am Kreuz hängt, die Arme weit ausgebreitet und mehr durch seine Liebe an das Marterholz geheftet als durch die Nägel.

192 Bist du, mein Kind, zu Fall gekommen, dann geh sofort zur Beichte und zur geistlichen Aussprache: Zeige deine Wunde. Vielleicht ist ein chirurgischer Eingriff nötig, der weh tut – aber nur so kann man sie heilen und die Gefahr einer Infektion beseitigen

193 Die Aufrichtigkeit ist für den Fortschritt auf dem Weg zum Einssein mit Gott unentbehrlich.
Wenn du in deinem Herzen einen Stein mit dir herumschleppst, mein Kind: weg damit! Tu, was ich dir immer geraten habe: Sag zuerst das, wovon du nicht möchtest, daß es bekannt wird. Wie erleichtert ist man dann, wenn einem in der Beichte dieser Stein vom Herzen genommen wurde!

194 "Nam, et si ambulavero in medio umbrae mortis, non timebo mala" – Muß ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil. Weder meine irdischen Gebrechen noch die Versuchungen des Feindes können mich ängstigen, "quoniam tu mecum es" – denn Du bist bei mir.

195 Nachdem ich gerade meine Erbärmlichkeit betrachtet hatte, Jesus, sagte ich Dir: Laß Dich von diesem Deinem Sohn beschwindeln, so wie gutmütige, herzliche Eltern es tun, wenn sie ihrem Kind das Geschenk zustecken, das das Kleine ihnen dann "schenken" wird… Auch das Kind weiß ja, daß es aus sich selbst nichts schenken könnte.
Und wie freuen sich Vater und Kind, auch wenn sie beide Bescheid wissen!

196 Jesus, Du bist meine Liebe, und doch, leider kann es geschehen, daß ich Dich von neuem beleidige!… "Tuus sum ego,… salvum me fac!" – Ich bin Dein: Rette mich!

197 Du erkennst, wie wenige Tugenden du besitzt, wie ungeeignet du bist, wie unfähig… Fühlst du nicht den Wunsch in dir, wie der blinde Bartimäus zu rufen: Jesus, Sohn Davids, erbarme Dich meiner!?
Ein herrliches Stoßgebet, das du oft wiederholen solltest: Herr, erbarme Dich meiner!
Er wird deinen Ruf vernehmen und ihn erhören.

198 Nähre in deiner Seele das Verlangen nach Sühne, um jeden Tag tiefer bereuen zu können…

199 Wenn du treu bist, wirst du schließlich siegen.
Du wirst in deinem Leben manche Schlacht verlieren, doch keine definitiven Niederlagen erleiden. Denn sei gewiß: Es gibt kein Scheitern, wenn du mit lauterer Absicht handelst und mit der Bereitschaft, den Willen Gottes zu tun.
Du wirst dann – ob mit oder ohne Erfolg – immer siegreich sein, weil du aus Liebe gearbeitet hast.

200 Ich bin gewiß, daß der Herr deine demütige und stürmische Bitte erhört hat: Laß mich, mein Gott, an dem Gerede der Leute nicht irre werden… Vergib mir meine schmähliche, engherzige Art zu leben! Gewähre mir, heilig zu werden. Aber nur für Dich!

201 Im Leben des Christen muß alles Gott gehören: auch die persönlichen, immer und immer wieder korrigierten Schwächen – der Herr versteht sie und vergibt sie.

202 Was habe ich für Dich getan, Jesus, daß Du mich so liebst? Beleidigt habe ich Dich – doch auch geliebt…
Dich zu lieben: darin allein soll künftig mein Leben bestehen.

203 Der Herr gewährt mir so viele Tröstungen… Bittet Er mich auf diese Weise nicht um meine Aufmerksamkeit? Daß ich Ihm in den kleinen Dingen diene, um Ihm dann eines Tages auch in großen dienen zu können?
Vorsatz: In den gewöhnlichen "Kleinigkeiten" des Tages will ich Jesus Freude bereiten.

204 Wir müssen Gott lieben! Denn das Herz ist für die Liebe geschaffen. Wenn wir es nicht in reiner Hinwendung Gott darbringen, unserer Mutter Maria, unseren Mitmenschen, dann rächt es sich und wird zum Fäulnisherd.

205 Sag dem Herrn mit allen Fasern deines Herzens: Trotz all meiner Armseligkeit bin ich hingerissen von Liebe zu Dir, verrückt vor Liebe, trunken von Liebe…

206 Schmerzerfüllt von meinen vielen Stürzen, bitte ich den Herrn darum, daß Er mich von neuem an sich zieht, an sein Kreuz…

207 Was durch das Fleisch gesündigt wurde, muß vom Fleisch gebüßt werden. Sei großzügig in der Sühne!

208 Bestürme den Herrn, dir aufrichtige Bußgesinnung zu schenken. Und so wird sie realisiert: Sich jeden Tag überwinden und Ihm die beharrliche Mühe, die dazu nötig
ist, still und freudig als Opfergabe darbringen.

209 Wenn du spürst, daß das Fleisch schwach wird, sag dem Herrn in deinem persönlichen Gebet: Dein Kreuz, Jesus, für meinen armen Leib, der müde wird und rebelliert!

210 Wie beeindruckend sind die Worte dieses Priesters, der sagte: "Trotz meiner Undankbarkeit hat mir Jesus den Berg meiner Sünden vergeben. Wie unermeßlich groß ist sein Herz! Wenn Er Maria von Magdala viele Sünden vergab, weil sie viel geliebt hatte, um wieviel mehr Liebe schulde dann ich Ihm, da Er mir ja noch mehr Sünden vergeben hat als ihr!"
Ich sehne mich danach, Dich zu lieben, Jesus! Ich möchte Dich bis zum äußersten lieben, bis zum Heldenhaften! Auch wenn ich für Dich sterben müßte: Mit Deiner Gnade will ich Dich nie wieder verlassen.

211 Lazarus kam aus dem Grabe hervor, weil die Stimme Gottes zu ihm gedrungen war – und sogleich erwachte sein Wille, aus dem Kerker des Todes herauszukommen. Hätte er nicht gewollt, so wäre er von neuem gestorben.
Nimm es dir aufrichtig vor: Ich will immer an Gott glauben; ich will immer auf Gott hoffen; ich will Gott immer lieben… Er verläßt uns niemals. Auch dann nicht, wenn – wie bei Lazarus – die Verwesung schon begonnen hat.

212 Unser Christsein – ein wunderbares Paradoxon der Liebe: Die eigene Ohnmacht läßt uns bei Gott unsere Zuflucht suchen. Sie bringt uns Gott nahe, sie "vergöttlicht" uns, so daß wir durch Ihn und mit Ihm und in Ihm alles vermögen.

213 Wenn du gesündigt hast oder die Last deiner persönlichen Armseligkeit dich niederdrückt, dann bete in fester Hoffnung: Herr, Du siehst, ich bin krank. Du, der Du aus Liebe zu mir am Kreuz gestorben bist, komm und heile mich.
Hab Vertrauen, sage ich dir noch einmal. Appelliere beharrlich an sein unendlich liebevolles Herz! Das Evangelium berichtet, daß Er die Aussätzigen heilte. Auch dich wird Er gesund machen.

214 Erfülle deine Seele mit Gottvertrauen. Laß in dir den Wunsch immer stärker werden, Christus nie mehr zu verlassen!

215 Du reine, makellose Jungfrau, du meine Mutter! Verlaß mich nicht! Blicke auf mein armes Herz, das tief betrübt ist. – Ich will meinen Herrn nicht beleidigen!
Ich weiß – und niemals möchte ich es vergessen! – , daß ich nichts wert bin. Meine Nichtigkeit und Einsamkeit lasten schwer auf mir. Und doch – ich bin ja nicht allein: Du, gütige Mutter, Du, Gott mein Vater – ihr verlaßt mich nicht.
Dieser irdische Leib lehnt sich auf. Teuflische Versuchungen erheben sich in mir gegen den Glauben… Aber ich liebe Jesus, ich glaube an Jesus. Ich liebe! Ich glaube!

 «    PESSIMISMUS    » 

216 Mit Gottes Gnade sollst du das Unmögliche in Angriff nehmen und vollbringen…, denn das Mögliche – das tut jeder.

217 Sage deinem Pessimismus ab! Dulde in deiner Nähe keine Schwarzseher! – Der Dienst an Gott erfordert Freude und unbesorgte Hingabe.

218 Lege diese allzu menschliche Klugheit ab, die dich so übervorsichtig und – entschuldige! – so feige macht.
Wir wollen keine engherzigen Männer und Frauen sein, nicht unreif, nicht kurzsichtig und ohne Blick für das Übernatürliche… Arbeiten wir etwa für uns? Nein!
Also dürfen wir furchtlos sagen: Geliebter Jesus, wir arbeiten für Dich… Wie könntest Du uns da die notwendigen materiellen Mittel für diese Arbeit versagen? Du weißt, wie unbedeutend wir sind… Und doch würde nicht einmal ich einen Diener, der für mich arbeitet, mittellos lassen.
Deshalb, Herr, sind wir ganz sicher, daß Du uns alles Nötige geben wirst, damit wir Dir dienen können.

219 Verrichte einen Glaubensakt! – Gegen den Herrn vermag niemand etwas! Und gegen die, die sich an Ihn halten, auch nicht.
Vergiß das nie!

220 Laß den Mut nicht sinken. Vorwärts! Weiter mit "heiliger Hartnäckigkeit" die man im geistlichen Bereich Beharrlichkeit nennt.

221 Mein Gott: Immer gibst Du das, was wir wirklich nötig brauchen.

222 Nein, du fällst nicht zurück. Es ist nur so, daß du dich jetzt mit größerer Klarheit selbst erkennst. Verbiete dir den leisesten Anflug von Mutlosigkeit!

223 Auf dem Weg zu Gott meint man gelegentlich, zurückzufallen anstatt voranzukommen, schlechter statt besser zu werden…
Solange wir in unserem inneren Leben den Kampf nicht aufgeben, ist eine solche lähmende Vorstellung nur ein Trugbild, eine Täuschung, die es von sich zu weisen gilt.
Halte durch! Bleibe ruhig! Wenn dein Kampf beständig ist, kommst du auf deinem Weg voran und Christus immer näher!

224 Die geistliche Trockenheit der Seele ist nicht Lauheit. Wer lau ist, dem tränken die Wasser der Gnade nicht die Wurzeln seines Seins, sie gleiten nur über ihn hinweg… Umgekehrt gibt es scheinbar verdorrte Flächen, bei denen schon ein paar Regentropfen genügen, Blumen und üppige Ernten hervorzubringen.
Wann wird uns das endlich klar werden? Denn es ist wichtig, dem göttlichen Ruf eines jeden Augenblicks Folge zu leisten! In ihm wartet Gott auf uns!

225 Ich will dir eine Art "heiliger List" verraten: Warte nicht darauf, daß der Herr dir Widrigkeiten sendet, sondern komm ihm aus freien Stücken mit der Sühne zuvor! Dann wirst du dich mit den Widrigkeiten nicht bloß "abfinden" – welch verbrauchtes Wort – , sondern du wirst sie lieben: und das ist ein ewig junges Wort…

226 Heute hast du zum erstenmal den Eindruck gehabt, alles sei einfacher geworden, alles habe sich "entzerrt", es gebe keine beunruhigenden Probleme mehr. Jetzt begreifst du, daß all deine Sorgen sich in dem Maße lösen, in dem du dich den Armen Gottes, deines Vaters, überläßt.
Worauf wartest du noch, um dich immer als Kind Gottes zu verhalten? Denn in dieser Kindschaft hat dein Leben seinen Grund.

227 Maria ist Mutter, Tochter, Braut Gottes und unsere Mutter: Wende dich ihr zu und bitte sie, sie möge von der Allerheiligsten Dreifaltigkeit mehr Gnaden für dich erwirken: die Gnaden des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe, der Reue. So werden die heftigen, eisigen Winde, die manchmal alles, was im Leben eines Menschen blüht, zum Welken zu bringen scheinen, nicht verhindern können, daß deine Seele aufblüht – wie auch die deiner Brüder.

228 Glaube und vertraue fest! Denn der Herr sagt uns durch Jeremias: "Orabitis me, et ego exaudiam vos" – Immer, wenn ihr zu mir kommt – immer, wenn ihr betet! – , werde ich euch erhören.

229 Alles beziehe ich auf Dich, mein Gott. Ohne Dich, der Du mein Vater bist – wie stünde es da um mich?

230 Erlaube mir einen Rat, der aus eigener Erfahrung kommt: Dein Beten soll dein ganzes Leben erfüllen, und es soll so vertrauensvoll sein wie das Gebet eines Kindes.

231 Man bringt einen Kranken zu Jesus. Der Herr blickt ihn an… Betrachte die Szene genau und höre die Worte des Herrn: "Confide, fili" – hab Vertrauen, mein Sohn.
So spricht der Herr auch zu dir, wenn du die druckende Last deiner Verfehlungen empfindest: Glaube! Zuerst:Glaube. Dann: Sich wie der Gelähmte führen lassen: Gehorsam, innere Unterwerfung!

232 Mein Kind: auf der Ebene des Übernatürlichen vermagst du aus eigener Kraft nichts; und doch wirst du alles vermögen, weil du Werkzeug Gottes bist: "Omnia possum in eo qui me confortat!" – Alles vermag ich durch Ihn, der mir Kraft gibt. In seiner Güte will der Herr sich untauglicher Werkzeuge bedienen, wie du und ich es sind.

233 Wenn du betest, bemühe dich immer um einen Glauben, wie ihn jene Kranken besaßen, von denen das Evangelium berichtet.
Und sei sicher: Jesus wird dich erhören.

234 Maria, meine Mutter! Eine irdische Mutter liebt ganz besonders ihr schwächstes Kind, ihre zärtlichste Sorge gilt dem, das krank ist oder geistig zurückgeblieben oder behindert…
Du, meine Herrin, ich weiß, daß du mehr Mutter bist als alle Mütter dieser Welt zusammen… Und ich bin dein Kind, dein schwaches, krankes, krüppelhaftes, häßliches Kind…

235 Uns fehlt es an Glauben. An dem Tag, an dem wir – im Vertrauen auf Gott und auf die Gottesmutter – diese göttliche Tugend ganz in uns zur Entfaltung bringen, werden wir tapfer und loyal sein. Dann wird Gott – der ewig sich selbst Gleiche – durch unsere Hände seine Wunder wirken.
Jesus, gib mir diesen Glauben! Ich sehne mich aus tiefem Herzen danach! Maria, du meine Mutter und meine Herrin, erbitte für mich, dass ich glaube!

236 Ein fester Entschluss: Ich überlasse mich ganz Gott, mich und all meine Gebrechen… In jedem Augenblick meines Daseins soll geschehen, was Er von mir will. Fiat!

237 Verliere niemals den Mut. Der Herr ist stets bereit, dir die erforderlichen Gnaden für eine erneute Bekehrung – die immer und immer wieder nottut – und für einen weiteren Aufstieg auf dem Weg zu Ihm zu schenken.

238 Gott sei Dank! sagtest du, nachdem du gebeichtet hattest. Und du dachtest: Es ist, als ob man neu geboren wäre.
Dann fuhrst du fort mit Ruhe und Gelassenheit: "Domine, quid me vis facere?" – Herr, was willst Du, daß ich tue?
Selbst gabst du dir die Antwort: Mit Deiner Gnade werde ich, allem und allen zum Trotz, Deinen heiligsten Willen erfüllen: "Serviam !" – ich will Dir rückhaltlos dienen.

239 Der Evangelist berichtet von der grossen Freude der Weisen aus dem Morgenland "videntes stellam", als sie von neuem den Stern sahen.
Ja, mein Kind, sie freuen sich mit unsagbarem Jubel, weil sie das getan haben, was sie tun sollten; und sie freuen sich, weil sie sicher sind, daß sie bis zum König gelangen werden; denn Er läßt die, die Ihn suchen, niemals im Stich.

240 Wenn du den Willen Gottes wirklich liebst, wirst du auch in Zeiten stärkster innerer Erschütterung nicht aus dem Auge verlieren, daß unser Vater im Himmel dir immer nahe, sehr nahe ist; mit seiner ewigen, unendlichen Liebe ist Er bei dir.

241 Wenn sich über die innere Landschaft der Seele und des geistlichen Lebens Dunkelheit breitet, dann laß dich an der Hand nehmen und wie ein Blinder geleiten.
Der Herr wird dir nach einiger Zeit wieder Licht und Klarheit schenken, weil du in Demut deinen Kopf gebeugt hast.

242 Ein Kind Gottes hat vor nichts und niemandem Angst, am wenigsten vor seinem geistlichen Leiter.

243 Bist du nicht gerührt, wenn jemand etwas Liebevolles über deine Mutter sagt?
So ist es auch mit unserem Herrn. Wir dürfen Jesus nicht von seiner Mutter trennen.

244 In Zeiten der Erschöpfung oder der Verdrossenheit, wende dich vertrauensvoll an den Herrn und sage Ihm, was unser gemeinsamer Freund Ihm sagte: "Jesus, ich überlasse alles Dir… Ich habe noch gar nicht angefangen zu kämpfen und bin schon müde". Er wird dir seine Kraft schenken.

245 Wo es keine Schwierigkeiten zu überwinden gibt, verliert eine Aufgabe – in menschlicher wie in übernatürlicher Hinsicht – ihren Reiz.
Was kann man an einem Nagel aufhängen, der in eine Wand geschlagen wird, die keinen Widerstand bietet?

246 Es ist kaum zu glauben, daß jemand wie du, der – wie er sagt – klar seine Nichtigkeit erkennt, der Gnade Gottes Hindernisse in den Weg zu legen wagt. Denn das tust du mit deiner unechten Demut, mit deiner Pseudo-Objektivität, mit deinem Pessimismus.

247 Gib mir Deine Gnade, Herr, damit ich mich und alles "Meine" vergesse… Ich will nur um Deine Ehre besorgt sein, nur Deine Liebe suchen! Allein die Liebe sei der Kompaß meines Weges!

248 "Als Herodes das hörte" – nämlich daß der König auf die Erde gekommen ist – "erschrak er und ganz Jerusalem mit ihm."
Jeden Tag ist es so! Auch heute. Die Größe Gottes zeigt sich immer neu und auf die mannigfaltigste Weise, und die Menschen – darunter auch solche, die hohe Ämter bekleiden – erschrecken davor. Warum? Weil sie Gott nicht wirklich lieben, sie wollen Ihn im Grunde nicht finden, seinen Eingebungen nicht folgen. So werden sie selbst zum Hindernis auf den Wegen Gottes.
Du sei auf der Hut! Arbeite unverdrossen, sorge dich nicht, suche den Herrn, bete…,
und Er wird siegen.

249 Du bist nicht allein. Du und ich wir dürfen uns niemals allein fühlen, vor allem dann nicht, wenn wir Jesus auf dem Weg über Maria aufsuchen; denn eine Mutter wie sie wird uns niemals verlassen.

250 Wenn es dir einmal so vorkommt, als habe der Herr dich vergessen, werde nicht traurig: suche Ihn um so dringender! Er ist die Liebe, Er läßt dich nicht allein…
Sei gewiß, daß dieses vermeintliche "Alleinlassen" aus Liebe geschieht: damit du klar erkennst, was in deinem Leben von dir kommt und was von Ihm kommt.

251 Du sagtest mir. "Ich sehe meine absolute Unfähigkeit – nicht nur, auf
meinem Weg voranzukommen, sondern überhaupt, zum Heil zu gelangen. Es sei denn, Gottes Gnade wirkt ein Wunder… Ich empfinde in mir nur Kälte und – schlimmer noch – eine Art Gleichgültigkeit. Mir ist, als sei ich mein eigener gelangweilter Zuschauer. Werden diese Tage unfruchtbar bleiben?
Aber: Maria ist doch meine Mutter und Jesus – wenn ich es wagen darf, so zu sprechen – mein Jesus! Und es gibt in eben diesen Stunden meiner Verzagtheit heiligmäßige Menschen, die für mich beten."
Ich antwortete dir: Halte nur weiterhin die Hand deiner Mutter fest und "wage es", Jesus zu sagen, daß Er dein ist. In seiner Güte wird der Herr dir Licht und Klarheit schenken.

252 Laß mich, Herr, das Kreuz alleine tragen. – Nein, was sage ich… Deine Gnade, Deine Hilfe werde ich brauchen wie für alles. Sei Du mir Simon von Zyrene! Dann, mein Gott, fürchte ich keine Prüfung.
Aber – wenn mein Kreuz einmal in Überdruß bestünde oder in Traurigkeit?… Dann, Herr, wäre ich – mit Dir zusammen – in der Traurigkeit froh.

253 Kein Leid ist für mich wirkliches Leid, solange ich nur Dich nicht verliere.

254 Der Herr verweigert niemandem seinen Zuspruch: und dieser Zuspruch heilt, tröstet, erleuchtet.
Du und ich sollten uns das immer vor Augen halten, gerade dann, wenn uns die Last der Arbeit oder mancher Widrigkeiten bedrückt.

255 Erwarte für deine Arbeit nicht den Beifall der Menge.
Mehr noch: bisweilen darfst du nicht einmal das Verständnis von Menschen und Institutionen erwarten, die ebenso für Christus arbeiten wie du.
Suche ausschließlich die Ehre Gottes, liebe alle, und sorge dich nicht, wenn manche dich nicht verstehen.

256 Wenn sich vor dir die Borniertheit und die Intrigen, die der Teufel will und Gott zuläßt, zu Bergen auftürmen und du nur noch Hürden gewahrst, dann hab Glauben. Glauben, der sich im Handeln niederschlägt, im Opfer – Glauben, der sich in der Demut zeigt.

257 Angesichts der scheinbar vorhandenen Unfruchtbarkeit deines Apostolates bedrängen dich die ersten Anzeichen einer Wogt der Niedergeschlagenheit, auch wenn sich dein Glaube entschieden dagegenstemmt…
Aber du spürst deutlich, daß du mehr Glauben brauchst: einen demütigen, lebendigen, tätigen Glauben.
Du, der du so sehr wünschst, daß alle Menschen das Heil erlangen, rufe wie der Vater jenes Kranken, vom Teufel Besessenen: "Domine, adiuva incredulitatem meam!" – Herr, hilf meinem Unglauben!
Zweifle nicht! Das Wunder wird sich von neuem ereignen.

258 Unser Freund betete für einen Priester, den man aus Haß gegen den Glauben eingekerkert hatte. Es war ein glühendes Gebet, das auch du oft beten solltest: »Mein Gott, tröste ihn, denn er wird verfolgt, weil er Dich liebt! Wie viele Menschen leiden, weil sie Dir dienen!«
Welche Freude und welche Sicherheit gibt uns die Gemeinschaft der Heiligen!

259 Die Maßnahmen gewisser Regierungen, die den Glauben in ihren Ländern abwürgen wollen, erinnern mich daran, wie der Rohe Rat und die Pharisäer das Grab des Herrn versiegeln ließen.
Er aber, der nichts und niemandem unterworfen ist, ist trotz aller "Sicherungen" auferstanden.

260 Lieben: das ist der Weg. Der Apostel Johannes hat uns Worte hinterlassen, die mich zutiefst treffen: "Qui autem timet, non est perfectus in caritate". Ich übersetze sie, beinahe wörtlich, so: Wer Angst hat, ist unfähig zu lieben.
Du liebst, du verstehst es zu lieben: du darfst dich also vor nichts ängstigen!
Geh deinen Weg furchtlos weiter!

261 Gott ist bei dir. Deine Seele im Stande der Gnade ist Wohnung der Allerheiligsten Dreifaltigkeit.
Deshalb kannst du und sollst du trotz deiner Armseligkeit in ständiger Zwiesprache mit dem Herrn sein.

262 Bete! Sprich immer mit dem Herrn. Du solltest dich dazu gedrängt fühlen, nach jedem Erfolg, aber auch nach jeder Niederlage im inneren Leben dich in die Arme Gottes zu werfen.

263 Dein Gebet soll immer Anbetung Gottes sein – aufrichtig und von Herzen.

264 Als der Herr dich in seine Kirche rief, prägte er deiner Seele durch die Taufe ein unauslöschliches Siegel ein: du bist Sohn Gottes, Tochter Gottes. – Vergiß das nie!

265 Sei Jesus aus tiefster Seele dankbar; denn durch Ihn, mit Ihm und in Ihm darfst du dich Kind Gottes nennen.

266 Wenn wir doch auserwählte Kinder unseres Vaters im Himmel heißen – und es ja auch wirklich sind – , wie sollten wir da nicht immerzu froh sein?
Denk einmal darüber nach!

267 Als jener Priester die Kommunion austeilte, hätte er am liebsten ausgerufen: Ich reiche dir die Glückseligkeit!

268 Laß deinen Glauben an die heilige Eucharistie immer mehr wachsen. – Wie unaussprechlich staunenerregend ist doch diese Wirklichkeit! Gott ist unter uns, wir können uns jeden Tag mit Ihm vereinen und, wenn wir wollen, mit Ihm vertraute Gespräche führen: wie mit einem Freund, mit einem Bruder, mit dem Vater – mit der Liebe.

269 Wie wunderbar ist unsere Berufung als Christen, als Kinder Gottes! Sie schenkt uns hier auf Erden die Freude und den Frieden, die die Weit nicht geben kann.

270 Schenke mir, Herr, die Liebe, mit der du von mir geliebt werden willst!

271 Schon früh am Morgen fühltest du dich mutlos. Wie jeden Tag versuchtest du, intensiv zu beten. Aber diesmal sprachst du besonders eindringlich mit deinem Schutzengel. Mit heißem Herzen batest du ihn, er solle dich lehren, Jesus zu lieben… wenigstens so, wie er Ihn liebt… Und langsam wurdest du ruhig und sicher.

272 Bete zu Maria, deiner Mutter, zum heiligen Josef, zu deinem Schutzengel! Bitte sie, sie möchten dem Herrn all das sagen, was du in deiner Unbeholfenheit nicht auszudrücken vermagst.

273 Du darfst dich vollkommen sicher fühlen. Denn die Mutter, die uns geschenkt wurde, ist die Mutter Gottes, die allerseligste Jungfrau, die Königin des Himmels und der Welt: Maria.

274 Jesus wurde in einem Stall geboren, weil – so berichtet die Heilige Schrift – "in der Herberge kein Platz für sie war". Es ist keine weit hergeholte Auslegung dieser Textstelle, wenn ich dir sage: Jesus sucht immer noch eine Herberge – in deinem Herzen!

275 Der Herr mahnt uns vom Kreuz herab: Ich leide, damit meine Brüder und Schwestern, die Menschen, glücklich werden, und dies nicht erst im Himmel, sondern auch – soweit es möglich ist – schon auf Erden, wenn sie den heiligsten Willen meines himmlischen Vaters erfüllen.

276 Ja, es stimmt! In deiner Seele wirkt Gott alles allein, du trägst von dir aus nichts dazu bei.
Und doch – du mußt mitwirken mit der Gnade!

277 Übe dich in der Tugend der Hoffnung, indem du aus Liebe zu Gott –.wenn nötig mit innerer Überwindung – deine Arbeit beharrlich so vollendet wie möglich erledigst, und zwar in der Gewißheit, daß dies vor dem Herrn keine sinnlose Mühe ist.

278 Wenn dein alltäglicher innerer Kampf, der meistens aus vielen Kleinigkeiten besteht, von dem tatkräftigen Wunsch geprägt ist, Gott stets zu gefallen, dann versichere ich dir: Nichts ist umsonst!

279 Stelle es dir immerfort neu vor Augen, weil es wirklich so ist: Wie gut ist Gott, der mich gesucht und mir diesen Weg der Heiligkeit gezeigt hat, damit ich Frucht bringe in der Arbeit, die Menschen liebe und überall Frieden und Freude verbreite!
Diese Überlegung muß dann in konkrete Vorsätze einmünden.

280 Du weißt: Die Gnade Gottes wird dir nicht fehlen, denn Er hat dich von Ewigkeit her auserwählt. Da Er dies an dir getan hat, wird Er dir auch alle nötigen Hilfen gewähren, damit du Ihm ein treuer Sohn, eine treue Tochter sein kannst.
Geh also sicher deines Weges und achte nur darauf, in jedem Augenblick deines Lebens wirklich treu zu sein!

281 Ich bitte die Mutter Gottes, sie möge uns ermunternd zulächeln… Sie wird es tun. Außerdem wird sie unser Mühen um volle Hingabe schon hier auf Erden tausendfach belohnen. Ja, tausendfach – darum bitte ich sie!

282 Deine Nächstenliebe sollte zugleich von Zartgefühl und Festigkeit geprägt sein, von tiefer Menschlichkeit, die das Ewige im Blick behält. Wende dich jedem Menschen liebevoll und selbstverständlich zu, mit ehrlicher Freundlichkeit! Sei aus Liebe bereit, die Denkweise und Gefühle der anderen zu verstehen.
Wenn du sanft und fest zugleich bist, wird dir die Liebe Christi den Schwung verleihen, Menschen für Ihn zu gewinnen, ohne an deiner Lebensweise oder an der Glaubenslehre Abstriche zu machen: Jeden Tag wirst du dich mehr danach sehnen, zum Wohl deiner Mitmenschen zu arbeiten.

283 Ich sagte dir mit Bestimmtheit: Mein Sohn, mir ist klar, daß wir bei dem Bemühen, andere Apostel mit unserer "Torheit" anzustecken, auf Widerstände stoßen werden. Einige mögen sogar unüberwindlich erscheinen – und doch: "inter medium montium pertransibunt aquae" – die Wasser werden mitten durch die Gebirge hindurchdringen: Der Glaube und die Kraft unserer Liebe werden die Felsen sprengen und die Hindernisse überwinden.

284 "Mein Gott! Du hast uns alle vereinigen wollen, durch Dich, in Dir, mit Dir; und nun sind wir alle verstreut" – so sagtest du, als du dich von neuem verlassen und ohne menschliche Hilfe sahst.
Aber sofort legte der Herr in deine Seele die Gewißheit, daß Er diese Situation lösen werde. Und du sagtest Ihm: Deiner Lenkung vertraue ich!
Tatsächlich fügte der Herr alles zum Guten: noch früher, noch vollständiger und noch besser, als du es erwarten konntest.

285 Es ist nur recht und billig, daß der Vater, der Sohn und der Heilige Geist Maria als Königin und Herrin aller Geschöpfe krönen.
Ziehe auch für dich daraus "Gewinn"! Nimm in kindlicher Unbekümmertheit teil am himmlischen Fest! – Mit meinen geläuterten Erbärmlichkeiten will ich meine Mutter, die Mutter Gottes, krönen, da ich über Edelsteine oder Tugenden nicht verfüge.
Fasse auch du Mut!

 «    DU KANNST!    » 

286 Ich möchte dich vor einer Gefahr warnen, die gelegentlich auftreten kann: es ist die Versuchung der Müdigkeit, der Entmutigung.
Hast du nicht immer noch frisch in Erinnerung, wie dein Leben früher war? Fade, ziellos, ohne edle Freude? Und wie das Licht Gottes und deine Hingabe ihm eine neue Richtung gegeben und es mit Glück erfüllt haben?
Sei nicht so töricht, nunmehr das frühere gegen das jetzige zurücktauschen zu wollen!

287 Wenn du merkst, daß du – aus welchen Gründen auch immer – verzagst, dann sage es Ihm, überlasse dich Ihm: Herr, ich vertraue auf Dich, ich gebe mich Dir ganz hin, hilf Du meinem Unglauben!
Sage Ihm auch, voll Vertrauen: Sieh mich an, Jesus. Ich bin vor Dir wie ein schmutziger Lappen! Es ist schrecklich, wie ich gelebt habe… Ich verdiene nicht, Dein Sohn zu sein. Sage Ihm das, sag es Ihm immer und immer wieder, Bald wirst du seine Stimme vernehmen: "Ne timeas!" Fürchte dich nicht! Oder auch: "Surge et ambula!" Steh auf und geh weiter deinen Weg!

288 Noch unschlüssig sagtest du mir: Wie deutlich wird es doch zu bestimmten Zeiten, daß der Herr mehr von mir erbittet!
Ich konnte dir nur ins Gedächtnis rufen: Du hattest mir versichert, dein einziges Streben sei, Ihm gleichförmig zu werden. – Warum also wehrst du dich jetzt dagegen?

289 Möge es dir doch gelingen, den Vorsatz, den du gefaßt hast, auch zu erfüllen: "Ich will mein ich jeden Tag ein bißchen mehr sterben lassen!"

290 Die Freude und ein ebenso übernatürlicher wie menschlicher Optimismus sind mit physischer Ermüdung, mit Schmerz und Tränen – wir haben ja ein Herz – und mit den Schwierigkeiten im inneren Leben oder im Apostolat vereinbar.
Jesus, "perfectus Deus, perfectus Homo" – vollkommener Gott, vollkommener Mensch – , trug in sich die ganze Seligkeit des Himmels und hat doch Erschöpfung und Müdigkeit, Weinen und Leiden erfahren wollen…, damit wir zutiefst verstehen, was es heißt, daß man, um ganz auf Gott ausgerichtet zu sein, ganz und gar menschlich sein muß.

291 Jesus bittet dich um dein Gebet. Das spürst du deutlich.
Und doch, wie wenig entsprichst du dem! Alles fällt dir schwer: Du bist wie ein Kind, das sich träge gegen die ersten Gehversuche sträubt. Aber bei dir ist es nicht nur Trägheit, sondern auch Angst und Mangel an Großzügigkeit.

292 Sage dem Herrn oft: Jesus, falls mir einmal Zweifel kommen sollten, ob ich Deinem Bitten oder anderen an sich vielleicht sinnvollen Plänen folgen soll, so sage ich Dir schon jetzt, daß ich Deinen Weg wählen werde, koste es, was es wolle! Verlaß mich nicht!

293 Suche das Einssein mit Gott und sei voller Hoffnung – es ist die Tugend, die Sicherheit verleiht – denn Jesus wird dir mit dem Lichtglanz seiner Barmherzigkeit auch die finsterste Nacht erhellen.

294 Dies war dein Gebet: "Meine Erbärmlichkeiten bedrücken mich, aber sie erdrücken mich nicht, denn ich bin Kind Gottes. Sühnen… Lieben…" Und dann sagtest du noch: "Ich will mir meine Schwachheit zunutze machen wie der heilige Paulus, denn ich weiß, daß der Herr die, die auf Ihn vertrauen, nicht verläßt."
Darin habe ich dich bestärkt. Mit der Gnade Gottes vermagst du alles. Du wirst dein Elend und deine Schwächen überwinden.

295 Jeder Augenblick ist dazu geeignet, einen wirksamen Vorsatz zu fassen – zu sagen: Ich glaube, ich hoffe, ich liebe.

296 Lerne den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist zu preisen. Lerne die Allerheiligste Dreifaltigkeit glühend zu verehren: Ich glaube an Gott, den Vater, ich glaube an Gott, den Sohn, ich glaube an Gott, den Heiligen Geist. Ich hoffe auf Gott, den Vater, ich hoffe auf Gott, den Sohn, ich hoffe auf Gott, den Heiligen Geist. Ich liebe Gott, den Vater, ich liebe Gott, den Sohn, ich liebe Gott, den Heiligen Geist. An sie glaube ich, auf sie hoffe ich, sie liebe ich.
Eine solche Verehrung ist unbedingt notwendig als Übung der Seele, die sich umsetzt in Liebesregungen des Herzens – auch wenn diese nicht immer in Worten faßbar werden.

297 Gebet – das ist die einzige Regel, die einzige Methode, die einzige Art und Weise, wie wir ein Leben reich an übernatürlichen Frachten, ein Leben in geistlicher Fülle haben können. Es gilt, dem Rat des Heiligen Geistes zu folgen, so wie er in der Apostelgeschichte berichtet wird: "Omnes erant perseverantes unanimiter in oratione" – sie alle verharrten einmütig im Gebet.
Ohne Gebet bleibt alles vergeblich.

298 Das Herz meines Herrn Jesus ist empfindsamer als die Herzen aller guten Menschen zusammen. Wenn ein Mensch mit einem nur halbwegs guten Herzen erfährt, daß jemand ihn einfach um seiner selbst willen liebt, ohne irgendeine Gegenleistung zu erwarten, nur mit dem Wunsch, daß man diese Liebe annehmen möge…, dann wird er nicht zögern, eine solche Liebe zu erwidern.
Und wenn nun der Geliebte außerdem so mächtig ist, daß er alles vermag, dann bin ich sicher: Er wird sich nicht nur der treuen Liebe jenes Geschöpfes nicht widersetzen – dessen arme, liebende Seele voller Erbärmlichkeiten ist – , sondern er wird den Liebenden auch noch mit der übermenschlichen Schönheit, Weisheit und Kraft ausstatten, die nötig sind, damit sein Blick – es ist der Blick Jesu – ungetrübt auf das arme Herz des Anbetenden herabschauen kann.
Du, Kind, liebe Ihn! Liebe und hoffe auf Ihn.

299 Wenn du unter Opfern Liebe aussäst, wirst du auch Liebe ernten.

300 Kind – entflammt dich nicht der mächtige Wunsch, zu erreichen, daß
alle Ihn lieben?

301 Jesus als Kind, Jesus als Jugendlicher… Mich beglückt es, Herr, Dich so zu sehen… Ich fühle, wie ich Mut fasse. Was für eine Wonne, Dich als kleines, wehrloses Kind vor mir zu sehen… So gibst Du mir erst das frohe Bewußtsein, daß Du mich brauchst.

302 Immer, wenn ich die Kapelle betrete, sage ich dem Herrn – und ich fühle mich dabei wieder ganz als Kind – , daß ich Ihn mehr liebe als irgendwer sonst auf Erden.

303 Wie wunderbar wirkt sich die heilige Eucharistie im Denken, Fühlen und Handeln derer aus, die sie oft – und fromm – empfangen!

304 Die Leute gerieten in Begeisterung und jubelten Dir zu wegen ein bißchen Brot… Ja, die Brotvermehrung war ein großes Wunder – aber wie müßten wir dann erst reagieren angesichts so vieler Gaben, die Du uns gewährt hast, und vor allem, weil Du Dich uns rückhaltlos hingibst in der Eucharistie?

305 Gutes Kind: Hier auf Erden küssen Liebende, was vom Geliebten kommt: Blumen, einen Brief, ein Andenken… Und du wirst du jemals vergessen können, daß du Ihn – Jesus! – ganz und gar und immerfort bei dir hast? Wirst du vergessen können…, daß Er sich dir als Speise schenkt?

306 Besuche oft, und sei es auch nur für ganz kurze Zeit, den Tabernakel, um Jesus zusagen: Ich werfe mich in Deine Arme! Laß zu seinen Füßen, was dein eigen ist: deine Armseligkeit!
Wenn du das tust, wirst du, trotz des verwirrenden und lärmenden Getriebes um dich herum, nie den Frieden verlieren.

307 Bete mit Zuversicht die Worte des Psalms: »Herr, Du bist mir Zuflucht und Stärke, auf Dich verlasse ich mich!«.
Ich versichere dir: Er wird dich in der Stunde der Versuchung und bei deinen Niederlagen vor der »Seuche, die wütet am Mittag«, bewahren. Gerade jetzt, wo es an der Zeit wäre, daß dein Alter sich in ausgereiften Tugenden zeigt, solltest du dir wieder in Erinnerung rufen, daß Er allein deine Stärke ist.

308 Meinst du, es ist jemand im alltäglichen Leben für einen widerwillig geleisteten Dienst dankbar? Natürlich nicht! Man könnte sogar zu dem Schluß kommen: Es wäre besser, er hätte ihn bleiben lassen…
Und du denkst, du könntest Gott mit einem mißgelaunten Gesicht dienen? Nein!
Du sollst Ihm mit Freude dienen. Es macht nichts aus, daß du deine Erbärmlichkeit empfindest; mit der Hilfe Gottes werden wir sie überwinden.

309 Dich bedrängen Zweifel und Versuchungen, die in vornehmem Gewande daherkommen.
Es macht mir Freude, dir zuzuhören: Man spürt, daß der Teufel dich als seinen Feind betrachtet und daß die Gnade Gottes dich nicht allein läßt. Mach weiter so…!

310 Die meisten Menschen, die »persönliche« Probleme haben, »haben« sie wirklich, nämlich als einen egoistischen »Besitz«. Sie kreisen nur um sich selbst.

311 Alles scheint ruhig. Aber der Feind Gottes schläft nicht!…
Doch auch das Herz Jesu wacht! Das ist meine Hoffnung.

312 Heiligkeit besteht im Kampf, im Wissen, daß wir Fehler haben, und im heroischen Bemühen, sie zu überwinden.
Noch einmal: um Heiligkeit ringen heißt diese Fehler zu überwinden trachten. Allerdings: Fehler werden wir auch noch haben, wenn wir einmal sterben. Erschiene uns das anders – ich sagte es dir schon –, so wären wir schlicht und einfach hochmütig.

313 Danke, Herr, weil Du die Versuchung zuläßt und uns dabei das Licht und die Kraft Deiner Gnade schenkst, damit wir siegen können! Danke, Herr, für die Versuchungen, die Du zuläßt, damit wir demütig sind!

314 Verlaß mich nicht, mein Gott! Siehst Du nicht, daß Dein armes Kind sonst in einen tiefen Abgrund stürzen würde?
Maria, meine Mutter: auch dein Kind bin ich ja…

315 Ohne die Hilfe Gottes ist es unmöglich, ein reines Leben zu führen. Gott will unsere Demut. Er will, daß wir durch Maria – unsere und seine Mutter – Ihn um Hilfe bitten.
Sag der Mutter Gottes, jetzt gleich, in der Einsamkeit deines Herzens, die du nur mit ihr teilst, in einem Zwiegespräch ohne Worte: Meine Mutter, mein armes Herz begehrt manchmal auf… Aber wenn du mir hilfst…
Sie wird dir beistehen, damit du dein Herz rein bewahrst und den Weg weitergehst, auf den Gott dich gerufen hat: Maria wird es dir immer leicht machen, den göttlichen Willen zu erfüllen.

316 Wenn du die heilige Reinheit, die Sauberkeit deines Lebens, wahren willst, dann mußt du jeden Tag gern bereit sein, Abtötungen auf dich zu nehmen.

317 Wenn du spürst, daß das arme Fleisch sich aufbäumt – und dies kann heftig und schmerzhaft sein! –, dann küsse das Kruzifix! Küsse es immer wieder und mit entschlossenem Willen – selbst wenn dir scheint, du tätest es bar jeder Liebe.

318 Tritt jeden Tag vor den Herrn hin und sage Ihm langsam und mit der ganzen Inbrunst deines Herzens die Worte, die – wie das Evangelium uns berichtet – der arme Blinde zu Ihm sprach: »Domine, ut videam !« – Herr, ich möchte wieder sehen können! Laß mich sehen, was Du von mir erwartest, und dann alles daransetzen, Dir treu zu sein!

319 Mein Gott, wie leicht fällt doch die Beharrlichkeit, wenn wir erkannt haben, daß Du der Gute Hirte bist, und wir – du und ich – Schafe Deiner Herde sind!
Denn wir wissen genau: Der Gute Hirte gibt für jedes einzelne seiner Schafe das Leben hin.

320 Heute hast du in deinem Gebet den Vorsatz erneuert, mit Jesus einswerden zu wollen. Und wie gut verstehe ich, was du hinzugesetzt hast: Ich weiß, ich werde das Ziel erreichen. Nicht weil ich meiner sicher wäre, Herr, sondern… weil ich Deiner sicher bin!

321 Du allein ohne die Gnade kannst nichts von Sinn und Wert zustande bringen. Du würdest nur die Bande zu Gott zerschneiden.
Doch mit Hilfe der Gnade vermagst du alles.

322 Möchtest du nicht lernen, Christi Leben zum Vorbild für dein eigenes Leben werden zu lassen?
Schlage das Evangelium auf und vernimm, wie Gott mit den Menschen spricht – mit dir!

323 Jesus weiß, was not tut… und ich liebe seinen Willen, jetzt und immer. Er hält die Fäden in der Hand. Er wird mir geben, worum ich Ihn bitte, wenn dies wirklich unserem Ziele dient. Auch Menschen ohne Gott, die dies unbedingt vereiteln wollen, werden dagegen nichts ausrichten.

324 An der Demut erkennt man den echten Glauben.
»Dicebat enim intra se« – jene arme Frau sagte sich: »si tetigero tantum vestimentum eius, salva ero« – wenn ich auch nur den Saum seines Gewandes berühre, werde ich geheilt.
Wie groß war ihre Demut, Frucht und klares Zeichen ihres Glaubens!

325 Wenn Gott dir eine Last auferlegt, so gibt Er dir auch die Kraft, sie zu tragen.

326 Rufe in deiner Gewissenserforschung den Heiligen Geist zu Hilfe, damit du Gott tiefer erkennst, damit du dich selber unverfälscht siehst und dich so jeden Tag von neuem bekehren kannst!

327 Geistliche Leitung. Widersetze dich nicht, wenn dein Seelenführer, mit Gespür für das Wirken Gottes in deiner Seele und mit heiliger Unbefangenheit, dich auf Herz und Nieren prüft: Er möchte klarer erkennen, wie du Gott mehr verherrlichen kannst – und ob du bereit dazu bist.

328 »Quomodo fiet istud quoniam virum non cognosco?« – Wie soll etwas so Wunderbares geschehen, da ich keinen Mann erkenne? Aus dieser Frage Mariens an den Engel spricht ihr aufrichtiges Herz.
Ein Blick auf Unsere Liebe Frau bestätigt mir den ehernen Grundsatz: wenn wir inneren Frieden haben und in Frieden leben wollen, müssen wir zutiefst aufrichtig sein – gegenüber Gott, gegenüber unserem Seelenführer und uns selbst gegenüber.

329 Das unverständige Kind heult und stampft mit den Füßen, wenn die Mutter ganz zart mit einer Nadel in seinen Finger sticht, um einen Splitter herauszuziehen… Das verständige Kind mag die Augen voller Tränen haben – das Fleisch ist schwach –, aber es schaut dankbar auf die gute Mutter, die ihm ein wenig Schmerz zufügt, damit ihm größere Leiden erspart bleiben.
Jesus, ich möchte ein verständiges Kind sein…

330 Kind, du mußt dich als ein armes Eselchen sehen… Liebevoll hat der Herr dein schmutziges Rückenfell gesäubert und wieder glänzend gemacht, kostbares Zaumzeug angelegt und dein Geschirr mit funkelnden Juwelen geschmückt. Vergiß aber nicht, du armes Eselchen: Du kannst zwar aus eigener Widerborstigkeit die kostbare Last auf den Boden werfen…, doch allein kannst du sie nicht von neuem auf deinen Rücken laden.

331 Ruhe aus in der Gotteskindschaft! Gott ist Vater – dein Vater! Zart und unerschöpflich ist seine Liebe.
Nenne Ihn oft Vater und sage Ihm unter vier Augen, daß du Ihn liebst, sehr, sehr liebst! Sage Ihm, daß du zutiefst die Ehre empfindest, sein Sohn, seine Tochter zu sein, und daß du daraus deine ganze Kraft schöpfst.

332 Die Freude ist die notwendige Konsequenz aus der Gotteskindschaft; denn wir wissen, daß Gott, unser Vater, uns ganz besonders liebt, uns annimmt, uns hilft, uns vergibt.
Denke immer und immer wieder daran: Manchmal mag es scheinen, als stürze alles zusammen… , aber nichts stürzt zusammen, denn Gott verliert keine Schlachten.

333 Der höchste Erweis unserer Dankbarkeit Gott gegenüber besteht darin, daß wir unsere Gotteskindschaft leidenschaftlich lieben!

334 Du fühlst dich wie der Habenichts, der plötzlich erfährt, er sei ein Königssohn! – Deshalb liegt dir hier auf Erden nur mehr an der Ehre – der uneingeschränkten Ehre! – Gottes, deines Vaters.

335 Mein Kind, mein Freund, sage Ihm: Jesus, da ich weiß, daß ich Dich liebe und daß Du mich liebst, mache ich mir um nichts mehr Sorgen: Es ist alles gut.

336 Ich habe Unsere Liebe Frau um viele Dinge gebeten, sagtest du mir. Aber dann korrigiertest du dich: Falsch! Ich habe Unserer Lieben Frau viele Dinge erzählt…

337 »Alles vermag ich durch Ihn, der mir Kraft gibt.« Mit Ihm ist Scheitern unmöglich. Aus diesem Wissen erwächst eine Art »Überlegenheitskomplex« – etwas sehr Heiliges –, so daß wir unsere Aufgaben mit Siegeszuversicht angehen, weil Gott uns seine Kraft schenkt.

338 Ein Maler stand vor seiner Staffelei, erfüllt von dem Drang, seine Kunst bis zur höchsten Ausdrucksmöglichkeit zu steigern: Herr – rief er –, ich will Dir achtunddreißig Herzen malen, achtunddreißig Engel, die sich in Liebe zu Dir verzehren, achtunddreißig Wunder, die an Deinem Himmel erstrahlen, achtunddreißig Sonnen auf Deinem Königsmantel, achtunddreißig Feuerflammen, achtunddreißig Symbole der Liebe, achtunddreißig Verrücktheiten, achtunddreißig Wonnen…
Dann gab er demütig zu: Aber das ist nur mein Wunsch und meine Phantasie… In Wirklichkeit sind es achtunddreißig nur sehr mäßig gelungene Darstellungen, kein hinreißender Anblick, eher eine Zumutung für den Betrachter…

339 Es wäre vermessen, zu verlangen, daß die Engel uns gehorchen…
Wohl aber haben wir die Gewißheit, daß sie uns immer hören.

340 Laß dich von Gott leiten. Er wird dich auf »seinem Weg« führen. Er wird dabei auch zahllose Widrigkeiten benutzen und sich vielleicht sogar deiner Neigung zum Faulenzen bedienen; auf diese Weise wird man sehen, daß Er es ist, der dein Tun bewirkt.

341 Bitte, dränge, ohne Angst! Erinnere dich an den Bericht des Evangeliums über die wunderbare Brotvermehrung. Bedenke, wie freigebig der Herr auf die Not der Apostel eingeht: Wie viele Brote habt ihr? Fünf?… Und was möchtet ihr?… Der Herr gibt ihnen sechs, hundert, tausende… Warum? Weil Christus unsere Not im Lichte seiner göttlichen Weisheit sieht. Seine Allmacht kann und will alle unsere Wünsche übertreffen.
Der Herr sieht weiter als wir mit den schwachsichtigen Augen unserer simplen Logik… und Er ist unendlich großzügig.

342 Wer für Gott arbeitet, muß eine Art »Überlegenheitskomplex« haben, sagte ich dir schon.
Du fragst mich: Ist das nicht ein Zeichen des Hochmuts? – Nein! Es ist eine Konsequenz der Demut. Die Demut läßt mich sagen: Du, Herr, bist der, der ist. Ich bin das Nichts. In Dir sind alle Vollkommenheiten: die Macht und die Stärke, die Liebe und die Herrlichkeit, die Weisheit und die Herrschaft, die Majestät… Wie das Kind in die starken Arme seines Vaters läuft oder sich auf dem Schoß seiner Mutter geborgen weiß, so kann ich ganz nahe bei Dir sein. Dann erfahre ich die Glut Deiner Gottheit, das Leuchten Deiner Weisheit und Deine Stärke, die mich belebt.

343 Wenn du in der Gegenwart Gottes lebst, wird dir, hoch über den schwarzen Gewitterwänden, stets das Licht der Sonne leuchten, wird in deiner Seele, tief unter der tosenden Zerstörungswut des Taifuns, nur Stille herrschen.

344 Für ein Kind Gottes ist jeder einzelne Tag eine Gelegenheit, sich zu erneuern; dabei wird es von der Gewißheit getragen, daß es – mit Hilfe der Gnade – bis zum Ende des Weges, bis zur Liebe selbst gelangen wird.
Es ist also gut, wenn du beginnst und immer wieder neu beginnst. Wenn du entschlossen bist zu siegen und mit der Hilfe Gottes kämpfst, wirst du auch siegen. Es gibt keine Schwierigkeit, die du nicht überwinden könntest!

345 Eile nach Bethlehem, nähere dich dem Kind… Und dann: tanze vor Ihm, sage Ihm Worte der Liebe, drücke es an dein Herz…
Ich rede nicht von Kindereien: Ich spreche von Liebe, die Liebe wird im Tun sichtbar. Im Innersten deiner Seele kannst du das Kind umarmen!

346 Zeigen wir Jesus, daß wir Kinder sind! Wieviel Mühe kostet es ein Kind – ein wirkliches, kleines Kind –, bis es sich eine Treppenstufe höher hinaufgearbeitet hat! Da steht es nun, in scheinbar vergeblicher Mühe. Eine Stufe hat es schon geschafft. Dann, mit Händen und Füßen, mit der Anstrengung des ganzen kleinen Körpers wieder eine: ein neuer Triumph! Aber der Kampf beginnt von neuem. Wie anstrengend! Nur noch wenige Stufen bis oben… , aber dann… ein Fehltritt… und wieder ganz unten! Mit blauen Flecken, die Augen voll Tränen macht sich das arme Kind abermals an den Aufstieg.
So ist es mit uns, Jesus, wenn wir auf uns allein angewiesen sind. Nimm Du uns in Deine liebenden Arme als der große, gute Freund der echten Kinder, der Du bist. Hilf uns, bis wir ganz oben angekommen sind. Und dann… ja, dann wird es uns gelingen, auf Deine barmherzige Liebe zu antworten. In kindlicher Verwegenheit werde ich Dir, Herr, sagen, daß – Maria und Josef ausgenommen – kein Sterblicher – auch nicht die, die große »Toren« aus Liebe gewesen sind – Dich so geliebt hat und Dich so lieben wird, wie ich Dich liebe!

347 Mach dir nichts daraus, wenn du – so habe ich dir gesagt – kleinen kindlichen Einfällen folgst. Solange sie nicht der Routine entspringen, sind sie fruchtbar.
Ein Beispiel: Nehmen wir einmal an, jemand, der den Weg der geistlichen Kindschaft geht, käme auf die Idee, abends vor dem Schlafengehen eine Holzstatue Unserer Lieben Frau gut zuzudecken.
Der Verstand rebelliert gegen eine Handlung, die ihm deutlich als sinnlos erscheint. Aber die kleine Seele, die den Anhauch der Gnade gespürt hat, sieht ebenso deutlich, ein Kind würde aus Liebe so handeln.
So erhebt sich der starke Wille, den alle besitzen, die »klein im Geiste« sind, und zwingt den Verstand zum Rückzug… Wenn die kindliche Seele weiterhin jeden Abend die holzgeschnitzte Madonna zudeckt, tut sie mit diesem kleinen, kindlichen Einfall täglich etwas, das vor Gott fruchtbar ist.

348 Wenn du ein echtes Kind bist und wenn du – falls Gott es für dich so will – die Wege der geistlichen Kindschaft gehst, wirst du unbesiegbar sein.

349 Zuversichtliche Bitte eines kleinen Kindes: Ich möchte eine Reue haben, Herr, wie sie die empfanden, die Dir am meisten gefallen haben.

350 Kind, du verlierst dein Kindsein, sobald irgend jemand oder irgend etwas zwischen Gott und dich tritt und so eine Trennung bewirkt.

351 Ich will Jesus um nichts bitten. Ich will Ihm nur in allem gefallen und von meinen Dingen erzählen, als ob sie Ihm unbekannt wären. Nichts anderes tut ein kleines Kind bei seinem Vater.

352 Kind, sag zu Jesus: Ich gebe mich mit nichts und niemand Geringerem zufrieden… als mit Dir.

353 In deinem Gebet der geistlichen Kindschaft trägst du deinem Herrn regelrechte »Kindereien« vor. Vertrauensselig wie ein Kind im Gespräch mit dem großen Freund, dessen Liebe es sicher ist, sprichst du dich aus: Ich möchte nur für Deine Ehre leben! Du blickst zurück und erkennst in aller Schlichtheit an, daß du nichts Rechtes zustande bringst. Du erklärst es Ihm: Aber das kann Dich ja nicht verwundern, mein Jesus; es ist eben unmöglich, daß mir überhaupt etwas gelingt. Doch wenn Du mir hilfst, wenn Du es an meiner Stelle tust, dann wirst Du sehen, wie gut alles wird.
Dann setzt du dein Gebet fort, verwegen, doch ohne dich von der Wahrheit zu entfernen:
Durchtränke mich, laß mich von Deinem Geiste trunken werden, damit ich Deinen Willen vollkommen erfülle. Das wünsche ich mir sehnlichst. Wenn es nicht gelingt, liegt es daran, daß Du mir nicht geholfen hast. Aber Du hilfst mir doch!

354 Du mußt die dringende Notwendigkeit empfinden, dich klein, mittellos und schwach zu sehen. Dann wirst du dich in den Schoß unserer himmlischen Mutter flüchten: Stoßgebete, Blicke voller Liebe, marianische Frömmigkeitsübungen… Das alles gehört zum Wesenskern der Gotteskindschaft.
Unsere Liebe Frau wird dich beschützen.

355 Was auch immer geschehen mag, harre auf deinem Weg aus! Harre aus in Freude und Zuversicht, denn der Herr sorgt dafür, daß die Hindernisse beseitigt werden.
Hör gut zu: Ich bin sicher, daß du heilig wirst, wenn du nur kämpfst.

356 Die ersten Apostel standen neben dem alten Boot und flickten die zerrissenen Netze. Da rief sie der Herr. Er sagte ihnen, sie sollten Ihm folgen. Und sie folgten Ihm »statim« – sofort, und »relictis omnibus« – indem sie alles verließen… Alles!
Gelegentlich kommt es vor, daß wir – die wir sie nachahmen möchten – nicht wirklich »alles« verlassen: da bleibt noch irgendeine Anhänglichkeit im Herzen, eine Unstimmigkeit im Leben – etwas, das wir nicht beseitigen, das wir Gott nicht darbringen wollen.
Solltest du nicht dein Herz bis zur letzten Tiefe prüfen? Nichts Ihm Fremdes darf bleiben; sonst lieben wir Ihn nicht ganz – weder du noch ich.

357 Trage aufrichtig und beständig dein Streben nach Heiligkeit und nach Apostolat vor Gott hin. Dann wird das armselige Gefäß, das deine Seele ist, nicht brüchig werden; oder wenn es zerbricht, wird man es neu und noch schöner zusammensetzen, und es wird deiner Heiligkeit und dem Apostolat weiterhin dienen.

358 Dein Gebet soll das Gebet eines Kindes Gottes, nicht das eines Heuchlers sein. An die Heuchler richtet Jesus sein Wort: »Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich eingehen«.
Dein Gebet – dein Ruf »Herr! Herr!« – wird sich im Verlauf des Tages in tausend Formen äußern und mit dem Wunsch und dem tätigen Willen zusammengehen, den Willen Gottes zu tun.

359 Kind, sage Ihm: Jesus, ich will nicht, daß der Teufel sich der Seelen bemächtigt!

360 Wenn du, von der Liebe Gottes gerufen, zu seiner Nachfolge auserwählt worden bist, hast du die Pflicht, darauf zu antworten… Und du hast ebenso die nicht minder wichtige Pflicht, deinen Menschenbrüdern zu helfen, daß auch sie sich auf den Weg zur Heiligkeit machen.

361 Nur Mut!… Auch dann, wenn der Weg steil wird. Freut es dich denn nicht, daß die Treue gegenüber deinen Verpflichtungen als Christ zu einem guten Teil von dir abhängt?
Sei froh darüber und erneuere in Freiheit deinen Entschluß: Ja, Herr, was Du willst, will ich auch. Ich bin nicht viel wert, aber Du kannst mit mir rechnen!

362 Gott reißt dich nicht aus deinem Lebensbereich heraus. Er nimmt dich nicht aus der Welt, nicht aus deinem Stand, nicht aus deinen guten menschlichen Bestrebungen und Plänen, nicht aus deiner beruflichen Arbeit. Aber Er will, daß du da, wo du bist, heilig wirst.

363 Den Kopf bis zum Boden geneigt und in Gottes Gegenwart, bedenke, wer du im Grunde bist: Du bist noch schmutziger und noch weniger wert als der Staub, den man mit dem Besen zusammenkehrt. – Und trotz allem hat der Herr dich auserwählt.

364 Wann wirst du dich endlich entscheiden!
Viele Menschen in deiner Nähe führen aus rein irdischen Gründen ein hartes Leben. Sie denken nicht einmal daran, daß sie Kinder Gottes sind, und so sind die Beweggründe ihres Handelns, das ihnen oft große Opfer abverlangt, manchmal nur Stolz, Geltungsbedürfnis oder Suchen nach Annehmlichkeiten.
Du aber hast mitzutragen an der liebenswerten Last der Kirche, am Wohl deiner Familienangehörigen, deiner Freunde und Berufskollegen. Wie sehr bestimmt all das dein tägliches Leben? Spürst du nicht deine Verantwortung?

365 Herr, warum hast Du gerade mich ausgesucht, mich, der ich ein Nichts bin? Und es gibt doch so viele Menschen, die heilig, gelehrt, reich oder angesehen sind!
So ist es. Gerade deshalb bedanke dich bei Ihm – mit Werken und mit Liebe.

366 Jesus: laß in Deiner heiligen Kirche alle ihren Weg – den Weg ihrer christlichen Berufung – mit ausdauernder Treue gehen! Gib, daß sie wie die Weisen aus dem Morgenland dem Stern folgen und die Ratschläge des Herodes mißachten… Denn auch heute fehlt es nicht an arglistigen Ratgebern.

367 Bitten wir unseren Herrn Jesus Christus darum, daß sein Erlösungswerk reiche Frucht in den Seelen trage. Immer mehr Frucht! Bitten wir Ihn um eine reiche, göttliche Ernte!
Deshalb möge Er uns zu guten Kindern seiner heiligsten Mutter werden lassen!

368 Das Geheimnis, glücklich zu werden? – Verschenke dich an die anderen, diene ihnen – ohne Dank zu erwarten!

369 Wenn dein Leben und Arbeiten auf Gott ausgerichtet ist, weil du liebst und dienst und – ohne Priester zu sein – eine priesterliche Seele hast, dann erhält all dein Tun eine übernatürliche Dimension: Deine ganze Existenz wird gespeist aus der Quelle aller Gnaden!

370 Das unendlich weite Feld der Seelen, die auf dich warten, und die gewaltige Verantwortung für sie lassen vielleicht auch in dir – wie es mir manchmal geschieht – den Gedanken aufkommen: Und dies alles soll meinen schwachen Kräften anvertraut werden? Mir, der ich so wenig tauge?
Schlagen wir das Evangelium auf und betrachten wir, wie Jesus den Blindgeborenen heilt: Er macht einen Teig aus Erde und Speichel. Das ist das Heilmittel, das den blinden Augen die Sehkraft zurückgibt.
Dieser Teig – das sind wir: Im Bewußtsein unserer Schwachheit und unserer Ohnmacht, aber mit der Gnade Gottes und mit unserem guten Willen, werden wir zum Heilmittel, das sehend macht, das die anderen und uns selbst stärkt.

371 Jemand, der den glühenden Wunsch hatte, apostolisch zu wirken, sagte zum Herrn: Jesus, Du wirst schon wissen, was Du tust… Ich arbeite ja nicht für mich…

372 Wenn dein ganzes Sein ein einziges beharrliches Gebet ist, wird dir der Herr die erforderlichen Mittel schenken, damit deine Arbeit wirksamer wird und zur Ausbreitung seines Reiches auf Erden beiträgt.
Eines jedoch tut not: Treu bleiben und bitten, intensiv bitten… Denke darüber nach, ob es bei dir so ist.

373 Der Herr will seine Kinder auf allen ehrbaren Wegen dieser Erde! Überall sollen sie den Samen des gegenseitigen Verstehens, der Vergebung, des ehrlichen Miteinanders, der Liebe, des Friedens aussäen. – Was tust du dazu?

374 Das Werk der Erlösung vollzieht sich immer noch: jetzt in diesem Augenblick… Welche Rolle du dabei spielst? Du sollst »Miterlöser« sein.

375 »Christsein in der Welt« bedeutet nicht sich abkapseln. Im Gegenteil: Es bedeutet, alle Menschen zu lieben und den Drang zu verspüren, sie mit dem Feuer der Liebe Gottes zu entzünden.

376 Maria, Mutter Gottes und meine Mutter: Laß mich niemals vergessen, daß du Herrin und Königin der ganzen Schöpfung bist.

 «    UND WIEDER KÄMPFEN    » 

377 Folge der Mahnung des heiligen Paulus: »Hora est iam nos de somno surgere!« – es ist schon an der Zeit, mit der Arbeit zu beginnen. Mit der Arbeit nach innen – der Entfaltung deiner Seele – und mit der Arbeit nach außen – der Entfaltung des Reiches Gottes.

378 Reumütig sagst du mir: »Wieviel Elend gewahre ich in mir! Ich komme mir vor, als hätte ich niemals das Geringste getan, um Gott näherzukommen – so stumpf bin ich, so sehr von bösen Begierden geplagt. Anfangen, anfangen…O Herr, immer nur dieses Anfangen! Aber ich will versuchen, mir jeden Tag von neuem einen mächtigen Ruck zu geben.«
Gott segne deinen Vorsatz!

379 Vater – so sagtest du mir –, ich habe viele Fehler, ich mache vieles verkehrt.
Ich weiß es, antwortete ich. Aber auch Gott, unser Herr, weiß es und rechnet damit. Von dir erwartet Er nur die Demut, dein Versagen anzuerkennen, und das aufrichtige Bemühen, jeden Tag den Weg von neuem zu begradigen, um Ihm besser zu dienen: mit mehr innerem Leben, mit beharrlichem Beten und echter Frömmigkeit, mit deiner Anstrengung, dich in der Arbeit zu heiligen, indem du die dazu erforderlichen Mittel anwendest.

380 Hoffentlich gelingt es dir – du willst es ja! –, die Tugenden des Eselchens zu erlangen. Es ist ein anspruchsloses, demütiges Tier, leistungsfähig, fleißig und emsig bei der Arbeit; dazu treu, mit sicherem Schritt, kräftig und – wenn sein Herr gut ist – auch dankbar und gehorsam.

381 Betrachte weiter die Eigenschaften des kleinen Esels. Bedenke, wie er nur sinnvoll arbeiten kann, wenn er den Willen seines Herrn tut. Auf sich allein gestellt, käme er nur auf – Eseleien: ihm fiele nichts Besseres ein, als sich auf dem Boden zu wälzen, zum Stall zurückzutrotten und zu iahen.
Sag auch du dem Herrn: Mein Jesus, »ut iumenturn factus sum apud te!« – Du hast mich zu Deinem Eselchen gemacht; verlaß mich nicht, »et ego semper tecum!« – und ich werde immer bei Dir bleiben. Führe mich, mit dem starken Band der Gnade an Dich gebunden: »tenuisti manum dexteram meam… « – Du hast mich beim Halfter genommen; »et in voluntate tua deduxisti me… « – gib, daß ich Deinen Willen erfülle. Und dann werde ich Dich in alle Ewigkeit lieben – »et cum gloria suscepisti me!«

382 Auch die winzigste Abtötung kommt dir schon wie eine Heldentat vor. Jesus bedient sich gelegentlich deiner Schrullen und kleinen Eigentümlichkeiten, damit du dich abtötest und aus der Not eine Tugend machst.

383 Mein Jesus, ich will ja Deiner Liebe entsprechen, aber ich bin so mattherzig…
Doch mit Deiner Gnade werde ich es schaffen!

384 Mit Nachdruck will ich es noch einmal wiederholen: Das geistliche Leben ist ein ständiges Beginnen und Neubeginnen.
Neubeginnen? Ja! Du beginnst jedesmal von neuem, wenn du einen Reueakt verrichtest – und das sollte oft am Tage geschehen! –, weil du damit Gott deine erneuerte Liebe schenkst.

385 Was wir im Dienste Gottes tun, darf uns niemals zufriedenstellen; so wenig, wie ein Künstler je mit dem Gemälde oder der Statue, die er geschaffen hat, zufrieden ist. Alle sagen ihm: Ein wunderbares Werk! Er aber denkt bei sich: Nein, das ist nicht, was ich eigentlich wollte. Ich wollte mehr. Auch wir sollten so denken.
Außerdem: Der Herr schenkt uns so viel… Er hat ein Recht darauf, daß wir dem entsprechen… Wir müssen mit Ihm Schritt halten.

386 Dir fehlt es an Glauben… und an Liebe. Sonst würdest du dich viel öfter – und zwar immer sofort! – an Jesus wenden, um von ihm dies und jenes zu erbitten.
Zögere nicht länger! Flehe Ihn an! Dann wirst du das Wort Christi vernehmen: »Was willst du, daß ich dir tun soll?« So sprach Er den armen Blinden an, der am Straßenrand saß und unermüdlich zu Ihm rief…

387 Unser gemeinsamer Freund schrieb: »Ich habe den Herrn viele Male um Vergebung für meine großen Sünden gebeten und Ihm gesagt, daß ich Ihn liebe. Ich habe für seine väterliche Hilfe während dieser Tage gedankt und dabei das Kruzifix geküßt. Erst später wurde mir bewußt, daß ich wie in früheren Jahren gebetet hatte: >Dei perfecta sunt opera< – vollkommen sind die Werke Gottes. Gleichzeitig empfand ich die feste, unzweifelhafte Gewißheit, dies sei die Antwort meines Schöpfers an sein sündiges, aber Ihn liebendes Geschöpf. Alles erwarte ich von Ihm! Er sei gepriesen!«
Ich antwortete sofort: »Der Herr handelt an uns ständig wie ein Vater, voller Güte, und Er erweist uns immer wieder seine Liebe: Setze deine ganze Hoffnung auf Ihn… und kämpfe weiter.«

388 Jesus, obwohl ich so war, wie ich war – armselig und unwürdig –, hast Du so viel an mir getan! Was würdest Du erst tun, wenn mein Ja zu Dir entschlossener wäre? Diese Erkenntnis muß dich zu einer stetigen Großzügigkeit veranlassen.
Weine und klage, sühnend und hebend, weil der Herr und seine heilige Mutter wahrhaftig ein anderes Verhalten deinerseits verdienen!

389 Erneuere mit Stoßgebeten den Glauben, die Hoffnung, die Liebe – auch wenn deine Seele manchmal nur Widerwillen zu empfinden scheint und dir das alles wie bloßes Geplapper vorkommt. Werde nicht müde! Denn sonst steht mitten aus dem Guten das Böse auf und reißt dich mit sich.

390 Wenn du betest, sage: Soll ich überhaupt jemals etwas Sinnvolles zustandebringen, Jesus, dann mußt Du es für mich tun! Dein Wille geschehe: Ich liebe diesen Willen auch dann, wenn er meinen gegenwärtigen Zustand verewigen sollte, der in ständigen unrühmlichen Niederlagen besteht – doch auch in der dauernden Wiederaufrichtung durch Dich…

391 Mache mich heilig, mein Gott, und wenn es sein muß, durch Schläge… Ich möchte Deinem Willen nicht ausweichen. Ich will ihm gehorchen, ich will großzügig sein. Jedoch… , will ich es wirklich?

392 Du empfindest in dir große Unruhe, weil du nicht so liebst, wie du es solltest… Alles ärgert dich, alles stört dich. Und der Feind tut, was er kann, damit deine Unbeherrschtheit sichtbar wird…
Ich verstehe, daß dich das demütigt. Gerade deshalb sollst du reagieren: mit Taten und ohne Aufschub.

393 Nicht um die wahre Heiligkeit, sondern bestenfalls um ihre Karikatur kann es sich handeln, wenn man unwillkürlich denken muß: »Um einen Heiligen zu ertragen, sind zwei Heilige nötig.«

394 Der Teufel möchte, daß wir zu Gott auf Abstand gehen. Läßt du dich darauf ein, dann werden anständige Menschen von dir Abstand nehmen, denn sie meiden die, die sich mit dem Teufel anfreunden oder sich von ihm beherrschen lassen.

395 In deiner Zwiesprache mit dem Herrn bitte Ihn – auch wenn du meinst, es wäre nur Geschwätz von dir – um mehr Hingabe, um entschiedenere Fortschritte auf dem Weg zur christlichen Vollkommenheit: Bitte Ihn, Er möge dich noch mehr mit dem Feuer seiner Liebe entzünden!

396 Erneuere den festen Vorsatz, jeweils »jetzt« – zu jeder Stunde und in jedweder Situation – aus freien Stücken Christ sein zu wollen.

397 Lege der Gnade keine Hindernisse in den Weg. Sei davon überzeugt, daß du, um Sauerteig zu sein, heilig werden und um die Gleichförmigkeit mit Christus ringen mußt.

398 Sprich langsam, aufrichtig: »Nunc coepi!« – jetzt beginne ich!
Laß den Mut nicht sinken, wenn du – leider – in dir zunächst keine Wirkung der starken Hand des Herrn, keine »Wandlung« wahrnimmst… Aus der Tiefe deiner Niedrigkeit rufe zu Ihm: Hilf mir, Jesus, denn ich will Deinen Willen – Deinen liebenswerten Willen – erfüllen!

399 Einverstanden: deine Sorge soll den anderen gelten. Aber zuallererst mußt du dich um dein eigenes inneres Leben kümmern; denn andernfalls kannst du den anderen nicht dienen.

400 Wieviel kostet dich doch diese Abtötung, die der Heilige Geist dir »nahelegt«! Blicke mit innerer Sammlung auf ein Kruzifix… , und du wirst das Opfer als Sühne lieben.

401 An das Kreuz genagelt sein! Diese Sehnsucht erfüllte, gleich einer Erleuchtung und häufig wiederkehrend, Geist, Herz und Worte eines Beters.
Er überlegte: An das Kreuz genagelt sein – wer hält das aus? Doch er wußte genau, wie man es macht: »agere contra!«, mit Selbstverleugnung… Und er flehte zu Gott: Hilf mir, Herr!

402 Wir stehen auf Golgotha, wo Jesus gestorben ist. Wir fühlen die Wucht unserer persönlichen Sünden. Von Reue erschüttert, fassen wir, in reiferer und tieferer Weise als früher, den festen Vorsatz, Ihn niemals mehr zu beleidigen.

403 Ähnlich wie man Stein oder Holz bearbeitet, müssen wir Tag für Tag im Geiste der Buße die eigenen Unebenheiten glätten, die Fehlhaltungen in unserer Lebensweise beseitigen. Dies geschieht durch zweierlei Arten von kleiner Abtötung: durch die, die wir freiwillig suchen – wie man im Laufe des Tages kleine Blumen sammelt –, und die anderen, die wir erleiden – sie kommen auf uns zu, und es fällt uns schwer, sie anzunehmen. Alles Übrige – das vollbringt Christus.
Welch ein herrliches Kruzifix wird Er aus dir schnitzen, wenn du dich großmütig, freudig und vollständig formen läßt!

404 Der Herr hat seine Arme weit ausgebreitet: Er bittet dich um das Almosen einer beständigen Liebe.

405 Gehe auf Jesus zu, der für dich starb; gehe auf das Kreuz zu, das sich auf Golgotha erhebt…
Aber nähere dich dem Herrn am Kreuz auch wirklich, in tiefem christlichen Ernst und innerlich gesammelt, damit das Göttliche und das Menschliche, das sich in der Leidensgeschichte ereignet, den Grund deiner Seele erreicht.

406 Wir sollen das Leiden mit der gleichen Gesinnung annehmen, mit der Jesus seine heilige Passion auf sich nahm.

407 Die Abtötung ist eine unerläßliche Voraussetzung für das Apostolat und für das gute Gelingen jeder einzelnen apostolischen Unternehmung.

408 Der Geist der Buße besteht vor allem darin, daß wir die zahlreichen Kleinigkeiten, die uns jeden Tag auf unserem Weg begegnen – irgendein Tun, ein Verzicht, ein Opfer, ein Dienst –, in Akte der Liebe oder der Reue verwandeln. Diese Kleinigkeiten, zu Abtötungen geworden, bilden am Ende des Tages einen wunderschönen Strauß, den wir Gott darbringen!

409 Der beste Ausdruck von Opfergeist ist die Beharrlichkeit bei der Arbeit, die man begonnen hat: wenn sie Freude macht und wenn sie schwerfällt.

410 Besprich mit deinem geistlichen Leiter die Abtötungen, die du jeden Tag zu verrichten pflegst, damit er sich dazu äußern kann.
Ob er dir nun rät, auf die eine oder andere Abtötung zu verzichten, oder, im Gegenteil, die eine oder andere hinzuzufügen: Nimm in jedem Fall seinen Rat an!

411 Wie der heilige Augustinus verspüren auch wir, daß die bösen Begierden uns an unseren Anhänglichkeiten packen und nach unten ziehen. Und zugleich brennt uns im Herzen eine tiefe Sehnsucht nach dem Guten und Reinen – ein regelrechter Kampf also.
Du wirst voranschreiten, Frieden haben und den Sieg erringen, wenn du mit Hilfe der Gnade die asketischen Mittel anwendest, das heißt, wenn du dir allezeit der Gegenwart Gottes bewußt bist und den Geist der Buße hast, kurz, wenn du dich – erschrick bitte nicht! – abtötest.

412 Am Eingang des Herzens eine Wache aufstellen! – Darum betete jener Priester: »Jesus: Mein verführbares Herz sei wie ein >verschlossener Garten<. Mein verletzliches Herz soll ein Paradies und Deine Wohnstätte sein. Mein Schutzengel bewache es mit feurigem Schwert und läutere meine Regungen, bevor sie in mich Einlaß finden. Jesus: Versiegle mein armes Herz mit dem göttlichen Siegel Deines Kreuzes.«

413 Mutig ein reines Leben führen… Jeder gemäß seiner Lebenssituation… Und »Nein« sagen können um der Liebe willen – um der einen, einzigen, großen Liebe willen.

414 Ein spanisches Sprichwort sagt sehr drastisch: »Entre santa y santo, pared de cal y canto«. Sinngemäß: Zwischen einem Heiligen und einer Heiligen tut auf alle Fälle eine dicke Mauer not!
Wir vermögen die Reinheit des Herzens und der Sinne nur zu wahren, indem wir die Gelegenheiten, die uns zum Bösen verleiten könnten, meiden. Auch eine Leidenschaft, die »heilig« motiviert erscheint, dürfen wir nicht in uns aufkommen lassen.

415 Mein Gott: In allem, was ich sehe, finde ich Schönheit und Anmut. Also will ich meine Blicke im Zaum halten… , weil ich liebe.

416 Du bist Christ und als Christ Kind Gottes. Seine Barmherzigkeit hat dich mit vielen Gaben gesegnet. Auf dir ruht nun die schwere Verantwortung, ihnen zu entsprechen. Das erfordert eine wachsame und liebevolle Standfestigkeit, damit weder Menschen noch Dinge die besonderen Züge der Liebe, die der Herr deiner Seele eingeprägt hat, entstellen können.

417 Dir ist eine enge Vertrautheit mit Gott geschenkt worden, mit unserem Herrn, der nahe bei dir ist und im Innersten deiner Seele wohnt. Setzt du aber alles daran, daß diese Vertrautheit wächst und immer tiefer wird? Meidest du die kleinen Treulosigkeiten, die die Freundschaft verletzen könnten?
Habe Mut! Weigere dich nicht, alles von dir abzustreifen, was den, der dich liebt, auch nur im geringsten schmerzen könnte.

418 Das Leben Jesu Christi wiederholt sich auf je eigene Weise im Leben eines jeden von uns, wenn wir treu sind: sowohl nach innen, auf dem Wege der Heiligung, als auch nach außen, im Verhalten.
Danke Ihm für seine Güte.

419 Es ist gut, daß du oft gegenüber dem Herrn den brennenden, starken Wunsch nach Heiligkeit äußerst, auch wenn du weißt, wie es um deine Erbärmlichkeiten steht. Gerade deshalb mußt du weiter so beten!

420 Du hast deine Würde als Sohn, als Tochter Gottes klar erkannt. Gesetzt den Fall – es wird nicht geschehen! –, daß diese deine Gewißheit einmal verdunkelt würde selbst dann solltest du in Treue und ohne zurückzublicken den Weg dein Leben lang weitergehen!

421 Nimm dir vor, an der Zeiteinteilung, zu der du dich entschieden hast, im Alltag wie in außergewöhnlichen Situationen festzuhalten – ohne Ausflüchte vor dir selbst. Auch darin kann Heroismus liegen.

422 Sicherlich hast du schon einmal mit einem Anflug von »heiligem Neid« an jenen jugendlichen Apostel gedacht, »quem diligebat Iesus« – den Jesus liebte.
Würde es dir nicht gefallen, daß man auch dich etwa so charakterisieren könnte: »der den Willen Gottes liebt«?
Sorge tagtäglich dafür, daß es so ist.

423 Sei gewiß: Der tatkräftige Wunsch, als ein guter Sohn, eine gute Tochter Gottes zu leben, schenkt dir Jugend, Gelassenheit, Freude und Frieden ohne Ende.

424 Laß dich immer wieder in die Hände Gottes zurückfallen! Der Heilige Geist wird dann deinen Verstand erleuchten und deinen Willen stärken.

425 Höre die Worte Jesu aus dem Johannesevangelium: »Ego sum vitis, vos palmites« – Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.
Schon hast du das ganze Gleichnis im Bild vor Augen und verstehst; eine Rebe, die vom Weinstock getrennt ist, taugt zu nichts, sie wird keine Frucht bringen, sie verkommt als ein verdorrtes Holzstück; von Mensch und Tier zertreten, wird sie schließlich ins Feuer geworfen…
Du bist die Rebe: Bedenke, was daraus folgt.

426 Heute habe ich wieder einmal vertrauensvoll meine Bitte vorgetragen: Gib, Herr, daß weder die vergangenen, bereits verziehenen Stürze, noch die möglicherweise kommenden Verirrungen uns beunruhigen; daß wir uns Deinen barmherzigen Händen überlassen; daß wir Dir unsere Sehnsucht nach Heiligkeit und nach Apostolat darbringen, denn sie sind ja da wie Glut unter der scheinbar erkalteten Asche.
Ich weiß, Herr, Du erhörst uns. Bitte auch du Ihn so.

427 Wenn du deinem Seelenführer die Seele öffnest, sei aufrichtig und sprich klar: verdeckendes Rankenwerk wäre hier eine kindische Unart.
Geh dann in Fügsamkeit deinen Weg weiter: heiliger und glücklicher.

428 Suche keinen Trost außerhalb des Umgangs mit Gott. Bedenke, was ein Priester schrieb: Ich will nicht ohne Not mein Herz einem anderen Freund ausschütten!

429 Heilig werden wir mit dem Beistand des Heiligen Geistes – der in unserer Seele Wohnung nimmt – durch die Gnade, die uns in den Sakramenten zuteil wird, und durch einen beharrlichen asketischen Kampf.
Wir wollen uns nichts vormachen, mein Sohn: Du und ich, wir alle – ich werde nicht müde, es zu wiederholen – werden immer, immer kämpfen müssen, bis zu unserem Lebensende. So werden wir den Frieden lieben, den Frieden weitergehen und den ewigen Lohn erhalten.

430 Begnüge dich nicht damit, zum Heiligen Geist, deinem Beistand, nur zu sprechen. Höre auf Ihn!
Betrachte in deinem Gebet, wie das Leben der geistlichen Kindschaft, das dir die Tiefe deines Daseins als Kind Gottes erschloß, dich mit kindlicher Liebe zum Vater erfüllt hat; betrachte auch, wie du zuvor durch Maria zu Jesus gelangtest, den du jetzt anbetest und dessen Freund, Bruder, Liebender du bist…
Nun hörst du meinen Rat und merkst, daß du bis jetzt die Einwohnung des Heiligen Geistes in deiner Seele wohl begriffen, dich die Realität dieser Gegenwart aber noch nicht »ergriffen« hatte. Dir fehlte das, was ich dir gerade als Anregung zu geben versuchte: Jetzt empfindest du in dir die Liebe selbst; du suchst den Umgang mit Ihr und wünschst, dem Heiligen Geist Freund und Vertrauter zu sein. Du möchtest es dem, der die Liebe ist, leichter machen, in dir manches abzuschleifen, auszureißen, zu entzünden.
Dann wieder der Gedanke: Aber ich kann das nicht! – Du kannst, ich sage es noch einmal, wenn du auf Ihn hörst. Er wird dir Kraft geben. Er wird alles in dir wirken, wenn du nur willst… und du willst doch!
Bete zu Ihm: Du göttlicher Gast meiner Seele, Du Lehrer, Licht, Lenker, Liebe: Gib, daß ich lerne, Dich freudig aufzunehmen, auf Deine Unterweisung zu hören, mich durch sie entflammen zu lassen, Dich zu lieben.

431 Um dich Gott zu nähern, um dich zu Gott zu erheben, benötigst du die breiten, weiten Schwingen des Gebetes und der Sühne.

432 Willst du die Routine bei den mündlichen Gebeten meiden, versuche, sie mit der Liebe zu sprechen, die zwei Liebende in ihr erstes persönliches Gespräch hineinlegen…, und sprich sie gleichzeitig so, als ob sie die letzte Gelegenheit wären, dich an den Herrn zu wenden.

433 Du empfindest eine Art »heiligen Stolz«, Sohn oder Tochter Unserer Lieben Frau zu sein. Frage dich: Wie steht es mit den täglichen, von morgens bis abends nie aussetzenden kleinen Äußerungen meiner Liebe zu Maria?

434 Zwei wichtige Gründe gibt es für mich, sagte unser gemeinsamer Freund, weshalb ich an den Samstagen und an den Tagen vor großen Marienfesten meiner Unbefleckten Mutter Wiedergutmachung leisten möchte.
Der zweite ist: An den Sonntagen und Festtagen der Mutter Gottes in vielen Dörfern sind sie nicht selten die Hauptfeiertage des Jahres – spielt für die Leute das Beten kaum noch eine Rolle, vielmehr wird Gott durch vielerlei größere oder kleinere Sünden und Anstößigkeiten öffentlich beleidigt. Man braucht nur um sich zu sehen, um das festzustellen.
Der erste Grund aber ist: Wir, die wir getreue Kinder unserer Mutter sein wollen, sind – vielleicht auf Betreiben des Teufels – an diesen Tagen, die doch dem Herrn und seiner Mutter gewidmet sind, nicht genügend Vorbild.
Du weißt, daß beide genannten Gründe leider immer aktuell bleiben. Auch wir sollten sühnen.

435 Das Gebet des Christen ist liebevolles Gespräch mit Jesus. So habe ich es immer verstanden. Auch wenn wir weit von jedem Tabernakel entfernt sind, verstummt es nicht. Denn unser ganzes Leben gleicht einem durch und durch menschlichen Liebeslied, das sich an Gott richtet. Lieben aber kann man überall und jederzeit.

436 So sehr liebt Gott seine Geschöpfe, und so sehr sollten wir seine Liebe erwidern, daß eigentlich bei der Feier der heiligen Messe alle Uhren stehen bleiben müßten…

437 Die Reben, die mit dem Weinstock verbunden bleiben, bringen reife Frucht.
Was sollen wir – du und ich – tun? Durch das Brot und durch das Wort mit Jesus Christus, der unser »Weinstock« ist, eng verbunden bleiben… und den ganzen Tag über Worte der Liebe zu ihm sprechen. So verhalten sich Liebende.

438 Den Herrn immer mehr lieben… Bewahre in deiner Seele diese Sehnsucht, Ihn zu lieben. Nähre sie! Liebe Gott gerade jetzt, da Ihn einige, die Ihn in ihren Händen halten, nicht lieben, Ihn mißhandeln, Ihn ignorieren.
Geh mit dem Herrn zart um, feinfühlig – in der heiligen Messe und den ganzen Tag hindurch.

439 Das Gebet ist die mächtigste Stütze für den Christen. Erst das Gebet verhilft zur Wirksamkeit. Es macht uns glücklich, es verleiht uns die nötige Kraft, um Gottes Gebote erfüllen zu können.
Glaube mir: Dein ganzes Leben kann und muß Gebet sein.

440 Persönliche Heiligkeit! Das ist kein Hirngespinst, sondern die konkrete Realität, die Gott und den Mitmenschen zum Mittelpunkt hat und die sich immerfort, jeden Tag aufs neue, in Taten der Liebe bewahrheiten muß.

441 Es ist der Geist des Gebetes gewesen, der das ganze Leben Jesu Christi unter den Menschen beseelte. Das soll uns lehren, daß das Gebet all unseren Werken seien sie bedeutend oder nicht – vorangehen, sie begleiten und absichern muß.

442 Stell dir das Leiden unseres Herrn Jesus Christus vor Augen, durchlebe es! Halte deine Schulter hin, oftmals am Tage, wenn Er gegeißelt wird; biete dein Haupt dar, wenn Er mit Dornen gekrönt wird.
In meiner Heimat heißt es: »Liebe vergilt man mit Liebe.«

443 Einem Liebenden entgeht auch die geringste Kleinigkeit nicht. Das habe ich bei vielen Menschen erfahren: Diese kleinen Dinge sind etwas sehr Großes: Liebe!

444 Liebe Gott auch stellvertretend für die, die Ihn nicht lieben!
Die innere Haltung der Sühne und Wiedergutmachung muß dir in Fleisch und Blut übergehen.

445 Wird dein innerer Kampf irgendwann einmal mühsamer, dann ist die Stunde gekommen zu beweisen, daß unsere Liebe echt ist.

446 Du bist dessen sicher: Gott ließ dich klar erkennen, du solltest wieder in vielen winzigen Details die Art eines kleinen Kindes nachahmen, die früher dein inneres Leben gekennzeichnet hat, und du solltest monate– oder auch jahrelang bei diesen heroischen Kleinigkeiten ausharren. Es macht nichts aus, wenn das Gefühl dabei – wie so oft für das Gute – taub bleibt. Harre weiter aus auf diesem Weg – wenn nötig mit einem Wollen ohne Unterstützung des Gefühls, aber mit liebender Entschlossenheit.

447 Bleibe deinen Frömmigkeitsübungen treu – mit liebendem, wenn auch trockenem Willen. Mach dir nichts daraus, wenn du dich dabei ertappst, wie du die Minuten oder Tage zählst, die noch verstreichen müssen, bis deine Andacht oder deine Arbeit zuende sind. Du magst wie ein bummelnder Student empfinden, der auf das Ende des Semesters wartet, oder wie ein Häftling, der schon neue Pläne für die Zeit nach der Entlassung schmiedet.
Ich wiederhole: Bleibe dabei, sei willensstark! Und meide die Versuchung, die äußeren Hilfsmittel der Frömmigkeit auch nur für einen Augenblick zu vernachlässigen.

448 Lebe deinen Glauben, voll Freude und ganz nahe bei Jesus Christus. Liebe Ihn wirklich – aber wirklich, verstehst du? Dann wirst du – weil du immer mehr liebst – eine der Hauptpersonen im großen Abenteuer der Liebe Gottes sein.

449 Sage dem Meister mit Bedacht: Herr, ich will nur Dir dienen! Ich will nichts weiter als meine Pflichten erfüllen und Dir mit wahrhaft verliebtem Herzen dienen! Gib, daß ich Deinen festen Schritt mir zur Seite spüre. Sei Du mein einziger Halt!
Sag es Ihm mit Bedacht und ganz ehrlich.

450 Außer dem inneren Leben benötigst du Glaubenslehre. Fordere in beidem viel von dir! Du sollst als christlicher Mann, als christliche Frau »Salz der Erde« und »Licht der Welt« sein. Es ist nämlich deine Pflicht, mit heiliger Unverschämtheit Beispiel zu geben!
Dich muß die Liebe Christi drängen! Seit dem Augenblick, da du dem Herrn gesagt hast, du wolltest Ihm folgen, weißt und erfährst du dich als anderen Christus. Aber das bedeutet keine Absonderung von deinesgleichen – deinen Verwandten, Freunden und Berufskollegen; auch das Salz ist ja nicht von der Speise getrennt, die es würzen soll.
Zum geistlichen inneren Leben und zur Bildung im Glauben gehören Frömmigkeit und Urteilsfähigkeit. Wer als Kind Gottes die Welt mit der Würze des Christlichen bereichern will, braucht beides.
Bitte den Herrn darum, daß Er dich für deine Mitmenschen zu einem erlesenen »Gewürz« werden läßt.

451 Unsere Sache als Christen ist es, den immer aktuellen Schatz des Evangeliums mit frischem, jugendlichem Geist zu heben und ihn in alle Winkel der Erde zu tragen.

452 In all deinem Tun und Lassen sollst du Christus nachahmen. Vergiß mir nicht, daß Er unsere menschliche Natur annahm, damit alle Menschen am Leben Gottes teilhaben könnten und, mit Ihm vereint, fähig würden, seine Gebote zu erfüllen – als einzelne wie in Gemeinschaft!

453 Du bist Christ – also darfst du keiner Hoffnung und keiner Not deiner Mitmenschen den Rücken kehren!

454 Wie eindringlich predigte der Apostel Johannes das »mandatum novum«, das neue Gebot! – »Liebet einander!« Ich möchte vor euch auf die Knie fallen das wäre keine Pose, mein Herz verlangt wirklich danach! – und euch um der Liebe Gottes willen bitten, daß ihr einander liebt, einander helft und die Hand reicht und euch gegenseitig zu vergeben versteht.
Darum: Weg mit dem Hochmut! Habt Mitgefühl füreinander! Habt Liebe zueinander! Helft euch gegenseitig durch das Gebet und durch aufrichtige Freundschaft.

455 Du kannst nur dann gut sein, wenn du die Tugenden und guten Eigenschaften deiner Mitmenschen wahrzunehmen vermagst.
Ist es also einmal nötig, jemanden zurechtzuweisen, dann tu es in Liebe, im passenden Augenblick und ohne zu demütigen; tu es mit der Bereitschaft, das, was du am anderen korrigierst, selbst zu lernen und dich so zu bessern.

456 Dein Streben und dein Tun sollen der Liebe entspringen, einer Liebe, die keine Grenzen kennt und niemanden ausschließt. Das ist die Haupttugend, an der wir als Jünger des Meisters erkennbar sein müssen. Diese deine Liebe darf dich jedoch nicht dazu führen – sie wäre dann keine Tugend mehr –, die Glaubensinhalte zu entschärfen, ihre Konturen abzuschleifen und sie – wie manche es gerne hätten soweit zu verharmlosen, daß aus dem Ganzen ein undefinierbares Etwas ohne die Kraft und Wahrheit Gottes würde.

457 Mit allen auskommen, alle verstehen, Bruder deiner Menschenbrüder sein. Wie der spanische Mystiker sagt: Bring Liebe dorthin, wo es keine Liebe gibt, und du wirst Liebe ernten!

458 Wenn Kritik erforderlich ist, übe sie in positiver Weise: kameradschaftlich, ermutigend – und niemals hinter dem Rücken des Betroffenen…
Alles andere wäre ein Hintergehen des Nächsten, Klatsch, üble Nachrede, vielleicht sogar Verleumdung… und auf jeden Fall ein Mangel an Redlichkeit!

459 Schweige nicht, wo die Ehre Gottes und das Wohl der Kirche von dir fordern, daß du redest.
Mache dir klar: Wer wäre vor Gottes Angesicht und im Blick auf die ewige Seligkeit nicht tapfer? Du hast nichts zu verlieren, viel hingegen zu gewinnen! Also – warum bist du feige?

460 Wenn wir aus Furcht, Menschen unserer näheren Umgebung könnten unser Verhalten mißdeuten und unerfreulich reagieren, den geraden Weg nicht mehr gehen wollen, dann sind wir schlechte Brüder unserer Brüder…

461 Deine Liebe zur heiligen Kirche und deine Dienstbereitschaft ihr gegenüber dürfen sich nicht nach der mehr oder weniger großen Heiligkeit ihrer Glieder richten, wiewohl wir natürlich den brennenden Wunsch haben, alle möchten um die christliche Vollkommenheit ringen.
Die Braut Christi, deine Mutter, verdient immer deine Liebe! Sie ist jetzt und allezeit rein und makellos.

462 Das Ringen um die persönliche Heiligung hat seine Auswirkung auf das christliche Leben von vielen, ja, auf die ganze Kirche Gottes!

463 Sei überzeugt davon: Da Gott dich hört, dich liebt, dir die Herrlichkeit des Himmels verheißt, vermagst du – wenn du willst – an der allmächtigen Hand des himmlischen Vaters zu einem tapferen Menschen zu werden, der bereit ist, überall für seine liebenswerte Wahrheit Zeugnis abzulegen.

464 Der Acker des Herrn ist fruchtbar, der Same des Herrn ist gut. Schießt also in dieser Welt das Unkraut empor, dann offensichtlich deswegen: Die Menschen – die Christen vor allem – haben es an Wachsamkeit fehlen lassen. Sie haben geschlafen und das Feld dem Feind überlassen.
Klage nicht darüber, das ist sinnlos – überprüfe lieber, wie du lebst.

465 Eine Bemerkung, die mich sehr schmerzte, wird auch dich nachdenklich stimmen: »Es ist ganz klar, wo der mangelnde oder unwirksame Widerstand gegen infame Gesetze herrührt: auf jeder Ebene der Gesellschaft, von der untersten bis zur höchsten, gibt die Mittelmäßigkeit den Ton an.«

466 Die Feinde Gottes und seiner Kirche, die der Teufel in seinem unwandelbaren Haß antreibt, sind unablässig dabei, zu agieren und ihre Pläne zu schmieden.
Mit »beispielhafter« Ausdauer formen sie ihre Kader, unterhalten Schulen, bilden Aktivisten und Agitatoren aus. Sie verbreiten auf verkappte, aber wirksame Art ihre Gedanken und streuen sowohl in den Familien als auch an den Arbeitsstätten eine Saat aus, die alle Religiosität im Keim ersticken soll.
Wieviel mehr müßten wir Christen uns anstrengen, unserem Gott zu dienen und seine Wahrheit auszusäen!

467 Verwechsle Gelassenheit bitte nicht mit Faulheit, Nachlässigkeit, Entscheidungsschwäche und Sich–vor–Problemen–Drücken!
Denn Gelassenheit wird immer von Sorgfalt ergänzt. Diese Tugend ist nötig, um zügig die anstehenden Fragen erörtern und lösen zu können.

468 Mein Kind: Wo ist das Abbild Christi, das die Menschen in dir suchen? Finden sie es etwa in deinem Hochmut, in deiner Herrschsucht? Oder in deinen »Eigenarten«, die abzulegen du nicht gewillt bist? Oder in deiner Rechthaberei?… Soll darin etwa Christus zu finden sein? – Nein!
Gewiß: du mußt eine eigenständige Persönlichkeit sein, aber deine Persönlichkeit soll Christus immer mehr gleichförmig werden.

469 Ich nenne dir eine Verhaltensregel der Brüderlichkeit und der Dienstbereitschaft: Deine Aufgaben müssen auch dann, wenn du nicht da bist, von den anderen fortgeführt werden können. Denn du wirst ihnen stets großzügig deine eigenen Erfahrungen mitteilen und dich nicht unentbehrlich machen.

470 Trotz deiner schlechten Neigungen fällt auf dich die Verantwortung für die Heiligkeit und das christliche Leben der anderen, für die Fruchtbarkeit ihrer Arbeit…
Du bist ja kein Einzelgänger. Wenn du auf deinem Wege stehen bleibst – wie viele Menschen werden dann ebenfalls stehen bleiben und Schaden nehmen!

471 Denke an deine Mutter, die heilige Kirche, und überlege: Was ein Glied empfindet, empfindet auch der ganze Leib.
Dein Körper bedarf jedes seiner Glieder, aber auch umgekehrt benötigt jedes einzelne Teil diese Ganzheit des Leibes. Wie stünde es denn um mich, wenn meine Hand nicht mehr ihren Dienst täte!… Oder wenn mein Herz zu schlagen aufhörte!

472 Dir ist ein Licht aufgegangen: Es gibt so viele Menschen, die Gott nicht kennen… Und doch hat Er auf dich geschaut! Er will dich als einen Quaderstein, als einen Stein im Fundament, als Stütze für das Leben der Kirche.
Wenn du darüber nachdenkst, wirst du auch begreifen, was das für deinen Alltag bedeutet: Der Quader, das Fundament – sie sind meist unsichtbar und bleiben unbeachtet. Sie müssen stark und bruchfest sein, denn auf ihnen ruht der Bau. Andernfalls taugen sie nicht.

473 Du weißt, daß Gott dich dazu berufen hat, als ein Stück Fundament am Erlösungswerk mitzuwirken. Vergiß aber nicht, daß du selbst nur armselig und hinfällig hist. Deine Demut soll dich dazu bringen, daß du gleichsam unter den Füßen deiner Mitmenschen liegst – allen Diener und Knecht. Das entspricht dem Fundament eines Baus.
Aber wer Fundament ist, muß tragfähig sein. Für einen Menschen, der andere stützen oder bewegen soll, ist Starkmut eine unerläßliche Tugend.
Bitte deshalb den Herrn sehr eindringlich: Gib, Jesus, daß ich niemals aus falscher Demut von der Kardinaltugend des Starkmutes lasse. Mein Gott, laß mich immer zwischen Gold und »Ramsch« unterscheiden.

474 Maria, unsere Mutter und unsere Hoffnung: Wie sicher sind wir bei dir geborgen, auch wenn alles um uns schwankt!

 «    AUFERSTEHEN    » 

475 Du fühlst die Notwendigkeit, dich zu bekehren: Der Herr bittet um mehr… und du gibst Ihm jeden Tag weniger!

476 Bei jedem einzelnen von uns war es wie bei Lazarus. Der Ruf des Herrn »veni foras!« – komm heraus! – ließ uns aus der Todesstarre auferstehen.
Wie schmerzlich zu sehen, daß es immer noch »Tote« gibt, die die Macht der Barmherzigkeit Gottes nicht kennen!
Erneuere deine heilige Freude darüber, daß im Gegensatz zu dem Menschen, der ohne Christus verwest, sich der Mensch erhebt, der in Christus auferstanden ist.

477 Meistens enthalten unsere menschlichen Gefühle – selbst wenn sie mehr sind als schlichtweg schmutzige Begierde – eine Beimischung von Egoismus.
Achte diese Gefühle nicht gering, denn sie können Gott sehr wohlgefällig sein, aber läutere immer deine Absichten.

478 Lege es nicht auf das Mitleid der anderen an! So etwas ist oft nur ein Zeichen von Hochmut oder von Eitelkeit.

479 Wenn du über die göttlichen Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe sprichst, dann denke daran, daß sie weniger ein Gegenstand der Theorie sein sollen als vielmehr Tugenden des täglichen Lebens.

480 Gibt es in deinem Leben etwas, das deinem Christsein nicht gemäß ist und dazu führt, daß du der Läuterung aus dem Wege gehst?
Erforsche dich! Ändere dich!

481 Prüfe gewissenhaft deine Lebensweise. Du wirst dann merken, daß du viele Fehler hast, die dir und vielleicht auch den dir Nahestehenden schaden.
Bedenke, mein Kind, daß die Bakterien nicht weniger anrichten als die Raubtiere! Ähnlich wie man im Labor Bakterien züchtet, so züchtest du deine Fehler und Verirrungen: durch mangelnde Demut, durch mangelnden Gebetsgeist, durch mangelnde Pflichterfüllung, durch mangelnde Selbsterkenntnis… Von den Infektionsherden geht dann die Ansteckung auf die Umgebung aus.
Du mußt täglich – und zwar gründlich – dein Gewissen prüfen und deine Fehler, Unterlassungen und Sünden wirklich bereuen. Dann fasse konkrete Vorsätze, um dich zu bessern.

482 Gott, der Allmächtige und Allwissende, wählte sich seine irdische Mutter aus.
Welche Mutter hättest du dir denn ausgesucht, wenn du dazu in der Lage gewesen wärest? Nun, ich denke, wir hätten wohl genau die Mutter gewählt, die wir haben, und sie mit allen nur erdenklichen Gaben geschmückt. Ebenso ist Gott verfahren. Deshalb kommt nach der Allerheiligsten Dreifaltigkeit Unserer Lieben Frau der höchste Rang zu.
Die Theologie hat diese Begnadung und das Herausgenommensein aus der Knechtschaft Satans in dem Gedanken zusammengefaßt: Es war Gott angemessen, es war Gott möglich, also hat Gott es getan. Das ist der schlüssigste und klarste Erweis, daß Gott vom ersten Augenblick an seine Mutter mit allen Vorzügen ausstattete. Und darum ist Maria das schönste und lauterste, an Leib und Seele reinste Geschöpf.

483 Du ersehnst den Sieg, das Ende des Kampfes… und er ist noch nicht in Sicht.
Danke Gott, als ob du das Ziel schon erreicht hättest und bringe Ihm deine Ungeduld dar: »Vir fidelis loquetur victoriam« – wer treu bleibt, wird die Freude des Sieges besingen.

484 Gelegentlich ist dir, als sei jenes Einssein mit dem Herrn, das dich ständig – sogar im Schlaf – in einem Zustand des Betens verharren ließ, gestört, und es scheint dir, als hadertest du mit Ihm…
Was dich so empfinden läßt, ist Schwäche. Du weißt es. Liebe das Kreuz; liebe den Mangel an so vielen Dingen, die den Leuten für unentbehrlich gelten; liebe die Hindernisse, die den Beginn deines Weges erschweren oder seine Fortsetzung; liebe deine eigene Niedrigkeit, deine geistliche Bedürftigkeit.
Opfere dann alles mit einem festen, tatfreudigen Willen Gott auf: das, was dein ist, und auch das, was deinen Brüdern gehört. Menschlich gesehen ist das nicht wenig; im Lichte Gottes ist es nichts!

485 Hin und wieder sagt mir jemand: Vater, ich fühle mich so lustlos und kalt; bei Übungen der Frömmigkeit, beim Gebet, kommt es mir vor, als führte ich eine Komödie auf…
Diesem Freund – und auch dir, falls du einmal in einer ähnlichen Situation sein solltest – antworte ich: Komödie? Großartig, mein Kind! Spiele sie! Spiele diese Komödie! Der Herr ist der Zuschauer: der Vater, der Sohn, der Heilige Geist… die Allerheiligste Dreifaltigkeit schaut auf uns herab, während wir unsere »Komödie« spielen.
Wie wunderbar ist ein solcher »Auftritt« vor Gott – aus Liebe, um Ihm zu gefallen – gerade dann, wenn einem alles gegen den Strich geht! Ein Spielmann Gottes sein! Wie herrlich: ein solches Beten, lustlos, aber aus Liebe und Selbstverleugnung, nur um Ihn zu erfreuen!
Das heißt wirklich aus Liebe leben…

486 Ein Herz, das sich an die irdischen Dinge hängt, ohne Rücksicht auf die richtige Ordnung der Liebe, ist wie durch eine Kette – oder durch einen feinen Faden – gefesselt und kann sich nicht zu Gott emporschwingen.

487 »Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet… « Wie erstaunlich ist es, immer wieder die Erfahrung machen zu müssen, daß ein flüchtiges Trugbild zum Aufgeben eines gottgewollten Auftrags verleiten kann!

488 Ein lauer Apostel fügt den Seelen großen Schaden zu.

489 Sichere Zeichen der Lauheit: Mangel an Beharrlichkeit in den Dingen Gottes und an Starkmut, um mit Ausdauer zu arbeiten und erst dann aufzuhören, wenn der Schlußstein gesetzt ist.

490 Es gibt Herzen, die hart, aber edel sind und in Tränen der Liebe und der Reue zerschmelzen wie Metall, wenn sie sich dem Feuer des Herzens Jesu nähern. Sie beginnen dann selbst zu brennen!
Das Herz der Lauen hingegen ist nur stumpfes Fleisch, ein Lehmgebilde, das zerbröckelt und zu Staub zerfällt, etwas Tieftrauriges…
Bete mit mir: Herr, entferne von uns die Lauheit! Wir wollen niemals lau sein!

491 Maria, unsere Mutter, ist ganz Güte und Herrlichkeit, ganz Majestät und Schönheit und Anmut. – Müssen wir eine solche Mutter nicht einfach lieben?

492 Wir sind ganz einfach in die LIEBE verliebt! Deshalb will uns der Herr nicht frostig und starr wie ein lebloses Ding, sondern durchglüht von seiner Liebe!

493 Kannst du den scheinbar vorhandenen Widerspruch erklären? Da vermerkt einer, als er dreißig wurde, in seinem Tagebuch: »Ich bin nicht mehr jung.« – Später, schon über vierzig, schrieb er dann »Bis ins achtzigste Lebensjahr werde ich jung bleiben; sollte ich dieses Alter nicht erreichen, werde ich mir wie ein zu früh Verstorbener vorkommen.« Der das schrieb, wußte um die verjüngende Kraft der Liebe.

494 Wie gut verstehe ich, daß ein Mensch, der Gott liebte, sich fragte: Gab oder gibt es etwas in mir, Herr meiner Liebe, das Dir – und sei es auch nur im geringsten – mißfallen oder Dich geschmerzt hätte?
Bitte Deinen Vater Gott, er möge uns ein stets zunehmendes Gespür für die Erwartungen seiner Liebe schenken!

495 Hast du bemerkt, mit welch spontaner Liebe und mit welchem Vertrauen die Freunde Christi mit dem Herrn verkehrten? Die Schwestern des Lazarus schelten ihn sogar ganz unbefangen: Wir haben Dir doch Bescheid gegeben! Wenn Du hier gewesen wärest!…
Sage Ihm eindringlich: Lehre mich, Herr, in freundschaftlicher Liebe mit Dir zu sprechen: wie Marta, Maria und Lazarus und auch wie die Zwölf obwohl ja im Anfang die Gründe für ihre Nachfolge nicht sehr »übernatürlich« waren…

496 Wie gern schaue ich auf Johannes, der seinen Kopf an die Brust Jesu lehnt! Mir erscheint dies wie die liebende – vielleicht gar nicht so einfache – Hingabe des Verstandes, der sich im Feuer des Herzens Jesu entflammt.

497 Gott liebt mich… Der Apostel Johannes schreibt: »Wir wollen Gott lieben, weil Er uns zuerst geliebt hat.« Und mehr noch: Jesus richtet an jeden von uns, trotz unserer Schwächen, die gleiche Frage, die Er an Petrus richtete: »Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese?«…
Es ist an der Zeit zu antworten: »Herr, Du weißt alles; Du weißt, daß ich Dich liebhabe.« Und in Demut fügen wir hinzu: Hilf mir, Dich immer mehr zu lieben! Laß mich in der Liebe wachsen!

498 »In Werken lebt die Liebe und nicht in schönen Worten.« Werke, Werke! Mein Vorsatz: Wie schon immer will ich Dir oft sagen – wie viele Male habe ich es heute bereits gesagt! –, daß ich Dich liebe. Aber vor allem will ich mit Hilfe Deiner Gnade – durch mein Tun, durch die »kleinen Dinge« des Alltags – mit beredtem Schweigen – meine Liebe zu Dir unter Beweis stellen.

499 Wir bringen es nicht fertig, Jesus die gleiche zarte Aufmerksamkeit zu erweisen, die so viele Menschen – ungebildet vielleicht, aber Christen mit Herz – ihrer Frau, ihren Kindern, ihrem Freund, also armen und schwachen Geschöpfen wie sie selbst, entgegenbringen…
Diese Erkenntnis soll uns innerlich aufrütteln.

500 Die Gottesliebe ist so anziehend, so ansteckend, daß ihr Wachsen im Leben eines Christen keine Grenzen kennt.

501 Du darfst dich nicht wie ein ungezogenes Kind oder wie ein Verrückter aufführen!
Du bist Kind Gottes. Darum mußt du einen festen Charakter haben und im Beruf wie im sozialen Leben charakterfest sein. Das ist nur möglich, wenn dir Gott allezeit so gegenwärtig ist, daß du selbst in den unbedeutenden Dingen um Vollkommenheit bemüht bist.

502 Hat man nichts weiter als Gerechtigkeit im Blick, kann es geschehen, daß man andere verletzt. Deshalb muß dein Motiv in allem und jedem die Liebe zu Gott sein. Sie mischt der Gerechtigkeit den Balsam der Liebe zum Nächsten bei, und sie läutert und reinigt die irdische Liebe. Wo Gott mit im Spiel ist, gewinnt alles eine übernatürliche Dimension.

503 Liebe den Herrn leidenschaftlich! Liebe Ihn bis zur Torheit! Ich wage zu sagen, daß dort, wo Liebe herrscht, gute Vorsätze nicht einmal nötig sind. Meine Eltern und du denkst jetzt an deine eigenen – hatten keine Vorsätze nötig, um mich zu lieben…, und wie verausgabten sie sich jeden Tag, um mich die kleinen Zeichen ihrer Liebe spüren zu lassen!
Gott können und sollen wir lieben mit der ganzen Menschlichkeit unseres Herzens.

504 Liebe ist Opfer. Und Opfer aus Liebe ist Glück.

505 Frage dich und antworte dir selbst: Wie oft am Tage willst du dein Herz zu Gott erheben, um Ihm dein Fühlen und dein Tun darzubringen?
Hier hast du ein zuverlässiges Maß für die Tiefe und die Lebenskraft deiner Liebe.

506 Laß nicht ab von der Überzeugung, mein Kind, daß Gott ein Recht darauf hat, uns zu fragen: Denkst du an mich? Bin ich dir gegenwärtig? Suchst du mich als Halt, als Licht in deinem Leben, als deine Rüstung, als dein Alles?
Nimm dir deshalb von neuem vor: In den Zeiten, die die Menschen gut nennen, will ich rufen: Herr!, und in den Zeiten, die die Menschen schlecht nennen, will ich genauso rufen: Mein Herr!

507 Verliere niemals den Sinn für das Übernatürliche aus dem Blick. Deutlich und scharf siehst du dein Elend, deine bösen Neigungen – aus Lehm bist du gemacht… Und trotzdem baut Gott auf dich!

508 Benimm dich immer und überall natürlich wie die anderen Menschen in deiner Umgebung – und erhebe trotzdem jeden Augenblick des Tages in die Sphäre des Göttlichen.

509 Ein reines Herz, Eifer für die Ehre Gottes und vorurteilslose Liebe zu den Menschen sind unerläßlich, um mit lauterer Absicht urteilen zu können.
Denk darüber nach!

510 Ich hörte, wie einige Bekannte sich über Radioapparate unterhielten. Unwillkürlich übertrug ich, was sie sagten, auf unsere religiöse Haltung: Viel zu sehr »geerdet« und ohne die »Antenne« des inneren Lebens, die einfach vergessen wird…
Daher kommt es, daß so wenige Menschen Umgang mit Gott haben. Möge uns niemals die »Antenne« für den Himmel fehlen!

511 Wie ist das nur möglich? Lappalien und Bagatellen, denen ich nichts zu verdanken und von denen ich nichts zu erwarten habe, nehmen meinen Geist mehr in Anspruch als mein Gott. Wo bin ich, wenn ich nicht bei Gott bin?

512 Sage Ihm: Herr, ich will nichts anderes als das, was Du willst. Wenn die Bitten, die ich in diesen Tagen an Dich richte, mich auch nur einen Millimeter von Deinem Willen entfernen würden, so erfülle sie mir nicht!

513 Das Geheimnis, wirksam zu sein? – Fromm sein, aufrichtig fromm… Dann ruht dein ganzer Tag in Gott.

514 Vorsatz: Die Freundschaft und den liebenden, gehorsamen Umgang mit dem Heiligen Geist pflegen, wenn möglich ununterbrochen. – »Veni, Sancte Spiritus… !« – Komm Heiliger Geist, nimm Wohnung in meiner Seele!

515 Bete aus ganzem Herzen und in immerfort wachsender Liebe, besonders dann, wenn du vor Christus im Tabernakel kniest oder Ihn empfangen hast: »Non est qui se abscondat a calore eius« – Herr, daß ich mich nicht verberge vor Dir, daß das Feuer Deines Geistes mich entzünde!

516 »Ure igne Sancti Spiritus!« – Entzünde mich mit dem Feuer Deines Geistes! – so rufst du. Und dann der Gedanke: Meine arme Seele muß sich unbedingt so bald wie möglich wieder erheben… und ihr Flug soll nicht eher enden, als bis sie ruht in Ihm!
Wie gut, daß du dies wünschst! Ich will viel für dich zum Tröster beten; Ihn immer wieder anflehen, daß Er im Innersten deiner Seele wohne und alles, was du tust, sprichst, denkst und begehrst, präge und ins Übernatürliche erhebe.

517 Bei der Feier des Festes Kreuzerhöhung batest du den Herrn aus ganzer Seele um die Gnade, das Heilige Kreuz in deinem Geist, in all deinen Fähigkeiten »erhöhen« zu können… Ein neues Leben! Das Siegel, das die Echtheit deiner Sendung bekräftigt: Dein ganzes Sein, geheftet ans Kreuz.
Schauen wir, was aus dieser Bitte wird…

518 Die Abtötung darf, wie das Schlagen des Herzens, nie aussetzen: Auf diese Art erlangen wir die Herrschaft über uns selbst und verwirklichen gegenüber unseren Mitmenschen die Liebe Christi.

519 Das Kreuz lieben heißt sich gerne um der Liebe Christi willen abplagen, auch wenn es schwerfällt und gerade weil es schwerfällt… Du weißt aus Erfahrung, daß dies sich miteinander vereinbaren läßt.

520 Die christliche Freude ist kein physiologisches Empfinden; sie besitzt eine übernatürliche Grundlage und siegt über Krankheit und "Widerwärtigkeiten.
Freude, das ist nicht die lärmende Fröhlichkeit einer Volksbelustigung.
Die wahre Freude steigt aus dem tiefsten Innern auf. Sie bewirkt Gelassenheit und Frohsinn auch bei gelegentlich ernstem Gesicht.

521 Du hast mir geschrieben: Ich verstehe, daß es sich nur um eine Redewendung handelt, aber es berührt mich unangenehm zu hören, wie man ein Ungemach, dessen Grund der persönliche Hochmut ist, einfach Kreuz nennt. Eine solche Last ist nicht das Kreuz, das wahre Kreuz, weil sie nicht das Kreuz Christi ist.
Kämpfe also gegen selbsterfundene Widrigkeiten, die mit dem Siegel Christi nichts zu tun haben: Entledige dich der vielfältigen Verkleidungen deines eigenen Ich!

522 Auch an Tagen, an denen man das Gefühl hat, der prosaische, alltägliche Kleinkram sei völlig sinnlos, gibt es Möglichkeiten genug, das Kreuz zu finden: aber ein Kreuz ohne Aufsehen.

523 Hänge dein Herz nicht an Vergängliches ! Laß Christus dir Vorbild sein, der um unseretwillen die Armut wählte und nichts besaß, wohin er sein Haupt hätte legen können.
Bitte Ihn darum, daß Er dir mitten in der Welt die wirkliche, uneingeschränkte Loslösung von den irdischen Dingen gewährt.

524 Ein klares Zeichen echter Loslösung ist, daß man nichts – wirklich nichts – als Eigentum betrachtet.

525 Wer wirklich aus dem Glauben lebt, weiß, daß alle irdischen Güter nur Hilfsmittel sind; er bedient sich ihrer selbstlos und mit Großzügigkeit.

526 Christus, der Auferstandene, der Verherrlichte, hat alle irdischen Bindungen abgestreift, damit wir, seine Brüder und Schwestern, darüber nachdenken, wessen wir uns entledigen sollten…

527 Liebe zur Mutter Gottes! Niemals können wir sie genug lieben! Liebe sie sehr! Es darf dir nicht genügen, ein Bild von ihr aufzustellen und sie zu verehren oder Stoßgebete an sie zu richten. Starkmütig solltest du auch versuchen, Maria jeden Tag irgendein kleines Opfer zu bringen – als Zeichen deiner Liebe und Ausdruck des Wunsches, daß alle Menschen sie so lieben möchten…

528 Der wahre Kern des Christseins: Hingabe und Liebe – Liebe zu Gott und um seinetwillen zum Nächsten – sind nur möglich, wenn man bereit ist, Opfer zu bringen.

529 Jesus, ich berge mich voll Vertrauen in Deinen Armen, ich lege meinen Kopf an Deine Brust, mein Herz ruht an Deinem Herzen. Was Du willst, will ich auch. In allem und immer.

530 Heute stoßen wir überall auf Ungehorsam, Klatsch, Aufsässigkeit und Intrigen. Um so mehr müssen wir den Gehorsam, die Aufrichtigkeit, die Loyalität, die Einfachheit lieben, und zwar mit Blick auf Gott. Dies macht uns nur menschlicher.

531 Ja, hast du mir gesagt, du seiest fest entschlossen, Christus zu folgen.
Gut, aber dann geh nach dem Schrittmaß Gottes und nicht nach deinem eigenen!

532 Du fragst, was das Fundament unserer Treue sei?
Meine Antwort ist sehr schlicht. Sie gründet in der Gottesliebe, weil nur diese Liebe uns alle Hindernisse überwinden läßt: den Egoismus, den Hochmut, die Müdigkeit, die Ungeduld…
Wer liebt, tritt sich selbst mit Füßen, denn er weiß, daß er, auch wenn er aus ganzer Seele liebt, doch noch nicht genug liebt…

533 Man erzählte mir von einer lieben Ordensfrau aus meiner Heimat, die für die väterliche Güte Gottes dankbar war und sehr schön – so finde ich – sagte: »Wie Er >auf Draht< ist! Ihm entgeht wirklich nichts!«

534 Auch du brauchst, wie alle Kinder Gottes, das persönliche Gebet: einen vertrauten, unmittelbaren Umgang mit unserem Herrn, ein echtes Zwiegespräch, Auge in Auge mit Ihm und ohne jegliche Anonymität!

535 Die erste Voraussetzung für das Gebet ist die Beharrlichkeit; die zweite ist die Demut.
Sei auf eine Gott gefallende, eine vertrauensvolle Art hartnäckig! Bedenke, wenn du um einer großen Sache willen Gott bestürmst, daß Er vielleicht viele Jahre hindurch dein Bitten wünscht… Dränge Ihn ruhig weiter… , aber dränge Ihn mit immer mehr Zuversicht!

536 Harre aus im Gebet! Das ist die Mahnung unseres Meisters. Tust du das, dann erwachsen daraus Frieden, Freude, innere Ruhe und als Folge davon ein fruchtbringendes Wirken im Dienste Gottes und der Menschen.

537 Du nahmst an einem Fest teil. Das Stimmengewirr vieler Menschen füllte den Raum; man hörte Musik… Da brach plötzlich tiefes Beten in deiner Seele auf. Du verspürtest einen unfaßbaren Trost. Schließlich sagtest du lautlos: Nicht Trost will ich, Jesus, sondern Dich!

538 Dein Leben soll ein einziges ständiges Gebet, ein Gespräch mit dem Herrn sein. Einerlei ob das, was da geschieht, angenehm oder unangenehm, leicht oder schwer, alltäglich oder außergewöhnlich ist…
Jedesmal muß dir vor Augen Stehen, daß du mit Gott, deinem Vater, sprechen kannst… Du suchst und findest Ihn im Innersten deiner Seele.

539 Es ist so leicht, sich im Gebet, in der Betrachtung zu sammeln! Jesus läßt uns nicht in einem Vorzimmer warten. Er selbst wartet auf uns.
Es genügt, daß du sagst: Herr, ich möchte beten, ich möchte mit Dir Zusammensein! Und schon weilst du in der Gegenwart Gottes und sprichst mit Ihm.
Und noch dazu setzt Er dir nie eine zeitliche Begrenzung. Er hört dir zu, und nicht bloß fünf oder zehn Minuten, nein, stundenlang, den ganzen Tag! Und Er ist, der Er ist: der Allmächtige, der Allwissende.

540 Im inneren Leben – nicht anders als in der menschlichen Liebe – ist Ausdauer nötig.
Ja, du sollst immer wieder auf dieselben Themen zurückkommen, sie stets von neuem bedenken, bis du auch das Altvertraute mit neuen Augen siehst.
Dann fragst du dich überrascht: Aber wieso sehe ich erst jetzt so klar? – Nun, manchmal sind wir wie Steine, über die das Wasser hinwegfließt, ohne daß ein einziger Tropfen eindringen kann.
Deshalb ist es notwendig, immer neu das gleiche – das ja nicht dasselbe ist! – zu erwägen, damit wir fähig werden, die Segensfülle der göttlichen Gaben in uns aufzunehmen.

541 Beim heiligen Meßopfer nimmt der Priester den Leib unseres Gottes und den Kelch seines Blutes in die Hände. Er erhebt die konsekrierten Gestalten über alle Dinge dieser Erde mit den Worten: »Per Ipsum, et cum Ipso, et in Ipso« – Durch meinen Geliebten! Mit meinem Geliebten! In meinem Geliebten!
Vereinige dich mit dieser Gebärde des Priesters! Mehr noch: vollziehe sie in deinem Leben nach.

542 Der Evangelist berichtet, wie das Volk Jesus zum König machen will, nachdem Er ein großes Wunder gewirkt hat. Aber Jesus verbirgt sich.
Herr, der Du uns am Geheimnis der Eucharistie teilhaben läßt, wir bitten Dich: Verbirg Dich nicht, bleibe bei uns, daß wir Dich berühren können und Deine Nähe erfahren! Gib, daß wir immer bei Dir bleiben wollen! Sei Du unser König, der unser Leben und all unser Tun regiert!

543 Suche immerfort in deiner Seele den Umgang mit den drei göttlichen Personen: Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist. Und der Zugang zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit ist Maria!

544 Wer nicht ständig die Hingabe an Christus zu leben sucht, hat keinen »lebendigen« Glauben.

545 Jeder Christ muß Christus wirklich suchen und eine zutiefst persönliche Verbindung mit Ihm eingehen, damit er Ihn immer mehr zu lieben vermag.
Es ist ähnlich wie bei Verlobten: die beiden brauchen den Umgang miteinander, denn sonst kann die Liebe nicht wachsen. Und was ist unser Leben anderes als – lieben!

546 Denke in Ruhe nach über den heiligen Zorn des Meisters, als Er sieht, wie man im Tempel von Jerusalem das, was seines Vaters ist, mißbraucht.
Welch ernste Mahnung für dich selbst, niemals gleichgültig oder feige zu reagieren, wenn man sich ehrfurchtslos an dem, was Gottes ist, vergreift!

547 Entzünde in deinem Herzen die Liebe zum heiligsten Menschsein unseres Herrn Jesus Christus!
Beglückt es dich nicht, daß Er einer von uns hat sein wollen? Danke Ihm für das Übermaß seiner Liebe!

548 Advent. Wie sehr drängt uns diese Zeit, unsere Erwartung, unsere Sehnsucht, unser aufrichtiges Verlangen nach dem Kommen Christi zu erneuern!
Und Er kommt ja jeden Tag in deine Seele in der Eucharistie! – »Ecce veniet!« – Siehe, Er kommt bald!, so ruft uns die Kirche zu.

549 Weihnachten. – Man singt: »Venite, venite… « – Gehen wir hin! Denn Er ist geboren!
Wir schauen zu, wie Maria und Josef das Kind zärtlich versorgen, und dann traue ich mich, dir zuzuflüstern: Blick noch einmal auf das Kind, schau es an! Wer könnte sich daran satt sehen!

550 Mag die Erkenntnis uns auch schmerzen – und ich bitte Gott, Er möge diesen unseren Schmerz sogar noch stärker werden lassen –, es bleibt dabei: Du und ich – wir sind am Tode Christi nicht unbeteiligt, denn die Hammerschläge, die Ihn ans Kreuz nagelten – es sind unsere, der Menschen Sünden gewesen…

551 Der heilige Josef: Man kann Jesus und Maria nicht lieben, ohne den heiligen Patriarchen zu lieben.

552 Wie zahlreich sind die Gründe, den heiligen Josef zu verehren und von seinem Leben zu lernen: Er war stark im Glauben… Durch mühevolle Arbeit ernährte er seine Familie, Jesus und Maria…
Er behütete die Reinheit Mariens, die Gott ihm zur Frau gegeben hatte; er verehrte – er liebte! – das freie Walten Gottes, der nicht nur die allerseligste Jungfrau als Mutter auserwählt, sondern auch ihn zum Ehemann Mariens bestimmt hatte.

553 Du, heiliger Josef, unser Vater und Herr, ganz keusch und ganz rein: du bist gewürdigt worden, das Kind Jesus auf deinen Armen zu tragen, es zu schützen und zu pflegen, es zu umarmen: Lehre uns den rechten Umgang mit Gott, hilf uns rein zu sein, mache uns würdig, ein anderer Christus zu werden.
Hilf uns auch – wie Christus den Menschen – die verborgenen und zugleich lichten Wege Gottes zu erschließen; ihnen zu sagen, daß sie hier auf Erden die Möglichkeit haben, fortwährend eine ungeahnte spirituelle Kraft zu entfalten.

554 Liebe den heiligen Josef sehr! Liebe ihn von ganzem Herzen, denn er ist – zusammen mit Jesus – der, der Unsere Liebe Frau am meisten geliebt hat, und auch der, der den engsten Umgang mit Gott hatte. Nächst der allerseligsten Jungfrau hat Josef Gott am meisten geliebt.
Er verdient deine Liebe. Außerdem ist der Umgang mit ihm dir sehr hilfreich, weil er Meister des inneren Lebens ist und vor Gott und vor der Mutter Gottes sehr viel vermag.

555 Maria, Unsere Liebe Frau. Wer kann uns besser als sie die Liebe zu Gott lehren? Sie – die Königin, Herrin und Mutter – ist mit der Allerheiligsten Dreifaltigkeit auf das innigste verbunden: Tochter Gottes, des Vaters; Mutter Gottes, des Sohnes; Braut Gottes, des Heiligen Geistes. Und sie ist auch unsere Mutter.
Bitte sie immerfort auch um ihre Fürsprache für dich selbst!

556 Du wirst heilig werden, wenn du echte Liebe hast: wenn du tust, was den anderen Freude macht – vorausgesetzt, es stellt keine Beleidigung Gottes dar –, auch wenn es dir manchmal schwerfällt.

557 Der heilige Paulus nennt uns einen "Weg zur feinfühligen Nächstenliebe: »Alter alterius onera portate et sic adimplebitis legem Christi« – Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.
Hältst du dich in deinem Leben daran?

558 Jesus, unser Herr, hat uns Menschen so sehr geliebt, daß Er einer von uns werden wollte, unsere Natur annahm und Tag für Tag Armen und Reichen, Gerechten und Sündern, Jungen und Alten, Heiden und Juden nahe war.
Er lebte im ständigen Gespräch mit allen: mit denen, die Ihn liebten, und auch mit denen, die nur darauf aus waren, seine Worte zu verdrehen, um Ihn verurteilen zu können. Bemühe dich, es dem Herrn nachzutun.

559 Die Liebe zu den Seelen um Christi willen bewirkt, daß wir alle lieben und verstehen, alle entschuldigen und allen vergeben…
Unsere Liebe muß wie ein weiter Mantel sein, der alles menschliche Elend zudeckt. Es soll eine starke und zarte Liebe sein, die – »veritatem facientes in caritate« – die Wahrheit verteidigt und doch niemanden verletzt.

560 Wenn ich mit dir über das »gute Beispiel« spreche, will ich dich auch daran erinnern, daß du immer Verständnis haben und entschuldigen sollst: so wirst du Frieden und Liebe auf der Welt verbreiten.

561 Frage dich oft: Bemühe ich mich gegenüber meiner Umgebung um mehr Takt und Zartgefühl in der Nächstenliebe?

562 Ich gebrauche keine rhetorische Floskel, wenn ich dazu mahne, daß wir wie ein Teppich sein sollen, auf dem die anderen weich auftreten können. Das ist ganz und gar ernst gemeint.
Es ist schwer, gewiß, wie die Heiligkeit schwer ist; es ist aber zugleich auch leicht, weil – das betone ich immer wieder – heilig zu werden in jedermanns Reichweite ist.

563 Inmitten von soviel Egoismus und soviel Gleichgültigkeit – jeder nur mit sich und seinen Angelegenheiten beschäftigt! – fallen mir die hölzernen Eselchen ein, die auf meinem Schreibtisch traben, willig und kräftig. – Eins hat ein Bein verloren… , aber es stützt sich auf die anderen, und so kann es weitertrotten.

564 Wir Katholiken müssen bei unserem Bemühen, die Wahrheit unbeugsam zu wahren und zu verteidigen, eine Atmosphäre des vertrauensvollen Miteinander zu schaffen suchen, die jede Form des Hasses und jedes Ressentiment ausschließt.

565 In einem Christen, in einem Kind Gottes, bilden Freundschaft und Gottesliebe eine einzige Realität: sie sind Licht Gottes, das Wärme spendet.

566 Die brüderliche Zurechtweisung, deren Wurzeln im Evangelium zu finden sind, ist ein Freundschaftserweis im Zeichen des Glaubens und ein Beweis von Vertrauen.
Sei dankbar, wenn du sie empfängst, und unterlasse es nicht, sie denen zu erteilen, die mit dir zusammen sind.

567 Wenn eine Zurechtweisung nötig und einfach Pflicht ist, müssen wir uns dennoch bewußt sein, daß sie wehtut – dem, der sie empfängt, und dem, der sie erteilt. Das darf dir aber nie als Vorwand dienen, um ihr aus dem Wege zu gehen.

568 Halte dich eng an deine Mutter, an die Gottesmutter Maria. Willst du Gott immer ganz nahe sein, so weiche nicht von ihrer Seite.

569 Merke es dir gut: In der Welt sein und zu ihr gehören bedeutet nicht verweltlicht sein.

570 Du sollst wie glühende Kohle sein, die alles, was sie berührt, entzündet. Zumindest mußt du versuchen, die geistliche Temperatur der Menschen in deiner Nähe zu erhöhen, indem du sie zu einem vertieften christlichen Leben bringst.

571 Es ist der Wille Gottes, daß seine Werke, die Er den Menschen anvertraut hat, mit Gebet und mit Abtötung vorangebracht werden.

572 Unser ganzes Wirken als Staatsbürger – als katholische Staatsbürger – beruht auf einem starken inneren Leben. Mit anderen Worten: wir müssen Männer und Frauen sein, die aus ihrem normalen täglichen Leben einen stetigen, einen realen und konkreten Dialog mit Gott machen.

573 Sieh in jedem Menschen, dem du begegnest, eine Seele – eine Seele, die Hilfe, Verständnis und Anteilnahme braucht und die durch dich Heil erfahren kann.

574 Du willst um jeden Preis ein Einzelgänger sein, der nur seinem eigenen Willen folgt und sich ausschließlich nach seinem eigenen Gutdünken richtet… Aber – du merkst es täglich! – das Resultat ist »Unfruchtbarkeit«…
Mein Kind: Wenn du dich mit deinem Urteil nicht beugst, wenn du hochmütig bist, wenn du dich »deinem« Apostolat widmest, dann wirst du dich die ganze Nacht abmühen – dein ganzes Leben bleibt eine einzige Nacht! – und bei Tagesanbruch deine Netze leer finden.

575   An den Tod Christi denken wird zu einer Aufforderung an uns, in rückhaltloser Ehrlichkeit unser Tagewerk zu betrachten und den Glauben, den wir bekennen, ernst zu nehmen.
Dies soll uns Anlaß sein, daß wir das Unauslotbare der Liebe Gottes auszuloten suchen, damit wir dann mit Worten und Werken diese Liebe den Menschen nahebringen.

576   Als der Christ, der du bist und jederzeit sein sollst, sei bestrebt, daß dein Mund – der Mund eines Christen – immer das drängende Wort des Glaubens bereithält – ein Wort, das antreibt und anregt und Ausdruck eines engagierten Lebens ist.

577   Es verbirgt sich viel Bequemlichkeit – und gelegentlich ein schwerwiegender Mangel an Verantwortungsbewußtsein – hinter der Haltung von Vorgesetzten, die der gewiß nicht angenehmen Aufgabe des Zurechtweisens aus dem Wege gehen, weil – so entschuldigen sie sich vor sich selbst – dies dem Betroffenen einen Schmerz zufüge.
Dadurch ersparen sie sich vielleicht Unerfreuliches in diesem Leben, setzen aber durch ihre Unterlassungen, die wirklich Sünden sind, ihr eigenes Heil und das des Betroffenen aufs Spiel.

578  Ein Heiliger ist für viele Menschen und ihre Art zu leben »unbequem«. Dies bedeutet jedoch keineswegs, daß er deshalb unausstehlich sein müßte.
Sein Eifer soll niemals bitter, seine Zurechtweisung niemals verletzend sein. Und sein Beispiel darf niemals hochmütig und gleichsam wie eine moralische Ohrfeige für den Nächsten wirken.

579  Ein junger Priester bat oft den Herrn mit Worten der Apostel: »Edissere nobis parabolam« – erkläre uns dieses Gleichnis. Und dann fügte er hinzu: Meister, senke in unsere Seele die Klarheit Deiner Lehre ein, damit sie unserem Leben und unserem Tun niemals abhanden kommt – und damit wir sie weitergeben können.
Sag du dem Herrn das Gleiche!

580  Hab immer den Mut – Demut des Dienstes am Herrn! –, die Wahrheiten des Glaubens so darzulegen, wie sie wirklich sind – nicht verschwommen und nicht mehrdeutig.

581 Für einen Katholiken ist keine andere Haltung möglich, als immer die Autorität des Papstes zu verteidigen und immer bereit zu sein, in Fügsamkeit gegenüber dem kirchlichen Lehramt die eigene Meinung zu korrigieren.

582 Vor längerer Zeit fragte mich einmal jemand ohne sehr viel Takt, ob wir, die wir die »priesterliche Laufbahn eingeschlagen« hätten, im Alter dann auch unser Ruhegehalt, unsere Rente bekämen… Ich erwiderte nichts, und so wiederholte er die deplazierte Frage.
Dann fiel mir eine Antwort ein, die ich auch weiterhin für richtig halte. »Das Priestertum ist keine Laufbahn«, sagte ich, »es ist Apostolat!«
So sehe ich es. Ich schreibe es hier auf, damit wir – mit der Gnade Gottes – diesen Unterschied nicht vergessen.

583 Wer katholisch denkt und fühlt, verspürt auf seinen Schultern die Sorge für die ganze Kirche, nicht allein für diesen oder jenen Bereich in ihr. Das schließt ein, daß unser Bittgebet die ganze Welt von Norden bis Süden, von Osten bis Westen umfassen muß.
Von da her erscheint dir der Stoßseufzer – ein Stoßgebet – unseres gemeinsamen Freundes, als er die Lieblosigkeit vieler Katholiken gegenüber der Kirche sah, verständlich: Mich schmerzt die Kirche!

584   Er trage die »Sorge für alle Gemeinden«, schrieb der heilige Paulus. Dieser Ausruf des Apostels erinnert alle Christen – auch dich – an unsere Verantwortung: alles, was wir sind und vermögen, der Braut Christi, der heiligen Kirche, zu Füßen zu legen und sie in zartester Liebe auch auf Kosten von Besitz, Ehre und Leben zu lieben.

585  Erschrick nicht, sondern handle, soweit es in deinen Kräften liegt, angesichts der Verschwörung des Schweigens, mit der man die Kirche mundtot machen möchte. Die einen erlauben nicht, daß sie ihre Stimme erhebt, die anderen möchten die Werke ihrer Diener und Getreuen nicht bekannt werden lassen, wieder andere tilgen jede Spur ihrer Heilslehre… , und sehr viele ertragen sie einfach nicht.
Erschrick nicht – sage ich dir noch einmal –, und werde nicht müde, die Aussagen des kirchlichen Lehramtes zu verbreiten.

586 Werde mit jedem Tag mehr »römisch«. Liebe dieses wunderbare Merkmal, das die Söhne und Töchter der allein wahren Kirche schmückt. So hat es Jesus Christus gewollt.

587   Die Verehrung Unserer Lieben Frau weckt in den christlichen Seelen den übernatürlichen Impuls, als »domestici Dei«, als »Familienangehörige Gottes« zu handeln.
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588 Laß die Gottesmutter dir Vorbild sein! Erst wenn wir uns ganz und gar die eigene Nichtigkeit eingestehen, wird unser Leben in den Augen des Schöpfers kostbar.

589 Ich bin mir sicher, daß Johannes, der jugendliche Apostel, beim Herrn am Kreuz ausharrte, weil das Beispiel der Mutter ihn zog. – Soviel vermag die Liebe Unserer Lieben Frau!

590 Wir werden niemals die echte übernatürliche und menschliche Freude, den wirklichen Frohsinn, erlangen, wenn wir Jesus nicht wirklich nachahmen, das heißt: wenn wir nicht demütig sind wie Er.

591 Sich aufrichtig dem Dienst der anderen zu widmen, ist von solcher Wirksamkeit, daß Gott es mit einer Demut belohnt, die voller Freude ist.

592 Sich demütigen, sich vor Gott als Nichts erkennen – dieses »Verborgen bleiben« und »Verschwinden« – muß vollkommen und bedingungslos sein.

593 Von Herzen demütig sein: Was kann den beunruhigen, der – überzeugt davon, daß er nichts anderes verdient – die Kränkungen freudig annimmt?

594 Jesus, alles was mein ist, ist Dein. Denn was Dein ist, hast Du mir anvertraut – und so überlasse ich Dir das Meinige.

595 Bist du imstande, die Demütigungen zu ertragen, die Gott von dir in unbedeutenden Dingen erwartet, die die Wahrheit nicht verdunkeln? Nein? Dann begreifst und liebst du noch nicht die Tugend der Demut.

596 Hochmut steht der Liebe im Wege. Bitte jeden Tag den Herrn für dich und für alle um die Tugend der Demut; denn der Hochmut wird im Laufe des Lebens größer, wenn man ihm nicht rechtzeitig begegnet.

597 Wirkt es nicht recht albern, wenn ein Kind in die Rolle eines Erwachsenen zu schlüpfen sucht? Wie wird dann vor Gott ein schwacher Mensch dastehen, der – eigentlich doch ein kleines Kind – seiner Großmannssucht freien Lauf läßt – aufgeblasen, sich selbst überschätzend und selbstherrlich?

598 Ja, du kannst ewig verlorengehen. Du zweifelst nicht daran, denn du weißt, daß in deinem Herzen alle bösen Neigungen wohnen.
Wenn du aber vor Gott wirklich zu einem Kind wirst, dann wird die Einsicht in deine Gefährdung dazu führen, daß du dich mit Gott, deinem Vater, und mit Maria, deiner Mutter, innig verbindest. Und auch der heilige Josef und dein Schutzengel werden dich nicht verlassen, wenn sie dein ehrliches Kindsein sehen.
Hab Glauben! Tu, was du kannst! Büße und liebe! Alles übrige werden Gott, Maria, Josef und dein Engel hinzufügen.

599 Wie schwer ist es, demütig zu sein! Nicht umsonst sagt die christliche Volksweisheit: »Der Hochmut stirbt erst vierundzwanzig Stunden, nachdem man gestorben ist«.
Wenn du einmal denken solltest, im Recht zu sein – entgegen dem Rat dessen, der eine besondere Gnade Gottes hat, deine Seele zu leiten –, sei überzeugt, daß du gerade dann im Unrecht bist.

600 Den Kindern dienen und sie bilden; den Kranken liebevoll beistehen.
Um sich den schlichten Seelen verständlich zu machen, muß man den Intellekt demütigen; um die hilflosen Kranken zu begreifen, muß man das Herz demütigen. Wenn auf diese Weise Verstand und Fleisch niederzuknien lernen, kann der Mensch leicht zu Jesus gelangen. Das eigene und das fremde Elend ist der sichere Weg, uns vor Gott als Nichts zu erkennen und Gott auf unserem Nichts aufbauen zu lassen.

601 Ein Vorsatz: Meine persönlichen Angelegenheiten nur dann zur Sprache bringen, wenn es wirklich notwendig ist.

602 Danke Gott für die innere Sicherheit, die Er dir schenkt! Sie hat nichts mit Sturheit zu tun. Im Lichte Gottes erkennst du, daß du fest stehst wie auf einem Felsen, während andere – oft sind es gute Menschen, die in diese bedauernswerte Lage geraten sind – gleichsam im Treibsand zu versinken drohen… : Es fehlt ihnen das Fundament des Glaubens.
Bitte den Herrn darum, daß du selbst und alle Menschen den Forderungen eines Lebens aus dem Glauben entsprechen.

603 Wenn ich doch nur anders wäre, Herr, selbstbeherrschter und treuer – wie wirksam kämest Du uns dann zu Hilfe!

604 Die Sehnsucht nach Sühne, die Gott dein Vater in deine Seele hineinlegt, wirst du stillen können, wenn du die Armseligkeit deiner kleinen, menschlichen Sühne mit den unendlichen Verdiensten Jesu Christi vereinigst.
Läutere deine Absicht! Liebe das Leiden und den Schmerz in Ihm, mit Ihm und durch Ihn.

605 Du wüßtest nicht, sagst du, ob und wie weit du im inneren Leben fortgeschritten seiest… Wozu solche Überlegungen? Wichtig ist, daß du beharrlich bist, daß dein Herz brennt, daß du immer mehr Licht empfängst und dein Horizont sich mehr und mehr weitet… Nimm voller Eifer unsere Anliegen in dein Gebet auf; auch wenn du sie noch nicht genau kennst, so suche sie doch zu erahnen.

606 Sage Ihm: In meinem Garten, Jesus, sehe ich keine einzige frische Blume. Mir scheinen alle wie verschmutzt, Farbe und Duft sind geschwunden. Ich Armer! Ich beuge mich nieder, bis mein Mund den schmutzigen Staub berührt. Da gehöre ich hin…
Wenn du dich so demütigst, wirst du den Sieg erringen, weil Er in dir siegen wird.

607 Ich habe dich gut verstanden, als du bemerktest: In der Tat bringe ich es nicht einmal bis zu einem Eselchen… bis zum Eselchen, das der Thron Jesu bei seinem Einzug in Jerusalem war. Ich sehe mich eher als schäbiges Stück in einem Haufen schmutziger Lappen, die nicht einmal der ärmste Lumpensammler haben möchte.
Aber ich antwortete dir: Und doch hat der Herr dich auserwählt und will dich als sein Werkzeug haben. Deshalb soll die Tatsache, daß du dein Elend siehst, ein zusätzlicher Grund sein, Gott für seinen Ruf zu danken.

608 Der demütige, jubelnde Gesang Mariens im Magnificat vergegenwärtigt uns die unendliche Großmut Gottes gegenüber denen, die wie Kinder werden, sich erniedrigen und ehrlich ihre Nichtigkeit annehmen.

609 Es ist Gott sehr wohlgefällig, wenn wir bei außergewöhnlichen Ereignissen Ihm durch ein Te Deum danken und seine Güte preisen. Ob es in den Augen der Welt ein gutes oder schlechtes Ereignis ist, soll für uns nicht ausschlaggebend sein. Alles kommt aus seiner väterlichen Hand; auch wenn ein Schlag sehr schmerzt, er ist ein Zeichen seiner Liebe. Denn Er will damit unsere Kanten abschleifen, vervollkommnen!

610 Wenn wir Menschen eine bestimmte Arbeit verrichten wollen, setzen wir die dafür geeigneten Mittel ein.
Hätte ich vor einigen Jahrhunderten gelebt, so hätte ich mit einem Federkiel geschrieben – jetzt gebrauche ich einen Füllfederhalter.
Bei Gott ist es anders. Wenn Er ein bestimmtes Werk verwirklichen will, wählt er Mittel aus, die in keinem Verhältnis zur Bedeutung des Werkes stehen: So wird deutlich – wie oft habe ich dir das gesagt! –, daß es sich ausschließlich um sein Werk handelt.
Deshalb wollen wir beide – du und ich –, die wir die schwere Last unseres Elends kennen, dem Herrn sagen: Trotz meiner persönlichen Armseligkeit vermag ich mich als ein göttliches Instrument zu begreifen, als ein Instrument in Deinen Händen.

611 Wir wollen alle Hoffnungen und Erwartungen unseres Lebens – die großen wie die kleinen – der Ehre Gottes des Vaters, Gottes des Sohnes, Gottes des Heiligen Geistes weihen.
Bewegt denke ich noch an die hochbegabten Studenten – zwei angehende Ingenieure und zwei Architekten –, die sich mit Freude um die Einrichtung eines Studentenheims kümmerten. Auf eine Wandtafel, die sie in einem Studienraum anbrachten, schrieben sie als erstes: »Deo omnis gloria« – Gott alle Ehre!
Ich weiß, Jesus, daß Dir das gefallen hat.

612 Wo du auch bist, denke daran: Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen. Wer Ihm folgen will, kann keine andere Haltung haben.

613 Gott hat ein ureigenes Recht darauf, daß wir, seine Kinder, trotz unserer persönlichen Fehler seiner Liebe entsprechen. Dieses Bewußtsein schließt – mit der Erkenntnis unserer unabweislichen Verantwortung – die volle Gewißheit ein, daß wir Werkzeuge in den Händen Gottes sind. Er vertraut uns jeden Tag aufs neue – wir wollen also jeden Tag von neuem darum bemüht sein. Ihm zu dienen.

614 Der Herr erwartet von seinen »Werkzeugen«, daß sie taugen und immer bereit sind. Achte also darauf, daß du immer für Ihn verfügbar bist!

615 Jedes »Gegrüßet seist du, Maria«, so sehe ich es, jedes Stoßgebet zu Unserer Lieben Frau ist ein neuer Impuls eines liebenden Herzens!

616 Unser Leben als Christen ist ganz normal, fast unscheinbar: Jeden Tag bemühen wir uns, die gleichen Dinge, die uns die Pflicht auferlegt, gut zu erledigen; wir versuchen unsere gottgewollte Aufgabe zu erfüllen, indem wir den kleinen Anforderungen jedes einzelnen Augenblicks gerecht werden.
Um es genau zu sagen: Es ist und bleibt oft nur ein Wollen, eine Intention; denn wie oft versagen wir! In unserer abendlichen Gewissenserforschung müssen wir dann dem Herrn gestehen: Heute habe ich Dir keine Früchte meines Mühens anzubieten, nur Fehler… Aber dennoch werde ich mit Deiner Gnade schließlich siegen…

617 Der Herr möge dich in seiner grenzenlosen Güte und trotz deiner Sünden – nimm dir erneut vor, nie mehr Jesus zu beleidigen! – erfahren lassen, was es heißt, alle Tage das beseligende Leben eines Menschen zu führen, der Gottes Willen liebt.
Das ist mein inniger Wunsch für dich.

618 Im Dienste Gottes gibt es keine minderen Arbeiten. Alle sind sie wichtig. Der Wert einer jeden Arbeit richtet sich nach dem geistlichen Niveau dessen, der sie verrichtet.

619 Macht dich nicht die feste Gewißheit froh, daß Gott auch noch an den unbedeutendsten Angelegenheiten seiner Geschöpfe Anteil nimmt?

620 Sage es Ihm immer und immer wieder, daß du wirklich ganz und gar Ihm gehören willst: Jesus, hilf mir, daß ich in Wahrheit Dein bin, daß ich dank der vielen kleinen Dinge, die allen verborgen bleiben, brenne und mich verzehre.

621 Der Rosenkranz. – Die freudenreichen, die schmerzensreichen und die glorreichen Geheimnisse im Leben Marias verflechten sich zu einem Kranz der Lobpreisungen, die immer wieder neu angestimmt werden: von den Engeln und Heiligen im Himmel und von denen, die unsere Mutter hier auf Erden lieben.
Bete täglich dieses heilige Gebet und verbreite es!

622 Durch die Taufe werden wir zu »fideles«, zu »Getreuen«, zu »Gläubigen«. Die ersten Jünger des Herrn bezeichneten sich selbst als »fideles« – wie auch mit dem Wort »sancti«, »Heilige«. Noch heute spricht man von den »Christgläubigen« und weist somit auf Glaube und Treue hin.
Denke darüber nach!

623 Gott läßt sich nicht an Freigebigkeit übertreffen. Verlaß dich darauf: Dem, der sich Ihm ganz hingibt, gewährt Er die Kraft der Treue.

624 Fordere von dir, und ohne Zimperlichkeit! Viele Menschen tun das ganz unauffällig in ihrem normalen Leben, damit nur der Herr im Vordergrund steht und Licht ist.
Ich wünschte, du und ich könnten auch so empfinden wie einer meiner Bekannten, der sich ganz Gott hingeben wollte. Er schrieb am Fest der Heiligen Familie, das damals in der Woche nach Erscheinung des Herrn gefeiert wurde:
»Mir fehlt es nicht an kleinen Kreuzen. Das von gestern – es hat mich sogar Tränen gekostet – führte mich zu der Überlegung, daß der heilige Josef – mein Vater und Herr – und meine Mutter Maria mir, 'ihrem Kind', offensichtlich die weihnachtliche Bescherung nicht vorenthalten wollten. So schenkten sie mir das Licht, meine Undankbarkeit gegen Jesus erkennen zu können: Seiner Gnade entspreche ich ganz ungenügend, und mein verbohrter Widerstand gegen den heiligsten Willen Gottes, der mich zu seinem Werkzeug machen will, ist eine schwere Verfehlung.«

625 Als die heiligen Frauen zum Grab kamen, sahen sie, daß der Grabstein schon beiseite gewälzt war.
Vergleichbares geschieht immer wieder: Sobald wir uns entschließen zu tun, was unsere Pflicht ist, lassen sich die Schwierigkeiten überwinden.

626 Sei sicher: Nur wenn du gehorchen lernst, wird dein Tun fruchtbringend sein.

627 Ob Regen oder Sonnenschein, ob guten Mutes oder erschöpft, ob jung oder alt – niemand soll dich im Gehorsam übertreffen, wenn es einer Anweisung nachzukommen gilt.
Wer nicht gelernt hat zu gehorchen, wird auch nicht lernen zu befehlen.

628 Es ist höchst unklug, wenn ein Seelenführer damit zufrieden ist, daß eine Seele nur drei Talente gibt, wenn sie zehn erhalten hat.

629 Gehorchen oder befehlen – beides immer mit wirklicher Liebe!

630 Ich wünschte – und bitte dafür um dein Gebet –, wir alle in der Kirche begriffen uns als Glieder des einen Leibes gemäß der Aufforderung des Apostels. Ich wollte, wir alle streiften die Gleichgültigkeit ab und empfänden tief die Freuden und Nöte unserer Mutter, der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, und sorgten uns um ihre Ausbreitung auf Erden.
Verspürten wir doch lebendig dieses Einssein! Wir alle eins – untereinander und alle mit Christus!

631 Kein Zweifel, mein Kind: In der Kirche bedeutet Uneins-werden Sterben.

632 Bitte Gott darum, daß in der heiligen Kirche, unserer Mutter, die Herzen aller – wie zur Zeit der Urchristen – als ein einziges Herz schlagen, damit das Wort der Schrift sich bis zum Ende der Zeiten wirklich erfülle: »Multitudinis autem credentium erat cor unum et anima una« – die Gläubigen waren ein Herz und eine Seele.
Ich meine das sehr ernst: du darfst diese heilige Einheit nicht verletzen. Betrachte dies in deinem Gebet!

633 Die Treue zum Papst schließt eine klare und eindeutige Verpflichtung ein: wir müssen die Lehre, die er in Enzykliken oder in anderer Form vorträgt, gut kennen und uns nach Kräften darum bemühen, daß alle Katholiken sie beachten und sich in ihrem Verhalten danach richten.

634 Jeden Tag bitte ich den Herrn aus ganzem Herzen darum. Er möge uns die Sprachengabe gewähren. Ich meine nicht die Kenntnis verschiedenster Sprachen, sondern die Fähigkeit, sich den Voraussetzungen der Hörer anzupassen.
Es geht nicht um Anbiederung im Straßenjargon, sondern um das Wort aus Weisheit, die wahrhaft christliche Rede, die alle zu erreichen vermag.
Um diese Gabe der Sprache bitte ich den Herrn und seine heilige Mutter für all seine Kinder.

635 Bosheit bei einigen, Unwissenheit bei vielen: das sind die Feinde Gottes und seiner Kirche.
Entwaffnen wir die Bosheit, lehren wir die Unwissenden! Mit Gottes Hilfe und mit unserem Eifer werden wir so die Welt retten.

636 Es muß unser Bestreben sein, daß in allen Bereichen des intellektuellen Lebens rechtschaffene, wahrhaft christlich empfindende und konsequente Menschen präsent sind, die ihr Wissen, ihre Begabungen in den Dienst der Menschheit und der Kirche stellen. Denn es wird in unserer Welt andererseits immer Menschen geben, die – wie damals Herodes, als Jesus geboren wurde – sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse nutzbar zu machen suchen oder sie sogar verfälschen, um Christus und die Seinen zu verfolgen.
Wie gewaltig ist die Aufgabe, die vor uns liegt!

637 Laß dich in deiner Arbeit für die Seelen – und das soll ja all dein Tun sein! – von Glaube, Hoffnung und Liebe tragen. So können wir alle Schwierigkeiten überwinden.
Der Psalmist bestärkt uns in dieser Überzeugung: »Et Tu, Domine, deridebis eos: ad nihilum deduces omnes gentes« – Du, Herr, verlachst sie, du läßt sie ins Nichts sinken.
Dies bekräftigt das Wort: »non praevalebunt« – die Feinde Gottes werden nicht siegen: sie werden gegen die Kirche und gegen die, die ihr als Werkzeug Gottes dienen, nichts ausrichten können.

638 Unsere heilige Mutter, die Kirche, streut in wunderbar weitherziger Liebe den Samen des Evangeliums über die ganze Welt aus. Von Rom bis in die fernsten Winkel der Erde.
Deine Mitarbeit am Werk der Glaubensverbreitung in der ganzen Welt muß darauf zielen, die Peripherie mit dem Zentrum, das heißt mit dem Papst, zu verbinden, damit die ganze Erde dies sei: eine einzige Herde, ein Hirt, ein Apostolat!

639 »Regnare Christum volumus!« – Wir wollen, daß Christus herrscht! »Deo omnis gloria!« – Gott allein die Ehre!
Angetan mit der Waffenrüstung Christi, werden wir dieses Ziel unseres Kampfes und unseres Sieges nur durch Gebet und Opfer, durch Glaube und Liebe erreichen.
Beten wir also, glauben wir, leiden wir – lieben wir!

640 Das Werk des Heils, das – Tag für Tag – die Kirche wirkt, ist wie ein einziges Gewebe, von uns allen dem Herrn dargebracht. Denn wir alle, die wir getauft sind, sind Kirche.
Kommen wir dieser Aufgabe nach in Treue und Hingabe, so wird das ganze Gewebe schön und tadellos sein. Lockert man aber die Fäden – der eine zieht an diesem, der andere an jenem Faden, ein dritter wieder woanders –, dann wird der kunstvolle Gobelin zu einem zerfetzten Stoff…

641 Warum zögerst du bei der brüderlichen Zurechtweisung? Sich demütigen ist immer hart, sich zurechtweisen lassen fällt schwer, besonders am Anfang. Aber auch selbst zurechtweisen ist niemals leicht, das weiß jeder.
Nächst dem Gebet und dem guten Beispiel ist die brüderliche Zurechtweisung die wirksamste Hilfe, die wir geben können.

642 Der Herr hat sein Vertrauen in dich gesetzt, als er dich zu seiner Kirche rief. Deshalb brauchst du schon jetzt die Reife, die mancher erst nach vielen Jahren erlangt: Umsicht, Gelassenheit, Mut, natürliche und übernatürliche Klugheit…
Vergiß nicht, was wir im Katechismus lernten: Der Name »Christ« bezeichnet den Mann – die Frau –, die an Christus glauben.

643 Du möchtest stark sein? Bedenke als erstes, daß du sehr schwach bist; und vertraue dann auf Christus, unseren Vater, Bruder, Lehrer, der uns die Kräfte und die Mittel schenkt, die zum Sieg führen: die Sakramente. Lebe aus den Sakramenten!

644 Ich konnte dich gut verstehen, als du mir anvertrautest: Ich will die Liturgie der heiligen Messe mit allen fünf Sinnen in mich aufnehmen.

645 Wie entscheidend ist bei der heiligen Liturgie die persönliche Frömmigkeit!
Ich war nicht überrascht, als vor einigen Tagen mir jemand über einen vorbildlichen, kurz zuvor verstorbenen Priester sagte: »Wie heilig er war!«
»Haben Sie ihn gut gekannt?« fragte ich. Der andere antwortete: »Nein, aber ich sah ihn einmal die heilige Messe feiern.«

646 Wenn du dich Christ nennst, mußt du mit der Liturgie der Kirche leben. Dazu gehört auch, daß du inständig für die Priester, besonders für die Neugeweihten, betest und opferst – an den von der Kirche empfohlenen Tagen und auch, wenn du von einer Priesterweihe erfährst.

647 Opfere das Gebet, die Sühne, die Arbeit für dieses Anliegen auf: »Ut sint unum!« – auf daß alle Christen eines Willens, eines Herzens, eines Geistes sind und damit wir alle, eng verbunden mit dem Papst, zu Jesus gelangen durch Maria: »Omnes cum Petro ad Iesum per Mariam!«

648 Du fragst mich, mein Kind, was du tun könntest, damit ich mit dir sehr zufrieden bin.
Wenn der Herr mit dir zufrieden ist, bin ich es ohnehin. Ob Er mit dir zufrieden ist, das merkst du an dem Frieden und an der Freude in deinem Herzen.

649 Ein untrügliches Kennzeichen für ein Kind Gottes ist der Friede im Herzen, das heißt selbst den Frieden haben und den Nahestehenden den Frieden weitergeben.

650 Mach es dir zur Gewohnheit, auf den Hagel von Spott und Feindseligkeit, den diese haßerfüllten, bedauernswerten Leute auf dich niedergehen lassen, mit einem »Hagel« von »Gegrüßet seist du, Maria« für sie zu antworten.

651 Sorge dich nicht, weil deine Arbeit jetzt unfruchtbar zu sein scheint. Wenn du Heiligkeit säst, geht die Saat nicht verloren. Andere werden einmal die Früchte ernten.

652 Auch wenn dein Gebet dir scheinbar keine Klarheit bringt, wenn es dir mühsam und trocken vorkommt, so mußt du doch stets von neuem das Bewußtsein in dir festigen, daß du gerade in den alltäglichen Übungen deines Frömmigkeitslebens Beharrlichkeit brauchst.

653 Die Schwierigkeiten im Apostolat machten dich nur mutiger! Du betetest: »Herr, in Dir gibt es keinen Wandel. Schenke mir also den Glauben jener Menschen, die es verstanden, Deiner Gnade zu entsprechen, und dann in Deinem Namen Zeichen und Wunder vollbrachten… «
Du setztest dein Gebet fort: »Ich weiß. Du wirst es tun; aber ich weiß auch. Du willst, daß wir Dich darum bitten; Du willst, daß wir Dich suchen, daß wir stürmisch an die Pforten Deines Herzens pochen.«
Am Ende erneuertest du den Entschluß, demütig und vertrauensvoll weiterzubeten.

654 Ob in Zeiten der Bedrängnis, ob in Zeiten des Erfolges – immer sage Ihm: Herr, zieh Deine Hand nicht von mir zurück, verlaß mich nicht, steh mir bei, der ich hilflos bin wie ein Kind! Führe mich immer an Deiner Hand!

655 »Aquae multae non potuerunt exstinguere caritatem!« – Auch mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen. Mir kommen zwei mögliche Auslegungen dieses Wortes der Heiligen Schrift in den Sinn. Einmal: Die große Zahl der Sünden, die du begangen hast, trennt dich dennoch nicht von der Liebe Gottes, wenn du sie von Herzen bereust. Zum anderen: Die Flut von Verständnislosigkeit und Widerstand, die gegen dich anbranden mag, wird dich nicht von deiner apostolischen Arbeit abhalten.

656 Deinen Lauf vollenden, mein Kind, deinen Weg zu Ende gehen! Denn »qui perseveraverit usque in finem, hic salvus erit« – wer bis zum Ende standhaft bleibt, der wird gerettet.
Jedem Kind Gottes sind die Mittel dazu gegeben, auch dir! Wir werden das Werk vollenden, denn alles vermögen wir in dem, der uns stärkt. Mit Gottes Hilfe ist nichts unmöglich. Alles wird überwindbar.

657 Zuweilen erscheint die unmittelbare Zukunft dunkel und wie ausweglos, wenn man die Dinge nicht mehr im Lichte des Übernatürlichen sieht.
Das ist die Stunde, mein Kind, um tiefer zu glauben und eifriger zu arbeiten. Sei sicher: Gott, unser Vater, wird sich deiner Nöte annehmen.

658 Schon die ordentliche Vorsehung Gottes ist ein dauerndes, unbegreifliches Wunder… Aber auch mit außerordentlichen Mitteln wird der Herr helfen, wann immer es nötig ist.

659 Christlicher Optimismus – das ist weder der Blick durch die rosarote Brille noch das rein menschliche Vertrauen darauf, daß alles gut geht.
Christlicher Optimismus wurzelt im Bewußtsein unserer Freiheit und in dem Vertrauen auf die Macht der Gnade. Er verlangt von uns, daß wir in jedem Augenblick bereit sind, dem Ruf Gottes zu folgen.

660 Der Triumph des Herrn am Tag seiner Auferstehung ist endgültig. Wo sind die Wachen, die die Machthaber aufgestellt hatten? Wo die Siegel, mit denen sie den Grabstein zu sichern wähnten? Wo sind die, die den Herrn verurteilt, wo die, die Ihn gekreuzigt hatten?… Der Herr siegt, und all diese armseligen Menschen ergreifen die Flucht.
Sei voller Hoffnung: Christus siegt immer.

661 Wenn du Maria suchst, wirst du immer – es kann gar nicht anders sein! – Jesus finden. Und immer tiefer wirst du sein göttliches Herz verstehen.

662 Bevor du anfängst, anderen auf ihrem Weg zu Gott weiterzuhelfen, führe dir folgende Worte eines Priesters vor Augen, der Gott von ganzem Herzen suchte: »Heute beginnen die Exerzitien für Priester, die ich zu halten habe. Hoffentlich ziehen wir inneren Gewinn daraus, ich selbst an erster Stelle!« Und etwas später: »Seit einigen Tagen laufen die Exerzitien. Es sind hundertzwanzig Teilnehmer. Ich hoffe, daß der Herr gründliche Arbeit in unseren Seelen leistet.«

663 Mein Kind: Es lohnt sich, daß du demütig, gehorsam, loyal bist; daß du den Geist Gottes in dich aufnimmst, damit du ihn – von deinem Platz, von deiner Wirkungsstätte aus – in die ganze Welt, zu allen Menschen tragen kannst.

664 Aller Mut der Kämpfer an vorderster Front könnte die Schlacht nicht entscheiden, wenn nicht in der Etappe viele für den Nachschub an Munition, Medizin und Lebensmitteln sorgten.
Ebensowenig ist ohne das Gebet und das Opfer von vielen ein wirksames Apostolat der Tat möglich.

665 In der Vollmacht Christi Wunder wirken: "Wie viele Seelen, die schon tot oder in Verwesung sind, wirst du zu neuem Leben erwecken, wenn du Christus in dir wirken läßt.
Damals – so berichtet uns das Evangelium – zog Jesus durch das Land; die Kranken riefen Ihn, liefen zu Ihm… Auch heute sucht Jesus sie auf – durch dein christliches Leben. Wenn du auf seinen Spuren bleibst, wieviele Menschen werden Ihn dann kennenlernen. Ihn rufen, Ihn um Hilfe bitten! Ihre Augen werden sich dem beseligenden Licht der Gnade öffnen.

666 Du willst unbedingt auf eigene Faust wirken, und so bleibt deine Arbeit unfruchtbar.
Gehorche, sei fügsam! In einer Apparatur muß jedes Teil seinen Platz haben, sonst versagt sie, nimmt Schaden und leistet nichts oder fast nichts. Ähnlich ist es mit Leuten, die außerhalb ihres eigenen Bereiches wirken wollen: Sie sind eher ein Hindernis als ein Werkzeug für das Apostolat.

667 Der Apostel kennt nur ein einziges Ziel: den Herrn wirken lassen, indem er sich Ihm zur Verfügung stellt.

668 Auch die ersten Zwölf waren in den Gegenden, in denen sie das Evangelium verkündeten, Fremde. Die Menschen, denen sie begegneten, suchten die Welt nach Vorstellungen zu gestalten, die zur Lehre Christi in krassem Widerspruch standen.
Aber sieh: All diesen widrigen Umständen zum Trotz wußten sie sich als Träger der göttlichen Botschaft der Erlösung. Und der Apostel Paulus ruft: »Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!«

669 Für die Erlösung, für die Ewigkeit wird unser Leben nur wirksam, wenn wir demütig sind! Nur wenn du in den Hintergrund trittst, können die Menschen Ihn, den Herrn, entdecken.

670 Die Kinder Gottes müssen durch ihre apostolische Arbeit gleich einem Kraftwerk Licht in Fülle spenden, ohne selbst glänzen zu wollen.

671 Jesus sagt: »Wer euch hört, der hört mich«.
Meinst du etwa, es wären deine Worte, die die Menschen überzeugen?… Du darfst auch nie vergessen, daß der Heilige Geist sich für seine Pläne eines ganz und gar untauglichen Werkzeuges bedienen kann.

672 Wie gut passen folgende Worte des heiligen Ambrosius auf die Kinder Gottes: Er spricht von dem Fohlen, das an einer Eselin angebunden ist und das der Herr braucht für seinen feierlichen Einzug in Jerusalem: »Nur ein Befehl des Herrn konnte es befreien. Die Hände der Apostel banden es los. Um dazu aber ausgesandt zu werden, bedarf es einer besonderen Lebensweise und einer besonderen Gnade. Sei auch du Apostel, damit du die Gefesselten befreien kannst.«
Laß mich auf diesen Text zurückkommen: Wie oft werden wir auf Jesu Geheiß die Fesseln der Seelen zu lösen haben, weil der Herr diese Seelen zu seiner Verherrlichung brauchen will! Alles in uns muß eines Apostels würdig sein: die Hände, die Taten, das ganze Leben… Dann wird uns Gott auch die Gnaden eines Apostels schenken, um die Ketten der Gefangenen zu sprengen.

673 Niemals dürfen wir uns eine Macht zuschreiben, die allein dem Herrn zukommt, der mitten unter uns seinen Weg geht. Er weilt unter uns und verwandelt die Seelen, wenn wir uns um Ihn scharen: alle eines Herzens und eines Sinnes, beseelt von dem einzigen Wunsch, gute Christen zu sein. Aber es ist der Herr, der die Seelen verwandelt, nicht du, nicht ich, sondern Christus, dem wir begegnen!
Außerdem: Er bleibt immer unter uns – in deinem und in meinem Herzen und in unseren Tabernakeln.
Jesus geht weiter, und dennoch bleibt Er: in dir, in mir, in jedem von euch.

674 Der Herr will uns zu Helfern bei seinem Erlösungswerk machen.
Damit wir diese herrliche Wirklichkeit wenigstens andeutungsweise erfassen können, läßt Er die Evangelisten zahlreiche große Wunder berichten. Er hätte das Brot auch schaffen können… Aber nein! Er sucht die Mitarbeit der Menschen: Ein Kind, ein Jugendlicher, muß Ihm zu Hilfe kommen, ein paar Stücke Brot und ein paar Fische möchte Er haben.
Er bedarf unser – deiner, meiner – und ist doch Gott! Muß das nicht in uns das Verlangen stärken, seiner Gnade mit voller Hingabe zu entsprechen?

675 Hilfst du Ihm auch nur mit einer Kleinigkeit, wie die Apostel es getan haben, dann ist Er bereit, Wunder zu wirken: Brote zu vermehren, den Willen eines Menschen zu verwandeln, einen verfinsterten Verstand zu erleuchten und durch eine besondere Gnade es möglich zu machen, daß unlautere Menschen fortan gerade Wege gehen.
All das und mehr noch tut Er, wenn du Ihm auch nur ein wenig mit deinem eigenen Einsatz zu Hilfe kommst.

676 Jesus ist tot. Ein Leichnam. Alle Erwartungen sind in den heiligen Frauen erloschen. Sie waren Augenzeugen gewesen, wie man Ihn mißhandelt, wie man Ihn gekreuzigt hatte. Deutlich stand Ihnen noch die Grausamkeit der durchlittenen Passion vor Augen!
Die Frauen wußten auch, daß man Wachposten aufgestellt hatte und daß das Grab verschlossen war. Wer wird uns, fragten sie sich, den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen? Denn der Stein war sehr groß. Und doch machen sie sich auf den Weg, eigentlich wider alle Vernunft, um bei Ihm zu sein.
Sieh: Schwierigkeiten – große wie kleine – erkennt man sofort… und doch: Wo Liebe ist, verschwinden die Hindernisse, ist man kühn, entschlossen, tapfer! Gib zu, daß der Schwung, die Unerschrockenheit, der Mut dieser heiligen Frauen dich beschämen!

677 Maria, deine Mutter, geleitet dich zur Liebe Jesu. Bei Ihm wirst du »cum gaudio et pace«, mit Freude und mit Frieden, ausruhen; du wirst dich von Ihm »getragen« wissen – ohne Ihn würdest du ins Bodenlose fallen, im Schlamm versinken –, an seiner Hand aber wirst du vorangehen und lernen, zu glauben, zu lieben und zu leiden.

 «    ARBEIT    » 

678 Wir wissen – der heilige Paulus lehrt es –, daß wir die Welt in Jesus Christus erneuern und den Herrn an die Spitze und in den Mittelpunkt der ganzen Schöpfung stellen müssen.
Überdenke, ob du in deiner Arbeit, in deinem Beruf dieser Forderung entsprichst.

679 Warum versuchst du nicht, dein ganzes Leben – Arbeit und Muße, Weinen und Lachen – in einen einzigen Dienst an Gott zu verwandeln?
Du kannst es… , und du mußt es!

680 Jedes Geschöpf, jedes noch so kleine Ereignis deines Lebens – ohne Ausnahme – muß ein Schritt auf dem Weg sein, der dich zu Gott emporführt. Sie sollen dir helfen, Ihn zu erkennen, Ihn zu lieben. Ihm zu danken und dafür zu arbeiten, daß die Menschen Ihn alle kennen und lieben lernen.

681 Wir haben die Pflicht zu arbeiten: gewissenhaft und mit Sinn für Verantwortung, in Liebe und Ausdauer, ohne Nachlässigkeit, ohne Leichtsinn. Denn die Arbeit ist ein Gebot Gottes, und Gott müssen wir, wie es im Psalm heißt, gehorchen »in laetitia« – in Freude.

682 Alles menschlich Wertvolle wollen wir für Christus gewinnen.

683 Wer wirklich liebt, dem bleibt keine Zeit mehr, sich selbst zu suchen, kein Raum für den Hochmut. Dem fallen nur Gelegenheiten ein zu dienen!

684 Jede Tätigkeit – einerlei, wie wichtig sie in den Augen der Menschen erscheint – soll für dich zu einem Mittel werden, Gott und den Menschen zu dienen. Nur diese Sicht eröffnet die wahre Dimension unseres Handelns.

685 Arbeite immer und in allem mit Opferbereitschaft. Nur so vermagst du Christus an der Spitze aller menschlichen Tätigkeiten aufleuchten zu lassen.

686 Auch in den kleinsten Dingen unseres Alltags geht es darum, der Gnade Gottes zu entsprechen. Diese Kleinigkeiten kommen einem unbedeutend vor – und besitzen doch die überragende Bedeutung, die die Liebe ihnen verleiht.

687 Und nicht zu vergessen: Jede Arbeit, die vom Menschlichen her gesehen anständig, würdig und rechtschaffen ist, kann und muß auf die Ebene des Übernatürlichen erhoben werden. Sie erhält so die Tragweite des Göttlichen.

688 Jesus ist unser Herr und unser Vorbild. Er wuchs auf und lebte wie wir alle. Dadurch hat Er uns offenbart, daß das konkrete menschliche Leben – auch deines – mit all seinem Kleinkram und seinen normalen Pflichten eine göttliche, auf die Ewigkeit hinzielende Bestimmung hat.

689 Preise die Güte Gottes, unseres Vaters ! Denn Er schenkt dir die Gewißheit, daß dein Zuhause, deine Familie und die Heimat, die du so sehr liebst, eine Wirklichkeit sind, die du heiligen sollst und die dich heiligt. Ist das nicht ein Grund, dich sehr zu freuen?

690 Meine Tochter, du hast nun eine Familie gegründet, und ich möchte dir etwas sagen, das du allerdings schon weißt: Ihr Frauen besitzt große Stärke und verfügt außerdem über die Kunst, sie gleichsam unmerklich mit großem Fingerspitzengefühl anzuwenden. Ihr seid so in der Lage, aus eurem Ehemann und aus euren Kindern Diener Gottes oder Lakaien des Teufels zu machen.
Du wirst dafür sorgen, daß die Deinen zu Werkzeugen Gottes werden: Der Herr setzt sein Vertrauen auf dich.

691 Mich ergreift, daß der Apostel Paulus die Ehe als »sacramentum magnum« bezeichnet. Sie ist ein großes Sakrament. Auch daraus leite ich her, daß den familiären Aufgaben der Eltern enorme Bedeutung zukommt.
Ihr habt Anteil an der Schöpfermacht Gottes. Deshalb ist die menschliche Liebe edel und gut, ja heilig. Sie ist eine Freude des Herzens, und wer – wie ich und andere Menschen – darauf verzichtet, tut es in Freiheit, weil die liebende Vorsehung Gottes es für ihn so will.
Jedes Kind, das Gott euch schenkt, ist eine herrliche Gabe, ein Segen Gottes für euch: Habt keine Angst vor Kinderreichtum!

692 In meinen vielen Gesprächen mit Eheleuten sage ich ihnen immer wieder, sie sollen zeitlebens ihren Kindern helfen, heilig zu werden. Zwar kann hier auf Erden niemand die Heiligkeit erlangen, aber eins können wir: ohne Unterlaß um sie ringen…
Dann füge ich noch hinzu: Ihr christlichen Eltern seid eine mächtige Energiequelle, aus der Gottes Kraft strömt, die eure Kinder befähigt, zu kämpfen, zu siegen und heilig zu werden. Laßt sie nicht im Stich!

693 Hab keine Angst davor, die Menschen um Christi willen zu lieben! Und deine Familienangehörigen sicher noch mehr als andere. So ist es gut, vorausgesetzt daß du – bei aller Liebe zu den Deinen – Christus noch tausendmal mehr liebst.

694 »Coepit facere et docere« – Jesus begann sein Wirken mit Taten – und dann lehrte Er. Du und ich, wir müssen durch tätiges Zeugnis Beispiel geben. Wir dürfen kein Doppelleben führen und etwas lehren, für das wir nicht einstehen. Zumindest müssen wir darum kämpfen, daß Lehren und Handeln in uns nicht auseinanderklaffen.

695 Als Christ solltest du dich in allem um eine vorbildliche Haltung bemühen. Dazu gehört auch dein Verhalten als Staatsbürger und deine Achtung vor den Gesetzen, die dem Gemeinwohl dienen.

696 Du verlangst von den anderen die exakte Erfüllung ihrer Aufgaben, zum Beispiel bei öffentlichen Dienstleistungen, mit dem Hinweis: Es ist ja ihre Pflicht!
Hast du dich schon einmal geprüft, ob du selbst deine Arbeitszeit einhältst und sie gewissenhaft nutzt?

697 Erfülle alle deine staatsbürgerlichen Pflichten und suche nicht, dich ihnen zu entziehen; übe auch alle deine Rechte zum Wohl aller aus, und sei nicht so unklug, auf irgendeines zu verzichten.
Auch das alles ist nämlich christliches Zeugnis!

698 Wenn wir die Arbeit wirklich heiligen wollen, dann müssen wir sie zuallererst einmal ernst nehmen – vor Gott und vor den Menschen. Das heißt: gut arbeiten.

699 Gib deiner Nächstenliebe ein freundliches Gesicht! Das Lächeln auf deinen Lippen – taktvoll und spontan, auch dann, wenn dir im Herzen zum Weinen zumute ist – darf niemals fehlen. So dienst du allen ohne Vorbehalt.

700 Nur schlecht und recht hast du deine Arbeit getan, und so ist sie ein Zerrbild der Opfergabe, die Gott von dir erbittet.

701 Du willst – sagst du – Christus folgen? Und hast dabei viel Zeit übrig? Dann bist du ganz sicher auf dem Weg der Lauheit.

702 Die berufliche Arbeit – auch die Arbeit im Haushalt ist ein Beruf ersten Ranges – gibt Zeugnis von der Würde des Menschen als Geschöpf Gottes. Sie ist Mittel zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit, Band, das uns mit den Mitmenschen verbindet, Grundlage unserer materiellen Existenz; ein Beitrag zur Besserung der Verhältnisse in unserer Gesellschaft und zum Fortschritt der Völker.
Diese Perspektive erweitert und vertieft sich für einen Christen, denn Christus nahm die Arbeit auf sich und machte sie zu einer erlösten und erlösenden Realität: So ist die Arbeit für uns Mittel und Weg zur Heiligkeit – ein konkretes Tun, das wir heiligen und das uns heiligt.

703 Der Herr hat gewollt, daß wir, seine Kinder, die wir die Gnade des Glaubens empfangen haben, die ursprüngliche, der Liebe Gottes entströmende Freude an der Schöpfung bezeugen. Wir müssen die »Liebe zur Welt« bekunden, die der christliche Glaube mit sich bringt.
Deshalb sollten stets Einfallsreichtum und Einsatzbereitschaft deine berufliche Arbeit und dein Bemühen um den Aufbau der irdischen Gesellschaft kennzeichnen.

704 Bleibe wach und nüchtern! Damit die beruflichen Erfolge und Mißerfolge – auch die werden ja nicht ausbleiben – keine Sekunde lang das eigentliche Ziel deiner Arbeit verdunkeln: die Ehre Gottes!

705 Die christliche Verantwortung bei der Arbeit erschöpft sich nicht darin, die vorgesehenen Stunden auszufüllen. Sie zeigt sich in Sachkenntnis, fachlicher Kompetenz – und vor allem in der Liebe zu Gott.

706 Wie schrecklich, die Zeit zu vergeuden! Einen Schatz, den Gott uns geschenkt hat.

707 Alle anständigen Berufe können und sollen geheiligt werden. Daher hat kein Sohn, keine Tochter Gottes das Recht, zu sagen: Hier ist mir eine apostolische Arbeit unmöglich.

708 Christi Leben im Verborgenen lehrt dich etwas sehr Wichtiges: Keine Hektik!… Gerade weil wir keine Zeit zu verlieren haben!
Mit anderen Worten: Das innere geistliche Leben hat vor allem anderen Vorrang; das Apostolat und jeder einzelne apostolische Impuls sind Frucht jener Ruhe in der Tiefe der Seele.

709 Stelle dich den Fragen des Weltgeschehens mit Blick für das Übernatürliche und im Einklang mit den sittlichen Normen; denn durch sie wird deine Persönlichkeit weder vernichtet noch unterdrückt, sondern in die rechte Bahn gelenkt.
Deine Art zu leben wird so eine ursprüngliche, mitreißende Kraft gewinnen; und du wirst dich darin bestätigt sehen, daß du auf dem richtigen Weg bist.

710 Gott der Herr will dich heilig, damit du den anderen helfen kannst, heilig zu werden. – Dazu ist es aber erforderlich, daß du – ehrlich und ohne falsche Rücksichtnahme – auf dein eigenes Leben schaust, daß du auf den Herrn unseren Gott schaust… und erst dann den Blick auf die Welt richtest.

711 Entfalte die guten menschlichen Eigenschaften in dir. Auf dieser Grundlage kannst du den Bau deiner Heiligung errichten. Aber bedenke gleichzeitig, was ich dir gelegentlich gesagt habe: Im Dienst an Gott muß alles zu einem Brandopfer werden, auch die Angst vor dem Urteil der Leute und – wenn nötig – vor der Preisgabe dessen, was man guten Ruf nennt.

712 Christliche Bildung tut not. Denn du solltest in der Lage sein, aus echtem Verantwortungsbewußtsein das Engagement von Katholiken im öffentlichen Leben zu fördern, mit vollem Respekt vor der Freiheit des einzelnen und – erinnere alle daran – in konsequenter, persönlicher Glaubenshaltung.

713 Durch deine berufliche Arbeit, die du im Menschlichen wie im Hinblick auf Gott so gut wie möglich verrichtest, kannst und sollst du an deinem Arbeitsplatz christliche Maßstäbe setzen.

714 Als Christ darfst du nicht abseits stehen. Du bist verpflichtet, loyal und in persönlicher Freiheit zu handeln und deinen persönlichen Beitrag im Dienst des Gemeinwohls zu leisten.

715 Wir Kinder Gottes, die wir ja das gleiche Bürgerrecht wie alle haben, müssen uns ohne Komplexe an allem Sinnvollen und Anständigen beteiligen, was Menschen tun und organisieren, damit Christus dort gegenwärtig ist.
Der Herr wird uns zur Rechenschaft ziehen, wenn wir nachlässig oder bequem sind und es unterlassen – jeder für sich, in persönlicher Freiheit –, die Entscheidungen und Initiativen mitzugestalten, von denen Gegenwart und Zukunft unserer Gesellschaft abhängen.

716 Bescheiden und in aufrichtiger Demut – denn unsere Stärke kommt von Gott und, wie es der Psalm ausdrückt, nicht von »Streitwagen und Rossen« – haben wir dafür Sorge zu tragen, daß es keinen Winkel der menschlichen Gesellschaft gibt, in dem Christus unbekannt bleibt.

717 Beteilige dich, in aller Freiheit und deinen Neigungen und Anlagen gemäß, aktiv und wirksam am Leben bewährter Verbände und Institutionen deines Landes. Und laß dich dabei von christlichem Verantwortungsbewußtsein leiten. Denn die Arbeit solcher Organisationen ist für das zeitliche und geistliche Wohl der Menschen immer von Bedeutung.

718 Du bist deinen Rechten als Staatsbürger entsprechend in Institutionen und Strukturen der Gesellschaft tätig. Setze dich dafür ein, daß sie sich an den Grundsätzen des christlichen Ethos orientieren.
Du kannst sicher sein, daß du auf diese Weise vielen Menschen die Möglichkeit verschaffst, menschenwürdig zu leben; und mit der Gnade Gottes ebnest du ihnen den Weg, der Berufung zu einem christlichen Leben persönlich Folge leisten zu können.

719 Es gehört zu den christlichen und auch staatsbürgerlichen Pflichten, die über Stadt und Land verstreuten Zeichen der Frömmigkeit unserer Vorfahren – Wegkreuze etwa oder Marienbilder – aus Kultur und Pietät instandzuhalten und die wiederherzustellen, die durch Vandalismus oder Alter zerstört wurden.

720 Den sogenannten »Freiheiten zum Bösen« muß man mutig entgegentreten. Sie sind die Töchter der Willensverderbtheit, die Enkelinnen der schlimmen Begierden, die Urenkelinnen der Erbsünde… Sie stammen, mit einem Wort, in direkter Linie vom Teufel ab.

721 Nüchterne, sachliche Beurteilung und die Sorge, Schaden abzuwehren, läßt mich darauf bestehen: Die Feinde Gottes darf man nicht auf Ehrenpodeste erheben. Man singt auf sie keine Lobeshymnen… , auch dann nicht, wenn sie schon tot sind.

722 Unsere Mutter, die Kirche, wird heute auch wegen ihres Wirkens im sozialen Bereich angegriffen, sogar von staatlichen Stellen aus. Deshalb ist es Gottes Fügung, daß seine Söhne und Töchter – auch du! – gerade in diesen Bereichen arbeiten und dort die Wahrheit unseres Glaubens verbreiten.

723 Du bist ein normaler Staatsbürger genau wie deine Arbeitskollegen, weder mit mehr noch mit weniger Rechten und Pflichten als sie. Gerade weil du deine Aufgabe als Laie ernst nimmst, mußt du den Mut aufbringen – manchmal ziemlich viel Mut –, deinen Glauben »greifbar« zu machen. Man darf, ja soll deine guten Werke sehen und auch erkennen, aus welchen Motiven sie gespeist sind.

724 Einem Kinde Gottes wie dir darf es niemals in seinem eigenen beruflichen oder gesellschaftlichen Milieu bange sein. Du bist niemals allein!
Gott, unser Herr, ist ständig bei dir. Er gibt dir die nötigen Mittel, damit du Ihm treu bist und damit du die anderen zu Ihm hinführst.

725 Alles aus Liebe! Das ist der Weg zur Heiligkeit und zum inneren Glück. Halte dir dieses Ziel vor Augen, sowohl bei deiner intellektuellen Arbeit, bei der höchsten geistigen Konzentration, als auch bei den einfachsten Aufgaben, mit denen wir alle es ja Tag für Tag zu tun haben. So wirst du Freude und Frieden in dir haben.

726 Als Christ kannst du, innerhalb der Grenzen von Dogma und Moral, in allem, was dein eigen ist, nachgeben, herzlich gern nachgeben… : Aber in allem, was Jesus Christus gehört, ist nachgeben unmöglich.

727 Wo du zu bestimmen hast, tu es, ohne zu demütigen, taktvoll und mit Respekt vor Intelligenz und Willen dessen, der gehorcht.

728 Selbstverständlich bedarfst du der materiellen Hilfsmittel. Aber setze alles daran, daß du selbst von allem irdischen Besitz losgelöst bist, damit du stets diese Mittel nur im Dienst an Gott und den Menschen gebrauchst.

729 Wirklich alles planen? – Jawohl, alles – so sagtest du mir.
Es stimmt natürlich, wir müssen immer klug sein. Bedenke aber, daß es bei allem, was wir Menschen tun – ob einfach oder schwierig –, immer auch Unvorhergesehenes gibt… , und außerdem schiebt der Christ der Hoffnung nie einen Riegel vor; er ist sich der göttlichen Vorsehung bewußt.

730 Deine Arbeit soll auf Gott ausgerichtet sein. Nichts anderes darf dich in seinen Bann ziehen als das Bemühen, sie zu »vergöttlichen«. So wird das Irdische göttlich, das Zeitliche ewig.

731 Die im Dienst Gottes unternommenen Werke scheitern niemals aus Mangel an Geld; wenn sie scheitern, dann aus Mangel an Gebet und Opferbereitschaft.

732 Macht es dich nicht froh, die Armut Jesu so ganz von nahem zu teilen?… Wie schön ist es, sogar Notwendiges entbehren zu müssen! Aber trage diese Entbehrungen so wie Er: unauffällig und schweigend.

733 Echte Frömmigkeit und wahre Gottesliebe lenken uns hin zur Arbeit, zu der – manchmal mühsamen – Erfüllung unserer täglichen Pflichten.

734 Oft wird auf die Gefahr der äußeren Werke ohne inneres Leben hingewiesen. Aber hinweisen müßte man auch auf die Gefahr eines geistlichen Lebens ohne Werke – falls so etwas überhaupt möglich ist.

735 Der innere Kampf lenkt nicht von den weltlichen Aufgaben ab; im Gegenteil: er bringt uns dazu, sie so gut wie möglich zu erfüllen.

736 Dein Dasein ist keine immer wiederkehrende Folge gleicher Verrichtungen, denn jede neue Handlung soll mit mehr gutem Willen, mit mehr Schwung und mehr Liebe als die vorhergehende getan werden: Jeden Tag mehr Licht, jeden Tag mehr Elan! Für Ihn!

737 Tu jeden Tag, was du kannst, um Gott tiefer zu erkennen, den Umgang mit Ihm zu suchen und Ihn immer mehr zu lieben, bis du an nichts anderes mehr denkst als an seine Liebe und seine Verherrlichung.
Das wird dir gelingen, mein Kind, wenn du die Zeiten deines betrachtenden Gebetes einhältst – laß diese Zeiten niemals fallen! –; wenn du das Bewußtsein der Gegenwart Gottes stärkst mit Stoßgebeten und geistigen Kommunionen, die dich beflügeln; wenn du mit innerer Sammlung an der heiligen Messe teilnimmst; wenn du deine Arbeit um des Herrn willen gut und gewissenhaft tust.

738 Bei allem Respekt werde ich niemals die Auffassung derer teilen, die kontemplatives und aktives Leben voneinander trennen, als ob es sich um zwei miteinander unvereinbare Bereiche handelte.
Ein Kind Gottes muß kontemplativ sein, das heißt ein Mensch, der mitten im Lärm der Umwelt im ständigen Gespräch mit dem Herrn das Schweigen der Seele zu finden weiß und der auf Ihn schaut wie auf einen Vater oder einen Freund, den man grenzenlos liebt.

739 Ein Mensch von aufrichtiger Frömmigkeit erfüllt seine beruflichen Pflichten möglichst vollkommen. Denn er weiß, daß seine Berufsarbeit Gebet ist, das zu Gott emporsteigt.

740 Noch einmal: als Kinder Gottes werden wir inmitten aller irdischen Tätigkeiten im Geist der Kontemplation leben. Durch das Gebet, durch die Abtötung, durch unsere Bildung in der Glaubenslehre, durch die berufliche Kompetenz sollen wir Licht, Salz und Sauerteig in der Gesellschaft sein. So erfüllt sich unsere Berufung: Je mehr wir in das Gewühl der Welt eindringen, desto tiefer müssen wir in Gott verankert sein.

741 Lauteres Gold und Diamanten findet man in den Tiefen der Erde – sie liegen nicht offen zutage.
Die »Arbeit« der Heiligung – deiner selbst und der anderen – hängt ab von der frohen Hingabe und dem Eifer, mit dem du dich bei deiner täglichen, gewöhnlichen und so oft ganz verborgenen Arbeit einsetzt.

742 Für unser tägliches Leben benötigen wir eine ungleich größere Macht als der sagenumwobene König Midas, der alles, was er berührte, in Gold verwandelte.
Wir müssen – mit der Kraft der Liebe – die so irdische Arbeit des Alltags in ein »Werk Gottes« verwandeln, das bis in den Himmel reicht.

743 Alles in deinem Leben kann – wenn du es dir nur vornimmst – zur Gabe für den Herrn werden. Alles kann Anlaß zum Gespräch mit deinem Vater im Himmel sein, der für uns immer neue Einsichten bereithält.

744 Arbeite mit Freude und Frieden in der Gegenwart Gottes!
Das wird dir dazu verhelfen, deine Aufgabe mit gesundem Menschenverstand zu bewältigen: Du wirst deine Arbeit abschließen, auch wenn du dich erschöpft fühlst; du wirst solide und gute Arbeit leisten… , und dein Tagewerk wird Gott wohlgefällig sein.

745 Laß im Laufe des Tages dein Zwiegespräch mit dem Herrn nie abreißen. Auch die Ereignisse deiner beruflichen Arbeit werden dir Stoff dazu liefern.
Versetze dich im Geist vor den Tabernakel… , und bringe dem Herrn die Arbeit dar, die dich im Augenblick beschäftigt.

746 Von deinem Arbeitsplatz aus schickst du dein Herz hin und wieder zum Tabernakel und läßt es ganz schlicht sagen: Mein Jesus, ich liebe Dich.
Hab keine Angst, Ihn so zu nennen: »mein Jesus«, und es oft zu wiederholen.

747 Ein Priester bereitete sich mit folgendem Vorsatz auf das Stundengebet vor: »Ich werde es mir zur Gewohnheit machen, zu Beginn zu sagen: 'Ich will beten, wie Heilige beten'. Dann werde ich meinen Schutzengel auffordern, mit mir in das Lob des Herrn einzustimmen.«
Versuche das auch bei deinen mündlichen Gebeten, und vertiefe auf diese Weise das Bewußtsein der Gegenwart Gottes mitten in deiner Arbeit.

748 Gottes Ruf hat dir einen ganz bestimmten Weg gewiesen: von deiner beruflichen Arbeit aus dich auf alle Belange dieser Welt einzulassen, nachdem du dich ganz auf Gott eingelassen hast.

749 Verliere niemals das übernatürliche Ziel aus dem Auge. Begradige Denken und Wollen, so wie ein Schiff auf hoher See den Kurs begradigt: mit Blick auf den Stern, mit Blick auf Maria. Dann kannst du sicher sein, daß du den Hafen erreichst.

 «    IM FEUER GELÄUTERT    » 

750 Ich bitte Dich nicht, Herr, daß Du mir meine Gefühle nimmst, denn ich kann Dir mit ihnen dienen. Aber läutere sie in Deinem Feuer.

751 Wir sehen die Wunderwerke Gottes, wir sehen unser menschliches Versagen. Und wir müssen bekennen: Herr, Du bist mein Alles! Verfüge über mich nach Deinem Willen!
Es gibt dann keine Einsamkeit mehr, für keinen von uns – auch nicht für dich.

752 Das eigentliche Geheimnis, um heilig zu werden, besteht darin, Ihm, dem einzigen, liebenswerten Vorbild, immer ähnlicher zu werden.

753 Du möchtest beten. Aber in dir ist Nacht, du empfindest nur Verwirrung und Leere… Halte dich dann an folgenden Wegweiser: Denk nicht an dich, sondern richte den Blick auf das Leiden Jesu, unseres Erlösers.
Sei sicher: Der Herr erwartet von uns, von jedem einzelnen, das gleiche, was Er damals von seinen drei Lieblingsaposteln im Ölgarten erbat: Wachet und betet!

754 Wenn du das Evangelium aufschlägst, mach dir klar, daß du die Berichte über die Taten und Worte Christi nicht nur kennen, sondern auch wirklich selbst »erleben« sollst. Jede Szene enthält sehr viele Einzelheiten, die du auf die konkreten Umstände deines Lebens übertragen kannst.
Der Herr hat uns Katholiken dazu berufen, Ihm von nahem zu folgen. Im heiligen Text des Evangeliums findest du das Leben Jesu – aber auch dein eigenes Leben sollst du dort finden. Lerne auch du, gleich den Aposteln, die Frage der Liebe an Ihn zu richten: »Herr, was willst Du, daß ich tun soll?… « – Du vernimmst dann in deinem Innern die unzweideutige Antwort: den Willen Gottes!
Greife also jeden Tag zum Evangelium, lies es, nimm es zum konkreten Kompaß deines Daseins – so haben es die Heiligen getan.

755 Willst du wirklich deinem Herzen einen festen Halt geben? Dann, das ist mein Rat, suche in einer der Wunden unseres Herrn Zuflucht. Du hast dann vertrauten Umgang mit Ihm, bleibst Ihm nahe, fühlst das Schlagen seines Herzens… Und du wirst fähig, Ihm in allem zu folgen, worum Er dich bittet.

756 Kein Zweifel – das Gebet ist der »Sorgenbrecher« all derer, die Jesus wahrhaft lieben.

757 Das Kreuz: Symbol des Lebens eines Apostels Christi. Es ist Quell der Stärke und der Wahrheit und erquickt Seele und Leib – auch wenn es manchmal Mühe kostet und die Last drückt.

758 Wie gut kann ich verstehen, daß du aus Liebe mit Christus leiden möchtest: daß du an seiner Statt deinen Rücken den Geißelhieben der Henker, dein Haupt der Dornenkrone, deine Hände und Füße den Nägeln darbieten möchtest… oder wenigstens bei Unserer Lieben Frau unter dem Kreuze stehen willst, um dich anzuklagen, weil auch du mit deinen Sünden Gott gemartert hast… : du sehnst dich danach, zu leiden und zu lieben.

759 Du sagtest mir: Ich habe mir vorgenommen, den Umgang mit dem Heiligen Geist zu vertiefen und Ihn um mehr Licht zu bitten.
Gut, mein Kind, doch bedenke: Der Heilige Geist ist Frucht des Kreuzes.

760 Die innige Liebe, die die Seele beglückt, gründet zutiefst im Kreuz. Es gibt keine Liebe ohne Verzicht.

761 Christus, ans Kreuz genagelt… Und du? Immer noch von deiner Genußsucht beherrscht, oder besser: von ihr festgenagelt.

762 Seien wir keine weichlich-verzärtelten Christen! Das dürfen wir nicht! Auf Erden muß es Schmerz und Kreuz geben.

763 Wir müssen wissen, daß wir in jedem Augenblick unseres Lebens auf das Kreuz treffen können. Wer nicht mit dem Kreuz rechnet, ist kein Christ… Unvermeidlich trifft er dann eines Tages auf »sein« Kreuz – und verzweifelt.

764 Jetzt wird es mit dem Kreuz ernst! Jetzt wird es drückend schwer! Aber Jesus erfüllt uns mit Frieden: Er selbst hilft uns, es zu tragen. Er wird zu unserem Simon von Cyrene… Wie leicht wird dann die Last.
Sage Ihm voller Zuversicht: Herr, ist das schon ein echtes Kreuz? Es ist ein Kreuz ohne Bitterkeit! Im Vertrauen auf Deine Hilfe – und im Besitz des »Schlüssels«: meine völlige Ergebenheit in Deinen Willen – werden von nun an alle meine Kreuze so leicht wie dieses sein.

765 Stärke in deinem Herzen den Vorsatz, den ein guter Freund einmal so formulierte: Herr, ich suche das Kreuz, aber ohne Theater.

766 Dem Kreuz nahe sein heißt in der Freude sein, heißt bei Dir sein, Herr!

767 Das, was einen Menschen wirklich unglücklich machen und sogar die ganze Gesellschaft ruinieren kann, ist die egoistische, lüsterne Sucht nach Wohlleben, der Versuch, alles aus dem Weg zu räumen, was »Unlust« bereiten könnte.

768 Der Weg der Liebe heißt: Opfer.

769 Das Kreuz – das heilige Kreuz! – ist schwer.
Da sind auf der einen Seite meine persönlichen Sünden. Auf der anderen Seite, als traurige Realität, alle Schmerzen, die unsere Mutter, die Kirche, erleidet; die Gleichgültigkeit so vieler Katholiken, die »wollen, ohne zu wollen«; manche Situationen, die die Trennung von uns ans Herz gewachsenen Menschen erzwingen; die Krankheiten und Widrigkeiten unterschiedlichster Art, eigene wie fremde…
Ja, das Kreuz – das heilige Kreuz! – lastet schwer: »Fiat, adimpleatur… !« – Es geschehe, es erfülle sich, gelobt und in Ewigkeit gepriesen sei der über alles gerechte und über alles liebenswerte Wille des Herrn! Amen. Amen.

770 Wenn wir den Fußspuren Christi folgen; wenn unsere Seele sich mit dem Kreuz nicht mehr bloß »abfindet«, sondern wenn sie sich ganz und gar von ihm prägen und gestalten läßt; wenn wir den Willen Gottes lieben; wenn wir das Kreuz wirklich bejahen… , dann und nur dann trägt Er unser Kreuz.

771 Sprich großherzig dein »fiat!« – es geschehe! – So wird dein Schmerz – das Kreuz, das von außen oder von innen kommt – eins mit dem Willen Gottes. Freude und Friede werden in deine Seele einziehen.

772 Dies sind die klaren Zeichen des echten Kreuzes Christi: Gelassenheit und tiefer, unerschütterlicher Friede; Liebe, die zu jedem Opfer bereit ist; fruchtbringende, aus der durchbohrten Seite des Herrn fließende Wirksamkeit und selbstverständlich – immer – Freude: Eine Freude, die aus der Überzeugung erwächst, daß wahre Hingabe Nähe zum Kreuz bedeutet und folglich Nähe zu Christus einschließt.

773 Sei dir allzeit dessen bewußt und danke unserem König dafür, daß Er dich erwählt hat. Er hat dein ganzes Leben – Leib und Seele – mit dem königlichen Siegel des heiligen Kreuzes bezeichnet.

774 »Ich trage ein kleines Kruzifix bei mir«, schrieb unser Freund, »ein Erbstück meines Vaters, das schon seine Mutter benutzte und ihm hinterlassen hatte. Der Lauf der Zeit und die vielen Küsse haben es stark abgenutzt.
So ärmlich, wie es jetzt aussieht, werde ich es wohl niemandem je zu schenken wagen. Aber sein Anblick läßt die Liebe zum Kreuz in mir wachsen.«

775 Ein Priester in großer Trübsal betete: »Jesus, es komme das Kreuz nach Deinem Willen. Von nun an werde ich es mit Freude annehmen und es mit den reichen Gnaden meines Priestertums segnen!«

776 Gerate nicht aus der Fassung, wenn. du einmal plötzlich hart getroffen wirst, wenn sich das Kreuz auf deine Schultern senkt. Sei Gott dankbar dafür – ohne »Leidensmiene« !

777 Gestern sah ich ein Gemälde, das den toten Jesus darstellte. Es rührte mich sehr an! Ein Engel küßt mit inniger Geste seine linke Hand; zu den Füßen des Herrn hält ein anderer Engel einen Nagel des heiligen Kreuzes, und im Vordergrund – mit dem Rücken zum Betrachter und auf Christus blickend – trauert ein dritter, kleiner Engel.
Ich bat den Herrn, jemand möge mir das schöne, fromme Gemälde schenken. – Man erzählte mir von einem interessierten Käufer, der das Bild zurückgewiesen hatte mit der Bemerkung: »Ein Leichnam!« Ich war traurig. Für mich, Herr, wirst Du immer das Leben selber sein!

778 Es macht mir nichts aus, Herr, Dir immer wieder dasselbe zu sagen: Ich will bei Dir sein und mit Dir leiden, wenn Du den Schmähungen und Grausamkeiten Deiner Passion und Deines Kreuzes ausgesetzt bist.

779 Das Kreuz finden heißt Christus finden.

780 Jesus, Dein göttliches Blut möge durch meine Adern fließen, damit ich in jedem Augenblick großherzig bin – wie Du am Kreuz.

781 Verharre im Gebet vor dem toten Jesus am Kreuz, damit Leben und Sterben Christi Vorbild und Ansporn seien für dein Leben und für deine Antwort auf den göttlichen Willen.

782 Zur Zeit des Leidens und der Sühne vergegenwärtige dir: Das Kreuz ist das Zeichen Christi, des Erlösers. Aus einem Zeichen des Unheils wurde das Zeichen des Sieges!

783 Vergiß nie, deine Mahlzeiten auch mit der besonders »kostbaren« Zutat der Abtötung zu würzen!

784 Es ist kein Zeichen bußfertiger Haltung, wenn einer heute große Bußübungen verrichtet und morgen gar keine.
Geist der Buße heißt vielmehr: sich jeden Tag überwinden und Großes wie Kleines Gott darbringen – unauffällig und aus Liebe.

785 Verbinden wir die Kleinigkeiten, die wir zu tragen haben – die kleinen wie die großen Widrigkeiten –, mit dem grenzenlosen Leiden des Herrn, der sich opfert – Er ist das einzige Opfer! Unsere geringfügigen Überwindungen gewinnen so an Wert, sie sammeln sich zu einem Schatz an, und wir werden dann das Kreuz Christi willig und großzügig auf uns nehmen.
So wird jedes Leid nach kurzer Zeit überwunden. Weder Menschen noch Dinge können uns den Frieden und die Freude rauben.

786 Um Apostel zu sein, mußt du – so lehrt es uns der heilige Paulus – den gekreuzigten Herrn in dir tragen.

787 Ja: Das heilige Kreuz gibt unserem Leben die unumstößliche Gewißheit, daß wir zu Christus gehören.

788 Das Kreuz ist nicht Leid, nicht Kummer, nicht Bitternis… Es ist das heilige Holz, an dem Christus triumphiert… , an dem auch wir siegen, wenn wir in Freude und mit Großmut die Fügungen des Herrn annehmen.

789 Nach dem heiligen Opfer ist dir wieder einmal klar geworden: Die Beharrlichkeit derer, die dir nahestehen, und manchmal sogar ihr irdisches Glück, hängt zu einem guten Teil von deinem Glauben und deiner Liebe ab – von deiner Buße, deinem Gebet und deinem Tun.
Gepriesen sei das Kreuz, das wir tragen: Er – mein Herr Jesus – und du und ich…

790 Jesus, ich möchte Feuer und Flamme sein, »verrückt« aus Liebe zu Dir! Ich wünschte, meine Gegenwart allein genügte schon, um die Welt im Umkreis von vielen Kilometern mit unauslöschlichem Feuer zu entzünden. Ich möchte ganz sicher sein, daß ich Dein bin. Mag dann das Kreuz kommen…
Ist es nicht ein herrlicher Weg? Leiden, lieben, glauben.

791 Wenn du krank bist, opfere dein Leiden in Liebe auf. Wie Weihrauch steigt es zur Ehre Gottes empor und heiligt dich.

792 Als Sohn oder Tochter Gottes mußt du mit Hilfe seiner Gnade stark sein, reich an Sehnsucht, fruchtbar an Taten.
Wir sind keine Treibhauspflanzen. Wir leben inmitten der Welt, jeder Witterung ausgesetzt: der Kälte und der Hitze, dem Regen und dem Sturm, aber immer Gott und seiner Kirche treu.

793 Schmähungen tun weh, auch wenn du bereit bist, sie anzunehmen.
Sei darüber nicht erstaunt – opfere sie Gott auf.

794 Diese Beleidigung hat dich tief getroffen… Weil du zu leicht vergißt, wer du bist.

795 Trifft uns eine Anklage, die wir für ungerecht halten, so prüfen wir zuerst vor Gott unsere Verhaltensweise, »cum gaudio et pace«, in Gelassenheit und Ruhe. Haben wir einen Fehler begangen – mag es sich auch um etwas Harmloses handeln –, dann korrigieren wir ihn, falls es die Nächstenliebe verlangt.
Wenn wir jeden Tag ernstlich um Heiligkeit ringen, mögen die Leute ruhig über uns reden. In den Seligpreisungen heißt es ja: »Beati estis cum… dixerint omne malum adversus vos mentientes propter me.« – Selig seid ihr, wenn man euch um meinetwillen verleumdet.

796 Jemand hat gesagt – ich weiß nicht mehr, wer und wo –, der »Wirbelsturm der Intrigen« breche gegen Menschen los, die aus der Masse herausragen, so wie der Orkan die höchsten Wipfel am heftigsten peitscht.

797 Intrigen, feiges Gerede, abscheuliche Unterstellungen, maßgeschneidert nach dem Herzen derer, die solches verbreiten. – Leider ist es vielerorts so: selbst tut man nichts, läßt aber auch nicht zu, daß andere etwas tun.
Bedenke in Ruhe die Worte des Psalms: »Entfremdet bin ich den eigenen Brüdern, den Söhnen meiner Mutter wurde ich fremd. Denn der Eifer für dein Haus hat mich verzehrt; die Schmähungen derer, die dich schmähen, haben mich getroffen.«
Setze deine Arbeit fort!

798 Mögen auch alle Leute noch so gut sein… Wer tatsächlich Gutes tut, ist stets hämischem Geschwätz ausgesetzt. Auch das ist das heilige Kreuz.

799 »In silentio et in spe erit fortitudo vestra« – Nur Schweigen und Vertrauen verleihen euch Kraft… , so versichert der Herr den Seinen. Schweigen und Vertrauen: zwei entscheidende Hilfen mitten in den Widrigkeiten, wenn die Menschen dir ihre Hilfe verweigern.
Auch das klaglos ertragene Leid ist ein Maßstab der Liebe. Blicke auf den leidenden, sterbenden Jesus, um das zu verstehen!

800 Ein Mann, der ganz Gott gehören und um der Liebe Gottes willen den Menschen dienen wollte, betete: Ich bitte Dich, Herr, wirke Du in mir, der ich ein Sünder bin; begradige, läutere, reinige meine Absichten.

801 Gelassen, in der rechten Weise nachgiebig und fest zugleich, meinte ein hochgebildeter und heiligmäßiger Freund: »Ich schicke mich in alles, soweit es sich nicht um eine Beleidigung Gottes handelt.«
Mich hat diese Haltung beeindruckt.

802 Denke einmal darüber nach, wieviel Gutes die Menschen, die dir im Leben Verdruß bereiteten oder es versuchten, dir damit erwiesen haben.
Andere mögen sie Feinde nennen – du aber, zu bedeutungslos, um echte Feinde gehabt zu haben oder zu haben, ahme wenigstens darin die Heiligen nach, daß du sie, die dich verletzten, als Wohltäter siehst. Empfiehl sie Gott an, und am Ende wirst du sie sogar gern haben.

803 Hör gut zu, mein Kind: Bleib heiter, wenn man dich schlecht behandelt und demütigt, wenn jedermann sich über dich empört und es als fein gilt, dich anzuspucken – wenn du also »omnium peripsema«, wie »Unrat« in den Augen aller bist…
Das fällt schwer, sehr schwer. Es ist hart. Aber schließlich und endlich: tritt einer vor den Tabernakel und sieht sich wirklich als Unrat, elend wie ein Wurm, dann kann er in Wahrheit sagen: »Wenn Du, Herr, meine Ehre nicht brauchst, wozu will ich sie dann haben?«
Erst dann erfährt ein Kind Gottes, was es heißt, glücklich zu sein – wenn es von allem entblößt in vollkommener Hingabe vor dem Vater steht, in einer Hingabe aus Liebe, die auf Abtötung und Schmerz gründet.

804 Gute Menschen setzen dir zu? – Der Teufel richtet es so ein.

805 Wenn du die innere Ruhe verlierst und aufgeregt wirst, dann ist es, als gäbest du alle vernünftigen Überlegungen auf. In solchen Situationen vernimm wieder das Wort des Herrn an dich wie damals zu Petrus, der in den stürmischen Gewässern der Friedlosigkeit und der Aufgeregtheit zu sinken begann: »Warum hast du gezweifelt?«

806 Die Ordnung wird deinem Leben Gleichmaß verleihen, und damit Beharrlichkeit. Die Ordnung wird deinem Herzen Frieden, deinem Verhalten Würde schenken.

807 Ich schreibe diese Worte für dich ab, weil sie dir helfen können, den Frieden zu finden: »Meine finanzielle Situation ist so prekär wie nie zuvor. Aber ich verliere die innere Ruhe nicht. Denn ich bin mir absolut sicher, daß Gott, mein Vater, diese ganze Angelegenheit auf einen Schlag lösen wird.
In Deine gütigen Hände, Herr, will ich die Sorge um alles legen, was mein ist. Unsere Mutter – Deine Mutter! – hat Dir sicherlich schon wie damals in Kana die Kunde gebracht: Sie haben nichts mehr!… Jesus, ich glaube an Dich, ich hoffe auf Dich, ich liebe Dich. Nichts will ich für mich. Alles, worum ich bitte, ist für die anderen bestimmt.«

808 Ich liebe Deinen heiligen Willen. Ich liebe die heilige Armut, sie ist die Richtschnur meines Lebens.
Ich verabscheue für immer alles, was auch nur im entferntesten einen Mangel an Übereinstimmung mit Deinem durch und durch gerechten, mit Deinem liebenswerten, väterlichen Willen bedeuten könnte.

809 Der Geist der Armut – der Loslösung von irdischen Gütern – läßt das Apostolat wirksamer werden.

810 Nazareth: Weg des Glaubens, Weg der Loslösung. Dort unterwirft sich der Schöpfer seinem himmlischen Vater… und den Geschöpfen.

811 Jesu Sprache ist immer die Sprache der Liebe. Auch dann, wenn Er uns zurechtweist, auch dann, wenn Er die Heimsuchung zuläßt.

812 Werde eins mit dem Willen Gottes – dann hören Widrigkeiten auf, widrig zu sein.

813 Gott liebt dich unendlich viel mehr, als du selber dich liebst… Wehre dich also nicht, wenn Er dir viel abverlangt!

814 Sage ohne Angst ja zum Willen Gottes! Nimm dir fest vor, dein ganzes Leben auf das Fundament der Lehre und der Forderungen unseres Glaubens zu gründen.
Ich versichere dir, wenn du das tust, wirst du auch in einem Meer von Sorgen und sogar von Verleumdungen glücklich sein. Und dieses Glücksgefühl wird dich dazu drängen, die Mitmenschen zu lieben und sie an deiner übernatürlichen Freude teilhaben zu lassen.

815 Hast du Kummer und Bitternis zu ertragen? Glaube mir: Sie sind ein Erweis der väterlichen Liebe Gottes zu dir.

816 Wer fähig ist zu lieben, erfährt auch, daß Leid und Schmerz eine formende Schmiede sind. In ihr lehrt uns der Meister, wie wir die wahre Freude finden: indem wir furchtlos – wenn auch gelegentlich unter Anstrengungen – in seine Fußstapfen treten.

817 Stärke deinen Geist durch die Buße, damit du nicht mutlos wirst, wenn einmal Widrigkeiten auftreten.

818 Wann wirst du dir endgültig vornehmen, einszuwerden mit Christus, der das Leben ist?

819 Wer in der Nachfolge Jesu ausharren will, muß stets innerlich frei sein, immer wieder seinen Willen dazu erneuern und fortwährend seine personale Freiheit wahrnehmen.

820 Du stellst mit Erstaunen fest, daß sich der Bereitschaft, im geistlichen Leben zu wachsen, verschiedenartige Ziele darbieten…
Es sind verschiedene Möglichkeiten innerhalb des »einen Weges«. Sie schließen blinde Routine aus und bringen dich dem Herrn näher. Nimm du dir vor, großzügig das höchste Ziel anzustreben.

821 Arbeite in aller Demut: Rechne an erster Stelle immer mit dem Segen Gottes, der dir nicht fehlen wird. Setze sodann auf deinen guten Willen und auf eine vernünftige Arbeitsplanung. Rechne aber auch mit mannigfachen Schwierigkeiten, und bedenke, daß eine von ihnen immer deine mangelnde Heiligkeit ist.
Wenn du dich jeden Tag aufrichtig darum bemühst, ein wenig besser zu werden, dann bist du ein gutes »Werkzeug« des Herrn.

822 Du hast mir anvertraut, wie du betend vor Gott dein Herz ausgeschüttet hast: »Ich betrachte, Herr, meine Armseligkeit. Es will mir scheinen, daß sie trotz Deiner Gnade sogar noch zunimmt. Sicher darum, weil ich der Gnade zu wenig entspreche. Ich weiß, daß mir für das Vorhaben, das Du von mir erbittest, alle Voraussetzungen fehlen. In den Zeitungen lese ich von so vielen Menschen, die angesehen und begabt sind, die Geld haben, reden und schreiben und dies und jenes organisieren, um Deine Königsherrschaft zu verteidigen… Dann blicke ich auf mich: ein Nichts, unwissend und arm… , völlig bedeutungslos… Wüßte ich nicht, daß Du mich gerade so haben willst, wäre ich verwirrt und beschämt. Andererseits weißt Du, Jesus, wie gerne – mit wieviel Freude – ich meinen Ehrgeiz Dir zu Füßen gelegt habe… Glaube und Liebe: lieben, glauben, leiden… Darin möchte ich »reich« und »erfahren« sein, aber nur in dem Maße, das Du in Deiner unendlichen Barmherzigkeit für mich bestimmt hast. Ich wünsche mir, daß mein ganzes Ansehen und meine ganze Ehre nur in einem liegen: darin, daß ich getreu Deinen allgerechten und alliebenden Willen erfülle.«
Bleibe nicht bei den Absichtserklärungen stehen, habe ich dir geraten.

823 Die Liebe zu Gott fordert uns dazu auf, das Kreuz beherzt zu tragen… Dabei wollen wir auf unseren Schultern das Gewicht der ganzen Menschheit verspüren und in den je eigenen Situationen unseres Standes und unseres Berufes die unmißverständlichen, liebevollen Ratschlüsse des Willens unseres Vaters erfüllen.

824 Eine so grenzenlose »Torheit« der Liebe wie die Jesu hat es niemals zuvor gegeben und wird es niemals wieder geben. Denn kann man sich eine größere Torheit vorstellen als seine Hingabe – die Art, wie Er sich hingibt und an wen?
Es wäre schon sehr viel gewesen, hätte Er als wehrloses Kind unter uns bleiben wollen. Auch Bösewichter hätten dann wohl Rührung empfunden und es nicht gewagt, Ihn zu mißhandeln. Ihm aber war das zu wenig: Er suchte die äußerste Erniedrigung, die letzte Hingabe, und wurde so zur Speise für uns, zu Brot.
Du göttlicher Tor! Wie behandeln Dich die Menschen!… Und ich?

825 Zu einem Toren aus Liebe bist Du geworden, Jesus, und hast so mein Herz bezwungen. Du hast Dich klein gemacht, wehrlos hast Du Dich ausgeliefert – um uns zu vergöttlichen, wenn wir Dich in der Kommunion empfangen.

826 Es sollte dir gelingen, dein ganzes Leben wesenhaft zu einem eucharistischen Leben zu machen.

827 Ein »Gefängnis aus Liebe« – nenne ich gern den Tabernakel. Seit zwanzig Jahrhunderten ist Er dort in freiwilliger Gefangenschaft eingeschlossen – für mich und für alle Menschen!

828 Hast du schon einmal darüber nachgedacht, wie du dich auf den Empfang der Eucharistie vorbereiten würdest, wenn du nur ein einziges Mal im Leben kommunizieren könntest?
Danken wir Gott, weil Er es uns so leicht macht, uns Ihm zu nähern! Danken wir Ihm, indem wir uns sehr gut darauf vorbereiten, Ihn in der heiligen Kommunion zu empfangen.

829 Sage dem Herrn, daß du von nun an jedesmal, wenn du die heilige Messe feierst oder ihr beiwohnst, und jedesmal, wenn du die Kommunion empfängst, mit festem Glauben und mit brennender Liebe zu Ihm kommen möchtest! So als wäre es das letzte Mal in deinem Leben.
Und bereue, daß du früher kalt und gleichgültig gewesen bist.

830 Wie gut kann ich verstehen, daß du dich danach sehnst, die heilige Eucharistie täglich zu empfangen. Wer sich Kind Gottes weiß, den zieht es mächtig zu Christus…

831 Bedenke während der heiligen Messe – denn es ist wirklich so! –, daß du an einem göttlichen Opfer teilnimmst: Auf dem Altar opfert sich Christus aufs neue für dich.

832 Sprich zu Ihm beim Empfang der Kommunion: Herr, ich hoffe auf Dich; ich bete Dich an, ich liebe Dich. Vermehre in mir den Glauben. Sei Du die Stütze meiner Schwachheit, denn Du hast ja in der Eucharistie bleiben wollen, um – selbst wehrlos – die Schwäche Deiner Geschöpfe zu heilen.

833 Wir müssen uns die Worte Jesu zu eigen machen und auf uns selbst anwenden: »Desiderio desideravi hoc Pascha manducare vobiscum« – wie sehr habe ich mich danach gesehnt, dieses Paschamahl mit euch zu halten. Unsere anteilnehmende Liebe zum heiligen Opfer läßt sich kaum besser bezeugen als durch die sorgfältige Beobachtung der Liturgie – bis in die kleinsten Details –, die die Kirche in ihrer Weisheit vorgeschrieben hat.
Dazu soll uns neben der Liebe das Bedürfnis drängen, Christus ähnlich zu werden, nicht nur im Inneren, sondern auch äußerlich. Feierlichkeit und Harmonie – etwa beim Durchschreiten des weiten Altarraumes – sind Ausdruck eines gehorsamen Willens zur Heiligkeit, der sich dem Willen der Braut Christi, der Kirche, und somit Christus selbst unterwirft.

834 Ähnlich wie man ein Staatsoberhaupt dieser Erde empfängt – mit viel Pracht, viel Licht und festlicher Kleidung –, müssen wir den Herrn in der Eucharistie empfangen – nur noch feierlicher!
Fragst du mich, was Sauberkeit, Schmuck und Licht in diesem Falle bedeuten, so antworte ich dir: Lauterkeit in deinen Sinnen, in jedem einzelnen, Schmuck in jedem einzelnen deiner geistigen Vermögen und Licht in deiner ganzen Seele.

835 Sei ein Mensch, der aus der Eucharistie lebt!
Wie viele Früchte der Heiligkeit und des Apostolates wirst du ernten, wenn dein ganzes Denken und Hoffen auf den Tabernakel gerichtet ist!

836 Die sakralen Gegenstände der Liturgie sollten künstlerisch anspruchsvoll sein. Dabei gilt jedoch: nicht die Liturgie ist für die Kunst da, sondern die Kunst für die Liturgie.

837 Besuche oft – und sei es auch nur im Geiste, mit dem Herzen – den Herrn im Tabernakel. Das schenkt dir Sicherheit und Ruhe. So wirst du spüren, daß du Liebe empfängst, und wirst Liebe schenken.

838 Ich gebe die Worte eines Priesters wieder; er richtete sie an die, die ihm in seinem apostolischen Unternehmen folgten: »Wenn ihr bei der Aussetzung des Allerheiligsten die heilige Hostie betrachtet, schaut auf die Liebe, auf die Zärtlichkeit Christi. Ich erkläre es mir so, aufgrund meiner Liebe zu euch: Könnte ich weit weg bei meiner Arbeit und gleichzeitig bei euch sein, wie gerne täte ich das… ! Nun, Christus kann es. Und Er, dessen Liebe unendlich tiefer ist als die Liebe aller Menschenherzen zusammen, hat unter uns bleiben wollen, damit wir uns immer mit seiner heiligen Menschheit vereinigen können. Er will uns helfen, uns trösten, uns stärken, uns treu machen.«

839 Meine nicht, es sei leicht, aus dem Leben einen Dienst zu machen. Der gute Wunsch muß zu Taten werden, denn – so lehrt uns der Apostel – »nicht in Worten erweist sich die Herrschaft Gottes, sondern in der Kraft«. Und eine ständige Konkretisierung der Dienstbereitschaft unseren Mitmenschen gegenüber ist ohne Opfer nicht möglich.

840 Empfinde immer und in allem mit der Kirche! Dafür mußt du dich um die erforderliche spirituelle und theologische Bildung bemühen, die für dein Tun in der Welt klare Maßstäbe setzt und es dir möglich macht, dich unverzüglich und demütig zu korrigieren, wenn du merkst, daß du im Irrtum bist.
Das offenherzige Einräumen und Berichtigen eigener Irrtümer ist eine echt menschliche und übernatürliche Weise, die persönliche Freiheit auszuüben.

841 Es ist vordringliche Pflicht, das Licht der Lehre Christi zu verbreiten.
Eigne dir eine solide und klare religiöse Bildung an, damit du anderen die Fülle der christlichen Botschaft weitergeben kannst.
Erwarte von Gott keine besonderen »Erleuchtungen« ! Warum sollte Er sie dir zuteil werden lassen, da du ja die erforderlichen natürlichen Mittel zur Hand hast: das Studium, die Arbeit.

842 Der Irrtum verdunkelt nicht nur das Erkenntnisvermögen, er spaltet auch den Willen und entzweit die Menschen.
Dagegen gilt: »Veritas liberabit vos« – die Wahrheit wird euch freimachen – nämlich von einem Sektierergeist, der die Nächstenliebe aushöhlt.

843 Du bemühst dich um einen Kollegen, der dich nicht einmal mit einem »Guten Tag« grüßt… , und das geht dir gegen den Strich.
Halte durch und urteile nicht über ihn. Vielleicht hat er irgendwelche »Gründe« für dieses Benehmen. Und auch du hast deine Gründe, jeden Tag mehr für ihn zu beten.

844 Wenn du selbst so am Irdischen klebst, wieso wundert es dich, daß die anderen keine Engel sind?

845 Sei aus Liebe wachsam, wenn es um die heilige Reinheit in deinem Leben geht… , denn es ist leichter, einen Funken zu ersticken als eine Feuersbrunst zu löschen! Und doch: Wie wenig vermögen menschliche Vorsicht, Abtötung, Bußband und Fasten – gewiß notwendige Hilfsmittel – ohne Dich, mein Gott.

846 Halte dir ständig vor Augen, daß du an der menschlichen und geistlichen Bildung aller in deiner Umgebung mitwirkst. Durch das Geheimnis der Gemeinschaft der Heiligen wirkt sich dein Einfluß sogar auf alle Menschen und zu jeder Zeit aus: Wenn du arbeitest und wenn du dich ausruhst, wenn du froh und wenn du traurig bist, wenn du bei deiner Arbeit oder auf der Straße als Kind Gottes betest und der Widerschein deines Seelenfriedens nach außen dringt, wenn du gelitten und geweint hast und doch lächelst.

847 Heiliges Nötigen ist etwas ganz anderes als blinde Gewalt oder Rache.

848 Unser Meister hatte es schon angedeutet: Hoffentlich sind wir als »Kinder des Lichtes« so eifrig und hartnäckig im Guten, wie es die »Kinder der Finsternis« im Bösen sind!
Klage aber nicht! Ringe darum, das Böse im Übermaß des Guten zunichte zu machen!

849 Eine Nächstenliebe, die die übernatürliche Wirksamkeit des Apostolates beeinträchtigt, ist falsch ausgerichtet.

850 Gott braucht Männer und Frauen, die feststehen und stark sind, auf die man sich verlassen kann.

851 Wir leben nicht für diese Erde, auch nicht für unsere Ehre: Wir leben für die Ehre Gottes, für den Dienst an Ihm, für seine Verherrlichung. Das soll uns antreiben!

852 Seitdem unser Herr Jesus Christus die Kirche gegründet hat, ist sie – unsere Mutter – ständiger Verfolgung ausgesetzt. Es mag sein, daß in früheren Zeiten die Verfolgungen offener waren, während sie jetzt verborgener, heimtückischer sind; aber – gestern wie heute – wird die Kirche weiter bekämpft.
Wie sehr müssen wir unsere Pflicht ernstnehmen, Tag für Tag als verantwortungsbewußte Katholiken zu leben!

853 Hier hast du ein Rezept für deinen Alltag: »Ich denke nicht einmal daran, daß ich lebe. Ich beschäftige mich mit nichts Eigenem, denn ich habe keine Zeit dazu.«
Arbeiten und dienen!

854 Während ich diese Anregungen schreibe, denke ich an die unvergleichliche Güte Unserer Lieben Frau, unserer Mutter Maria. Sie liebt bis zum äußersten und erfüllt so den Willen Gottes auf vollkommene Weise, sie »vergißt« ganz und gar ihr Ich und harrt immer an der Stelle aus, wo Gott sie haben will.
Deshalb ist nichts, was sie tut, belanglos. Ahme sie nach!

 «    AUSWAHL    » 

855 Sich aus Liebe binden! Wie schön ist das! Als Kinder Gottes verpflichten wir uns aus freien Stücken, unser Leben dem Herrn zu widmen. Wir wollen, daß Er unumschränkt und vollständig in unserem Leben herrscht.

856 Heiligkeit – echte Heiligkeit – läßt sich nicht einschränken; sie füllt Herz und Seele anderer Menschen mit ihrem Reichtum.
Als Kinder Gottes heiligen wir uns dadurch, daß wir andere heiligen. – Verbreitest du christliches Leben in deiner Umgebung? Frage dich jeden Tag danach!

857 Die Herrschaft Jesu Christi: das ist unser Ziel! – Du, mein Kind, sei großzügig, und frage gar nicht erst nach den zahlreichen Gründen, die seine Herrschaft über dich erklären.
Es genügt dir, auf Ihn zu schauen und zu erkennen, wie sehr Er dich liebt… Dann wird dein Herz dich drängen, Ihm zu antworten. Du sagst Ihm klipp und klar, daß du seine Liebe hier und jetzt erwiderst und weißt, daß Er dich niemals verlassen wird, wenn du Ihn nicht verläßt.

858 Dies ist der erste Schritt, damit andere sich den Wegen Christi nähern: daß sie dich froh, glücklich und sicher auf deinem Weg zu Gott sehen.

859 Kein Katholik – ob Mann oder Frau – darf diese Grundforderung seiner christlichen Existenz vergessen: immer und überall Christus nachzueifern und keinen Menschen zurückzuweisen.

860 Christus, unser Herr, will es so: Wir sollen Ihm aus nächster Nähe folgen. Das ist der einzige Weg – ein Werk des Heiligen Geistes in der Seele jedes einzelnen, auch in der deinen. Sei also fügsam! Errichte gegen deinen Gott keine Barrikaden!

861 Ein klares Zeichen dafür, daß du nach Heiligkeit strebst, ist die – nennen wir es einmal so – heilsame »psychologische Grundeinstellung«, dich selbst zu vergessen und nur an die anderen zu denken, um sie Gott näher zu bringen.

862 Präge es dir tief in deine Seele ein: Gott hat dich nicht nötig. – Wenn Er dich dennoch ruft, dann der übergroßen Liebe und Barmherzigkeit seines Herzens wegen.

863 Sei gegenüber dem Irrenden herzlich und voller Zuneigung – wie es echter christlicher Liebe entspricht –, aber laß dich nicht auf »Kompromisse« ein, wenn eine Sache sich gegen den Glauben richtet.

864 Empfiehl dich Unserer Lieben Frau, der Mutter Gottes und unserer Mutter, und bitte sie für alle deine Brüder und Schwestern um die Reinheit von Leib und Seele.
Sag ihr, daß du – die anderen ebenso – sie immer anflehen möchtest und daß du immer siegen möchtest, in den schlechten – oder auch guten und sehr guten – Zeiten des Kampfes gegen die Feinde der Kinder Gottes.

865 Er kam auf die Erde, um die ganze Welt zu erlösen – »omnes homines vult salvos fieri«.
Bei deiner Arbeit Schulter an Schulter mit so vielen Menschen erinnere dich immer daran: Es gibt niemanden, der Christus gleichgültig wäre.

866 Herr – so hast du Ihm versichert –, ich möchte gern allen gegenüber dankbar sein.
Gut – du bist weder ein Stein noch ein Baum noch ein Maultier; das heißt, du gehörst nicht zu den Geschöpfen, deren ganze Bestimmung sich auf dieser Erde erschöpft. Denn Gott hat dich zu seinem Sohn, zu seiner Tochter machen wollen… , und Er liebt dich »in caritate perpetua«, mit ewiger Liebe.
Du möchtest also dankbar sein? Wirst du etwa bei Gott, dem Herrn, eine Ausnahme machen? – Jeden Tag soll aus deiner Seele ein stürmisches Dankgebet zum Himmel aufsteigen!

867 Verstehen und wahrhaftig lieben… Gelingt dir das wirklich, dann wird dein Herz weit und offen für alle. Niemand bleibt ausgeschlossen. Und auch gegenüber Menschen, die dir zugesetzt haben, vergißt du nicht die Einladung des Herrn: »Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt… , ich werde euch Ruhe verschaffen.«

868 Du sollst dich in Herzlichkeit denen zuwenden, die nichts von Gott wissen. Aber um so herzlicher mußt du denen gegenüber sein, die von Gott wissen. Ohne letzteres gelingt dir nämlich das andere nicht.

869 Liebtest du Gott wirklich über alles, dann ergäbe sich aus dieser einen, großen Liebe zwangsläufig die Liebe zum Nächsten, die dich manchmal so hart ankommt. Du hättest dann von dir aus keine Feinde, und das Ansehen der Person spielte bei dir keine Rolle.

870 Spürst du in dir als mächtigen Wunsch die göttliche Torheit, immer mehr Menschen zur Liebe Gottes zu führen? Verwirkliche ihn in deinem Alltag, biete Gott Abtötungen an, bete, erfülle deine Pflichten, und überwinde dich in so manchen Kleinigkeiten!

871 Sage ernst und aufrichtig zu Ihm: Jesus, wenn ich Apostel von Aposteln sein soll, mußt Du mich in Deiner Güte sehr demütig machen.
Gewähre mir, Herr, daß ich mich erkenne! Daß ich mich erkenne und daß ich Dich erkenne. Dann werde ich meine Nichtigkeit niemals aus den Augen verlieren.

872 »Per Iesum Christum Dominum nostrum« – durch Jesus Christus, unseren Herrn! So sollst du alles tun: Durch Christus und um Seinetwillen!
Es ist gut, daß dein Herz menschlich empfindet. Aber wenn du etwas ausschließlich aus dem Grund tust, weil es sich um diese bestimmte Person handelt, dann ist es nicht in Ordnung! – Tu es auch für diese Person – für deinen Bruder, für deinen Freund –, aber tu es vor allem für Jesus Christus!

873 Die ganze Kirche – Menschen auf allen Kontinenten der Erde, Menschen unserer Zeit und kommender Zeiten – erwartet viel von dir… Aber eins muß dir klar sein im Kopf und im Herzen: Du wirst keine Frucht bringen, wenn du nicht heilig bist oder – besser gesagt – wenn du nicht um die Heiligkeit kämpfst.

874 Laß dich von den Meißelschlägen der Gnade, die bald wuchtig, bald sanft ausfallen, formen! Hemme sie nicht, sondern passe dich ihnen an! Wenn du es wirklich willst, wird dir die Mutter Gottes helfen, und du wirst für die göttlichen Fluten, die durch dich strömen, Kanal statt Sperrmauer sein.

875 Hilf mir, Herr, daß ich dir treu und gehorsam bin, »sicut lutum in manu figuli« – wie der Ton in der Hand des Töpfers. – Nicht ich werde dann leben, sondern Du, meine Liebe, wirst in mir leben und wirken.

876 Jesus wird dir eine herzliche Liebe zu allen, die dir nahestehen, schenken. Sie wird die Liebe zu Ihm nicht im geringsten mindern. Im Gegenteil: Je stärker deine Liebe zu Jesus ist, um so mehr weitet sich dein Herz für alle Menschen.

877 In dem Maße, in dem sich ein Geschöpf Gott nähert, gewinnt sein Herz an Universalität und "Weite. Alle Menschen und alle Dinge finden Platz im Herzen dessen, der den einzigen großen Wunsch hegt, die ganze Welt Christus zu Füßen zu legen.

878 Als Jesus am Kreuz starb, war er dreiunddreißig Jahre alt. Deine Jugend darf kein Vorwand für Drückebergerei sein!
Außerdem vergeht mit der Zeit deine Jugend… , aber dennoch kannst du immer jung bleiben, wenn du bei Ihm bist.

879 Widersetze dich einem Nationalismus, der das Verständnis und das friedliche Miteinander der Menschen erschwert. In vielen Situationen der Geschichte hat sich diese Fehlhaltung als überaus verhängnisvoll erwiesen!
Widersetze dich dieser Geisteshaltung erst recht, wenn man sie auf den Leib der Kirche zu übertragen versucht. Gerade an ihm muß die Einheit aller Menschen und aller Dinge in der Liebe Christi sichtbar erstrahlen.

880 Du, ein Kind Gottes, was hast du bis jetzt getan, um den Menschen deiner Umgebung in ihrem geistlichen Leben zu helfen?
Du darfst dich nicht mit einer passiven, phlegmatischen Art begnügen: Der Herr will durch dich andere Menschen erreichen, durch dein Beispiel, dein Wort, deine Freundschaft, deinen Dienst…

881 Bringe Opfer, gib dich hin, wirb und mühe dich um jede einzelne Seele! Kostbare Juwelen bedürfen der je eigenen Fassung – und da es hier um noch viel mehr als um Juwelen geht, ist um so größere Sorgfalt nötig. Es geht um ein unschätzbares Gut: Denn durch die geistliche Hilfe, die du anderen leistest, willst du gute "Werkzeuge im Dienste Gottes bereitstellen. Jeder einzelne ist ein Mensch, für den Christus sein ganzes Blut vergossen hat.

882 Christsein und besonders Priestersein – vergessen wir nicht, daß alle Getauften am königlichen Priestertum Christi teilhaben – heißt ständig am Kreuz hängen!

883 Wärest du konsequent, so wolltest du jetzt – da das Licht Gottes dich getroffen hat – mit der gleichen Intensität heilig werden, wie du früher gesündigt hast. Du würdest kämpfen, damit sich diese Sehnsucht verwirklicht.

884 Nicht Hochmut, sondern Starkmut ist es, das Gewicht der eigenen Autorität geltend zu machen und unter Umständen einer heiklen Situation ein Ende zu bereiten, weil die Erfüllung des göttlichen Willens es so erfordert.

885 Gelegentlich muß man jemandem »die Hände binden«. Aber stets mit Respekt und maßvoll. Nicht aus Rache, sondern zum Wohl des Betreffenden. Nicht als Strafe, sondern als Medizin.

886 Du schautest mich ernst an, dann endlich verstandest du, weshalb ich dir gesagt habe: »Ich will das Leben Christi in den Söhnen und Töchtern Gottes aufleben lassen; daher betrachte ich es immer wieder, damit ich handle wie Er und nur von Ihm spreche.«

887 Jesus hat in der Eucharistie bleiben wollen aus Liebe… , dir zuliebe.
Er blieb im Sakrament, obwohl Er wußte, wie die Menschen Ihn empfangen würden… , auch wie du Ihn empfängst.
Er blieb, um dir Speise zu sein, um mit dir sprechen zu können, wenn du Ihn aufsuchst. Und damit durch die Nähe zu Ihm im Gebet vor dem Tabernakel und bei der Kommunion deine Liebe zu Ihm immer mehr wächst und du dazu beiträgst, daß viele Menschen Ihn finden.

888 Du sagst mir, du möchtest die heilige Armut verwirklichen, die Loslösung von den Dingen, die du gebrauchst. – Frage dich also: Sind meine Gefühle die Gefühle Christi? Empfinde ich in bezug auf Armut und Reichtum so wie Er?
Ich habe dir auch einen Rat gegeben: In Gott, deinem Vater, ruhend und mit der echten Ergebenheit eines Sohnes, einer Tochter richte deinen Blick ganz besonders auf diese Tugend, damit du sie liebst, wie Jesus sie geliebt hat. Dann wirst du sie nicht als Last, sondern als Zeichen der Auserwählung sehen.

889 Gelegentlich handeln Christen so, daß sie dem Gebot der Liebe nicht den ihm zukommenden höchsten Stellenwert geben. Christus verkündete den Seinen in einer wunderbaren Rede gleichsam sein Testament: »Mandatum novum do vobis, ut diligatis invicem« – ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander!
Er bekräftigt es dann noch: »In hoc cognoscent omnes quia discipuli mei estis« – daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid.
Besäßen wir doch die Entschlossenheit, so zu leben, wie Er es will!

890 Die Frömmigkeit bindet uns eng an Gott und durch Ihn an unsere Mitmenschen, in denen wir Christus erkennen. Fehlt dieses Band, dann ist Zwietracht unvermeidlich – die christliche Gesinnung schwindet.

891 Danke dem Herrn aus ganzem Herzen für die beiden wunderbaren und zugleich furchterregenden Kräfte, mit denen Er dich ausgestattet hat, als Er dich erschuf: für Verstand und Willen. Wunderbar sind diese Vermögen, weil sie dich Gott ähnlich machen; und furchterregend sind sie, weil es Menschen gibt, die sie gegen ihren Schöpfer benutzen.
Ich kann meine kindliche Dankbarkeit gegenüber Gott, unserem Vater, nicht anders ausdrücken, als daß ich Ihm – jetzt und immer wieder – sage: »Serviam!« – Ich will Dir dienen!

892 Ohne inneres Leben und ohne geistliche Bildung gibt es kein Apostolat, keine fruchtbaren Werke: jede apostolische Arbeit bliebe dürftiges, vielleicht nur auf äußeren Schein gerichtetes Getue!
Wie groß ist darum unsere Verantwortung als Kinder Gottes! Wir müssen hungern und dürsten nach Gott und nach dem, was Er uns lehrt.

893 Jemand wollte unseren gemeinsamen Freund demütigen und sagte ihm, seine Seele sei nur »zweiter« oder »dritter Klasse«!
Unser Freund wurde nicht ärgerlich, denn er war von seiner Nichtigkeit überzeugt. Er überlegte: Jeder Mensch hat nur eine einzige Seele, ich die meine; für jeden ist deshalb seine Seele von höchstem Rang. Ich will keine zu niedrigen Ziele anvisieren! So ist meine Seele von allererster Bedeutung. Mit der Hilfe Gottes will ich sie reinigen, schmücken, entflammen, damit der, den ich liebe, mit mir zufrieden ist.
Deshalb vergiß nicht: Du magst dich noch so voller Armseligkeit sehen… , trotzdem darfst du die Ziele nicht zu niedrig ansetzen!

894 Du klagst, du seiest allein und die Atmosphäre um dich sei so aggressiv. Bedenke, daß Christus, der gute Sämann, jeden einzelnen von uns wie Weizen in seiner verwundeten Hand preßt. Sein Blut durchtränkt uns. Er läutert und reinigt uns, Er macht uns trunken vor Liebe! Dann streut Er uns in weitem Wurf durch die Welt aus. Aber einzeln – denn Weizen sät man nicht sackweise, sondern Korn um Korn.

895 Noch einmal sage ich es: Bitte den Herrn, Er möge uns, seinen Kindern, die »Sprachengabe« gewähren, das heißt die Gabe, uns bei allen verständlich zu machen.
Aus den Berichten des Evangeliums kannst du entnehmen, weshalb ich diese »Sprachengabe« für alle wünsche. Dort begegnen uns zahlreiche Gleichnisse und Beispiele, die die Lehre greifbar und die spirituellen Inhalte anschaulich machen, ohne das Wort Gottes herabzuwürdigen oder zu verzerren.
Allen – Gelehrten wie Ungelehrten – fällt das Bedenken und Erfassen der göttlichen Botschaft leichter, wenn sie durch verständliche Bilder zu uns gelangt.

896 In unserer Zeit – und eigentlich ja immer – will der Herr, daß sein göttlicher Same in allen Milieus der Erde ausgesät wird, und ebenso will Er, daß diese Ausbreitung nicht auf Kosten der Tiefenwirkung geschieht.
Du hast den klaren, von Gott kommenden Auftrag, dazu beizutragen, daß diese Intensität nicht verloren geht.

897 Du hast recht, du steckst in tiefem Elend. Auf dich selbst gestellt – wo wärest du jetzt, wie weit wärest du gekommen?…
Du siehst es ein: »Nur eine Liebe, die voller Barmherzigkeit ist, vermag mich immer noch zu lieben«.
Sei getrost: Wenn du Ihn nur suchst, wird Er dir weder seine Liebe noch seine Barmherzigkeit versagen.

898 Du mußt dafür sorgen, daß es mitten in der Welt viele Menschen gibt, die Gott von ganzem Herzen lieben.
Zieh also Bilanz: Wie vielen hast du schon geholfen, die Liebe Gottes zu entdecken?

899 Kinder Gottes sind in der Welt präsent und geben in ihr Zeugnis, um andere mitzureißen, nicht um selbst mitgerissen zu werden; um die Umgebung mit ihrem Siegel – dem Siegel Christi – zu prägen, nicht um sich von der Umgebung prägen zu lassen.

900 Sei dir deiner Pflicht bewußt, auf die Menschen zuzugehen, die in deiner Nähe sind: Du sollst sie aufrütteln, ihrem bequemen, engen und egoistischen Dasein weite Horizonte öffnen; du sollst ihnen auf eine liebenswerte Art »das Leben schwermachen«, damit sie lernen, sich selbst zu vergessen und für die Sorgen der anderen offener zu sein.
Sonst bist du kein guter Bruder deiner Menschenbrüder. Denn sie brauchen das »gaudium cum pace«, die Freude und den Frieden, die sie vergessen oder vielleicht nie gekannt haben.

901 Keinen Sohn, keine Tochter der heiligen Kirche darf der Anblick von unpersönlichen Massen gleichgültig lassen. Bei irgendeiner Gelegenheit schrieb ich: Wie Rinderherden, wie Schaf- und Schweineherden! Und doch: Wieviel gutes Bestreben verbirgt sich in der scheinbaren Unterschiedslosigkeit! Wie viele Fähigkeiten schlummern dort!
Wir müssen allen dienen, jedem einzelnen die Hände auflegen, wie Christus es getan hat – »singulis manus imponens«: Sie sollen wieder ihr persönliches Leben gewinnen und mit klarer Einsicht und gestärktem Willen ihre Aufgabe wahrnehmen können.

902 Auch ich hätte niemals daran gedacht, daß Gott mich einmal derart fest an sich ziehen würde, wie Er es dann getan hat. Aber – laßt es mich wiederholen – Er bittet uns nicht vorher um Erlaubnis, unser Leben sozusagen durcheinanderbringen zu dürfen. Er mischt sich einfach in unser Leben ein… und fertig!

903 Herr, auf Dich allein will ich mich verlassen. Hilf mir, daß ich treu bin. Denn ich weiß: alles kann ich von Dir erwarten, wenn ich, treu in Deinem Dienst, all meine Sorgen und Pläne in Deine Hände lege.

904 Sagen wir dem Herrn immer wieder Dank für den wunderbaren Ruf, den Er an uns gerichtet hat. Aber unsere echte, tiefe Dankbarkeit muß ganz und gar von Demut geprägt sein.

905 Daß wir »Kinder Gottes« sind, ist Auserwählung, unvergleichliches Glück – und immer ein unverdientes Geschenk!

906 Der Klageruf des Gottessohnes trifft ins Herz, er bleibt immer aktuell: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenige Arbeiter!
Dieses Wort aus dem Munde Christi gilt auch dir! Wie hast du bis jetzt geantwortet? Betest du zumindest dafür, daß der Herr Arbeiter in seine Ernte sende? Jeden Tag?

907 Nachfolge Christi: das heißt Hingabe ein für allemal, uneingeschränkt und tapfer! Unwiderruflich die Schiffe hinter sich verbrennen, um uns selbst den Rückzug abzuschneiden!

908 Erschrick nicht, wenn Jesus immer noch mehr von dir erbittet, ja, sogar das Wohlergehen deiner Familienangehörigen. In der übernatürlichen Sicht des Glaubens überzeuge dich davon, daß Gott auch das Recht hat, von deinen Nächsten Opfer zu verlangen, damit Er verherrlicht werde!

909 Du sagst, du möchtest ein Apostel Jesu Christi sein.
Ich höre es mit Freude und bitte den Herrn für dich um die Gabe der Beharrlichkeit. Du aber bedenke: nunmehr soll alles, was du sagst, denkst und empfindest, in Gott und in der Sorge um die Seelen begründet sein. Alle Fragen, die dich beschäftigen, sollen in irgendeiner Form Pfade zu Gott sein – zumindest aber dich nicht von Ihm entfernen.

910 Die Kirche braucht Priester, jetzt und immer. Bitte jeden Tag die Allerheiligste Dreifaltigkeit durch die Fürsprache Unserer Lieben Frau um Priesterberufungen.
Bitte um frohe, tatkräftige, fleißige Priester, die gut ausgebildet sind und sich ohne Selbstmitleid im Dienst an ihren Mitmenschen verzehren.

911 Flehe unablässig zur Gottesmutter, der Mutter aller Menschen! Sie wird mit mütterlicher Sanftmut die Liebe Gottes über alle herabrufen, mit denen du Umgang hast, damit auch sie entschiedene Zeugen Christi werden in ihrem Alltag, in ihrer beruflichen Arbeit.

 «    FRUCHT BRINGEN    » 

912 Antworte auf die Liebe Gottes mit deiner Treue – mit hochherziger Treue! Und gib dann – als Folge davon – die Liebe, die du empfangen hast, den anderen Menschen weiter, damit auch sie das Glück einer Begegnung mit Gott erfahren.

913 Herr Jesus: Schenke mir ein tiefes Empfinden für Deine Gnade und eine solche Fügsamkeit ihr gegenüber, daß mein Herz – von allem Ballast des Egoismus befreit – ganz von Dir erfüllt werde. Denn Du bist mein Freund, mein Bruder, mein König, mein Gott – meine einzige Liebe.

914 Wenn du nicht beständig – mit deinem Gebet, deinem Opfer und deiner Arbeit – dein apostolisches Bemühen unter Beweis stellst, dann bedeutet das zweifellos, daß du nicht ganz glücklich bist und daß deine Treue noch wachsen muß.
Wer glücklich ist und sich im Besitz des Guten weiß, ist auch bestrebt, es anderen weiterzugeben.

915 Wenn du einmal wirklich dein eigenes Ich mit Füßen trittst und nur für die anderen lebst, dann wirst du ein fähiges Werkzeug in den Händen Gottes sein.
Der Herr hat seine Jünger berufen und ihnen befohlen: »Ut eatis!« – geht hin, sucht alle Menschen auf! Genauso ruft Er sie heute.

916 Habe keinen anderen Wunsch, als die Welt mit reiner Liebe zu erhellen. Du kannst es! Du machst die Menschen glücklich, wenn du ihnen hilfst, Gott näherzukommen.

917 »In modico fidelis!« – Im Kleinen treu sein…
Das ist deine Aufgabe, mein Kind: nicht nur die Seelen einmal zu »erretten«, sondern sie Tag für Tag zu heiligen. Mit anderen Worten, du mußt jedem Augenblick, so unbedeutend er auch erscheinen mag, den Atem des Ewigen verleihen.

918 Glaubenslehre und Frömmigkeit können nur gemeinsam gedeihen.
Nur wenn du fromm bist, vermagst du beim Aussäen der Glaubenslehre jene Schädlinge zu vernichten, die diese Aussaat wirkungslos machen könnten.

919 Ganze Betriebe und zahllose Apparaturen stehen still, wenn der elektrische Strom ausfällt. Ebenso geht es im Apostolat: ohne Gebet und ohne Abtötung bleibt es unfruchtbar. Denn nur sie erreichen das Heiligste Herz Jesu.

920 Wenn du den Impulsen der Gnade treu entsprichst, wirst du Frucht bringen: bleibende Frucht zur Verherrlichung Gottes.
Heiligkeit macht die Arbeit wirksam, auch wenn der Heilige die Früchte selbst weder sieht noch erntet.

921 Lauterkeit der Absicht heißt »ausschließlich und in allem« die Ehre Gottes suchen.

922 Das Apostolat ist deutliches Zeichen des inneren Lebens. Es gleicht dem stetigen Flügelschlag, der bewirkt, daß wir unseren ganzen Alltag in die Höhe des Übernatürlichen erheben, indem wir Liebe zu Gott hineinlegen.

923 Jemand verwendete als Lesezeichen einen Papierstreifen, auf den er in großen, entschiedenen Zügen geschrieben, besser: eingestanzt hatte: »Ure igne Sancti Spiritus!« – Entzünde mich mit dem Feuer des Heiligen Geistes!
So wünschte ich mir das Feuer Gottes in dir, der du Christ bist: eingebrannt in deine Seele, glühend auf deinen Lippen, ansteckend in deinen Werken.

924 Werde ein Kind, das in heiliger Unverschämtheit ohnehin »weiß«, daß sein Vater, Gott, es immer mit dem Besten versorgt.
Deshalb gerät das Kind nicht in Panik, wenn es einmal sogar das entbehren muß, was unentbehrlich scheint. Voll inneren Friedens sagt es: Der Heilige Geist ist und bleibt bei mir. Er läßt mich nicht allein.

925 Nimm folgendes Anliegen in dein tägliches Gebet: daß alle katholischen Christen treu sind, daß wir entschieden um die Heiligkeit kämpfen.
Eine selbstverständliche Aufforderung! Was denn sonst könnten wir denen wünschen, die wir lieben und die mit uns durch das starke Band des Glaubens verbunden sind?

926 Wenn ich von Menschen höre, die sich Gott hingegeben haben, aber nicht mehr leidenschaftlich um ihre Heiligkeit ringen, dann kommt mir die Befürchtung, daß – falls es wirklich so ist – ihr Leben ein einziges Versagen sein wird.

927 »Qui sunt isti, qui ut nubes volant, et quasi columbae ad fenestras suas?« – Wer sind die, die heranfliegen wie Wolken, wie Tauben zu ihrem Schlag, fragt der Prophet. Ein geistlicher Autor schreibt dazu: »Die Wolken gehen aus dem Meer oder aus den Flüssen hervor, sie nehmen ihren Weg und kehren nach unterschiedlich langer Zirkulation zu ihrem Ursprung zurück.«
Ich füge hinzu: So mußt du sein, gleichsam eine Wolke, deren Niederschlag in den Wüsten der Welt das Leben Christi hervorsprossen läßt. Die Erde, vom göttlichen Regen benetzt, wird bis ins Innerste von ihm durchtränkt werden. Unbefleckt vom irdischen Schmutz wird er durch alle Erdschichten hindurchsickern und Quellen klaren Wassers hervorbringen. Aus ihnen werden Bäche und gewaltige Ströme entstehen, die den Durst aller Menschen stillen.
Danach kehrst du in die Geborgenheit zurück, in das unendliche Meer der Liebe deines Gottes, und weißt: Von deinem Apostolat benetzt und von den göttlichen Gewässern fruchtbar gemacht, wird die Erde immerfort Früchte tragen – bis zum Ende der Zeiten.

928 Kind: Bring Ihm auch die Schmerzen und Leiden der anderen dar!

929 Kummer? Konflikte wegen dieser oder jener Angelegenheit?… Siehst du nicht ein, daß dein Vater, Gott, es so will… und daß Er gut ist und dich – dich allein! – mehr liebt, als alle Mütter dieser Erde ihre Kinder lieben können?

930 Prüfe ehrlich, wie du unserem Meister nachfolgst. Überlege, ob deine Hingabe nur formelhaft, trocken und ohne den Elan des Glaubens ist; ob es in deinem Alltag an Demut, an Opfer, an Werken fehlt; ob bei dir nur die Fassade steht, du aber kein Gespür für die kleinen Anforderungen des Augenblicks zeigst… kurz, ob es dir an Liebe mangelt.
Sollte es so sein, dann wundere dich nicht über deine Unwirksamkeit. Tu etwas, revidiere deinen Weg, sofort, mit Hilfe Unserer Lieben Frau!

931 Wenn du dich bedrängt fühlst, wenn du große oder kleine Schwierigkeiten hast, dann bete zu deinem Schutzengel: Er wird vor Gottes Angesicht deine Sorgen lösen oder dir wirksame Hilfe zukommen lassen.

932 Gott ist im Innersten deiner und meiner Seele, Er ist in der Seele jedes Menschen gegenwärtig, der im Stande der Gnade lebt. Er ist dort, um das »Salz« und das »Licht« in uns zu vermehren und uns fähig zu machen, daß wir an unserem Platz in der Welt diese Gaben Gottes austeilen können.
Und wie können wir diese Gaben Gottes austeilen? In Demut, in Frömmigkeit, eng verbunden mit unserer Mutter, der Kirche.
Erinnerst du dich an den Weinstock und die Reben? Wie fruchtbar ist die Rebe, die mit dem Weinstock verbunden bleibt! Wie üppig trägt sie Trauben! Und wie unfruchtbar der abgetrennte Rebzweig – verdorrt, tot!

933 Jesus: Das unendliche Meer Deiner Liebe möge mein armes Herz durchfluten, seine Brandung mich ganz von meinem Elend reinigen und befreien… Ergieße die reinen, stürmischen Wasser Deines Herzens in mein Herz, das sich nach Deiner Liebe sehnt. Und wenn mein Herz Deine brennende Liebe nicht mehr zu fassen vermag, wird es zerspringen – aus Liebe sterben! Der lebendigmachende, fruchtbare Strom Deiner Liebe wird sich dann in andere Herzen ergießen, und auch sie werden die Kraft der göttlichen Fluten erfahren und glauben und lieben.

934 Erlebe die heilige Messe!
Diese Überlegung eines Priester, der Gott sehr liebte, mag dir helfen: Ist es möglich, mein Gott, an der heiligen Messe teilzunehmen, ohne heilig zu werden?
Er sagte zu sich selbst: Ich will meinen alten Vorsatz erneuern und in der Seitenwunde meines Herrn Zuflucht suchen.
Tu du es auch!

935 Wieviel Gutes und wieviel Böses kannst du bewirken!
Gutes, wenn du demütig bist und es verstehst, dich freudig und opferbereit hinzugeben. Daraus entsteht Gutes für dich, für die Menschen, für deine gute Mutter, die Kirche.
Und wieviel Böses, wenn du dich von deinem Hochmut leiten läßt.

936 Werde nicht spießig! Als Spießer störst du nur, du wirst zu »Ballast« für die apostolische Arbeit der anderen, und – das ist das schlimmste – du betrübst das Herz Christi.
Vergiß das Apostolat nicht! Laß nicht nach in deinem Bemühen, so gut wie möglich zu arbeiten! Vernachlässige dein Frömmigkeitsleben nicht!
Für alles andere wird Gott schon sorgen.

937 Ab und zu muß man mit den Seelen wie mit der Glut im Ofen verfahren: Man stochert in ihr mit einem Schürhaken, um die Schlacke zu entfernen; die glüht zwar mehr als alles andere, erstickt aber das Feuer – die Liebe Gottes.

938 Wir wollen zu Jesus im Tabernakel gehen, damit wir Ihn tiefer erkennen und seine Lehre innerlich begreifen und so diese Nahrung auch anderen geben können.

939 Wenn du den Herrn empfangen und dich an seiner Liebe berauscht hast, versprich Ihm: Ich will mein Leben – da, wo es nötig ist – so in Ordnung bringen, daß ich Dich zu all denen tragen kann, die Dich nicht kennen, die keine Ideale haben, sondern beklagenswerterweise in Stumpfheit und Blindheit dahinvegetieren.

940 »Wo die Güte und die Liebe wohnt, dort nur wohnt der Herr«, heißt es im liturgischen Hymnus.
Dazu schrieb jemand folgende Anmerkung: »Die brüderliche Liebe ist ein herrlicher, wunderbarer Schatz. Sie spendet nicht nur Trost – wie oft hat man den nötig! –, sondern sie vermittelt sogar die Gewißheit der Nähe Gottes und erweist sich in der Zuwendung, die wir einander schenken.«

941 Stelle dein Leben nicht bewußt zur Schau! Gott kennt es ja schon. Im übrigen ist Heiligkeit unauffällig, wenn auch reich an Früchten.

942 Deine Hilfeleistungen sollen unauffällig sein; keiner soll dich loben, keiner soll es bemerken… So wirst du im Verborgenen – wie das Salz – deine Umwelt »würzen« und dazu beitragen, daß dank deines Gespürs als Christ alles um dich natürlich, liebenswert und angenehm ist.

943 Damit diese unsere Welt dem Wege Christi folgt – dem einzigen, der sinnvoll ist – , muß uns mit unseren Mitmenschen eine loyale Freundschaft verbinden, die nur auf der Grundlage einer loyalen Freundschaft mit Gott wachsen kann.

944 Du hast mich oft vom Apostolat »ad fidem« sprechen hören.
Ich habe meine Meinung nicht geändert: Überall in der Welt bietet sich uns ein wunderbar weites Feld für unsere Arbeit mit Menschen, die zwar den wahren Glauben nicht kennen, aber persönlich rechtschaffen, großherzig und froh sind.

945 Häufig überkommt mich dieser drängende Wunsch: Den Männern und Frauen im Büro und im Laden, in der Zeitungsredaktion und auf dem Lehrstuhl, in der Schule, in der Werkstatt, im Bergwerk und auf dem Lande – allen möchte ich zurufen, daß sie – gestärkt durch ihr inneres Leben und durch die Gemeinschaft der Heiligen – Gott in alle Bereiche des Lebens hineintragen sollen. Es ist die Lehre des Apostels Paulus: »Verherrlicht also Gott in eurem Leib«, in eurem ganzen Leben, tragt Ihn immer bei euch!

946 Wir, die wir die Wahrheit Christi im Herzen tragen, müssen diese Wahrheit den anderen näherbringen, sie ihrem Verstand und ihrem Herzen einprägen. Alles andere wäre Bequemlichkeit, verkehrte Strategie! Erinnere dich noch einmal! Hat dich Christus etwa um Erlaubnis gebeten, um in deine Seele einzudringen? – Die Freiheit zur Nachfolge hattest du wohl, aber Er selbst suchte dich auf, weil es Ihm so gefiel.

947 Mit Werken des Dienens können wir dem Herrn einen noch eindrucksvolleren Triumph bereiten als damals bei seinem Einzug in Jerusalem… Denn es wird keinen Judas und keine finstere Nacht im Ölgarten geben… Es wird uns gelingen, das Feuer, das Er auf die Erde brachte, zum Brennen zu bringen!… Und das Licht der Wahrheit unseres Herrn Jesus wird den Verstand der Menschen erleuchten – in einem »Tag ohne Ende«.

948 Erschrick nicht! Als Christ hast du das Recht und die Pflicht, in den Seelen eine heilsame »Krise« hervorzurufen, damit sie die Wege ihres Daseins auf Gott hin ausrichten.

949 Bete für die ganze Welt: für die Menschen aller Rassen, Sprachen und Religionen, für alle, die nur ein dunkles Gefühl für eine höhere Macht besitzen, und für alle, die den Glauben nicht kennen.
Dieser Hunger nach Seelen ist ein unzweideutiger, offensichtlicher Erweis unserer Liebe zu Jesus und wird bewirken, daß Er zu uns kommt.

950 Ihre Augen glänzten, als sie vom Apostolat in fernen Ländern hörten… Es schien, als wären sie bereit, den Ozean mit einem Sprung zu überwinden. In der Tat – die Welt ist sehr klein, wenn die Liebe groß ist.

951 Keine Seele – keine einzige Seele! – darf dir gleichgültig sein.

952 Ein Jünger Christi wird niemals denken: »Ich strenge mich schon an, gut zu sein; was die anderen betrifft… , sollen sie meinetwegen zur Hölle fahren, wenn sie es so wollen«.
Eine unmenschliche Einstellung, weder mit der Liebe zu Gott noch mit der Liebe zum Nächsten vereinbar.

953 Wenn ein Christ begreift, was katholisch sein heißt, und es in seinem Leben zu verwirklichen sucht, wenn er die Dringlichkeit einsieht, die Frohe Botschaft des Heils allen Menschen zu verkünden – dann weiß er wie Paulus: Er muß allen alles werden, um alle zu retten.

954 Die Liebe zu den Menschen, deinen Brüdern, soll so weit gehen, daß du sogar ihre Unzulänglichkeiten nicht als Fehler siehst, wenn sie keine Beleidigung Gottes sind. Hast du nur ihre guten Eigenschaften gerne und bist du unfähig zu verstehen, zu entschuldigen, zu vergeben – dann bist du ein Egoist.

955 Du darfst nicht die Seelen deiner Brüder durch deine Nachlässigkeit oder dein schlechtes Beispiel ruinieren.
Trotz all deiner bösen Neigungen trägst du Verantwortung für das christliche Leben deiner Nächsten, für die geistliche Wirksamkeit aller: für ihre Heiligkeit!

956 Physisch sehr weit entfernt und dennoch allen sehr nah: allen sehr nah!… , wiederholtest du glücklich.
Du warst zufrieden dank dieser Gemeinschaft der Liebe, von der ich dir sprach; du solltest sie unermüdlich lebendig machen.

957 Du fragst mich, was du für deinen Freund tun könntest, damit er sich nicht allein fühlt.
Ich sage dir das gleiche, was ich immer sage; denn wir besitzen ein wunderbares Mittel, das alles klärt: das Gebet. Zuerst also: Bete für ihn. Dann setze dich so für ihn ein, wie du möchtest, daß andere sich für dich einsetzen, wenn du in einer ähnlichen Situation wärest.
Ohne ihn zu demütigen, mußt du ihm so helfen, daß ihm das leicht wird, was ihm Schwierigkeiten bereitet.

958 Versetze dich immer in die Lage deines Nächsten. So wirst du alle Fragen und Schwierigkeiten gelassen und ohne Ärger betrachten: du wirst verstehen, entschuldigen, gegebenenfalls zurechtweisen… und so dazu beitragen, daß es mehr Nächstenliebe in der Welt gibt.

959 Wir dürfen in Sachen des Glaubens nicht nachgiebig sein. Aber vergiß nicht: Man kann die Wahrheit auch sagen, ohne jemanden dabei zu kränken.

960 Schweige nicht, wenn Sprechen zum Wohl deines Nächsten gereicht – aber sprich dann liebenswürdig, nicht unbeherrscht noch ärgerlich.

961 Es ist unmöglich, sich zu Ereignissen oder Thesen zu äußern und dabei die jeweils Beteiligten auszuklammern… , auch wenn du sie nicht richtest: »Qui iudicat Dominus est« – der Herr ist es, der richtet.
Bleibe aber ruhig, falls dir einmal jemand mit verbogenem Gewissen begegnet, der – aus böser Absicht oder aus mangelnder Bildung – meint, deine Worte seien üble Nachrede.

962 Manche armen Geister stören sich am Guten, das du tust. Sie meinen, gut sei nur, was sie selbst tun oder zumindest ihrer Kontrolle unterliegt…
Du darfst dieses Unverständnis nicht als Ausrede benutzen, um in deiner Aufgabe nachzulassen. Bemühe dich – gerade jetzt –, noch entschlossener zu arbeiten: Bleibt auch auf Erden der Beifall aus, wird doch um so mehr dem Himmel dein Tun gefallen.

963 Nicht selten gehen fünfzig Prozent der apostolischen Anstrengungen durch innere Zwistigkeiten verloren, die ihre Wurzeln im Mangel an Liebe und in Klatsch und Gerede unter Brüdern haben. Weitere fünfundzwanzig Prozent verliert man durch das Errichten von Bauten, die für das Apostolat überflüssig sind.
Dulden wir niemals Klatsch, vergeuden wir nicht unsere Zeit mit zu vielem Bauen – und dann wird jeder einzelne durch und durch, zu hundert Prozent, Apostel sein.

964 Bitte Gott darum, daß die Priester – heute und zu jeder Zeit – die Menschen, ohne Ansehen der Person, immer mehr lieben; bete ebenso dafür, daß es ihnen immer gelingen möge, die Liebe ihrer Mitmenschen zu gewinnen.

965 Gedenken wir aller Priester auf der ganzen Erde und beten wir für die Fruchtbarkeit ihrer apostolischen Arbeit!
Du, mein Bruder, der du Priester bist: Sprich immer nur von Gott. Was du sagst, wird niemals langweilig sein, wenn du wirklich Ihm gehörst!

966 Wenn der Priester predigt, geht es um die Verkündigung Christi, des »Gekreuzigten«, um das Wort Gottes.
Er muß sich auf die Ausübung dieses göttlichen Dienstes so gut wie möglich vorbereiten und das Heil der Seelen suchen.
Die Laien sollen mit tiefer Ehrfurcht auf das Wort Gottes hören.

967 Ich freute mich, als jemand folgende Bemerkung über einen Priester machte: »Er predigt mit der ganzen Seele… und mit dem ganzen Leib.«

968 Du, Apostel, bitte den Herrn: Gewähre, Herr, daß ich es verstehe, die Menschen anzuspornen und in ihnen das Feuer der Liebe zu entzünden; dies soll der einzige Grund unserer Bemühungen sein.

969 Wir Katholiken müssen als Apostel durch das Leben gehen: mit dem Licht und dem Salz Gottes. Ohne Angst und völlig natürlich, aber durch unser inneres Leben derart in Gott gegründet, daß wir Licht spenden und vor Verderbnis bewahren können, daß wir imstande sind, Schatten zu verscheuchen und die Früchte der Innerlichkeit und der Kraft der christlichen Botschaft auszuteilen.

970 Ein Sämann zog aus zu säen. Er streute den Samen weit aus, auf alle Wege dieser Erde…
Wie herrlich ist unsere Aufgabe: Dafür zu sorgen, daß überall und zu jeder Zeit das Wort Gottes Wurzeln schlägt, aufsprießt und Frucht bringt.

971 »Dominus dabit benignitatem suam et terra nostra dabit fructum suum« – Der Herr spendet den Segen, und unser Land gibt seinen Ertrag.
In der Tat: Der Segen Gottes ist der Ursprung jeder guten Frucht und schafft die Voraussetzungen dafür, daß in unserer Welt Heilige erstehen können, Männer und Frauen Gottes.
»Dominus dabit benignitatem« – der Herr wird seinen Segen spenden. – Aber dann heißt es weiter, daß Er von dir und von mir »Fruchtbarkeit« erwartet – Früchte, die nicht wegen mangelnder Hingabe dürftig oder verkümmert sein dürfen. Er erwartet reichlichen Ertrag, weil Er uns reichlich segnet.

972 Deine Berufung erscheint dir wie die Kapsel, die den Samen birgt. Die Zeit wird kommen, da sie zerspringt und die Samenkörner an vielen Orten zur gleichen Zeit aufgehen werden.

973 Wo auch immer du dich befinden magst, inmitten dieser ungeheuren Menge von Menschen – und jede einzelne Seele interessiert uns! – mußt du Sauerteig sein. Und mit Hilfe der Gnade Gottes, der du entsprechen willst, mußt du wie ein Sauerteig wirken, der Qualität, Geschmack und Gehalt verleiht, damit das Brot Christi andere Seelen ernähren kann.

974 Die Feinde Jesu und einige, die sich seine Freunde nennen, haben sich mit der Waffenrüstung der menschlichen Wissenschaft gepanzert und mit dem Schwert der Macht bewaffnet und spotten über die Christen – wie der Philister über David spottete und auf ihn herabblickte.
Auch heute wird der Goliath des Hasses, der Falschheit, der Anmaßung, des Laizismus, des Relativismus zu Boden fallen. Ein Popanz irriger Ideologien wird von den scheinbar schwachen Waffen des christlichen Geistes – Gebet, Sühne, Tun – getroffen werden. Wir werden dann diesem Popanz die Panzer der irrigen Lehre ausziehen und werden unsere Mitmenschen, unsere Brüder, mit dem wahren Wissen wappnen: mit christlich geprägter Kultur und christlicher Lebensweise.

975 Zahlreiche Organisationen beteiligen sich an Kampagnen gegen die Kirche – manchmal Arm in Arm mit denen, die sich gut nennen – und mobilisieren die Öffentlichkeit mit Zeitungen, Flugblättern, Schmähschriften, Flüsterpropaganda, Verleumdungen. Dann führen sie die Menschen dahin, wohin sie wollen: bis in die Hölle. Ihnen liegt an einer gestalt- und urteilslosen Masse, als ob die Menschen keine Seele hätten… Ein trauriges Bild. Weil aber die Menschen eine Seele haben, muß man sie aus der Umklammerung durch solche unseligen Organisationen befreien und sie in den Dienst Gottes stellen.

976 Ein erheblicher Prozentsatz der Christen, die zu den Sakramenten gehen, liest auch unmoralische Druckerzeugnisse.
Mit Ruhe und mit viel Liebe zu Gott müssen wir diesen Leuten die Klarheit der Glaubenslehre vermitteln und sie dann bitten, den diabolischen Schriftkram beiseite zu lassen. Manche schämen sich schon; deshalb erklären sie, ihre Familienangehörigen kauften das Zeug, obwohl sie es vielleicht selbst tun.

977 Verteidige die Wahrheit in Liebe und mit Starkmut, wenn es um die Dinge Gottes geht. Mit heiliger Hartnäckigkeit mache aufmerksam auf das, was falsch und irrig ist: Manchmal handelt es sich um heimtückische Sinnverdrehungen, manchmal um von Haß geleitete Verführung, manchmal um groteske Ignoranz; für gewöhnlich aber ist all das nur ein Zeichen der Ohnmacht vieler Menschen, die die Fülle des Wortes Gottes nicht ertragen können.

978 Wenn du zu Zeiten »allgemeiner Verwirrung« laut zu Gott für die Seelen der Menschen flehst – die doch Ihm gehören! –, mag es scheinen, als hörte Er dich nicht, als wäre Er taub für dein Rufen. Dir kommt sogar in den Sinn, deine apostolische Arbeit sei umsonst.
Mach dir keine Sorge! Arbeite weiter mit unverminderter Freude, mit ungebremstem Schwung, mit Eifer. – Laß es mich noch einmal sagen: Wenn wir für Gott arbeiten, dann ist nichts unfruchtbar.

979 Mein Kind: Alle Meere dieser Welt sind unser. Wo der Fischfang am schwierigsten ist, dort ist er am nötigsten.

980 Mit deiner guten Bildung als Christ, mit deinem rechtschaffenen Leben und mit deiner gut verrichteten Arbeit mußt du im Beruf und in der Erfüllung deiner Pflichten allen Menschen deiner Umgebung gutes Beispiel geben: deinen Verwandten, deinen Freunden, deinen Berufskollegen, deinen Nachbarn, deinen Schülern…
Du darfst kein Stümper sein.

981 Du gehörst Christus – also mußt du Frucht bringen.
Deine »Früchte« werden den Hunger der Menschen, die dir begegnen, stillen: bei der Arbeit, in der Gesellschaft, im Kreis der Familie…

982 Indem du deine Pflichten freudig und mit Großherzigkeit erfüllst, trägst du dazu bei, daß der Herr auch anderen Menschen vielfältige Gnaden spendet.

983 Bemühe dich darum, deine christliche Lebensauffassung in die Welt hineinzutragen, damit es in ihr viele Freunde des Kreuzes gibt.

984 Gott hat dir – zusammen mit überreichen Gnaden – deinen Kopf, deine Hände und deine geistigen Kräfte geschenkt, damit du mit diesen Talenten einen fruchtbaren Handel treibst.
Du heiligst deine berufliche Arbeit und machst sie zu einer Gott wohlgefälligen, den Seelen nutzbringenden Opfergabe. Durch sie will Gott ständig neue Wunder wirken: Tote zum Leben erwecken, Tauben das Gehör wiedergeben, Blinden das Augenlicht, Gelähmten das Bewegungsvermögen.

985 An dem Tag, an dem es dich nicht mehr dazu drängt, Menschen Gott näherzubringen, verwandelst du dich in Schlacke, die man wegwirft, in Asche, die ein Windstoß verweht. Und du solltest doch immer Glut sein…
Bring Feuer überallhin: selbst brennen und andere entzünden im Feuer der Liebe Gottes, der Treue, des Apostolates.

986 Flehe die allerseligste Jungfrau an. Bitte sie, sie möge sich immer als deine Mutter erweisen: »Monstra te esse Matrem!«, sie möge in der Gnade ihres Sohnes deinen Verstand mit der guten Lehre erleuchten und dein Herz mit Liebe und Reinheit erfüllen. So wirst du selbst zu Gott gelangen und anderen Menschen die Wege Gottes weisen.

 «    EWIGKEIT    » 

987 Ein Kind Gottes hat keine Angst vor dem Leben und keine Angst vor dem Tod, denn sein geistliches Leben ruht auf dem Bewußtsein der Gotteskindschaft. Gott ist mein Vater, sagt es sich, Er ist der Urheber alles Guten, Er ist die Güte selbst.
Aber… verhalten wir uns – du, ich – wirklich als Kinder Gottes?

988 Ich war froh, daß du mich verstanden hattest. Ich hatte dir gesagt: Du und ich müssen handeln, leben und sterben als Liebende. Nur so werden wir ewig leben.

989 Der Herr siegt immer. Auch du wirst immer siegen, wenn du sein Werkzeug bist. Denn deine Schlachten werden dann Schlachten Gottes sein!

990 Genau darin besteht die Heiligkeit: Kampf um Treue, solange wir leben, und freudige Annahme des Willens Gottes, wenn es ums Sterben geht.

991 Wenn du den Herrn in der Eucharistie empfängst, danke Ihm aus tiefstem Herzen, weil Er in seiner Güte bei dir weilt.
Hast du niemals in Ruhe bedacht, wie Jahrhundert um Jahrhundert verging, bis der Messias kam? Die Patriarchen, die Propheten, das ganze Volk Israel, sie flehten: Komm, Herr, die Erde dürstet nach Dir!
Sehnst du dich nach Ihm mit derselben Inbrunst?

992 Allen Gottesleugnern zum Trotz – auch in unseren Zeiten ist die Erde dem Himmel sehr nahe.

993 Du hast geschrieben: »Simile est regnum caelorum« – das Himmelreich gleicht einem Schatz… Diese Stelle aus dem heiligen Evangelium hat sich meiner Seele eingeprägt, sie hat in ihr Wurzel geschlagen. Gelesen hatte ich sie häufig, aber erst jetzt wird mir ihr Kern, der Atem des Göttlichen, voll bewußt. Alles… , alles soll der kluge Mann verkaufen, der den Schatz, die kostbare Perle des Himmels, besitzen will!

994 Sprich dich mit Unserer Lieben Frau aus, sage ihr: Du, meine Herrin! Wenn ich das Ideal verwirklichen soll, das Gott in mein Herz gelegt hat, muß ich hoch, sehr hoch fliegen!
In der Tat genügt es nicht, wenn du mit Gottes Hilfe und im Wissen darum, daß alles Irdische nur Staub ist, von den Dingen der Erde Abstand gewinnst. Selbst wenn du die ganze Welt unter deine Füße legtest, um so dem Himmel näher zu sein… , auch das genügte nicht!
Du mußt fliegen, ohne auf Irdisches Rücksicht zu nehmen, vom Hauch und Wort des Geistes getragen. – Du wendest ein: Aber meine Flügel sind mit dem schmutzigen Lehm von Jahren verklebt! – Noch einmal wiederhole ich dir: Flehe die Mutter Gottes an! Sag ihr: Sieh, Mutter, wie ich mich kaum vom Boden erheben kann! Wie mich die Erde, gleich einem unheilvollen Magneten, festhält! Mutter, du kannst bewirken, daß meine Seele sich zum sieghaften, segensreichen Flug emporschwingt, dessen Ziel das Herz Gottes selbst ist.
Hab Vertrauen! Sie erhört deine Bitten!

995 Denke daran, wie angenehm Gott, unserem Herrn, der Weihrauch ist, der Ihm zu Ehren verbrannt wird; bedenke auch, welch einen geringen Wert die irdischen Dinge besitzen: Kaum haben sie begonnen, sind sie schon vergangen.
Im Himmel dagegen erwartet dich eine große Liebe; sie kennt weder Verrat noch Betrug: die Liebe selbst, alle Schönheit, die ganze Fülle, alles Wissen… ! Und ohne Überdruß: Sie erfüllt und sättigt, ohne satt zu machen.

996 Sinn und Gespür für das Übernatürliche! Ruhe! Frieden! Betrachte so die Dinge, die Menschen, die Ereignisse… , gleichsam mit Blick auf die Ewigkeit.
Und du wirst erfahren: Eine hohe Mauer, die dir den Weg versperrt und – menschlich gesehen – unüberwindlich erscheint, wird ganz unbedeutend, wenn du die Augen wirklich zum Himmel richtest.

997 Wenn wir Christus nahe sind und seinen Schritten folgen, müssen wir die Armut, die Loslösung von den irdischen Gütern, die Entbehrungen aus ganzem Herzen lieben.

998 Im geistlichen Leben ist nicht selten die Fähigkeit nötig, im Irdischen etwas zu verlieren, damit wir es im Himmel gewinnen. – Wer so tut, gewinnt immer.

999 Die Menschen lügen, wenn sie in irdischen Dingen »für immer« sagen. Wahr im eigentlichen Sinne ist nur das »für immer« der Ewigkeit.
Und so soll dein Leben sein: mit einem Glauben, der dir einen Vorgeschmack himmlischen Glücks gibt, indem er dir die Ewigkeit, die wirklich für immer ist, vor Augen stellt.

1000 Gäbe es nichts anderes als das gegenwärtige Leben, so wäre dieses Leben ein grausamer Spott: Heuchelei, Bosheit, Egoismus, Verrat.

1001 Vorwärts! In Freude und mit Eifer, auch wenn du so wenig bist – eigentlich nichts!
Wenn Er bei dir ist, wird niemand auf der Welt dich aufhalten können. Bedenke außerdem: Wenn man Gott liebt, ist alles gut. Hier auf Erden läßt sich noch alles ändern, nur daß wir sterben müssen, ist nicht zu ändern: aber für uns bedeutet der Tod Leben.

1002 Herr, Du stirbst am Kreuz, um uns Menschen zu retten; aber wegen einer einzigen Todsünde verurteilst Du den Menschen zu ewiger, trostloser Qual – so schwer beleidigt Dich die Sünde! Wie tief muß ich sie also verabscheuen!

1003 Die heilige Theresia von Avila versichert uns: »Wenn jemand nicht betet, bedarf es nicht einmal des Teufels, um ihn zu versuchen. Wer jedoch auch nur eine Viertelstunde am Tag betet, gelangt mit Sicherheit zum Heil.«
Und zwar deshalb, weil das Gespräch mit dem Herrn – ein liebenswertes Gespräch auch zu Zeiten, da die Seele wie erstarrt und trocken ist – uns die wahre Perspektive und die eigentliche Dimension unseres Lebens erschließt.
Sei ein Mensch, der betet!

1004 »Also bist du doch ein König«… Ja, Christus ist ein König. Und Er gewährt dir nicht nur Audienz, wann du es wünschst; mehr, in liebender »Torheit« verläßt Er sogar die Herrlichkeit des Himmels – du verstehst schon –, zu der du noch keinen Zugang hast, und erwartet dich im Tabernakel.
Findest du es nicht abwegig, wenn wir nicht nachhaltig und noch beständiger das Gespräch mit Ihm suchen?

1005 Mit jedem Tag bin ich tiefer davon überzeugt: Die Glückseligkeit des Himmels ist für die, die es verstehen, bereits hier auf Erden wahrhaft glücklich zu leben.

1006 Die Formel, der Schlüssel für das irdische Glück und ewige Heil stehen mir zweifelsfrei vor Augen: Sich nicht bloß mit dem Willen Gottes abfinden, sondern sich ihn zu eigen machen, sich mit ihm identifizieren, kurz: mit einem klaren Willensentschluß das wollen, was Gott will.
Ich wiederhole: Das ist der nie versagende Schlüssel zu Freude und Frieden.

1007 Wie oft wirst du spüren, daß die Gnade Gottes dich überflutet und fast trunken macht: Wie groß ist dann die Sünde, wenn du ihr nicht entsprichst!

1008 Erneuere in den Stunden der Versuchung die Tugend der Hoffnung und bedenke: Ruhe und Erquickung warten auf mich in der Ewigkeit; jetzt aber, gläubig vertrauend, will ich mir mit Arbeit die Ruhe und mit Schmerz die Erquickung verdienen. Und die Liebe… , wie wird sie erst im Himmel sein?
Besser noch: Steigere die Tugend der Liebe und sage dir: Ich will meinen Gott, meinen Geliebten, erfreuen und seinen Willen in allem erfüllen, als gäbe es weder Lohn noch Strafe – einfach, um Ihm zu gefallen.

1009 Gelegentlich wird dich – blitzartig oder lästig wiederkehrend wie eine störende Fliege – die Vorstellung bedrängen, die Beweggründe deines Tuns seien nicht ganz lauter. Rufe dann sofort die Tugenden in dir wach, die der Unlauterkeit entgegenwirken… , und gehe ruhig deines Weges weiter, für Ihn und mit Ihm.
Und auch wenn es dir wie ein bloßes Lippenbekenntnis vorkommt, sage Ihm: Herr, ich will nichts für mich. Alles zu Deiner Ehre, Dir zuliebe.

1010 Dir sei es einerlei, hier oder in China zu arbeiten, sagst du mir.
Gut. Sieh aber zu, daß du da zur Stelle bist, wo du den heiligen Willen Gottes erfüllst.

1011 Auch von dir hängt es ab, daß viele Menschen nicht in der Finsternis bleiben, sondern Wege gehen, die zum ewigen Licht führen.

1012 Gewöhne dich daran, deinen Gesprächspartner seinem Schutzengel anzuempfehlen. Bitte für ihn, damit er gut, treu und froh ist und damit er eines Tages die ewige Umarmung der Liebe Gottes des Vaters, Gottes des Sohnes, Gottes des Heiligen Geistes und Unserer Lieben Frau empfangen kann.

1013 Wie das Weizenkorn, so müssen auch wir sterben, um Frucht zu bringen.
Du und ich – wir verlangen sehnsüchtig danach, mit Hilfe der Gnade eine Spur zu hinterlassen, die tief ist und leuchtend… Deshalb müssen wir diesen armen, irdischen Menschen hinter uns lassen und in den Bereich des Geistes treten, indem wir jeden Menschen, der arbeitet, und jede aufrechte Arbeit, die ein Mensch tut, auf Gott hin ausrichten.

1014 Jesus, ich möchte, daß in mir die Ablenkungen den umgekehrten Weg wie sonst nehmen. Statt daß mir die Welt in den Sinn kommt, wenn ich mich mit Dir beschäftige, sollst Du mir in den Sinn kommen, wenn ich mich mit den Dingen der Welt beschäftige.

1015 Du hast dich etwas erschreckt, denn du hast soviel Licht erhalten… , daß dir jetzt das Hinschauen und sogar das Sehen selbst schwer fällt.
Schließe deine Augen vor deinem offensichtlichen Elend; öffne den Blick deiner Seele dem Glauben, der Hoffnung, der Liebe, und – von Ihm durch deinen Seelenführer angeleitet – geh weiter voran.

1016 Sei großzügig! Bitte Jesus nicht einmal um einen einzigen Trost!
Du fragst mich, warum? Ich antworte dir: Weil du schon weißt, daß unser Gott – auch wenn Er uns fern zu sein scheint – inmitten deiner Seele wohnt und deinem ganzen Leben eine übernatürliche Dimension verleiht.

1017 Ich erzählte dir einmal, wie sogar Ungetaufte bewegt waren und sagten: Ja, ich begreife es: Ein Mensch, der heiligmäßig lebt, kann nicht anders als glücklich sein, denn er sieht die Dinge nicht auf irdische Weise, sondern im Licht der Ewigkeit.
Dann fügte ich hinzu: Hoffentlich hast auch du diese Sicht der Dinge, damit du deiner Auserwählung durch die Allerheiligste Dreifaltigkeit entsprichst.

1018 Ich versichere dir: Wenn wir Kinder Gottes es nur wollen, werden wir machtvoll dazu beitragen, daß der göttliche, ewige Glanz, den der Herr in unsere Seele hat hineinlegen wollen, auf Leben und Schaffen der Menschen um uns ausstrahlt!
Der Apostel Johannes lehrt: »Wer sagt, daß er in Ihm bleibt, muß auch leben, wie Er gelebt hat«. Dieser Weg führt immer zur Herrlichkeit, aber zuerst – auch immer – über das Opfer.

1019 Wie niederschmetternd war die Enttäuschung! Sie hatten das Licht des falschen Apostels gesehen und erwartet, durch jene vermeintliche Helligkeit die Finsternis ihrer Seele vertreiben zu können. Sie eilten zu ihm. Auf ihrem Weg ließen sie vielleicht Fetzen ihrer eigenen Haut und – in ihrer Sehnsucht nach Licht – manchmal ein Stück ihrer Seele zurück… Endlich haben sie ihn erreicht – und finden nur Kälte und Dunkelheit. Und Kälte und Dunkel breiten sich aus in ihren betrogenen Herzen, die für eine kurze Weile gemeint hatten, das Ideal gefunden zu haben.
Ein böses Werk hat er getan, der Betrüger. Nun kehren die Enttäuschten zur wirklichen Welt zurück, von der sie ausgezogen waren in der Hoffnung, ihr Fleisch und Blut in Glut und funkelnde Liebe zu verwandeln… , sie kehren zurück mit einem erloschenen Herzen, das kein Herz mehr ist, sondern Eis und Finsternis; jetzt wird auch ihr Denken verfinstert werden.
Das ist dein Werk, du Apostel des Widersinns: Du führst den Namen Christi in deinem Munde, folgst Ihm aber nicht in deinem Tun; du blendest durch gleißende Helligkeit, hast aber kein Licht; du hast keine wärmende Liebe, die Sorge um die Fremden täuschst du vor, der Deinen aber achtest du nicht. Denn ein Lügner bist du, und die Lüge ist ein Kind des Teufels… Du arbeitest für den Teufel und verwirrst die Jünger in der Nachfolge des Herrn… Heute trägst du nicht selten Siege davon – aber wehe dir, morgen, wenn unser Freund, der Tod, dich heimsucht und dich der Richter, den du niemals hast betrügen können, richtet!
Herr: bewahre mich vor diesem Widersinn! Bewahre mich!

1020 Das ist der sichere Weg: durch die Erniedrigung zum Kreuz; vom Kreuz, zusammen mit Christus, zur ewigen Herrlichkeit des Vaters.

1021 Wie freute ich mich über die Lesung dieses Tages! Der Heilige Geist lehrt uns mit Worten des heiligen Paulus das Geheimnis der Unsterblichkeit und der Herrlichkeit. Wir Menschen – alle – sehnen uns nach Fortdauer.
Wir möchten die Augenblicke unseres Lebens, die wir glücklich nennen, verewigen. Wir möchten ihrem Gedächtnis einen nie verblassenden Glanz verleihen… Wir möchten unsere Ideale unsterblich machen. Deshalb ist es nur natürlich, daß wir alle, wenn Augenblicke scheinbarer Glückseligkeit unsere Verlassenheit mildern, sehnend ausrufen: Für immer, für immer!
Wie schlau ist der Teufel! Wie sehr kennt er unsere einfältige Natur. »Ihr werdet wie Gott sein«, sagte er zu unseren Stammeltern. Welch grausamer Betrug…
An einer Stelle des Philipperbriefes eröffnet uns der heilige Paulus das göttliche Geheimnis der Unsterblichkeit und der ewigen Herrlichkeit: Christus entäußerte sich und wurde wie ein Sklave… Er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat Ihn Gott über alle erhöht und Ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu…

1022 Um bei Christus in der Herrlichkeit seines endgültigen Triumphes zu sein, müssen wir vorher an dem vollkommenen Opfer seines Todes auf Golgotha teilhaben und auch darin Ihm gleichförmig werden.

1023 Laß dich nicht ablenken, laß deine Phantasie nicht ziellos umherschweifen: Lebe aus deiner Innerlichkeit, und du wirst Gott näher sein.

1024 Hilf mir, diese Wahrheit diesem und jenem anderen… und allen ins Ohr zu flüstern: Wer gläubig ist und sündigt, ist notwendigerweise unglücklich und freudlos, auch wenn er irdisches Wohlergehen in Fülle besitzt.
Es stimmt: Wir sollen die Sünde – auch die läßliche Sünde – vor allem aus übernatürlichen Gründen verabscheuen: weil Gott sie in seiner Vollkommenheit notwendigerweise und im höchsten Maß auf ewig verabscheut, da sie das Böse ist, das sich der unendlichen Güte entgegenstellt… ; jedoch kann auch die erste Überlegung, die ich dir nannte, hilfreich sein und zu der zweiten hinführen.

1025 Das Maß deiner Heiligkeit wird bestimmt durch das Maß deiner Abtötungen aus Liebe.

1026 Eine wütende Verfolgung war ausgebrochen. Jener Priester betete: Jesus, jeder gottesschänderische Kirchenbrand möge das Feuer der Liebe und der Sühne in mir noch mehr entfachen.

1027 Du denkst nach über die Schönheit, die Weite und die Wirksamkeit deiner apostolischen Aufgabe, und – so sagst du mir – dir tut sogar der Kopf weh, wenn du an den weiten, mühsamen Weg denkst, der noch zurückzulegen ist. Wie viele Menschen warten noch! In diesem Empfinden bist du aber glücklich und übergibst dich Jesus als sein demütiger Diener. Du sehnst dich nach dem Kreuz, nach dem Leiden, nach Liebe, nach Seelen. Ohne es dir eigens vorzunehmen, breitest du die Arme aus und öffnest deine Hände in einer instinktiven Bewegung der Liebe: So bittest du, daß der Herr dich an sein heiliges Kreuz annagelt, um sein Diener zu sein; denn dieses »serviam!« – ich will dienen – bedeutet ja mit Ihm herrschen.

1028 Ich fand deine feurige Bitte ergreifend: »Mein Gott, mein einziger Wunsch ist, daß ich vor Deinem Angesicht Dir wohlgefällig bin. Alles andere ist mir gleichgültig. – Maria, meine Unbefleckte Mutter, gewähre mir, daß mein einziger Beweggrund die Liebe sei.«

1029 Sag dem Herrn aus ganzem Herzen, du möchtest lieber tausendmal sterben als Ihn beleidigen.
Aber nicht aus Angst vor der verdienten Strafe, sondern weil Jesus so gut zu dir ist, heute und immer…

1030 Mein Gott, wann werde ich Dich ausschließlich um Deiner selbst willen lieben? Doch auch die Sehnsucht nach dem unvergänglichen Lohn ist ja Sehnsucht nach Dir, Herr, der Du Dich uns als Gabe schenkst.

1031 Kostet und seht, wie gut der Herr ist, heißt es im Psalm.
Das Wachsen der Frömmigkeit ist Ausdruck der Liebe und muß im großen wie im kleinen von der Sehnsucht nach Unendlichkeit, nach Ewigkeit gespeist sein.

1032 Jesus, ich will keine Gedanken darüber verlieren, wie das »morgen« sein wird. Denn ich darf Deiner Großmut keine Grenzen setzen.

1033 Unser Freund hatte sich folgende Gedanken aufgeschrieben, die auch du dir zu eigen machen solltest: »Ich bedachte die Wohltaten Gottes mir gegenüber. Mit dem Herzen voller Freude hätte ich gerne auf der Straße meine kindliche Dankbarkeit herausgeschrieen, damit alle es wüßten: Vater, Vater! Wenn auch nicht mit lauter Stimme, so habe ich Ihn doch leise lange Zeit so angerufen: Vater! – Ich war mir sicher, daß es Ihm so gefiel.
Nur dies suche ich, nur eins will ich: Sein Wohlgefallen und seine Verherrlichung. Wenn ich mein Heil und meine Heiligung will, dann nur, weil ich weiß, daß Er sie will. Wenn ich in meinem Leben als Christ die Sorge um die Seelen spüre, dann nur, weil ich weiß, daß Er diese Sorge spürt. Ich sage es voll Aufrichtigkeit: Niemals will ich meine Augen auf den Lohn richten. Ich wünsche keinen Lohn. Alles aus Liebe!«

1034 Die Kranke, der ich geistlichen Beistand leistete – wie groß war ihre Liebe zum Willen Gottes! Sie sah ihre lange, schmerzhafte Krankheit – eine weitverzweigte Krankheit: nichts an ihr war heil – als Segen Gottes und als Zeichen der Auserwählung. In ihrer Demut meinte sie, sie habe nur Strafe verdient; jedoch waren die schrecklichen Schmerzen im ganzen Körper keine Strafe, sondern Zeichen der Barmherzigkeit.
Wir unterhielten uns über den Tod und über den Himmel. Auch darüber, was sie Jesus und der Muttergottes sagen würde… und wie sie von dort aus besser »arbeiten« könnte als hier auf Erden… Sie hatte den Zeitpunkt ihres Todes Gott überlassen… , sagte aber fröhlich: Wie schön, wenn es noch heute wäre! Sie betrachtete den Tod mit der Freude eines Menschen, der weiß, daß Sterben Heimgang zum Vater ist.

1035 Fürchte dich nicht vor dem Tod. Er ist dein Freund!
Mach dich mit seiner Wirklichkeit vertraut. Stell dir dein Grab vor: Sieh es dir oft an, rieche und betaste deinen verwesenden, seit acht Tagen dort ruhenden Leichnam!
Erinnere dich daran, besonders dann, wenn der Ansturm des Fleisches dich bedrängt.

1036 Er öffnete mir seine Seele und sagte: »In diesen Tagen habe ich oft über den Tod nachgedacht und ihn – trotz meiner Sünden – als ein Ausruhen angesehen. Ich dachte: würde man mir sagen, jetzt ist deine letzte Stunde gekommen, so erwiderte ich voll Freude: Jetzt ist die Stunde gekommen, da ich anfange zu leben.«

1037 Sterben ist gut. Wie ist es möglich, daß ein Mensch glaubt und sich gleichzeitig vor dem Tod fürchtet?… Aber solange der Herr dich auf Erden haben will, wäre sterben Feigheit. Leben: Aus Liebe leben, leiden, arbeiten: Darum soll es dir gehen.

1038 Stell dir deine Todesstunde vor Augen – wenn es auch nur einmal am Tag ist –, und erwäge in ihrem Licht die Ereignisse des Tages.
Ich versichere dir: Du wirst erfahren, wieviel innerer Frieden von diesem Gedanken ausgeht.

1039 Du wurdest sehr ernst, als ich dir sagte: Ich nehme den Tod an, wann Er will, wie Er will, wo Er will; und gleichzeitig halte ich es für zu »bequem«, früh zu sterben. Denn wir müssen uns wünschen, viele Jahre für Ihn und – Ihm zuliebe – für unsere Mitmenschen zu arbeiten.

1040 Sterben? – Wie bequem!, sage ich dir.
Sprich wie jener heilige Bischof, der alt und krank war: »non recuso laborem« – Herr, solange ich Dir von Nutzen sein kann, widersetze ich mich nicht dem Leben, das heißt der Arbeit für Dich.

1041 Nimm dir vor, nichts des Lohnes wegen und nichts aus Angst vor den Strafen im Fegefeuer zu tun. Ein für alle mal: Tu alles – auch das Unbedeutendste – ganz allein, um Jesus Freude zu bereiten.

1042 Es sei dein brennender Wunsch, daß unser guter Bruder Tod dich an nichts Irdisches gebunden findet, wenn er eines Tages unausweichlich kommt und dir den Dienst leistet, dich vor Gottes Angesicht zu führen.

1043 Wenn du dich nach Leben – nach ewigem Leben und ewiger Seligkeit – sehnst, darfst du das Schiff unserer heiligen Mutter, der Kirche, nicht verlassen. – Denn sieh: Wenn du das Schiff verläßt, stürzt du ins Meer, du ertrinkst, du stirbst. Und du bist nicht mehr bei Christus; du gibst die Freundschaft mit Ihm auf, die du einmal freiwillig angenommen hast, als Er sie dir anbot.

1044 Jesus kam auf diese Erde, um zu leiden… und um den Menschen ihr Leid – auch das irdische – zu nehmen.

1045 Es gibt keine schönere Herrschaft als die des Dienens: in Freiheit ein Diener aller sein.
Auf diese und keine andere Weise werden die wahren Ehren errungen: auf Erden und im Himmel.

1046 Ein von Gott erfüllter Mensch sagte angesichts vieler leidvoller Verfolgungen: »Lieber will ich hier gepeinigt werden als im Fegefeuer!«

1047 Für den, der liebt, gibt es keine Hölle!

1048 Wie gut ist es, aus Gott zu leben! Wie gut ist es, nichts anderes zu wollen als seine Ehre!

1049 Wenn du wirklich Leben und Ehre für ewig erlangen willst, dann übe häufig Verzicht – sogar auf edle persönliche Ambitionen!

1050 Laß dein »Ich« in den Hintergrund treten, ob es nun um deine Gesundheit, deinen guten Ruf, deine Karriere, deine Arbeit oder um diese oder jene Wendung deines Lebens geht… Denn es ist wirklich eine arge Sache, wenn du so tust, als hättest du vergessen, daß du nichts besitzt und alles Ihm gehört.
Wenn du bisweilen das – vielleicht grundlose – Gefühl hast, du seiest gedemütigt worden; wenn du einmal denkst, du müßtest deine Meinung unbedingt durchsetzen; wenn du verspürst, wie dein »Ich« sich immer wieder nach vorn drängt – nur »du«, nur »deine« Sachen –, dann sei sicher: Du schlägst nur deine Zeit tot. Aber eigentlich wäre es nötig, deinen Egoismus totzuschlagen.

1051 Ich gebe dir einen Rat: Sei nicht darauf aus, daß man dich lobt, auch dann nicht, wenn du das wohl verdient hättest. Es ist besser, verborgen zu bleiben und das Beste und Schönste unseres Lebens und Schaffens verborgen zu halten.
Wie herrlich ist das: Sich aus Liebe »klein« machen, damit Gott allein verherrlicht werde – »Deo omnis gloria!«

1052 In einer Zeit tiefer Betrübnis sagte jemand zum Herrn: »Mein Jesus, etwas anderes als meine Ehre habe ich nicht, um es Dir zu schenken. Wäre ich ein reicher Mann, so gäbe ich Dir meinen ganzen Besitz. Wäre ich mit vielen Tugenden ausgestattet, so nutzte ich jede Tugend, um Dir zu dienen. Nur meine Ehre hatte ich, und die habe ich Dir geschenkt! Gelobt seist Du! Ich weiß, daß sie in Deinen Händen wohlbehütet ist!«

1053 Lehm ist mein Ursprung und Erde das Erbe all meiner Vorfahren. Wem gebührt Ehre außer Gott?

1054 Spürst du einmal eine Art Stolz in dir aufwallen – genauer: Hochmut! –, so daß du dich für einen Übermenschen hältst, dann ist es an der Zeit, laut zu rufen: Nein! Und sogleich empfindest du die Freude eines Kindes Gottes, die Freude eines Menschen, der zwar Sünden und Fehler mit sich herumschleppt, aber dennoch Gutes tut.

1055 »Sancta Maria, Stella Maris!« – Heilige Maria, du Meeresstern, geleite uns!
Rufe sie inständig an. Denn mag das aufgewühlte Meer auch noch so sehr toben, das Mutterherz Mariens hält ihm stand. Suche also, wenn du den Sturm kommen siehst, Zuflucht und Geborgenheit bei Unserer Lieben Frau – du wirst nicht kentern, du wirst nicht untergehen!